Was war der Hintergrund des Rechtsstreits mit der FPÖ?
Schlagwort: FPÖ
Erfurter Filmverein obsiegt gegen die FPÖ
Die rechtspopulistische FPÖ kann sich nicht mehr rauswinden und muss die Gerichtskosten zahlen. Jetzt ist ein Urteil rechtskräftig, dass der Partei bescheinigt, das Urheberrecht der Erfurter Filmpirat_innen verletzt zu haben, als sie Ausschnitte aus deren Videos ohne Genehmigung auf ihrem eigenen Kanal verwendete.
Beim Erfurter Verein Filmpiratinnen und Filmpiraten e.V. knallten am vergangenen Freitag die Sektkorken. Das Medienkollektiv feierte den juristischen Sieg gegen die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs. Der Oberste Gerichtshof Österreichs hatte die Revision der FPÖ gegen ein Urteil des Wiener Handelsgerichts vom letzten Jahr zurückgewiesen. Damit ist ein Urteil rechtskräftig, das den RechtspopulistInnen bescheinigte, die Urheberrechte des Filmkollektivs verletzt zu haben, als sie auf dem Kanal FPÖ-TV ohne Zustimmung und Nennung der Quellen Ausschnitte aus einem Videobericht über den Prozess gegen den Jenaer Studenten Josef S. verwendete. S. war 2013 bei einer Demonstration gegen den von der FPÖ organisierten Wiener Akademikerball unter der Beschuldigung des schweren Landfriedensbruchs festgenommen worden und saß trotz unklarer Beweislage monatelang in Untersuchungshaft.
Die FilmpiratInnen hatten von der FPÖ eine Unterlassungserklärung gefordert, ihr Videomaterial nicht mehr zu verwenden. Daraufhin verklagte die FPÖ die Filmaktivist_innen vor dem Handelsgericht wegen falscher Anschuldigungen und Behinderung der Meinungsfreiheit. Hätte die Rechtspartei mit ihrer Klage Erfolg gehabt, wäre die Existenz des Filmkollektivs schon wegen der hohen Kosten gefährdet gewesen. Nachdem die Filmpirat_innen an die Öffentlichkeit gegangen waren, trafen Spenden und Unterstützungserklärungen ein. Die Klage der FPÖ wurde als Einschüchterungsversuch gewertet – zumal die Rechtspartei in den letzten Jahren weitere Medien und Einzelpersonen, die sich kritisch über sie äußerten, mit Klagen überzogen hat.
FPÖ setzt Urheberrechtsverletzung fort
Nun muss die FPÖ alle Kosten des Verfahrens tragen. Doch für die FilmpiratInnen ist trotz des Erfolges die juristische Auseinandersetzung mit der FPÖ womöglich nicht beendet. Denn noch immer wird auf den Youtube-Kanal FPÖ-TV ihr Videomaterial verwendet. Damit setzen die Rechtspopulisten die Urheberrechtsverletzung fort. Da nun ein rechtskräftiges Urteil dazu vorliegt, könnten die Chancen gestiegen sein, dass das Filmkollektiv seine Rechte durchsetzen kann und die FPÖ auch Schadenersatz zahlen muss. Doch ließ Jan Samende vom Filmpirat_innenverein bislang offen, ob man weitere juristische Schritte einleite: „Wir werden jetzt innerhalb des Vereines unser weiteres Vorgehen besprechen.“
https://mmm.verdi.de/internationales/erfurter-filmverein-obsiegt-gegen-die-fpoe-39415
Peter Nowak
Von Norwegen bis Ungarn
Rechtspopulisten sind in Europa auf dem Vormarsch und gefährden unsere Demokratie
Die ultrarechte FPÖ verdoppelte am 27. September 2015 bei den Landtagswahlen in Oberösterreich ihr Stimmergebnis, In Frankreich gelingt es dem Front National trotz interner Streitigkeiten, weitgehend die politische Agenda zu bestimmen. Auch in den skandinavischen Ländern Norwegen, Finnland und Schweden verzeichnen ul-trarechte Parteien Stimmenzuwachs und nehmen Einfluss auf die Innenpolitik. Der ungarische Ministerpräsident will mit seiner Abschottungspolitik gegen Flüchtlinge Vorbild für die europäische Rechte sein.
