Missbraucht, schwanger – und als „asozial“ stigmatisiert

ERINNERUNG Bündnis fordert Gedenken an Naziopfer, die in Rummelsburg inhaftiert waren

Viel ist über das Leben von Erna K. nicht bekannt. Die aus armen Verhältnissen stammende Frau arbeitete als Haushaltshilfe und wurde während der Naziherrschaft im Alter von 17 Jahren von ihrem Arbeitgeber missbraucht. Sie wurde schwanger und war als „asozial“ stigmatisiert zwischen 1941 und 1944 im Arbeitshaus Rummelsburg inhaftiert. 1944 wurde sie zwangssterilisiert.

Aktion der Gestapo

Die Historikerin Susanne Doetz stieß bei ihren Forschungen zur Geschichte der Zwangssterilisierung auf die Daten von Erna K. Die junge Frau war eine von Tausenden, die im Arbeitshaus Rummelsburg litten, weil sie als „asozial“ galten. Am 13. Juni 1938 verhaftete die Gestapo im Rahmen der „Aktion Arbeitsscheu“ tausende Menschen, die sich nicht in die NS-Volksgemeinschaft einfügen konnten oder wollten.

Am vergangenen Samstag organisierte der „AK Marginalisierte gestern und heute“ vor dem ehemaligen Rummelsburger Arbeitshaus eine Gedenkaktion, auf der auch die Historikerin Susanne Doetz sprach. Auf Transparenten, die an dem Gebäude befestigt waren, wurden außerdem aktuelle Forderungen formuliert: „Arbeitshäuser Rummelsburg – für einen würdigen Gedenkort“, hieß es dort.

Dieses Anliegen ist dem Bündnis sehr dringlich – denn das Rummelsburger Areal ist zum Filetstück der Immobilienbranche geworden. Zudem fürchtet die Initiative, dass sich die vom Bezirk Lichtenberg ernannte Expertenkommission, die ein Konzept für einen Gedenkort erarbeiten sollen, vor allem auf die DDR-Zeit konzentriert, in der das ehemalige Arbeitshaus als Gefängnis diente. Der Historiker Thomas Irmer, der sich seit Jahren mit der Geschichte der Berliner Arbeitshäuser befasst, bekräftigte vor Ort die Forderung der Initiative. „Hier ist der authentische Gedenkort für die Erinnerung der als ,asozial‘ verfolgten Menschen“, sagte Irmer. „Sie dürfen nicht wieder an den Rand gedrängt werden.“

Georgel Caldararu von der Romaselbsthilfeorganisation Amaro Drom wies in seiner Ansprache darauf hin, dass in vielen Ländern Europas Roma und Sinti noch immer als „asozial“ stigmatisiert werden.

Tödliche Folgen

Für Dieter Eich hatte die Stigmatisierung als „asozial“ erst vor wenigen Jahren tödliche Folgen. Er war im Mai 2000 in Buch von Neonazis ermordet worden, die hinterher damit prahlten „einen Assi geklatscht“ zu haben. Die Initiative „Niemand ist vergessen“ sammelt Spenden für einen Gedenkstein für dieses Opfer der Stigmatisierung sogenannter Asozialer.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/
?ressort=bl&dig=2012%2F06%2F12%2Fa0154&cHash=2dfe73ff50
Peter Nowak

Fußballpatriotismus in Krisenzeiten

vom 26. September 2023

Die Berliner Sozialpsychologin Dagmar Schediwy erklärt das verstärkte Nationalfahnenschwenken mit der Zunahme prekärer Arbeits- und Lebensbedingungen

Seit Freitag ist Deutschland wieder Schland geworden. Schwarzrotgolde Fähnchen sind mittlerweile Alltag. Nachdem in den letzten Jahren viele Artikel verfasst wurden, die sich mit dem nun nicht mehr so neuen Fußballpatriotismus befassen, scheint das Interesse nachzulassen. Deswegen ist es besonders bemerkenswert, dass die Berliner Sozialpsychologin Dagmar Schediwy auch im Jahr 2012 ein Buch zum neuen deutschen Fußballpatriotismus aus sozialpsychologischer Perspektive herausbringt. Die Wissenschaftlerin hat dort die Ergebnisse zahlreicher Befragungen von Fußballfans veröffentlicht. Sie hat die Interviews auf Fanmeilen in verschiedenen deutschen Städten bei den Weltmeisterschaften 2006 und 2010 sowie den Europameisterschaften 2008 durchgeführt.

