Pegida am Ende?

Sind wir jetzt alle Pegida?

Pegida ist Sarrazin in der Praxis

Machtkampf um Pegida hat begonnen

Aufstand der Anständigen – oder vom Eiertanz um Pegida

Viel Verständnis für Pegida

Die mediale Aufmerksamkeit für die sich medienkritisch gebende Bewegung hat ihr erst einmal weiteren Zulauf gebracht

Die Organisatoren der Dresdner Pegida-Demonstrationen[1] geben sich kämpferisch. Mit 15.000 Teilnehmern auf der Dresdner Demonstration am gestrigen Montag sind sie gegenüber dem vorigen Montag noch einmal um ein Drittel gewachsen. Die Gegendemonstration[2] von zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Gruppen, aber auch von politischen Parteien ist mit knapp 6.000 Teilnehmern gegenüber der Vorwoche geschrumpft.

Die Parolen und Transparentparolen haben sich auf beiden Seiten in den letzten Wochen nicht verändert. Während die Gegendemonstrationen Flüchtlinge willkommen hießen und für ein weltoffenes Dresden eintraten, wurde auf der Pegida-Demonstration wieder vor einer vermeintlichen Überfremdung und Islamisierung gewarnt. Rufe gegen die „Lügenpresse“ waren auch wieder zu hören. Dabei hat die mediale Aufmerksamkeit, die Pegida in den letzten Tagen bekommen hat, der Bewegung doch erst einmal weiter Zulauf gebracht.

Schande oder Spiegelbild Deutschlands?

Dabei stimmt es keineswegs, dass ein Großteil der Medien die Demonstranten ablehnt. Vielmehr wurde von Bild bis FAZ zunächst einmal betont, dass man die Demonstranten ernst nehmen müsse und nicht vorschnell in die rechte Ecke stellen dürfe.

Solche Töne kamen auch von den Politikern. So griff[3] CSU-Generalsekretär Scheuer den sozialdemokratischen Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Maas, scharf an, weil er Pegida als „Schande für Deutschland“ bezeichnet hat. Das ist tatsächlich eine kritikwürdige Formulierung, weil hier ein anständiges Deutschland imaginiert wird. Dabei gehören die Pegida-Demonstrationen zu Deutschland und bringen nur auf die Straße, was seit Jahren in rechtspopulistischen Internetforen zu lesen ist. Insoweit ist Pegida ein Spiegelbild Deutschlands und wer sich im Kampf dagegen als besserer Patriot ausgibt, hat schon verloren.

Wie Pegida den innenpolitischen Diskurs nach rechts verschiebt, zeigte sich am Montag in der Sendung des Deutschlandfunks Kontrovers. Schon die Fragestellung „Wie viel Islam verträgt Deutschland?“[4] ist so formuliert, dass sich die Demonstranten bestätigt fühlen können. Sie hätte ja genauso gut: „Wie viel Pegida verträgt Deutschland?“ oder kontrovers „Wie viel Pegida und Islam verträgt Deutschland?“ lauten können.

Das große Verständnis für das Anliegen der sich als besorgt gerierenden Bürger schlug sich bei der Auswahl der Studiogäste nieder. Alexander Gauland von der AfD übte sich in kritischer Solidarität mit Pegida, kündigte an, dass er in Dresden mit Parteifreunden einen Kennenlernbesuch absolvieren werde. Mit Norbert Geis war ein konservativer Christsozialer als weiterer Studiogast aus München zugeschaltet, der natürlich ebenfalls für die Sorgen und Nöte der Pegida-Demonstranten viel Verständnis hatte, sich aber von deren rechten Rand distanzierte.

Mit Antje Hermenau war eine Grüne ebenfalls im Studio vertreten. Bis auf einige ungeschickte Angriffe gegen die AfD, der sie vorwarf, die Krawallmacher der Pegida gewinnen zu wollen, was natürlich Gauland gut parieren konnte, weil er natürlich die Mehrheit der Pegidateilnehmer erreichen will, blieb auch Hermenau schwach. Eine wirkliche fundamentale Kritik an der Pegida-Demonstration fand bei ihr nicht statt. So fehlte bei der Sendung eine wirkliche Gegenposition zur Pegida-Position, ein Flüchtling oder ein Mitglied einer zivilgesellschaftlichen Organisation wäre wohl zu kontrovers gewesen.