Angesichts dieser besorgniserregenden Entwicklung ist es erfreulich, wenn Politikwissenschaftler und Journalisten sich ernsthaft mit der Strategie und Taktik rechter Parteien befassen wie in diesem Buch, das der Leiter des Referats Internationale Politikanalyse der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung Ernst Hillebrand herausgab. Auch der größte Teil der knapp 20 Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen europäischen Ländern gehört dem sozialdemokratischen Spektrum an.
Im ersten Teil werden rechtspopulistische Bewegungen aus zehn Ländern kurz vorgestellt, darunter neben dem Front National und der FPÖ auch weniger bekannte wie die einflussreiche Dänische Volkspartei (DF), die aus einer Abspaltung der Freiheitspartei hervorging, eine der ersten rechtspopulistischen Parteien in Europa, sowie die Schweizer Volkspartei (SVP), die sich um eine Gratwanderung zwischen Nationalkonservatismus, Rechtspopulismus und knallharter neoliberaler Politik bemüht. Interessant ist der Blick auf den osteuropäischen Rechtspopulismus. So versucht in Tschechien Andrej Babis mit seiner Aktion Unzufriedener Bürger (ANO) das langjährige Erfolgsrezept von Silvio Berlusconi in Italien zu kopieren. Ausführlich wird auf das Zusammenspiel zwischen den regierenden Rechtspopulisten und den oppositionellen Neonazis in Ungarn eingegangen. In Polen könnte nach den nächsten Wahlen ebenfalls eine rechtspopulistische Partei den Ton angeben, wird gewarnt.
Im zweiten Teil des Buches geht es um die politische Bewertung des europäischen Rechtspopulismus. Der Publizist Christoph Guilluy betont, dass der Front National in Frankreich von vielen Arbeitern gewählt werde, obwohl deren Wirtschaftspolitik auf der Linie von Ronald Reagan und Margaret Thatcher liegt. Dies bestätigt die Einschätzung des Herausgebers im Vorwort: »Der Abfluss von aus einfachen Verhältnissen stammenden Wählern zu den Rechtspopulisten droht die Machtperspektive für die linke Mitte dauerhaft zu schwächen. Für die konservativen Parteien – dies zeigt eine Vielzahl von rechten Koalitionsregierungen unter Einschluss oder Duldung von Rechtspopulisten, von Österreich über die Niederlande bis Dänemark – eröffnen sich dagegen neue Koalitionsperspektiven.«
Ein wichtiges Buch, das jedoch leider mitunter die verstaubte Theorie von den Extremen rechts wie links wieder ausgräbt.
Ernst Hillebrand (Hg.): Rechtspopulismus in Europa. Gefahr für die Demokratie?
J.H.W. Dietz. 192 S., br., 16,90 €.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/987507.von-norwegen-bis-ungarn.html
Peter Nowak
Teurer Kampf ums Urheberrecht
Das alternative Videokollektiv Filmpiratinnen und Filmpiraten e.V. aus Erfurt muss sich derzeit gegen eine Klage der FPÖ vor dem Handelsgericht in Wien wehren. Die rechte Partei verletzte das Urheberrecht der Erfurter Journalisten und überzieht sie nun im Gegenzug mit einem Prozess, dessen Kosten bereits das Aus für das Filmkollektiv bedeuten könnten.
Fast ein Jahrzehnt berichten die Videojournalisten über Antifademonstrationen, Flüchtlingsproteste oder Solidaritätsaktionen beispielsweise während des Einzelhandelsstreiks. Zunächst konzentrierte sich ihre Medienarbeit auf Thüringen. Mittlerweile sind die kritischen Journalisten europaweit mit der Kamera unterwegs. So berichteten sie auch über das Verfahren gegen den Jenaer Antifaschisten Josef S. in Wien. Die österreichische Justiz hatte den Studenten schweren Landfriedensbruch bei Protesten gegen den jährlichen Akademikerball in 2013 vorgeworfen. Dazu lädt die rechtspopulistische FPÖ alljährlich Ende Januar Politiker der rechten Szene Europas ein. Wegen der monatelangen Untersuchungshaft trotz unklarer Beweislage sprachen Menschenrechtsorganisationen von Kriminalisierung des Antifaschisten. Der Jenaer Oberbürgermeister Albrecht Schröder (SPD) verlieh S. im vergangenen Jahr einen Preis für Zivilcourage.
