„Wir für Deutschland“ im freien Fall

Das rechtspopulistische Bündnis WfD konnte für seine Demonstration nicht die Straße nutzen, weil die erforderlichen 50 Teilnehmer/innen nicht zusammen kamen.

Wir sind das Volk“ stand auf dem Leittransparent. Dahinter gruppierten sich am gestrigen Montag knapp 40 Personen mit Deutschlandfahnen. Einige trugen T-Shirts mit Motiven von in der rechten Szene beliebter Bands. Das Bündnis „Wir für Deutschland“ (WfD) um den ehemaligen „pro-Deutschland“-Funktionär Enrico Stubbe hatte über Internet zu reger Beteiligung aufrufen Schließlich wollte man wieder einmal in den Stadtteil Kreuzberg ziehen und in einer migrantischen Gegend die Abschlusskundgebung veranstalten.

Doch so oft der Anmelder und ein Unterstützer auch die Personen zählt, es wollten einfach nicht die erforderlichen 50 Teilnehmer/innen werden, die für eine Demonstration auf der Fahrbahn erforderlich sind. Mehrmalige Aufrufe an die Passantinnen und Passanten am Rande, sich doch einzureihen, um noch auf die nötige Zahl zu kommen, blieben erfolglos. Vom Rande wurde das eher kabarettistische Schauspiel mit Spott verfolgt. Kurzzeitig brandete unter der kleinen Schar der Demonstrierenden Jubel auf. Man meinte wohl, jetzt doch die nötige Teilnehmerzahl zusammen bekommen zu haben, nur um dann festzustellen, dass man sich schlicht verzählt hat.

„Festung Europa verteidigen“ inmitten von Touristen

Schließlich musste man sich mit dem Fußgängerweg begnügen. Dort gingen die Teilnehmer/innen im Touristenstrom rund um den S-Bahnhof Friedrichstraße allerdings ziemlich unter. Nur gelegentliche Parolen wie „Festung Europa verteidigen“ sorgten kurz für Aufmerksamkeit. Der blamable Auftakt schlug auf die Stimmung der Rechten um. Mehrere Redner/innen übten sich in einer Kritik an einer angeblich vergnügungssüchtigen Masse, die kein Interesse an den deutschen Interessen zeigen würde.

Man imaginierte sich als kleiner Trupp der Aufrechten, die sich trotz des Misserfolgs bei der Mobilisierung nicht beirren lassen. Doch ein Ende der montäglichen Demonstrationen des Bündnisses „Wir für Deutschland“ dürfte nach den wöchentlichen Pleiten absehbar sein. Seit März wurde zu den Kundgebungen aufgerufen und die Teilnehmerzahl blieb immer unter 50.

Mobilisierung für den 3. Oktober

Zeitgleich traf sich auch eine andere rechte Kleingruppe nur knapp zwei Kilometer entfernt am Berliner Hauptbahnhof zur „Bärgida“-Demonstration. Auch dort ist Stagnation prägend. Mit dem getrennten „Wir für Deutschland“-Aufmarsch versuchte die Gruppe um Stubbe, neue Menschen für die rechtspopulistischen Aufzüge zu interessieren. Das dürfte erkennbar gescheitert sein. Dafür wird auf der Startseite von „Wir sind Deutschland“ bereits für eine Demonstration am „Tag der Nation“, den 3. Oktober 2018, am Hauptbahnhof mobilisiert.

https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/wir-f-r-deutschland-im-freien-fall

aus: Blick nach Rechts, 10.4.2018

Peter Nowak

Rechte Merkel-Gegner marschieren wieder

Knapp 300 Teilnehmer beteiligten sich am Samstag unter dem Motto „Merkel muss weg – Nein zur GroKo“ an dem sechsten Aufmarsch der rechten Bewegung „Wir für Deutschland“ (WFD).

Auf dem Marsch durch die Berliner Innenstadt skandierten die rund 300 Personen Parolen wie „Wir sind das Volk“ und „Festung Europa – macht die Grenzen dicht“ Auf einem Schild wurden Polizei und Bundeswehr aufgerufen, der Regierung den Gehorsam zu verweigern.