Viel Verständnis für Pegida – wenig Empathie mit Opfern des Rassismus

So wurde auch kein einziges Mal erwähnt, dass in Dresden, der Heimat der Pegida-Bewegung, von Opfern des Islamismus nichts bekannt ist. Dafür wurde in Dresden Marwa al Schirbini[5] von dem Mann im Gerichtssaal erstochen, den sie angeklagt hatte, weil er sie wegen ihres Kopftuches als rassistisch beschimpfte (Der Hass auf Muslims hat sich in Deutschland wie eine Epidemie breitgemacht[6]). Ein Gedenkzeichen für die Getötete war schon nach kurzer Zeit von Unbekannten zerstört[7] worden.

Der Antrag, eine Straße nach der Ermordeten zu benennen führte zu einem peinlichen Gezerre[8]. Würde man bei einer Pegida-Demonstration eine Umfrage zu dieser Frage machen, dürfte die Ablehnung einer solchen Forderung groß sein.

Die Frage, ob die Demonstrationen auch zu einem politischen Klima führen, in dem einige sich berufen fühlen, Flüchtlingsheime wie im Nürnberger Land (Ermutigen die Pegida-Aufmärsche auch militante Rechte?[9]) oder Zelte eines Flüchtlingscamps wie in Hannover[10] anzuzünden, wurde während der Sendung nicht gestellt. Damit war sie auch ein Spiegelbild der aktuellen Diskurse in den Medien und Politik (Kollateralschaden in der Gesellschaft[11]).

Mögen einige Organisatoren auch kritisiert werden, so wird doch viel über die Sorgen der an den Demonstrationen teilnehmenden Bürger geredet. Die Frage, ob es dabei nicht oft einfach Rassismus ist, wird kaum gestellt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass von den Opfern rassistischer Gewalt in Deutschland auch keine Rede ist. Nur wenige[12] fragen sich, wie die Angehörigen von Marwa al Schirbini, wenn sie noch in Dresden wohnen, diese Demonstrationen empfinden und warum drei Jahre nach Selbstaufdeckung des NSU der Eindruck erweck wird, als hätte eine islamistische Zelle über ein Jahrzehnt deutsche Patrioten ermordet.

Mit dieser Diskursverschiebung hat Pegida tatsächlich einen großen Erfolg erzielt und deutlich gemacht, dass sie eben auch ein Spiegelbild Deutschlands ist. Es denken viel mehr Menschen auch in den etablierten Parteien ähnlich, deshalb haben sie so viel Empathie mit den besorgten Bürgern. Sie befürchten nur, dass die sich von Rechten instrumentalisieren lassen, nicht dass sie mehrheitlich selber rechts sind.

Dabei spielen die Rechten nur die Rolle, als Lautsprecher, Organisatoren und Verstärker dieses rechten Bürgerwillens aufzutreten. Besonders deutlich wird das in NRW, wo es am vergangenen Montag auch eine Bogida-Demonstration gab, eine Pegida-Ausgabe für Bonn. Dort standen ca. 300 Teilnehmern mehr als 1.000 Gegendemonstranten gegenüber, die dafür sorgten[13], dass es bei einer Kundgebung blieb und der angekündigte Spaziergang nicht stattfinden konnte.

Angemeldet wurde die Bogida-Demonstration von der langjährig in rechten Kreisen aktiven Journalistin Melanie Dittmer[14], die mittlerweile bei der rechtspopulistischen Pro Deutschland-Bewegung, die auch für die Demo in Bonn warb[15] aktiv ist. Da könnte es bald zu innerrechten Reibereien kommen.

Schon wird von echten und unechten Pegida-Aktivitäten sowie von Trittbrettfahrern[16] gesprochen. Mit dem allgemein formulierten Pegida-Positionspapier[17] soll wohl ein Minimalkonsens erzielt und innerrechter Zwist minimiert werden. Viele der Forderungen sind so auslegbar, dass sie eben im gesamten Spektrum rechts von der Union akzeptiert und unterschiedlich interpretiert werden können.

