Auf der jährlichen Marxismus-Konferenz in Berlin waren der Krieg in der Ukraine und die Kriminalisierung propälästinensischer Proteste wichtige Themen. Solidarität gab es mit der Klimabewegung.

Weder Putin noch Nato

Klar abgegrenzt hat sich der Kongress allerdings auch vom sozialkonservativen Flügel um Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine. Die Zeit, als Lafontaine bei »Marx is’ muss« Säle füllte, ist lange vorbei. Hier wird eine Umstrukturierung am linken Flügel der Partei Die Linke deutlich, zu dem sich die Organisator*innen des Kongresses zählen. Wagenknecht und Co. gehören schon lange nicht mehr dazu

Für das Pfingstwochenende hatte das Netzwerk Marx 21 zu seinem diesjährigen Kongress »Marx is’ Muss« eingeladen. Im nd-Gebäude am Berliner Ostbahnhof versammelten sich hunderte Menschen zu rund 100 Workshops und Diskussionsveranstaltungen sowie am Freitag zu einem Seminartag. Veranstaltende und Teilnehmende griffen Fragen auf, die eine gesellschaftliche Linke, aber auch die Partei gleichen Namens beschäftigen. »Wir möchten dazu beitragen, die Linke klein- und großgeschrieben zu stärken und so Gegenmacht zum Kapitalismus aufzubauen«, schreibt Marx 21 auf der Webseite des Kongresses. Die Organisation war 2007 aus dem trotzkistischen Linksruck hervorgegangen. Auf mehreren Podien des Kongresses spielte der russische Einmarsch in der Ukraine eine Rolle. »Stoppt den Krieg in der Ukraine« lautete der programmatische Titel einer gut besuchten Veranstaltung. Dort waren sich der Referent für …

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Ewgenly Kasakow: Spezialoperation und Frieden – Die russische Linke gegen den Krieg Unrast­Verlag, 2022, 244 Seiten, 16 Euro, ISBN: 978­3­89771­194­5

Spezialoperation und Frieden

Eine weitere wichtige Arbeit ist die Solidarität mit den von Repression be­troffenen russischen Kriegsgegner*innen. Das ist auch eine wichtige Aufgabe der internationalen Solidarität, bei der die Rote Hilfe e.V. auch in Deutschland ei­nen Beitrag leisten kann. Dazu ist es aber zunächst einmal wichtig, die linken Organisationen und Netzwerke zu kennen, die sich in Russland am Widerstand ge­gen die Kriegspolitik beteiligen. Hier hat Kasakow mit seinem Buch Pionierarbeit geleistet und einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung geliefert.

„Folter und Knast gegen Kriegsgegner*innen in Russland“ ist ein Text des Projekts Zona Solidarnosti (Solidaritätszone) auf Seite 12 der Sonderbeilage der Roten Hilfe e.V. zum Tag der politischen Gefangenen 2023 überschrieben. Die Situation der linken Oppositionellen ist dort eher düster beschrieben: Die anhaltende staatliche Repression habe schon während der Covid-Pandemie zur „Auflösung politischer, ökologischer, feministischer und queerer Vereinigungen und Kollektive geführt“ schreiben die Genoss*innen von Zona Solidarnosti und kommen zu dem ernüchternden Fazit.

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Ewgenly Kasakow Spezialoperation und Frieden Die russische Linke gegen den Krieg Unrast-Verlag, 2022, 244 Seiten, 16 Euro,

Wer wird die Kinder begraben?

Ewgenly Kasakow stellt die russische Antikriegslinken vor, Wenige Stunden nach der Invasion hatte die libertäre Gruppe "Food not Bombs in einen Aufruf gefragt: “ Wer wird die Eingeweide mit den Händlern einsammeln, wem werden Arme und Beine durch Explosionen abgerissen, wessen Familien werden ihre Kinder begraben? Selbstverständlich betrifft dies alles nicht die herrschende Minderheit“. Diese bewegenden Fragen stehen im Aufruf, den die libertäre Moskauer Gruppe „Food not Bombs“ wenige Stunden nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine verfasst hat. Ein Jahr später haben diese Fragen noch an Eindringlichkeit gewonnen.