Hauptakteur der WFD-Demonstration unter dem Motto „Merkel muss weg – Nein zur GroKo“ am Samstag war der im brandenburgischen Hohen Neuendorf geborene Enrico Stubbe. Er trat 2015 erstmals bei rassistischen Aufmärschen in Berlin-Marzahn in Erscheinung und beteiligt sich seitdem auch regelmäßig an den „Bärgida“-Aufmärschen, den Berliner Pegida-Ableger. Bundesweit für Schlagzeilen sorgte der ehemalige „pro Deutschland“-Funktionär Stubbe, als sich an der ersten von ihm organisierten Demonstration „Wir für Berlin & Wir für Deutschland“ über 3000 Teilnehmer beteiligten, darunter Funktionäre der unterschiedlichen ins sich zerstrittenen rechten Kleinparteien.

Die einigende Klammer „Merkel muss weg“ konnte aber nicht verhindern, dass die Aufmärsche immer kleiner wurden. In einer auf Facebook verbreiteten Erklärung distanzierten sich die Demo-Organisatoren von einigen Teilnehmern, die wegen Zeigens des Hitler-Grußes und Vermummung von der Polizei festgenommen worden waren. „Wer der Meinung ist, er hat Probleme seinen rechten Arm in der Öffentlichkeit zu kontrollieren und sich bis zum Haaransatz vermummen muss, sollte zukünftig sich selber einen Gefallen tun und solchen Veranstaltungen fernbleiben“, heißt es da. Nicht distanzieren wollte man sich auf Facebook von Einträgen, in denen es heißt: „Die Jagd auf die Bestie ist eröffnet. Ganz Europa will Merkel schlachten“. Bereits am Sonntagabend will die rechte Bewegung „Wir für Deutschland“ erneut auf die Straße gehen und ruft zum „1. Merkel muss weg-Spaziergang“ in Berlin auf. Zeitgleich wollen auch in Hamburg extreme Rechte unter dem Motto auf die Straße gehen.

aus. blick nach Rechts

https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/rechte-merkel-gegner-marschieren-wieder

Peter Nowak

Linke Gegner im Visier

Auch rund 20 Neonazis randalierten am Samstag im Hamburger Szeneviertel St. Pauli.

Am Wochenende waren in Hamburg auch Neonazis aktiv. Unter dem Motto „Unsere Heimat wieder unter Kontrolle bringen“ hatten die „Hooligans gegen Salafisten“ (Hogesa) zu einer gemeinsamen Zugfahrt von Hannover nach Hamburg aufgerufen. Damit reagierten sie auf die Berichte über die G20-Proteste in Hamburg.

Die HoGesa ist für ihre hohe Gewaltbereitschaft bekannt, nachdem es bei einem Aufmarsch in Köln im Oktober 2014 zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen war. Die Polizei kontrollierte in Hannover 25 Personen, die sich am angegebenen Treffpunkt am Raschplatz in der Nähe des Hauptbahnhofs eingefunden hatten. Vier Personen mit Kontakten in die rechte Szene wurden nach Angaben der „Hannoverschen Allgemeinen“ (HAZ) festgenommen. Sie sollen Fahrkarten nach Hamburg und verdächtige Gegenstände bei sich gehabt haben. Keiner der Hooligans konnte die Fahrt von Hannover nach Hamburg antreten. Unter den kontrollierten Personen waren nach Angaben von Beobachtern der rechten Szene des Antifaschistischen Nachrichtenportals Niedersachsen Neonazis aus dem Umfeld des „Nationalen Widerstand Niedersachsen Ost“, der in Salzgitter aktiv ist.

Linke Kneipen und Treffpunkte angegriffen

In anderen Städten wurde der Abfahrtsort von HoGeSa wohl nicht so offen verbreitet. Am späten Samstagabend versammelten sich rund 20 Neonazis im Hamburger Szeneviertel St. Pauli. Sie griffen linke Kneipen und Treffpunkte mit Flaschen an, wurden aber schnell von Passanten verjagt, die sich auf der Straße aufhielten. Die Polizei nahm mehrere Rechte fest, die die Nacht in der Polizeisammelstelle in Hamburg-Harburg verbringen mussten, ehe sie im Laufe des Sonntags wieder freigelassen wurden.

