AfD-kritische Veranstaltung abgesagt

Eine für den kommenden Donnerstag in Marzahn-Hellersdorf geplante Buchvorstellung zur Sozialpolitik der AfD wurde kurzfristig abgesagt. Der Journalist und Gewerkschafter Stefan Dietl wollte ursprünglich im Bürgerzentrum Alpha II über die Politik der Rechtspopulisten zwischen Neoliberalismus und völkischem Antikapitalismus referieren. Zu der Veranstaltung waren auch die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin und das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum (Apabiz) eingeladen. »Uns wurde gesagt, dass Veranstaltungen zu parteipolitischen Themen nicht durch das Programm Soziale Stadt gefördert werden können«, sagte Moritz Marc vom Projekt Ponte. Das Projekt ist auf die Zuschüsse angewiesen. »Es wird für uns immer schwieriger, über die AfD kritisch zu berichten«, kritisierte Marc. Ganz ausfallen wird die Diskussionsveranstaltung nicht: Am Freitag, dem 1. September, wird es um 19 Uhr im Jugendzentrum La Casa, Wurzener Straße 5, um die Sozialpolitik der AfD gehen. 

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1062151.afd-kritische-veranstaltung-abgesagt.html

Peter Nowak

»Wir sind stinksauer«

In der Lausitzer Straße 10 und 11 in Berlin-Kreuzberg sind diverse Alternativprojekte von der Verdrängung bedroht. Unter anderem befindet sich das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum (Apabiz) in dem Gebäudekomplex. Die Jungle World hat mit Nenuschka, Lisa, Malte und Bini von »Lause bleibt e.V. i.G.« gesprochen.

Small Talk mit Mitgliedern des Vereins »Lause bleibt« über die Verdrängung aus Kreuzberg von Peter Nowak

Der dänische Investor Taekker will die Häuser Lausitzerstraße 10 und 11 verkaufen. Was bedeutet das für die Gewerbetreibenden und Mieter der Häuser?

Nenuschka: Taekker will die Gebäude an den meistbietenden Investor verkaufen. Eine solche Investition muss sich auch lohnen. Geplant sind Luxussanierungen und die Umwandlung der Gewerbeeinheiten in Lofts – die schicke Fabriketage als Single-Residenz. Die Gewerbetreibenden, das heißt auch alle Initiativen, Vereine, Projekte, würden direkt gekündigt. Die Mieterinnen der Wohnungen haben zwar mehr rechtlichen Schutz, aber auch für sie stiege der Verdrängungsdruck immens.

Taekker ist kein Unbekannter auf dem Berliner Immobilienmarkt. Was ist über die Unternehmensstrategie bekannt?

Nenuschka: Taekkers Strategie ist nicht anders als die anderer Immobilienunternehmen. Objekte wurden günstig aufgekauft, vollständig saniert und parzelliert als Eigentumswohnungen verkauft. Taekker hatte die Lausitzer Straße 10 vermutlich für etwa drei Millionen Euro vom Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg übernommen. Danach ist über zehn Jahre kein Geld hineingesteckt worden. Nun werden etwa 18 Millionen Euro verlangt – das wäre ein Gewinn von 600 Prozent.

In dem Gebäude haben zahlreiche Projekte wie etwa das Apabiz, die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, die Videowerkstatt »Autofocus« und das Umbruch-Bildarchiv ihre Büros. Was würde der Verkauf für sie bedeuten?

Lisa: All diese Projekte und Vereine sind auf niedrige Mieten angewiesen. Sie leben von ihrer Anbindung im Kiez und ihrer Verbindung untereinander. Im Falle eines Verkaufs würden sie in der Stadt versprengt, einige müssten von zu Hause aus arbeiten und würden aus der Öffentlichkeit verschwinden. Wir sind stinksauer.

Mittlerweile wurde der Verein »Lause bleibt« gegründet. Welchem Zweck dient er?