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Hinterm Bauzaun bröckelts

Das Mahnmal für die von den Nazis ermordeten Sinti und Roma ist wegen eines undurchsichtigen Streits immer noch nicht fertig. Nun wächst der öffentliche Druck

Hinter einem Zaum befindet sich ein großes weißes Zelt. Die Umrisse einer Tafel sind ebenfalls zu sehen, auf der Wiese zwischen Brandenburger Tor und Reichstag. Wer sich auf die Zehenspitzen stellt, kann dort erfahren, dass an dieser Stelle die Bundesrepublik Deutschland ein Denkmal für im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma errichtet. Die Tafel stammt aus dem Jahr 2008.

Was daraus geworden ist, fasst ein Banner zusammen, das am vergangenen Wochenende am Ort der Baustelle angebracht wurde. „In seiner geisterhaften Präsenz spiegelt der Ort die Stellung der Roma-Bevölkerung in der Gesellschaft wieder“, heißt es dort mit Verweis auf Diskriminierung und Benachteiligung, die für Sinti und Roma bis heute andauern.

Knappes Budget

Die Geschichte des unvollendeten Denkmals ist tatsächlich nur ein besonders prägnanter Ausdruck dafür. Jahrelang haben sich vor allem konservative Politiker, wie der langjährige Regierende Bürgermeister von Berlin Eberhard Diepgen geweigert, nach dem Denkmal für die von den Nationalsozialisten ermordeten Juden in Berlins Mitte auch den Roma und Sinti einen Gedenkort zu widmen, die Opfer des sogenannten Dritten Reichs gequält und ermordet wurden. Wenn schon ein Denkmal, dann außerhalb der Innenstadt, hieß lange die Devise. Als der Bundestag den Denkmalsbau zwischen Reichstag und Brandenburger Tor schließlich beschlossen hatte, ging der Streit weiter.

Als Verantwortliche für den Stillstand werden vielfach die Opferverbände der Sinti und Roma benannt, die sich zeitweise nicht über die Inschrift einigen konnten. Als Buhmann gilt auch der von Roma-Organisationen gewünschte Künstler Dani Karavan, der sich bei der Gestaltung des Mahnmals mit der Berliner Bauleitung zerstritten hat. Doch tatsächlich haben sich die Opferverbände haben sich längst auf eine Inschrift geeinigt. Und die Probleme mit der Gestaltung liegen nicht an Marotten des Künstlers, sondern an einem knapp bemessenen Budget.

Das Denkmalkonzept von Karavan besteht aus einem Brunnen mit einer versenkbaren Stele, auf der täglich eine frische Blume liegt. Darüber hinaus sollen Tafeln über Ausgrenzung und Massenmord während des Nationalsozialismus informieren. Weil die schon fertig gestellte Schale bereits Risse zeigt, fordert der Künstler ausreichend Geld, um mit wetterfestem Material zu arbeiten. Auch die Opferverbände wollen sich mit einer Billigvariante des Mahnmals nicht abspeisen lassen.

Wenig Druck der Zivilgesellschaft

Während das unvollendete Denkmal also schon wieder zu verfallen beginnt, gab es bisher keinen wahrnehmbaren Druck aus der Zivilgesellschaft, den Bau endlich fortzusetzen und die nötigen finanziellen Mittel bereitzustellen. Die selbsternannten Weltmeister in Geschichtsaufarbeitung scheinen ihre Hausaufgaben bereits erledigt zu haben, und die Roma und Sinti haben keine große Lobby. Das zeigte sich auch am 2. Juni, als sich erstmals die Befürworter eines schnellen Weiterbaus in Berlin zu Wort meldeten.

Die „Bürgerinitiative für das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma“ wurde im Rahmen des Kulturfestivals Biennale aktiv. Die in der Organisation „The Romani Elders“ zusammengeschlossenen Roma-Ältesten aus ganz Europa protestierten im deutschen Regierungsviertel gegen die Verschleppung des Denkmalbaus und beklagten die fortgesetzte Ignoranz gegenüber den Hunderttausenden Opfern. Auch Karavan forderte auf der Kundgebung den schnellen Weiterbau. Koordiniert wurde der Protest vom European Roma Culture Foundation (ERCF).