Auch rund 20 Neonazis randalierten am Samstag im Hamburger Szeneviertel St. Pauli.
Während die HoGeSa-Mobilisierung das Ziel hatte, linke G20-Gegner anzugreifen, ist von einer rechten Beteiligung an den G20-Protesten nichts bekannt. Der Hamburger NPD-Landesverband hatte im Vorfeld angekündigt, mit einen eigenen Block mit NPD- und Deutschlandfahnen bei den Protesten „die nötige nationale Grundeinstellung zu vermitteln“. Auch das neonazistische „Antikapitalistische Kollektiv“ hatte im Internet zur Beteiligung an den G20-Protesten aufgerufen, ohne dass sie wahrgenommen wurden.

Die rechtspopulistische Kleinstpartei „pro Deutschland“ hat ihre im Februar 2017 großspurig angekündigte Pro-Trump-Demonstration in Hamburg während des G20-Gipfels offiziell mit der Begründung abgesagt, der US-Präsident habe in rechten Kreisen durch die Bombardierung Syriens an Sympathie verloren. Beobachter hielten die Demoankündigung von Anfang an für eine PR-Aktion der kaum noch relevanten Rechtspartei.

aus Blick nach Rechts: > 10.07.2017

https://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/linke-gegner-im-visier
Peter Nowak

„Bärgida“-Kundgebung am Bendlerblock

Der Berliner Pegida-Ableger sieht sich in der Tradition des 20. Juli.

Erneut trafen sich am Montagabend etwa 150 Menschen zum 29. „Bärgida“-Spaziergang am Rande des Berliner Hauptbahnhofs. Die  Transparente gegen die Islamisierung und die Fahnen  unterschieden sich nicht von den vorigen Aufmärschen des Berliner Pegida-Ablegers. Auch die Redebeiträge waren wie in den Vorwochen eine Kombination von  Islamkritik und  Linkenbashing. Ein Mann,  der sich als Stephan aus dem  Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg vorstellte,  wetterte gegen ein „rotgrün vergutmenschlichtes und genderisiertes  Stadtviertel“ mit „linksfaschistischem Terror und  Refugees welcome Propaganda.“ Danach  prangerte  der  Vorsitzende von „pro Deutschland“ Manfred Rouhs den angeblichen „Asylwahnsinn“ im Bezirk  Reinickendorf an.Wie üblich zog die „Bärgida“-Demonstration zum Brandenburger Tor und wurde dort offiziell aufgelöst. Doch die meisten Teilnehmer trafen sich wenig später am Potsdamer Platz wieder, wo ein  spontaner Demonstrationszug zum Bendlerblock, in dem sich heute die Gedenkstätte Deutscher Widerstand  befindet, angemeldet wurde. Dort hielt  der „Bärgida“-Organisator Karl Schmitt eine Rede, in der der Hitler-Attentäter von Stauffenberg als  Widerstandskämpfer von rechts gelobt  wurde. Damals wie heute gäbe es rechte Antifaschisten,  die  „Flugblätter in der Öffentlichkeit verteilen, bereit sind, sich für die Sache zu opfern und generell ein hohes Risiko für die Freiheit aller Menschen einzugehen“. Wie 1944 gäbe es heute das Recht auf Widerstand, wenn souveräne Nationalstaaten „im Auftrag der New World Order  abgeschafft“  werden sollen. Die Widerstandsgruppe des 20. Juli 1944  habe nur aus rund 150 Personen bestanden  und habe  es trotzdem fast geschafft ein faschistisches System, dem Millionen gefolgt sind, an nur einem Tag zu stürzen. Und wir sind selbst schon weit mehr, versuchte „pro Deutschland“-Mitglied Schmitt „Bärgida“ in die Tradition  des 20. Juli zu stellen.

Trotz Abgrenzungsbekundungen zu „Bärgida“ gehört das Mitglied des AfD-Kreisvorstandes Lichtenberg Heribert Eisenhardt  seit Beginn zu den Organisatoren und Rednern der Berliner Montagsspaziergänge.  Wie die TAZ berichtet, hat der Berliner AfD-Vorstand  Maßnahmen gegen Eisenhardt angekündigt, ohne konkreter zu werden. Was auch nicht verwundert. Schließlich versteht sich die AfD nach dem Rechtsruck und dem Austritt des nationalliberalen Flügels ausdrücklich auch als „Pegida-Partei“.