Montagsdemos von Rechts

Die Situation von Pegida erinnert an den Spätsommer 2004, als es ebenfalls von Ostdeutschland ausgehend in vielen Städten Montagsdemonstrationen gegen die Einführung von Hartz IV gab. Sie entwickelten in den ersten Wochen eine große Dynamik. Bald gab es in Westdeutschland Versuche, ebenfalls solche Demonstrationen zu initiieren, die aber nie an die Teilnehmerzahl im Osten herankamen. Die Organisatoren in Westdeutschland kamen allerdings aus dem gewerkschaftlichen und linksreformerischen Spektrum. Die Versuche von rechten Gruppen, die Anti-Hartz-Proteste in nationalistische Bahnen zu lenken, scheiterten damals.

Es ist wahrscheinlich, dass wie alle spontanen Bewegungen auch die Pegida-Demonstrationen an Dynamik verlieren werden. Bei den Montagsdemonstrationen gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Marzahn war die Teilnehmerzahl gestern gegenüber den vorigen Wochen wesentlich geringer[18]. Das dürfte auch in Dresden passieren. Doch die gesellschaftliche Stimmung, die Pegida und ähnliche Demonstrationen hervorgebracht haben, ist damit nicht verschwunden. Parteien wie die AfD und andere Gruppierungen wollen sich hier schon mal ihre Wähler sichern.

Anhang

Links

[1]

http://pegida.de

[2]

http://www.dresden-nazifrei.com/

[3]

http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-12/pegida-csu-kritik-heiko-maas

[4]

http://www.deutschlandfunk.de/pegida-wieviel-islam-vertraegt-deutschland.1784.de.html?dram:article_id=306030

[5]

http://de-de.facebook.com/LAKAntifaAntira/posts/377942252307655

[6]

http://www.heise.de/tp/artikel/31/31419/

[7]

https://de-de.facebook.com/LAKAntifaAntira/posts/377942252307655

[8]

http://www.dnn-online.de/dresden/web/regional/politik/detail/-/specific/Eklat-im-Stadtrat-um-Strassenumbenennung-im-Gedenken-an-Marwa-El-Sherbini-544584681

[9]

http://www.heise.de/tp/news/Ermutigen-die-Pegida-Aufmaersche-auch-militante-Rechte-2489217.html

[10]

http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/12/12/brand-im-fluechtlingscamp-in-hannover_17995

[11]

http://www.heise.de/tp/artikel/30/30722/

[12]

http://www.dresden-nazifrei.com/index.php/home/58-news/aktuelle-nachrichten/666-zur-frage-des-dialogs-mit-pegida

[13]

http://www1.wdr.de/themen/politik/pegida-bonn100.html

[14]

http://nrwrex.wordpress.com/2014/12/11/lesetipp-melanie-dittmer-eine-extrem-rechte-aktivistin-unter-der-lupe/

[15]

http://pro-nrw.net/pro/auf-nach-bonn/

[16]

http://pegida.de/category/nrw/

[17]

http://pegida.de/2014/12/positionspapier-der-pegida/

[18]

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/proteste-fuer-und-gegen-fluechtlingsunterkunft-in-berlin-1500-menschen-blockieren-demo-in-marzahn,10809148,29341814.html

http://www.heise.de/tp/artikel/43/43647/1.html

Peter Nowak

Ermutigen die Pegida-Aufmärsche auch militante Rechte?

Nach den Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte im Landkreis Nürnberger Land verschärft sich die Debatte

Seit Wochen warnen zivilgesellschaftliche Gruppen, dass die in der Bevölkerung durch Pegida und andere Aufmärsche artikulierte Ablehnung von Flüchtlingen auch militante Neonazis ermutigen könnte, zur Tat zu schreiten. Das wurde oft als Panikmache abqualifiziert. Nun wurden in dem kleinen Ort Vorra im Landkreis Nürnberger Land mehrere Unterkünfte für Geflüchtete, die im kommenden Februar bezogen werden sollten, in Brand gesetzt [1].