Die Bürgerinitiative wirbt nun auf großen Plakaten in ganz Berlin weiter für die schnelle Vollendung des Denkmals. Auf dem Zaun vor der Baustelle finden sich über 50 Plastiktafeln, auf denen über Angriffe auf Roma und Sinti in europäischen Ländern in den letzten Jahren informiert wird. Die Lage der Sinti und Roma in Deutschland dokumentiere der Streit über das Mahnmal selbst, findet die Bürgerinitiative. „Der Zustand des unvollendeten Denkmals ist doch das beste Beispiel für die fortgesetzte Missachtung und Diskriminierung. Da brauchten wir keine zusätzliche Tafel anbringen“, sagte ein Mitarbeiter.

http://www.freitag.de/politik/1223-hinterm-bauzaun-broeckelts
Peter Nowak

Rechte und Marktradikale gegen EU-Rettungsschirm

Berlin – Am Freitagnachmittag versammelten sich rund 150 Menschen vor dem Reichstag in Berlin, um gegen den Europäischen Rettungsfond zu mobilisieren. Mit 15 Personen war auch die Berliner NPD mit einem Transparent, das die Aufschrift trug „Deutschland darf nicht der Zahlmeister Europas werden“, vertreten.

Wegen der NPD-Teilnahme gab es im Demonstrationsbündnis Kontroversen. Zu Beginn der Kundgebung distanzierten sich die Veranstalter von der rechtskonservativen Initiative „Ja zum Grundgesetz, nein zum EMS“ von der NPD. Allerdings war während der knapp 90minütigen Kundgebung davon wenig zu spüren. Einige Redner betonten sogar ausdrücklich, dass alle Teilnehmenden erwünscht seien und der interne Streit nur dem „herrschenden Parteienkartell“ nütze.

Als eine kleine Gruppe von Nazigegnern Parolen gegen die NPD skandierte, wurden sie von den Teilnehmern der Kundgebung beschuldigt, dass Geschäft der Gegner zu betreiben. Auch außerhalb des NPD-Blocks tummelten sich rechte Kleingruppen unterschiedlicher Provenienz. Die „Bürgerinitiative Solidarität“ (Büso) proklamierte ein Recht auf Widerstand gegen die EU-Politik. Auf einer Flugschrift „Stimme und Gegenstimme“ mit dem Untertitel „Wenig Gehörtes vom Volk für das Volk“ wurde neben der EU-Politik auch gegen sexuelle Freizügigkeit und Impfpflicht mobil gemacht.

ESM-Spezial der „Jungen Freiheit“ verteilt

Aktiv war neben den Freien Wählern auf der Kundgebung auch die Partei der Vernunft, die eine schrankenlose Marktwirtschaft sowie die Abschaffung der Pflicht zur Renten- und Krankenversicherung fordert. Es gehe darum die Macht der Kartelle und Gewerkschaften massiv einzuschränken, damit sich die Einstellung von Arbeitnehmern wieder lohne, erklärte ein Flugblattverteiler. Auch ein ESM-Spezial der Wochenzeitung „Junge Freiheit“ wurde auf der Kundgebung verteilt.

Bereits am 2. Juni gab es in München eine ähnliche Kundgebung, an der sich Funktionäre von Republikanern und NPD beteiligten. Im Oktober 2011 fand unter dem Titel „Eurorettung – ein Thema für Wutbürger“ in der Verwaltungsfachschule Speyer ein Treffen unterschiedlicher Kritiker der EU-Politik statt. Die dort anwesenden sächsischen NPD-Funktionäre, unter anderem der Landtagsabgeordnete Arne Schimmer, zogen auf der Homepage des Kreisverbandes Leipzig eine positive Bilanz.
http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/
rechte-und-marktradikale-gegen-eu-rettungsschirm
Peter Nowak

„Sammeln zum Angriff gegen den Euro“

Eine neue rechte außerparlamentarische Opposition gegen die EU? Ein Bündnis rechter Gruppierungen protestiert gegen den Europäischen Rettungsfond. Auch die NPD hat sich angemeldet
Occupy-Berlin wird jetzt doch nicht an einer Demonstration teilnehmen, die unter dem Motto „Ja zum Grundgesetz, nein zum ESM“ seit Tagen für Diskussionen sorgt. Denn mit dem Eintreten für „souveräne Staaten“ und gegen die „Finanzdiktatur“ war der Aufruf nach rechts weit offen. Auf der Homepage wurde vor einer „Neuen Weltregierung“ gewarnt, die mit EU und UN vorbereitet werden soll.