Peter Nowak

aus:  Blick nach Rechts

http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/b-rgida-kundgebung-am-bendlerblock

Pöbeln und wettern

RECHTE II Beim 28. „Abendspaziergang“ der Bärgida kam kaum Stimmung auf

Knapp 100 Menschen haben sich am Montagabend zum 28. „Abendspaziergang“ von Bärgida am Rande des Berliner Hauptbahnhofs getroffen. Neben einigen Deutschlandfahnen zeigte vor allem die Identiäre Bewegung auf der Kundgebung gleich siebenmal Flagge.
Verschiedene ausschließlich männliche Redner pöbelten gegen „die linke SA“, die „grün versiffte Linke“, den „Genderwahnsinn“ und die Organisation Pro Familia, die legale Abtreibungen fördere, was von einem Redner als „Massenmord auf Rezept“  diffamiert wurde. Ein Bärgida-Redner, der sich René nennt, echauffierte sich, dass er am vergangenen Wochenende beim Tag der Offenen Tür in der Flüchtlingsunterkunft Marzahn von AntifaschistInnen am Betreten des Hauses gehindert wurde.

Verschwörungsszenarien

Ein Mann, der sich als Mario vorstellte, enthüllte vor den mäßig interessierten ZuhörerInnen ein globales Verschwörungsszenario. „US- Obama“ habe mit einer Rede in Kairo den Arabischen Frühling mit dem Ziel ausgelöst, Europa mit Flüchtlingen zu überschwemmen. Ein Vertreter von PeGiDa Deutschland rief zur rechten Einheit auf und regte für die Bundestagswahlen 2017 eine Pegida-Kandidatur an.
Dabei bezog er sich auf die Oberbürgerwahlen in Dresden, bei der eine Pegida-Kandidatin ein zweistelliges Ergebnis erzielte. Das Publikum verfolgte die Reden eher desinteressiert. Stimmung kam nur kurz auf, als eine Gruppe von 20 rechten Hooligans zu der Kundgebung geleitet wurde. Sie wurde von Moderator und Mitglied der rechtspopulistischen Partei „Pro Deutschland“ Karl Schmitt als „unsere lieben Sportsfreunde“ begrüßt. Gratisbier gab es allerdings erst, bevor sich der Zug Richtung Brandenburger Tor in Bewegung gesetzt hatte. Dort
hielt der Bundesvorsitzende der Kleinstpartei „Die Freiheit“ eine Abschlussrede, in der er gegen den Islam wetterte.

GegendemonstrantInnen
Antifaschistische GegendemonstrantInnen begleiteten die Kundgebung und wurden von der Polizei auf Abstand gehalten. Daran beteiligten sich spontan auch einige SchülerInnen, die in Berlin Urlaub machten und in dem Hostel logierten, das am Auftaktort der Bärgida-Kundgebung liegt.

Taz-Berlin, 15.7.2015

Peter Nowak

Machtkampf um Pegida hat begonnen

Herbst der Populisten

Am Wochenende gibt es in Berlin ein Kräftemessen der Rechtspopulisten

Am vergangenen Donnerstag verbat sich der holländische Rechtspopulist Geert Wilders noch jede Kritik an der neuen holländischen Regierung von Seiten der Bundeskanzlerin. Die hatte bedauert, dass in Den Haag nach langen Verhandlungen wahrscheinlich nun doch eine Rechtsregierung zustande kommt, die von der rechtspopulistischen EU- und islamfeindlichen Wilders-Bewegung toleriert wird. Dabei waren die Reaktionen auf den Rechtsruck in Holland moderat, wenn man sie mit den europaweiten Protesten auf die Regierungsbeteiligung von Haiders Freiheitlichen an der Regierung in Wien im Jahr 2000 vergleicht. Wie Haider denkt auch Wilders nicht daran, sich selber aus der Politik anderer Länder rauszuhalten.