Malte: Von der Verdrängung sind weit über 100 Menschen bedroht. Es gibt in beiden Häusern eine gewachsene Hausgemeinschaft. Die meisten Mieterinnen kennen sich seit Jahren untereinander. Sie lassen sich nicht nach ihrem Status als Wohn- oder Gewerbemieterinnen oder an der Frage der Laufzeit von Verträgen auseinanderdividieren. In unserer vielfältigen Zusammensetzung besteht unsere Stärke. Die Gründung des Vereins ermöglicht es uns, mit einer Stimme zu sprechen.

Haben Sie Forderungen an die Politik in Kreuzberg und Berlin?

Bini: Dieselben Parteien, die vor zehn Jahren oft dieselben Gebäude verramscht haben, deren Mieterinnen heute bedroht sind, sind diesmal zur Abgeordnetenhauswahl mit Slogans wie »Und die Stadt gehört euch!« oder einer »wohnungspolitischen Wende« angetreten. An Beispielen wie unserem muss sich die jetzige Bezirks- und Landespolitik auf jeden Fall messen lassen. Überall, wo es kreativ und lebendig ist, ist auch das Kapital. Aber in der eisigen Umarmung des Kapitals erlischt eben das Lebendige, nach dem es gesucht hatte. Die Stadtteile, die es mit Geld versorgt, hinterlässt es nach seinem Vorbild: leer. »Lause bleibt« ist unsere konkrete Forderung gegen die Stadt des Kapitals. Der Druck in der Stadt steigt, das merken alle.

Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein?

Malte: Bei uns wohnen viele stadtpolitische Aktivistinnen. Es gibt Kontakte zu diversen Initiativen sowie zu verschiedenen Medien und Politikerinnen. Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder Erfolge gegen Verdrängung erkämpft, sei es bei »Bizim Kiez« oder in der Rigaer Straße. Widerstand lohnt sich.

http://jungle-world.com/artikel/2017/01/55496.html

Peter Nowak

2015 gab es statistisch eine Gewalttat am Tag

NAZIS Ein Schattenbericht über „Berliner Zustände“ geht von einer Verdoppelung rechter Gewalt aus
Das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin und die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin
geben seit zehn Jahren unter dem Titel „Berliner Zustände“ jährlich einen Schattenbericht über Rechtsextremismus, Rassismus
und Antifaschismus heraus. Dort kommen Einzelpersonen und Initiativen zu Wort, die sich gegen rechte Tendenzen im
Alltag engagieren. Im Vorwort der kürzlich erschienenen Jubiläumsausgabe macht die Journalistin Heike Kleffner die Dimension der rechten Gewalt in Berlin deutlich: „Statistisch gesehen ereignete sich im Jahr 2015 in Berlin quasi täglich eine politisch rechts beziehungsweise gegen Minderheiten gerichtete Gewalttat.“ Gestützt auf Daten von Opferberatungsstellen kommt sie zu dem Schluss, dass in den letzten zehn Jahren mehrere Tausend Menschen angegriffen wurden und sich die rechte
Gewalt in Berlin fast verdoppelt hat. In einen Beitrag geht Sabine Seyb von der Beratungsstelle für Opfer rassistischer, rechter und antisemitischer Gewalt Reach Out auf das Thema ein. Der Fokus liegt im aktuellen Schattenbericht auf den Kampf
der Geflüchteten um ihre Rechte und den unterschiedlichen UnterstützerInnen. Hanna Krügener, Susann Thiel und Manuel
Armbruster von Bildungsbewegt, einem Kollektiv, das Workshops, Seminare und Projekttage zu den Themen Fluchtund Asyl anbiett, plädieren für eine Politisierung der Unterstützungsarbeit. „Wir helfen nicht, wir lernen voneinander“, beschreibt
das Trio die eigene Arbeit. In einem Interview mit AktivistInnen von Willkommensinitiativen aus Kreuzberg, Moabit und Lichtenberg geht es um die alltäglichen Mühen dieser Unterstützungsarbeit. In einem weiteren Interview stellt Katharina Oguntoye das von ihr mit begründete interkulturelle Beratungs- und Begegnungszentrum Joliba vor, das seit 20 Jahren
am Görlitzer Park mit afrikanischen Flüchtlingen arbeitet. Über neue Wege zur Erfassung antisemitischer Vorfälle berichtet die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin. Vera Henßer und Frank Metzger analysieren die Bärgida-Bewegung, die sich jeden Montag am Hauptbahnhof trifft, als „verschworene Gemeinschaft“, in der sich RechtspopulistInnen und Neonazis
vereinigen. Erfreulich ist, dass auch das Agieren von türkischen NationalistInnen in Berlin am Beispiel der Grauen Wölfe
in einem Artikel thematisiert wird.
Peter  Nowak
■■Die Broschüre „10 Jahre BerlinerZustände“ hat 152 Seiten und kann beim Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin oder bei der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin bestellt werden.
Kostenloser Download unter qww.apabiz.de.
aus Taz vom 1.8.2016