An den Mauern hatten die unbekannten Täter Hakenkreuze hinterlassen. Zum Tatgeschehen gibt es im Presseportal [2] der Polizei von Mittelfranken folgende Informationen:

Am 11. Dezember 2014 gegen 22:45 Uhr wurde der Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums Mittelfranken durch einen Anwohner ein Feuer im Dachbereich des Anwesens 91247 Vorra, Hirschbacher Straße 1 mitgeteilt. Bei dem Anwesen handelt es sich um ein ehemaliges Gasthaus, das zukünftig als Asylbewerberunterkunft genutzt werden sollte. Das Feuer wurde nach ersten Erkenntnissen mittels Brandbeschleuniger in einem Zimmer im 1. Obergeschoß gelegt. Dieses brannte völlig aus. Personen kamen nicht zu Schaden. Kurz danach wurde ein zweiter Brand in der Hauptstraße 40 gemeldet. Das zweite Anwesen befindet sich ca. einhundert Meter vom ersten Anwesen entfernt. Hierbei handelt es sich um ein ehemaliges Wohnhaus, das ebenfalls als Asylbewerberunterkunft dienen sollte. Das Feuer brach im Treppenhaus aus und konnte schnell gelöscht werden. Es entstand Sachschaden. Während der Löscharbeiten stellten Feuerwehrleute noch einen Schwelbrand im Nebengebäude der Hirschbacher Straße 1 fest, der ebenfalls rasch gelöscht wurde. Der Gesamtschaden an den Gebäuden wird auf ca. 700.000 € geschätzt.“

Kein Boden für die extreme Rechte in Bayern?

Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann geht [3] daher auch von einem Anschlag der extremen Rechten aus. Auf dem CSU-Parteitag, der gestern in Nürnberg begann, betonte [4] der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, dass es in Bayern „für Rechtsradikalismus keinen Boden“ gebe. Die Aussage ist schon verwunderlich. Denn es gibt ja offensichtlich extreme Rechte in Bayern.

Zudem gilt in der CSU seit den Zeiten von F.J. Strauß die Devise, dass die CSU so weit nach rechts ausgreifen muss, dass daneben kein Platz mehr ist. Dass heißt, die Partei soll die Fragen aufgreifen, die angeblich besorgte Bürger in die Arme der extremen Rechten treibt. Genau diese Argumentationsmuster kommen bereits seit Tagen aus den Reihen der Union, wenn es um die Pegida-Demonstrationen geht, mit denen selbsternannte Patrioten gegen angebliche Islamisierung und Überfremdung auf die Straße gehen.

Selbst der Bundesinnenminister äußert [5] trotz aller von ihm erkannten problematischen Entwicklungen Verständnis für die Demonstranten.

„Unter denjenigen, die da teilnehmen, gibt es doch ganz schön viele, die bringen ihre Sorgen zum Ausdruck vor den Herausforderungen unserer Zeit“, zeigte Thomas de Maiziere Verständnis für die besorgten Bürger. Man müsse es ernst nehmen, wenn sich Bürger „fremd im eigenen Land“ fühlen. Damit benutzte de Maiziere gar einen Duktus, der schon länger verstärkt von Rechtspopulisten verwendet wird.

Angesichts solch verständnisvoller Töne für die rechte Bürgerbewegung sieht die Taz [6] CDU und AfD im Wettstreit um die Pegida-Anhänger. Der AfD-Vorsitzende Lucke weist bereits länger darauf hin, dass die Forderungen seiner Partei mit den Zielen von Pegida in vielen Punkten übereinstimmen. Damit vollzieht auch Lucke, der als Exponent des neoliberalen Flügels der AfD gilt, einen Rechtsruck mit. Noch vor und kurz nach den Bundestagswahlen wollte er gegen heftige Kritik des erstarkenden rechten Flügels die AfD nicht in erster Linie mit dem Widerstand gegen Islamisierung und Einwanderung verbunden wissen.

Welche Konsequenzen hat der Anschlag für die Pegida-Bewegung?

Nun wäre es sicher falsch, allen Pegida-Demonstranten zu unterstellen, sie würden Flüchtlingsunterkünfte in Brand setzen wollen. Es wird aber ein politisches Klima geschaffen, in dem sich auch die extreme Rechte als Vollstrecker eines „Volkswillens“ gerieren kann und zur Tat schreitet.

So war es bereits 1980, als zwei vietnamesische Arbeiter in Hamburg von einer Neonazigruppe ermordet [7] wurden. Die ersten offiziell anerkannten rechtsradikalen Morde seit 1945 [8] geschahen zu einer Zeit, als eine massive Kampagne gegen die Zuwanderung von Migranten in der BRD begann. Rechte Professoren unterzeichneten 1981 ein Heidelberger Manifest [9] zur Ausländerbegrenzung. In den frühen 1990er Jahren brannten Flüchtlingsheime, als eine massive öffentliche Kampagne zur Unterminierung des Asylrechts angestoßen wurde, die bis weit in die bürgerliche Mitte hinein reichte.