Doch erst als die Berliner NPD die Gelegenheit nutzte, sich medienwirksam in Szene zu setzen und zu der Demonstration aufzurufen, distanzierten sich Occupy-Aktivisten von der Demonstration. Andere Teile des Bündnisses mobilisieren unter dem Motto „Ja, zum Grundgesetz, nein zu Nazis“ weiterhin zu der Aktion, wollen aber die NPD nicht dabei haben.

Tatsächlich dürfte die NPD nicht besonders gut für das Image eines Bündnisses sein, das erst vor wenigen Tagen Lob vom führenden neoliberalen Wirtschaftslobbyisten Hans Olaf Henkel bekommen hat. In einem Kommentar im Handelsblatt verteidigte Henkel die Aktivisten gegenüber dem Vorwurf, rechtspopulistisch und antieuropäisch zu sein. Es seien „aufrechte Bürgerinnen und Bürger“, so Henkel. Dieses Lob des ehemaligen IBM-Managers überrascht nicht.

Seit einigen Jahren ist Henkel überall dabei, wo sich rechts von der Union Bürger gegen den Euro mobilisieren. Bisher blieb es meistens bei Bekundungen. Doch nach dem Thilo Sarrazin mit seinem neuesten Buch gegen den Euro die Stichworte geliefert hat, scheint der rechte Bürgerprotest noch an Schwung zu gewinnen. „Wutbürger sammeln sich zum Euro-Angriff“, heißt es im Handelsblatt.

Bundesweite Anti-EU-Partei

Manche dieser rechten Wutbürger scheinen es mit der „sich jetzt formierenden außerparlamentarische Opposition (APO)“ (Henkel) nicht so ernst zu nehmen und basteln nach Handelsblatt-Informationen schon an neuen Parteien. Ein Bündnis aus Industrievertretern und Professoren wolle die Freien Wähler als Anti-EU-Partei aufbauen und hofft auf Mandate bei der nächsten Bundestagswahl. In Bayern waren sie 2008 mit fast 10 Prozent in den Landtag eingezogen.

Danach hat man aber wenig von ihnen gehört. Auf den neoliberalismuskritischen Nachdenkseiten wurde dieses Bündnis schon als deutsche Teapartybewegung bezeichnet. Tatsächlich gibt es hierzu einige Parallelen, die Unterstützung aus Teilen des Kapitals gehört ebenso dazu wie ein Marktfundamentalismus. Auch Gruppierungen, die noch immer für die Entschädigung von Junker und Adel in der Ex-DDR kämpfen haben sich unter diese neue rechte Bürgerbewegung gemischt und rufen auch mit zur Demo gegen die EU-Politik auf.

Ob sich dieses lose Bündnis zur bundesweiten Anti-EU-Partei mausert, muss sich noch zeigen. Schon seit Jahren waren solche Experimente nicht erfolgreich und es wird zwischen NPD, Pro Bewegung und Co. zunächst einmal viel Konkurrenz geben. Die Querelen um die Demonstration im Berliner Regierungsviertel sind da nur ein kleiner Vorgeschmack.

Die Publizisten Thomas Wagner und Michael Zander haben übrigens in ihren kleinen Büchlein „Sarrazin, die SPD und die neue Rechte“ eines der Gründungstreffen der neuen „rechten Apo“ aufgelistet. Es fand im letzten Oktober in der Verwaltungsfachhochschule Speyer unter dem Titel „Eurorettung – ein Thema für Wutbürger“ statt. Laut der beiden Publizisten gaben sich dort Sarrazin, Olaf Henkel, die ehemalige CSU-Politikerin Gabriele Pauly und der rechte Parlamentskritiker Hans Herbert von Arnin ein Stelldichein. Im Publikum saßen auch sächsische NPD-Funktionäre, die sich nachher positiv über das Treffen äußerten. So konnte es heute Nachmittag auch im Berliner Regierungsviertel aussehen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152152
Peter Nowak

Naziterror gegen Kinder

Ausstellung von Freiburger und Berliner Schülern über Schicksale von Minderjährigen im NS-Staat
Der Verfolgung von Kindern und Jugendlichen im Nationalsozialismus widmet sich eine von Schülern erstellte Ausstellung im »Berliner Haus der Demokratie«