Die FPÖ stellte Ausschnitte eines Videoberichts der Filmpiraten über den Prozess gegen Josef S. und die Preisverleihung auf ihren Kanal FPÖ-TV. „Sie haben die Aufnahmen in einen neuen Kontext gesetzt und gleichzeitig gegen die Creative Commons-Lizenz verstoßen, die nicht-kommerzielle Nutzung und Weitergabe unter gleichen Bedingungen voraussetzt“, erklärte der Videojournalist Jan Smendek. Daher hatte der Verein die FPÖ wegen der Urheberrechtsverletzung abgemahnt. Daraufhin verklagte die FPÖ die Filmpiraten beim Wiener Handelsgericht wegen Behinderung der Meinungsfreiheit und falscher Anschuldigungen. Gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) erklärte ein FPÖ-Sprecher: „Wir fordern in unserer Klage gegen die ‚Filmpiraten‘ weder Geld noch Sonstiges, sondern lediglich die gerichtliche Feststellung, dass die von den ‚Filmpiraten‘ behaupteten Ansprüche gegen die FPÖ nicht zu Recht bestehen“.
Mittlerweile wurde bekannt, dass die FPÖ auch in Österreich ihre Kritiker häufiger mit solchen Klagen überzieht. Betroffen davon sind die „Initiative Heimat ohne Hass“, die Zeitschrift „Linkswende“ und der österreichischen Kriminalbeamte und Datenforensiker Uwe Sailer, der sich gegen die FPÖ engagiert. Die aufgrund der österreichischen Parteienfinanzierung sehr solvente Partei versucht, ihre Kritiker mit den Klagen finanziell unter Druck zu setzen, kritisiert ein Autor der „Linkswende“. Für die Filmpiraten geht es dabei um ihre Existenz. Der Streitwert liegt bei 35000 Euro. „Bis jetzt sind schon über 5.000 Euro an Anwaltskosten entstanden, die wir im Vorfeld aufbringen mussten“, erklärt Smendek. Die Auseinandersetzung kann sich noch über Monate hinziehen und teuer werden. Ein vom Wiener Handelsgericht vorgeschlagener Vergleich, bei dem beide Seiten ihre Klagen zurückziehen, ist für Smendek nicht annehmbar. „Die FPÖ könnte dann weiter unser Urheberrecht verletzen und wir würden auf einen Teil der Gerichtskosten sitzen bleiben“, begründet der Journalist die Ablehnung. So wird es wohl in einigen Monaten zum Prozess kommen.
Unter dem Motto „Sei unser Held – FPÖ kostet Nerven und Geld“ wird auf der Homepage www.filmpiraten.org zu einer Spendenkampagne aufgerufen. SPENDENKONTO Filmpiratinnen e.V.
IBAN: DE56430609676027819400
BIC: GENODEM1GLS GLS Bank.
aus: «M» – MENSCHEN – MACHEN – MEDIEN
https://mmm.verdi.de/aktuell-notiert/2015/teurer-kampf-ums-urheberrecht
Peter Nowak
Filmpiraten durch FPÖ-Klage in ihrer Existenz bedroht
Dabei war der Ausgangspunkt eine durch die rechte Partei getätigte Urheberrechtsverletzung
Antifaschistische Medienarbeiter kennen das Problem. Da werden Texte, Fotos oder Videos von Medien der Rechten ohne Erlaubnis benutzt und für deren Propaganda instrumentalisiert. In der Regel genügt es, wenn die linken Medienleute eine Abmahnung schreiben, um diese rechten Aneignungsversuche zu beenden.Das dachte sich auch das Erfurter Kollektiv Filmpiraten [1], das seit mehr als 10 Jahren Videos vonsozialen Protesten ins Netz stellt.
Initiiert wurde das Medienprojekt 2004 von jungen Linken im Umfeld des besetzten Hauses [2]auf dem Areal des ehemaligen Topf & Söhne-Geländes in Erfurt. Dieses Unternehmen hat an der Produktion von Verbrennungsöfen nach Auschwitz profitiert. Die Bewohnerund Unterstützer des im April 2009 geräumten Gebäudes haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Geschichte von Topf & Söhne bekannt und in Erfurt ein Gedenkort [3]eingerichtet wurde. Zu den bekanntesten Videoarbeiten der Filmpiraten gehört der Film „Topfgang“ [4], der einen Rundgang durch das damals noch besetzte Topf & Söhne-Gelände 2005 dokumentiert.