Rechte Gruppe entert das Willy-Brandt-Haus

Rechte:  Die „Identitäre Bewegung hat die SPD-Zentrale kurz besetzt. Staatsschutz ermittelt
„Stoppt den großen Austausch, Geburtenrückgang, Masseneinwanderung“, stand auf den in Farben gelb, schwarz und weiß gehaltenen  Transparent, das am Sonntagabend  für einige Minuten auf einem Balkon der Bundeszentrale der SPD  im  Berliner Willy-Brand-Hauses hing
Die an der Besetzung in Berlin beteiligten knapp 10  Personen waren  bereits vor dem Eintreffen der Polizei eintraf. Mittlerweile hat der politische Staatsschutz die Ermittlungen aufgenommen.
Die extrem rechte Identitäre Bewegung hat  die Besetzung des Willy Brand Hauses und fast zeitgleich der Hamburger SPD-Landeszentrale in typisch rechter Diktion begründet.  In einer Erklärung, die zurzeit auf  rechten Internetforen verbreitet wird, heißt es:
„In öffentlichen Verlautbarungen der politischen Eliten aus dem SPD-Umfeld kann immer wieder festgestellt werden, wie wenig sie für das eigene Volk noch übrig haben, welches sie lediglich als billiges Stimmvieh zum Machterhalt betrachten. Parallel dazu ist es genauso die SPD, die in ihren Mitregierungsverantwortungen klar die Politik des Großen Austausches forciert hat und damit eine Verantwortung dafür trägt, dass wir als Deutsche in nur wenigen Jahrzehnten zur Minderheit im eigenen Land werden“.
„Jugendgemäße“ Aktionen
Eine Mitarbeiterin des Antifaschistischen Pressearchivs und Bildzentrums e.V.  (Apabiz) erklärte im Gespräch mit der Taz, dass die Identitäre  Bewegung  bisher in Berlin kaum in Erscheinung getreten sei. Auch    bundesweit war es ruhig  um die Bewegung geworden,  die  sich  in Deutschland im Oktober 2012 als Facebookgruppe  mit dem Ziel gegründet hat , nach dem  Vorbild des französischen Bloc Identitär  mit Flashmobs, Besetzungen und anderen jugendgemäßen Aktionsformen den Kampf der Kulturen zu führen.  Es müsse beobachtet werden, ob die  Kurzzeitbesetzung  der Auftakt für eine verstärke Aktivität der Identitären  wird, so die Apabiz-Mitarbeiterin.
aus: Taz-Berlin, 30.6.2015 (Printausgabe)
Peter Nowak

Der Schritt aus dem Internet

Die extrem rechte »Identitäre Bewegung« besetzte kurzfristig die SPD-Zentralen in Berlin und Hamburg

Die sogenannte Identitäre Bewegung war bisher vor allem im Internet aktiv. Nun sucht sie die Öffentlichkeit. Zielgruppe sind junge Leute, die die traditionelle extrem rechte Szene nicht erreicht.