Auch damals bekamen besorgte Bürger, die applaudierten, als die Fenster von Flüchtlingsunterkünften eingeschlagen wurden, viel Verständnis von Politikern der Union. Auch damals war viel von den Sorgen der Bürger die Rede, die man Ernst nehmen müsse. Und 2014?

Als hätte es diese jahrzehntelange Kampagne nicht gegeben, fabuliert [10] Bild, es fehle eine „konkrete Einwanderungs- und Integrationspolitik“. Da steht zu erwarten, dass bald neue Vorschläge für die Einschränkung von Zuwanderung auftauchen werden, die sich auf die besorgten Bürger beruft. Selbst die Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte wurden Anfang der 90er Jahre als Argument für eine schnelle Verschärfung des Asylrechts benutzt.

Dass die rechten Stichwortgeber von Pegida durch die Anschläge in Nürnberg nachdenklich werden, ist nicht zu erwarten. Auf PI-News werden bereits Verschwörungstheorien verbreitet. Danach dient der Anschlag in Nürnberg ebenso der „Manipulierung der Massen“ wie die NSU.

http://www.heise.de/tp/news/Ermutigen-die-Pegida-Aufmaersche-auch-militante-Rechte-2489217.html

Peter Nowak

Links:

[1]

http://www.br.de/nachrichten/mittelfranken/inhalt/vorra-brand-fluechtlingsunterkunft-100.html

[2]

http://www.polizei.bayern.de/mittelfranken/news/presse/aktuell/index.html/212405

[3]

http://www.joachimherrmann.de/index.php?ka=1&ska=1&idn=2266

[4]

http://www.br.de/nachrichten/csu-parteitag-nuernberg-106.html

[5]

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/pegida-proteste-thomas-de-maiziere-zeigt-verstaendnis-a-1008028.html

[6]

https://www.taz.de/CDU-und-AfD/!151182/

[7]

http://www.korientation.de/2014/08/25/die-ersten-offiziell-anerkannten-rassistischen-morde-seit-1945-gedenken-an-ngoc-chau-nguyen-und-anh-lan-do

[8]

http://www.zeit.de/2012/09/Anschlag-1980/komplettansicht

[9]

http://www.apabiz.de/archiv/material/Profile/Heidelberger%20Kreis.htm

[10] http://www.bild.de/regional/dresden/migrationspolitik/dresden-und-die-

Todeszone Mittelmeer: 2014 sind 3.400 Menschen ertrunken

Statt mit Solidarität werden die überlebenden Flüchtlinge hierzulande mit ausländerfeindlichen Aufmärschen konfrontiert

Allein in diesem Jahr starben im Mittelmeer 3.400 Menschen beim Versuch, den europäischen Kontinent auf oft seeuntauglichen Booten zu erreichen. Diese  alarmierenden Zahlen veröffentlichte [1] das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.

Diese Statistik des Schreckens ist nun keinesfalls überraschend. Doch die Tatsache, dass in einer Region, in der jährlich Millionen Menschen einen erholsamen Urlaub verbringen,Tausende sterben, dringt in das Massenbewusstsein der meisten europäischen Menschen nicht ein.

Auf der Insel Lampedusa [2]konnte man nicht nur bei Kunstinstallationen [3], sondern auch in der Realität das Nebeneinander der beiden Gruppen von Reisenden beobachten. Während die Urlauber am Strand nur eine Sorge hatten, nämlich keinen Sonnenbrand zu bekommen, wurden die toten Körper von Menschen aus Afrika angeschwemmt, die Tage oder Stunden zuvor im Meer ertrunken sind.

Es ist diese Selbstimmunisierung vieler Menschen in Europa, die dafür verantwortlich ist, dass auch die jüngsten Zahlen des UNHCR nicht dazu führen werden, dass es eine Massenbewegung zur Änderung der europäischen Flüchtlingspolitik entsteht. Vielmehr müssen überall in Europa die Menschen, die es geschafft haben, den europäischen Kontinent lebend zu erreichen, mit Abschiebungen und anderen Repressalien rechnen.