Ein Jahr nach dem Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine ist aus dem Konflikt ein Stellvertreterkrieg zwischen der Nato und Russland mit weiteren Eskalationspotential geworden. Auf beiden Seiten ist die Zahl der Opfer immens, nur die Toten auf der russischen Seite werden hierzulande kaum beachtet, wie auch die russische Antikriegsbewegung kaum bekannt ist. So wird der Eindruck erweckt, es gäbe jenseits von Navalny keine Opposition in Russland. Da ist es umso erfreulicher, dass der in Bremen lebende Historiker Ewgenly Kasakow im Unrast-Verlag ein Buch veröffentlicht hat, das sehr akribisch die unterschiedlichen Fraktionen der russischen Linke untersucht, die den Krieg gegen die Ukraine ablehnen.  Kasakow stellt die verschiedenen politischen Fraktionen der kriegsgegnerischen russischen Linken vor und gibt auch einen kurzen Überblick über deren …

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Ewgeniy Kasakow: Spe- zialoperation und Frieden. Die russische Linke gegen den Krieg, Unrast, Münster 2022, 248 S., 16 Euro, ISBN 978-3-89771-194-5

Russische Linke gegen den Krieg

Das Buch «Spezialoperation und Frieden» Historiker Ewgenly Kasakow untersucht akribisch die unterschiedlichen Fraktionen der russischen Linke, die den Krieg in der Ukraine ablehnen. Aufgezeigt wird, wie differenziert und unterschiedlich diese Kräfte sind.

Mehr als ein Jahr nach dem Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine ist aus dem Konflikt ein Stellvertreterkrieg zwischen der Nato und Russland mit weiterem Eskalationspotential geworden. Auf beiden Seiten ist die Zahl der Opfer immens, nur die Toten auf der russischen Seite werden hierzulande kaum beachtet,wie auch die russische Antikriegsbewegung kaum bekannt ist. So wird der Eindruck erweckt, es gäbe jenseits von Navalny keine Opposition in Russland. Das Buch des in Bremen lebenden Historikers Ewgenly Kasakow …

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Ewgeny Kosakow informiert in einem Buch über russische Kriegsgegner – darunter Sozialdemokraten, Anarchisten, Feministinnen und Gewerkschafter. Die Kommunistische Partei ist gespalten.

Diese Russen wollen keinen Krieg

Es ist ein Verdienst von Kasakows Buch, dass dort die hierzulande verschwiegene linke Opposition in Russland zu Wort kommt. "Meinst Du die Russen wollen Krieg?" So lautete der Titel eines eindrucksvollen Gedichtes des sowjetischen Schriftstellers und Dichters Jewgeniy Jewtuschenko. Lange wurde es von denen zitiert, die sich für gute Beziehungen zur Sowjetunion und später zu Russland aussprachen. Nach dem 24. Februar 2022 wagte kaum noch jemand, das Gedicht zu zitieren. Doch Ewgenly Kasakow zeigt, dass längst nicht alle Menschen in Russland Krieg wollen. Im Gegenteil, viele nehmen Repressalien in Kauf, indem sie ihre Ablehnung des Krieges offen zeigen. Hier gäbe es Bündnispartner für die Menschen in aller Welt, auch in der Ukraine, die nach fast einem Jahr das Töten beenden wollen.

Aktuell sorgt ein „Manifest für Frieden“ in Deutschland für heftige Diskussionen. Es wird als „verlogen“ und als Ende von Anstand und Moral abqualifiziert. Dabei ist es bieder und kreuzbrav und fordert nichts anderes als Verhandlungen, damit das Sterben auf allen Seiten endlich aufhört. Wer könnte etwas dagegen, haben außer nationalistischen Ideologen auf allen Seiten und natürlich der Rüstungsindustrie? Das Manifest erinnert an den Krefelder Appellvon 1980. Auch damals reichte das Spektrum der Erstunterzeichner von Nationalpazifisten, ehemaligen Militärs und Christen bis zu Kommunisten, die wahrscheinlich sogar die meisten Unterschriften sammelten, aber sonst im Hintergrund bleiben. Trotzdem wurde der Krefelder Appell von SPD bis zum rechten Rand der Union als verkapptes kommunistisches Projekt bezeichnet, das natürlich nur den Interessen Moskau dienen solle. Trotzdem wuchs die Zahl der Unterstützer. Weniger bekannt ist, dass es auch eine linke Kritik am Krefelder Appell wie an der deutschen Friedensbewegung insgesamt gab. Da wurde moniert, dass hier eben nur die deutschen Interessen formuliert und ausblendet werde, dass Kriege weltweit auch nach 1945 immer eine Realität waren. Ob die Kritik der Deutschland-Zentriertheit auch auf das aktuelle Friedensmanifest zutrifft, wird sich …