In den letzten Jahren erweiterte sich der Radius der Berichterstattung der Filmpiraten. So berichteten sie auch über das Verfahren gegen den Jenaer Josef S.in Wien [5]. Die österreichische Justiz hatte dem Studenten schweren Landfriedensbruch bei Protesten gegen jährlichen Wiener Akademikerball 2013 vorgeworfen. Dazu lädt die rechtspopulistische FPÖ alljährlich Ende Januar Politiker der rechten Szene Europas ein. Wegen der monatelangen Untersuchungshaft trotz unklarer Beweislage sprachen [6] Menschenrechtsorganisationen von Kriminalisierung des jungen Deutschen. Selbst in der konservativen Welt [7] wurde er nicht vorschnell in die Chaotenecke gestellt. Der JenaerSPD-Oberbürgermeister Albrecht Schröder verlieh S. im vergangenen Jahr einen Preis für Zivilcourage [8].
Die FPÖ stellte Ausschnitte eines Videoberichts der Filmpiraten über den Prozess gegen Josef S. und die Preisverleihung auf ihren Kanal FPÖ-TV [9]. „Sie haben die Aufnahmen in einen neuen Kontext gesetzt und gleichzeitig gegen die CC-Lizenz verstoßen, die nicht-kommerzielle Nutzung und Weitergabe unter gleichen Bedingungen voraussetzt“, erklärte der Videojournalist Jan Smendek vom Verein der Filmpiraten gegenüber Telepolis.
Doch die FPÖ reagierte mit einer juristischen Strategie, die für die Filmpiraten existenzgefährdend sein könnte. Sie verklagte [10] den Verein vor dem Wiener Handelsgericht. „Sie werfen uns vor, falsche Behauptungen zu stellen und damit die Meinungsfreiheit der FPÖ zu behindern. In der Anklage berufen sie sich auf die freie Meinungsäußerung in Artikel 10 der europäischen Menschenrechtskonvention“, erklärt Jan Smendek. Dass die FPÖ mit dem Versuch juristisch Erfolg hat, die Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung in eine Verletzung der Meinungsfreiheit umzukonstruieren, sei unwahrscheinlich. Doch die mit dem Verfahren verbundenen Kosten belasten die Filmpiraten schon heute.Der Streitwert beträgt 35.000€. Zusätzlich werden den Filmpiratinnen und Filmpiraten 2698,13€ in Rechnung gestellt.
Strategie der FPÖ gegen ihre Kritiker
Mittlerweile wurde bekannt, dass die FPÖ auch in Österreich Kritiker der Partei mit einer Klagewelle überzieht. Unter der Überschrift „Linksaktivisten klagen über FPÖ-Klagen“ [11] berichtete der Wiener Kurier im Januar 2015 über eine Pressekonferenz [12], auf der mehrere antifaschistische Organisationen über existenzgefährdende juristische Manöver der FPÖ zu Wort kamen.
Dort informierte die Initiative „Heimat ohne Hass“ [13], die rechte Aktivitäten in sozialen Medien dokumentiert, über eine Urheberrechtsklage [14]. Der für antifaschistische Initiative existenzbedrohende Streitwert betrage 33.400 Euro.
Auch der ehemalige Kriminalbeamte und Datenforsensiker Uwe Sailer geriet durch seine klare Ablehnung der FPÖ [15] ins Visier der rechten Partei. So heißt es auf der Homepage der Internetplattform Linkswende [16]: „Seit 2008 wird der fleißige Nazi-Aufdecker und Kenner der rechten Szene, Uwe Sailer, gezielt von der FPÖ verleumdet. Er soll mittels Klagen in den finanziellen Ruin getrieben werden.“ Die Freiheitlichen hätten gegen Sailer mehr als 70 Anzeigen, unter anderem wegen angeblichen Amtsmissbrauchs und Urheberrechtsverletzungen gestellt. Alle Verfahren seien letztlich eingestellt und Sailer entlastet worden. Doch einen Teil der Verfahrenskosten musste er selbst begleichen.