Ermutigung für die Flüchtlingsgegner

Statt mit Solidarität werden sie mit Aufmärschen von Menschen konfrontiert, die, oft selbst sozial deklassiert oder von sozialemAbstieg bedroht, in den Schwächsten und Rechtlosesten in der Gesellschaft den Feind erkennen. Deshalb gibt es in den letzten Wochen die Pegida-Demonstrationen oder die Aufmärsche gegen Flüchtlingsunterkünfte.

Sie werden einerseits von führenden Politikern aller Parteien kritisiert, weil sie dem Standort Deutschland abträglich sein könnten. Gleichzeitig werden die Teilnehmer als besorgte Bürger adressiert, deren Sorgen ernst genommen werden müssten. Das zeigte sich erst kürzlich in einem Bild-Beitrag [4]:

„Deutschland wurde zu einer Einwanderungsgesellschaft. Aber es gab keine Diskussion über die dann nötige, ganz konkrete Einwanderungs- und Integrationspolitik. Das war Einwanderungspolitik im Blindflug. Wer etwas dagegen sagte, wurde schnell angeprangert. PEGIDA ist eine Reaktion darauf. Sie haben den Nerv getroffen. Die Klage von Teilnehmern, dass ihnen die Politik nicht mehr zuhört, ist berechtigt. Wo ein nennenswerter Teil des Volkes steht, dort muss die Politik aber hinhören.“

Schon die ersten Sätze des Zitats sind eine Lüge. Über kaum ein Thema wird seit Jahrzehnten so heftig diskutiert, wie über die Einwanderungspolitik, und immer wurden weitere Verschärfungen mit Volkes Meinung begründet. Damit wurden rassistische Ressentiments zur Grundlage von Politik gemacht.

Vor knapp zwei Jahrzehnten wurde die faktische Abschaffung des Asylrechts mit genau den gleichen Floskeln von der Bevölkerung, der man zuhören müsse, begründet. Damit konnte sich auch der Mob bestätigt sehen, der von Rostock-Lichtenhagen über Mölln und Mannheim-Schönau vor Flüchtlingsunterkünften randalierte und auch den Tod der Menschen in Kauf nahm.

Flüchtlinge retten, statt abschieben

Dabei hat der UNHCR noch einmal deutlich gemacht,was nötig wäre, um das Sterben im Mittelmeer und anderen Flüchtlingsrouten zu minimieren: Lebensrettung muss zentral sein [5].

DerUN-Flüchtlingshochkommissar António Guterres moniert [6], dass manche Regierungen zunehmend dem Abwehren von Fremden eine höhere Priorität geben als demRecht auf Asyl. „Es ist ein Fehler und genau die falsche Reaktion in einer Zeit, in der eine Rekordzahl an Menschen vor Kriegen flieht“, so Guterres. „Sicherheit und die Steuerung der Zuwanderung sind für jedes Land von Bedeutung, aber Regelungen müssen derart gestaltet sein, dass sie den Verlust von Menschenleben nicht als Kollateralschaden in Kauf nehmen.“

Als am 9. November die Künstlergruppe Zentrum für politische Schönheit [7]die deutschnationale Feierstimmung zum Mauerfall störte, indem sie auf die Toten an der europäischen Mauer [8] hinwies, erwies sie sich als eine der wenigen Initiativen, die ernst nehmen, was der UNHRC der europäische Öffentlichkeit darlegen will.

http://www.heise.de/tp/news/Todeszone-Mittelmeer-2014-sind-3-400-Menschen-ertrunken-2486881.html

Peter Nowak

Links:

[1]

http://www.unhcr.de/presse/nachrichten/artikel/f548caed0d5f371feadc267799d15278/-baaf86cb9e.html

[2]

http://www.heise.de/tp/news/Leben-und-Sterben-auf-Lampedusa-1995493.html

[3]

http://www.isaacjulien.com/home

[4]

http://www.bild.de/regional/dresden/migrationspolitik/dresden-und-die-pegida-demos-38906636.bild.html

[5]

http://www.unhcr.de/presse/nachrichten/artikel/d8ffb4bdd4589ad11c44d8bf6bccaab1/lebensrettung-muss-bei-meeresueberfahrten-zentral-sein.html

[6]

http://www.unhcr.org/pages/49c3646c8.html

[7]

http://www.politicalbeauty.de/

[8]

http://43296