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Auch in Russland gibt es Klimaaktivismus – und zwar erfolgreich!

Lützerath ist überall

Wer sich darüber informieren will, wie die zersplitterte russische Linke gegen den Krieg agiert, muss zum kürzlich im Unrast-Verlag erschienenen Buch »Spezialoperation und Frieden« greifen, das der in Bremen lebende Historiker Ewgeniy Kasakow herausgegeben hat. Auch das Video aus dem Kusbass zeigt ein Russland, mit dem sich Linke in Deutschland verbinden können.

»Liebe Einwohner von Lützerath und alle die, die ihr gegen die Energiegesellschaft kämpfen tut. Euer Kampf … ist sehr wichtig, weil es ein perfektes Beispiel dafür ist, wie ein Mensch seine Rechte und sein Leben schützt.« Solidaritätserklärungen für die Klimaaktivist*innen waren Mitte Januar zahlreich. Diese hatten sich dem Polizeiaufgebot entgegengestellt, das im Interesse des RWE-Konzerns das kleine Dorf Lützerath tief im Westen räumte und den Weg für die weitere Kohleabbaggerung freimachte. Doch diese Botschaft war anders.Das kurze Youtube-Video mit der Ansprache an die Lützerather*innen sticht schon optisch hervor: Sieben Menschen stehen …

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Nach dem Raketeneinschlag in Polen nahm die Nato eine deeskalierende Rolle ein. Ein deutscher Sicherheitsexperte schwadronierte über Waffen, die russische Städte treffen sollen. Die Bundesrepublik ist mitnichten Opfer oder Vasall.

Deutschland und die Ukraine: Wie sie lernten, die irregeleitete Rakete zu lieben

Es entsteht die paradoxe Situation, dass die Kritiker der gegenwärtigen Ukraine vor allem die USA als angebliche Kriegstreiber angreifen und kaum die Rolle Deutschlands ansprechen, aber auch manche Freunde der aktuellen Ukraine einen Schlussstrich unter die deutsch-ukrainische Geschichte der Nazizeit ziehen wollen, den sie vor 20 Jahren noch massiv bekämpft hatten.

Am vergangenen Dienstag bestand für einige Stunden die reale Gefahr, dass sich der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine ausweitet. Grund waren Raketeneinschläge im Nato-Land Polen. Sollte Russland tatsächlich den Konflikt auf Nato-Gebiet ausweiten wollen? Doch wenige Stunden später kam die …

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Ewgeniy Kasakow (Hg.): Spezialoperation und Frieden. Die russische Linke gegen den Krieg. Unrast Verlag 2022, 16 €.

»Ein differenzierter Blick ist wichtig«

Staatliche Repression ließ Proteste und linke Positionen gegen den Krieg Russlands aus der Öffentlichkeit verschwinden. Der Sammelband von Ewgeniy Kasakow stellt sie in ihrer Breite dar. Er ist 1982 in Moskau geboren, studierte Kulturgeschichte Osteuropas, Philosophie und Geschichte an der Universität Bremen, wo er 2017 promoviert wurde. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Auswandererhaus Bremerhaven und schreibt regelmäßig für das nd sowie unter anderem in Blätter für deutsche und internationale Politik, konkret, Jungle World und analyse & kritik.

Warum haben Sie für den Sammelband den eingrenzenden Titel »Die russische Linke gegen den Krieg« und nicht »Die russische Linke und der Krieg« für Ihr Buch gewählt?

„»Ein differenzierter Blick ist wichtig«“ weiterlesen