Im Gespräch mit der Linkswende erklärte Sailer: „Die FPÖ bringt etwa eine Urheberrechtsklage mit einem Streitwert von 1.600 Euro ein. Kurz vor der Verhandlung zieht sie die Klage zurück und man bleibt als Beschuldigter trotzdem auf 400 Euro für Gericht und Anwalt sitzen.“
„Die durch die österreichische Parteienfinanzierung solvente Partei versucht ihre Kritiker mit den Klagen finanziell unter Druck zu setzen“,kritisiert ein Autor der Linkswende.
Vergleich, der der FPÖ nutzt
Auch für die Filmpiraten könnte die Auseinandersetzung noch monatelang weitergehen. „Nach fünfzehn Minuten intensiver Gerichtsverhandlung wurde der Prozess auf unbestimmte Zeit vertagt“, berichtet Smendek über die erste Verhandlung am 26. Februar vor dem Wiener Handelsgericht.
Es habe einen hitzigen Schlagabtausch zwischen den Anwälten der beiden Parteien gegeben. Der Anwalt der FPÖ habe die Partei als Opfer der Unterlassungsaufforderung der Beklagten hingestellt, heißt es in einem Prozessbericht [17]. Der Richter habe beide Seiten zu einem Vergleich gedrängt, dem die FPÖ bereits zugestimmt hat. Danach nehmen beide Seiten ihre Anzeigen zurück. Damit würden die Filmpiraten auf mehreren tausend Euro Gerichtskosten sitzen bleiben. Zudem würde der Ausgangspunkt des Verfahrens, die Urheberrechtsverletzung durch die FPÖ, nachträglich legalisiert. Daher ist sich Smendek ziemlich sicher, dass die Filmpiraten dem Vergleich nicht zustimmen werden und daher weiter auf Unterstützung [18] angewiesen sind und haben eine Spendenkampagne initiiert.
http://www.heise.de/tp/news/Filmpiraten-durch-FPOe-Klage-in-ihrer-Existenz-bedroht-2561590.html
Peter Nowak
Links:
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Geld als Druckmittel
Wegen eines Rechtsstreits mit der FPÖ steht ein Erfurter Filmkollektiv vor dem Aus
Die Freiheitliche Partei Österreichs nutzt unrechtmäßig Videomaterial von Erfurter Aktivisten – und verklagt sie auch noch auf 35 000 Euro. Doch sie wollen nicht aufgeben.
Fast ein Jahrzehnt berichten die Videojournalisten der Erfurter »Filmpiraten« über Antifademonstrationen, Flüchtlingsproteste oder Einzelhandelsstreiks. Zunächst konzentrierte sich das Videokollektiv auf außerparlamentarische Aktivitäten in Thüringen. Mittlerweile sind die kritischen Journalisten europaweit mit der Kamera vor Ort, wenn Menschen auf die Straße gehen.
Auch die Proteste gegen den Wiener Akademikerball im Jahr 2013 und das Verfahren gegen den Antifaschisten Josef S. aus Jena hielten sie im Bild fest und veröffentlichten zwei Filme auf der Videoplattform Youtube. Dem deutschen Studenten wurde in Österreich schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen. Trotz unklarer Beweislage saß er monatelang in Untersuchungshaft, was von Menschenrechtsorganisationen als Kriminalisierung kritisiert wurde. Der Jenaer Oberbürgermeister Albrecht Schröder (SPD) verlieh S. im vergangenen Jahr einen Preis für Zivilcourage.
Die FPÖ, die alljährlich zu dem Akademikerball einlädt, stellte Ausschnitte der Videos über den Prozess und die Preisverleihung gegen Josef S. auf ihren Kanal FPÖ-TV – ohne die Filmpiraten zu fragen. »Sie haben die Aufnahmen in einen neuen Kontext gesetzt und gleichzeitig gegen die Creative Commons-Lizenz verstoßen, die nicht-kommerzielle Nutzung und Weitergabe unter gleichen Bedingungen voraussetzt«, erklärt Jan Smendek von den »Filmpiraten« gegenüber »nd«. Sie haben der FPÖ daher durch ihre Anwältin eine Unterlassungsaufforderung mit Abmahnung geschickt.