Auf Einladung des ehemaligen Berliner CDU-Lokalpolitikers René Stadtkewitz will Wilders am 2.Oktober in Berlin eine Rede halten und für eine von ihm ins Leben gerufene internationale Allianz zur Zurückdrängung des Islams im Westen zu werben. Der Ort wird noch geheim gehalten, die Plätze seien aber schon ausgebucht, die Veranstaltung wird von 14 bis 17 Uhr, so kündigte die Partei „Die Freiheit“ an, auf ihrer Website live übertragen. Stadtkewitz will mit dem Wilders-Besuch seine bisher wenig beachtete neue Rechtspartei Die Freiheit aufwerten (Wilders soll die neue rechte, antiislamische Partei weihen). In erster Linie geht es um die Akzeptanz in den eigenen Reihen.

Dieses Mal konkurriert die neue Stadtkewitz-Gruppierung mit der Prodeutschland-Bewegung, die schon vor einigen Wochen ihren Anspruch angemeldet hat, zur Berliner Abgeordnetenhauswahl zu kandidieren. Beide Bewegungen haben den Anspruch, eine Partei rechts von der Union, aber ohne neonazistische Anleihen aufbauen zu wollen. Weil aber die Prodeutschlandbewegung in der extremen Rechten ihre Wurzeln hat, aber auch wegen Personalstreitigkeiten wollen beide rechtspopulistischen Gruppierungen vorerst nicht kooperieren. Die Auseinandersetzung polarisiert die rechtspopulistische Szene seit Wochen.

Davon betroffen ist auch die in diesen Kreisen einflussreiche Webseite Politically Incorrect. Weil deren Verantwortliche sich auf die Seite von Stadtkewitz stellen, geraten sie zunehmend in die Kritik von Aktivisten der Prodeutschlandbewegung. Ihnen scheint jetzt erst aufgefallen, dass Politically Incorrect sich selber als proamerikanisch und proisraelisch aber nicht als prodeutsch definiert. Um in den Wilders-Rummel nicht unterzugehen, ruft die Prodeutschlandbewegung am 3. Oktober in Berlin zu einer Solidaritätskundgebung für Sarrazin auf.

Unter dem Motto Rechtspopulismus stoppen ruft ein Bündnis zum Protest gegen beide Veranstaltungen auf. Es wird unterstützt von Gewerkschaften, SPD, Linken und Grünen. Man wolle „Widerstand leisten gegen den Versuch, Rechtspopulismus in Deutschland aufzuwerten“, sagt Bündnis-Sprecher Dirk Stegemann.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/148494

Peter Nowak

Rechte Reise nach Jerusalem

Im anti-islamischen Lager wird Israel als strategischer Bündnispartner umworben
Mit pro-israelischen Äußerungen grenzt sich die anti-islamische Pro-Bewegung gegen die neonazistische NPD ab und zieht mit der Parole »gegen importierten Antisemitismus« gegen die angebliche Islamisierung Europas zu Felde. 
 »Mit Brinkmann nach Israel« lautet eine Werbung zu einem zehntägigen Ausflug in den Nahen Osten im nächsten Jahr. Was die »Pilgerreise« erwähnenswert macht, ist die politische Vita des Initiators. Der 1966 in Schweden geborene Patrik Brinkmann gründete 2004 die Kontinent Europa Stiftung mit dem Ziel, Publikationen und Forschung zur Neuen Rechten zu unterstützen. Nachdem er 2007 seinen Lebensmittelpunkt nach Deutschland verlegte, begnügte er sich nicht mehr mit der Förderung rechter Infrastruktur. Nach Angaben von Simone Rafael vom Internetprojekt »Netz gegen Nazis« hatte Brinkmann 2008 Kontakte zur NPD, bevor er 2009 zur DVU wechselte. 2010 konstatierte er, die DVU habe sich nicht als lebensfähige Partei erwiesen und dockte bei der Pro-Deutschland-Bewegung an.

Doch seine vollmundige Ankündigung, einen Erfolg der Pro-Bewegung bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin im nächsten Jahr mit vollem Einsatz und finanziellen Zuwendungen zu unterstützen, hat Brinkmann mittlerweile wieder relativiert: »Will man wie die NPD weitermachen oder wie Geert Wilders PVV oder der Vlaams Belang. Im zweiten Fall bin ich gern bereit, Verantwortung zu übernehmen«, schreibt Brinkmann auf seinem Internetblog.