»Stoppt den großen Austausch, Geburtenrückgang, Masseneinwanderung«, stand auf den in den Farben gelb, schwarz und weiß gehaltenen Transparent, das am Sonntagabend für einige Minuten auf einem Balkon der Bundeszentrale der SPD im Berliner Willy-Brand-Hauses hing. Was war da passiert bei den Sozialdemokraten?

»Fünf Personen haben am frühen Sonntagabend einen Balkon besetzt, der sich an der Spitze des Willy-Brandt-Hauses im ersten Stock befindet. Sie sind nicht in das Haus gelangt, sondern mittels einer Leiter von außen auf den Balkon gestiegen«, erläutert der stellvertretende Sprecher des SPD-Parteivorstands, Steffen Hebestreit, gegenüber dieser Zeitung. Bevor die Polizei eintraf, seien die Personen bereits verschwunden gewesen. Inzwischen ermittelt auch der Staatsschutz ermittelt.

Offenbar war es die extrem rechte »Identitäre Bewegung« (IDB), die nicht nur in Berlin, sondern fast zeitgleich auch die Hamburger SPD-Landeszentrale symbolisch »besetzte«. In einer Erklärung, die zurzeit im Internet verbreitet wird, heißt es: »In öffentlichen Verlautbarungen der politischen Eliten aus dem SPD-Umfeld kann immer wieder festgestellt werden, wie wenig sie für das eigene Volk noch übrig haben, welches sie lediglich als billiges Stimmvieh« betrachteten. Zugleich habe die SPD, »in ihren Mitregierungsverantwortungen klar die Politik des Großen Austausches forciert« und trage damit eine »Verantwortung dafür (…), dass wir als Deutsche in nur wenigen Jahrzehnten zur Minderheit im eigenen Land« würden.

Eine Mitarbeiterin des Antifaschistischen Pressearchivs und Bildzentrums e. V. (Apabiz) erklärte gegenüber »nd«, dass die Identitäre Bewegung bisher in Berlin kaum in Erscheinung getreten sei. Auch bundesweit war es zuletzt ruhig um die »Bewegung« geworden, die sich in Deutschland im Oktober 2012 als Facebook-Gruppe mit dem Ziel gegründet hatte, nach dem Vorbild des französischen »Bloc Identitaire« mit Flashmobs, Besetzungen und anderen jugendgemäßen Aktionsformen den Kampf der Kulturen zu führen.

Es müsse nun beobachtet werden, meint man beim Apabiz, ob die Kurzzeitbesetzung der Auftakt für eine verstärke Aktivität der »Identitären« werde. Auf einem Treffen vor einem Jahr wurde ein Verein »Identitäre Bewegung e. V.« mit Sitz in Paderborn gegründet. Statt einer losen Facebook-Vernetzung existieren jetzt bundesweit 16 lokale Gruppen. Seitdem sind die »Identitären« in einigen Städten verstärkt mit Plakaten und Aufklebern in Erscheinung getreten, die sich inhaltlich um Schlagwörter wie Heimat, Patriotismus und Tradition drehen.

Die IDB, die sich selbst als Nichtregierungsorganisation bezeichnet, hat sich bisher aus der vielfach zerstrittenen extrem rechten Szene herausgehalten. Allerdings existiert auch kein Abgrenzungsbeschluss nach rechts. So können Mitglieder unterschiedlicher zerstrittener Szenen und Gruppierungen der Szene in der IDB kooperieren. Zudem sollen gezielt junge Menschen angesprochen werden, die sich nicht den traditionellen rechten Gruppierungen anschließen würden.

Peter Nowak

Peter Nowak