Als Reaktion reichte die FPÖ ihrerseits beim Wiener Handelsgericht eine Klage gegen den Verein ein – wegen Behinderung der Meinungsfreiheit und falscher Anschuldigungen. Gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk erklärte ein Sprecher: »Wir fordern in unserer Klage weder Geld noch sonstiges, sondern lediglich die gerichtliche Feststellung, dass die von den Filmpiraten behaupteten Ansprüche gegen die FPÖ nicht zu Recht bestehen.«
Die rechte Partei überzieht auch andere Kritiker mit Klagen. In Österreich sind davon die »Initiative Heimat ohne Hass«, die Zeitschrift »Linkswende« und der Datenforensiker Uwe Sailer betroffen, der sich seit Jahren gegen die FPÖ engagiert. Die solvente Partei versucht damit, ihre Kritiker finanziell unter Druck zu setzen, kritisiert ein Autor der »Linkswende«.
Die Filmpiraten sind durch die Klage in ihrer Existenz bedroht, auch wenn sie wenig Aussicht auf Erfolg hat. Grund ist die Höhe des Streitwerts. Der wurde von der FPÖ auf 35 000 Euro festgelegt und das macht die Geschichte für die Filmpiraten so unangenehm. Denn anhand des Streitwerts werden die Anwaltskosten bemessen. »Bis jetzt sind schon über 5000 Euro an Anwaltskosten entstanden, die wir im Vorfeld aufbringen müssen«, erklärt Smendek. Zudem gehen ihre Anwälte davon aus, dass die FPÖ über mehrere Instanzen klagen könnte, so dass die Kosten schnell mehrere zehntausend Euro übersteigen würden. Zu viel für den kleinen Verein, der seine Projekte ehrenamtlich verwirklicht. Unter dem Motto »Sei unser Held – FPÖ kostet Nerven und Geld« rufen die Videoaktivisten nun zu Spenden auf.
Peter Nowak
Österreich vor Rechtskoalition?
Der Rechtsruck im Nachbarland
Rot-Schwarz „überlebt knapp“ oder „Blaues Auge für Koalition“ lauten die ersten Kommentare in der österreichischen Presse zur gestrigen Bundesratswahl in dem Land. Tatsächlich zeigen die Wahlergebnisse wie schnell eine „große Koalition“ um die absolute Mehrheit fürchten muss, wenn ein Großteil der Wähler den politischen Stillstand satt hat.
Allerdings würden alle denkbaren Koalitionsalternativen einen Rechtsruck bedeuten. Wenn führende Politiker der konservativen ÖVP nach der Wahl nun erklären, ein „Weiter so“ könne es nun nicht mehr geben, dann wollen sie damit der SPÖ Zugeständnisse abringen. Denn die Sozialdemokraten sind mit 27,1 Prozent stärkste Partei und können damit rechnen, dass sie ihr Parteifreund im Bundespräsidentenamt auch mit der Regierungsbildung beauftragt. Doch, weil es anders als in Deutschland eine rechte Mehrheit im Parlament gibt, bleibt ihre Manövrierfähigkeit begrenzt.
Als drittstärkste Partei hat sich mit der FPÖ die traditionelle Rechte etabliert. Die als Auffangbecken alter Nazis in Österreich gegründete Partei hat ihre Verbindung in die extreme Rechte nie gekappt. Zu einem europäischen Modell für viele Rechtsparteien wurde sie erst mit Jörg Haider an der Spitze. Der führte die Partei in die Regierung, was Österreich eine kurzzeitige europäische Isolierung und der Partei eine Spaltung bescherte. Der egomanische Haider überwarf sich mehr aus persönlichen denn aus politischen Gründen mit vielen seiner Parteifreunde und gründete die BZÖ, die seit Haiders Tod vergeblich versuchte sich als eine Light-Version der FPÖ zu präsentieren.
Mit 3,8 Prozent sind sie nicht mehr im Parlament vertreten. Das gute Abschneiden der FPÖ zeigt, dass es in Österreich Resonanz für eine Rechte gibt, die trotz aller kosmetischen Retuschen im völkischen Lager steht. Es zeigte sich hier auch wieder, dass es die Wählerbasis einer Rechtspartei, die mit Law and Order-Parolen auf Stimmenfang geht, nicht stört, wenn Politiker dieser Partei selber durch Korruption, Bestechung und Missachtung juristischer Urteile Schlagzeilen machen. Dabei hatten diese Umtriebe von FPÖ-Politikern aus der Haider-Ära erst nach deren Tod Schlagzeilen gemacht.