Gegen »importierten Antisemitismus«
»Wir brauchen eine Rechte ohne Antisemitismus in Deutschland, eine Rechte, die nicht Israel zum Feind erklärt, sondern den Islam«, lautet Brinkmanns Credo. Damit ging er auf Distanz zur NPD, der er »altbackenen Antisemitismus« vorwarf. Auch die Pro-Bewegung positioniert sich im innerrechten Machtkampf mit der NPD seit einigen Monaten mit Pro-Israel-Positionen und Bekenntnissen gegen Antisemitismus unter Muslimen. So kreierte die Ratsfraktion von Pro Köln, der Mutterorganisation der Pro-Deutschland-Bewegung, die Parole: »Gegen orientalische Großmoscheen, Hassprediger, Minarette, Muezzinrufe, importierten Antisemitismus und Parallelgesellschaften kämpfen!«

Der langjährige Beobachter der extrem rechten Szene Alexander Häusler datiert die pro-israelische Wende bei Pro Köln auf wenige Monate. »Im Januar 2009 tauchte plötzlich eine israelische Fahne auf einer Kundgebung von Pro Köln gegen den Moscheebau in Köln-Ehrenfeld auf. Die anwesenden Anhänger des antimuslimisch ausgerichteten Blogs Politically Incorrect (pi) positionierten an der Absperrung vor der Moscheebaustelle ein Transparent mit der Aufschrift »Solidarität für Israel«. NPD-Aktivisten und Freie Nationalisten polemisierten auf Nazi-Webseiten gegen eine »rechte Israel-Connection« und sparten nicht mit antisemitischen Ausfällen. So fantasiert der argentinische NPD-Sympathisant Carlos Dufour von einer zionistischen Geheimpolitik zur Unterwanderung der rechten Szene Europas.

Keine kurzlebige Modeströmung
Auch andere extrem rechte Gruppierungen in Westeuropa haben im Kampf gegen die von ihnen beschworene Islamisierung Europas Israel und den »importierten Antisemitismus« als Mobilisierungsthema entdeckt. So versuchte der belgische Vlaams Belang mit seiner Positionierung gegen Antisemitismus muslimischer Gemeinden Sympathie bei der jüdischen Bevölkerung zu gewinnen. Ulli Jentsch vom antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin e.V. (apabiz) sieht in der pro-israelischen Strömung in der Rechten mehr als eine kurzfristige Modeströmung. »Wer sich pro-israelisch positioniert, hält sich die traditionalistischen, antisemitischen und eben auch oft NS-nostalgischen Rechten vom Hals. Nur so sind Rechtspopulisten wählbar, ob in den Niederlanden oder in Deutschland«, so Jentsch gegenüber ND. Dass eine proisraelische Positionierung in der Rechten Antisemitismus nicht ausschließt, zeigte die Kampagne gegen die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an die israelkritische Jüdin Felicia Langer, die auf der Webseite von Politically Incorrect als »deutsche Bundesverdienstjüdin« klassifiziert wird.

Die Perspektive der pro-israelischen Rechten dürfte auch von der Resonanz im umworbenen Land abhängen. So ist der Israeli Joel Bell von der Evangelical Zionist Inc., von dem ein Grußwort auf dem Pro-Deutschland-Bundesparteitag Mitte Juli in Berlin-Schöneberg verlesen wurde, nach Angaben von Jentsch in Israel politisch völlig unbedeutend. Prominentere Unterstützung hat die sich schärfer nach Rechtsaußen abgrenzende Bürgerbewegung Pax Europa (BPE), in der der aus der Berliner CDU ausgetretene René Stadtkewitz aktiv ist. Im Oktober 2009 nahm nach Angaben von Jentsch der Betreiber der vom David Horowitz Freedom Center in den USA unterstützten anti-islamischen Homepage jihadwatch.org, Robert Spencer, in Berlin an einer Kundgebung und einer Mitgliederversammlung der BPE teil.

 http://www.neues-deutschland.de/artikel/177345.rechte-reise-nach-jerusalem.html

Peter  Nowak