„Wenn die Arbeiter sich erheben, werden die Arbeiterführer gezielt abgeschossen“
Zur alten Rechten kann auch das Team Stronach gezählt werden. Der Unternehmer Frank Stronach, der in den letzten Wochen eine ultrarechte One-Men-Show abgibt, kritisierte an seiner FPÖ-Konkurrenz eigentlich nur, dass es sich dort um Berufspolitiker handele und dass man in der Wirtschaft noch zu staatsgläubig sei. Dafür lieferte Stronach im Interview schon mal Beispiele, wie er sich den Umgang mit aufmüpfigen Arbeitern nach der EU-Verfassung vorstellt:
Stronach: (…) Aber steht das nicht in der EU-Verfassung, das man bei Aufständen töten kann?
Nachbaur: Durch den Vertrag von Lissabon würde tatsächlich durch die Hintertür wieder ermöglicht, dass Staaten bei Aufruhr die Todesstrafe einsetzen dürfen. Und das kann man leider nicht ausschließen, wenn man weiter am Euro festhält und es möglicherweise zu einer großen Armut kommt, die zu sozialen Unruhen führen würde.
Stronach: Wenn die Arbeiter sich erheben, werden die Arbeiterführer gezielt abgeschossen.
Frage: Das glauben Sie wirklich? Von wem sollte das ausgehen?
Stronach: Wozu sonst sollte man dieses Gesetz denn brauchen?
Mit Volksabstimmungen Unternehmerinteressen durchsetzen
Mit den Neos ist eine Partei in das österreichische Parlament gewählt worden, die sich im Gegensatz zur FPÖ nicht völkisch, aber eindeutig wirtschaftsliberal versteht. Daher verwundert es nicht, dass sie sich nach ihren Einzug ins Parlament als „erfolgreiches Polit-Startup“ feiert. So schreibt ein Neos-Kandidat:
„Zudem hat jeder Mensch auch ein persönliches Umfeld, das politisch adressiert wird. Bei mir ist es das (Klein-)Unternehmertum, wo NEOS ein Spektrum an Forderungen vertritt, die von einer liberalen Partei erwartet werden dürfen: Fokus auf Start-Ups, Reduktion der Abgaben auf Arbeit, Ladenöffnungsrecht, Erleichterungen für EPU, Modernisierung des Gewerberechts, Abschaffen der Mindest-KÖSt. und Gesellschaftssteuer, Erleichterung von Mitarbeiterbeteiligungen usw.“
Um den Widerstand von Gewerkschaften und Interessengruppen gegen diese weitere Zurichtung der Gesellschaft auf Wirtschaftsinteresen abzubiegen, will die Partei mit den Instrumenten der Volksbefragungen operieren. Hier zeigt sich, wie recht der Soziologe Thomas Wagner mit seiner These haben kann, dass Volksbefragungen zunehmend genutzt werden, um Rechte von Beschäftigten und Subalternen auszuhöhlen.
Wenn Wagner kritisch anmerkt, dass sich hinter der Bürgerbeteiligung eine „plebiszitär abgesicherte Elitenherrschaft“ verberge, die die direkte Ansprache an die Bürger ohne Vermittlung durch Parlamente oder Gewerkschaften anstrebt, so könnte er damit auch das Startup-Projekt Neos vor Augen haben.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/155052
Peter Nowak
Links
[1]
http://kurier.at/politik/inland/wahl2013/nationalratswahl-koalition-verliert-und-ueberlebt/28.895.985
[2]
http://diepresse.com/home/politik/nrwahl2013/1458601/Warnung-und-blaues-Auge-fuer-Regierung
[3]
http://www.salzburg.com/nachrichten/spezial/nationalratswahl-2013/sn/artikel/der-tag-nach-der-wahl-faymann-will-nur-mit-der-oevp-verhandeln-76311
[4]
http://www.oevp.at/Home.psp
[5]
http://spoe.at/
[6]
http://www.fpoe.at/aktuell/
[7]
http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/41202/die-fpoe
[8]
http://www.bzoe.at/
[9]
http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/chronik/547899_Korruption-auf-Ersuchen-Haiders.html
[10]
http://www.teamstronach.at/de/
[11]
http://www.format.at/articles/1338/524/366598/wer-kinder-schulden
[12]
http://www.format.at/articles/1338/524/366598/wer-kinder-schulden
[13]
http://neos.eu/
[14]
http://neuwal.com/index.php/2013/09/03/pro-contra-neos-die-sicht-von-ausen/
[15]
http://www.heise.de/tp/blogs/8/155048