„Joseph, du bist ein Mulatte. Für solche Kinder habe ich nichts“. Mit diesen harten Worten wies der Weihnachtsmann den Wunsch des 12jährigen nach Geschenken 1934 zurück. Im Nationalsozialismus blieb die Rasseideologie auch am Heiligen Abend gültig.
Eine Ausstellung im Haus der Demokratie dokumentiert auf 50 Tafeln die Schicksale von Kindern und Jugendlichen, die aus unterschiedlichen Gründen im NS verfolgt waren. Elisabeth Müller war 17 Jahre, als sie gemeinsam mit ihren Eltern wegen kommunistischer Aktivitäten von der Gestapo verhaftet wurde. Mehrere Tafeln gehen auf die sogenannten Euthanasieopfer eingegangen. Die Jugendlichen und Kinder wurden wegen angeblicher erblicher Krankheiten oder krimineller Vorfahren in Anstalten gequält und häufig sterilisiert.
Ein großer Teil der Ausstellungstafeln wurde unter Federführung einer christlichen Initiative von Schülern aus 8 Schulen aus Freiburg und Umgebung erstellt und wird erstmals in Berlin gezeigt. Sie trägt den Titel „Naziterror gegen Jugendliche“.
10 Tafeln wurden von einer 26köpfigen Schülergruppe der Berliner Felix-Mendelssohn-Bartholdy Gymnasiums erstellt. Auf der Suche nach in Berlin verfolgten Kindern und Jugendlichen haben die Zeitzeugen interviewt und über Verfolgte in ihrer Nachbarschaft recherchiert“, berichtet die Kuratorin der Ausstellung Anne Allex vom Arbeitskreis Marginalisierte gestern und heute. Im Gespräch mit nd erinnert sie daran, dass das Schicksal der im NS verfolgten Kinder und Jugendlichen bisher wenig bekannt ist“. Die Freiburger Ausstellung leistete auf diesem Gebiet Pionierarbeit. Viele von den Betroffenen, die heute noch leben, leiden jetzt im hohen Alter an den Folgen der Verfolgung in ihrer Jugend. In der Regel haben sie dafür keine Entschädigung bekommen“, so Allex. Sie gibt die Hoffnung nicht auf, dass mit durch die Ausstellung eine Debatte für unbürokratische Unterstützung für die für die wenigen noch Überlebenden angeregt wird.
Ein geplanter Ausstellungskatalog, der eine Lücke in der Geschichte der NS-Verfolgung schließen würde, konnte bisher nicht erstellt werden, weil die Ausstellung bisher noch immer Fördermittel fehlen. Die Organisatoren haben Interesse, dass die Ausstellung auch in anderen Einrichtungen gezeigt wird. Interessenten können sich unter info(at)anne-allex.de na die Kuratorin wenden.

Peter Nowak

Die Ausstellung „Unrecht an Kindern und Jugendlichen im deutschen Faschismus ist im Foyer und dem Robert Havemann-Saal des Hauses der Demokratie in der Greifswalder Straße 4 zu sehen. Weitere Infos http://www.anne-allex.de/index.php?id=105

https://www.neues-deutschland.de/artikel/229018.naziterror-gegen-kinder.html

Peter Nowak

Peter Hartz als Freund der Schlecker-Frauen?

Während selbstbewusste Vorschläge der Beschäftigten in den Medien größtenteils ignoriert wurden, werden sie zu rettungsbedürftigen Opfern erklärt

Alles, nur nicht in Hartz IV enden. Dieses Credo führt seit Jahren dazu, dass Lohnabhängige immer wieder der Verschlechterung ihres Lohnes und ihrer Arbeitsbedingungen zuzustimmen, damit sie nur nicht arbeitslos werden. Für Tausende Schlecker-Beschäftigte ist nach dem endgültigen Aus der Drogeriekette das Horrorszenario wahr geworden. Für viele von ihnen scheint der Weg in Arbeitslosigkeit und der Hartz IV-Bezug unausweichlich. Nun stilisiert die FAZ ausgerechnet den Hartz IV-Namensgeber Peter Hartz pauschal zum Retter der Schlecker-Frauen.

Die Meldung ist allerdings eher ein Beispiel für Meinungsmache durch irreführende Überschriften. Denn erst im Text wird die örtliche Begrenzung des Angebots auf das kleine Saarland erwähnt. Doch auch für sie ist diese Rettung eher ein beleidigendes Angebot, das sie in ihrer Notlage aber nicht wohl mehrheitlich nicht ausschlagen können.

„Das Minipreneure-Zentrum in Saarbrücken bietet den „Schlecker-Frauen“ an, sie zu schulen und herauszufinden, wo ihre Stärken liegen, mit ‚Talentdiagnostik‘, ‚Gesundheitscoaching‘ und ‚Kreativworkshop‘. Um die Arbeitslosen zu revitalisieren, wie Peter Hartz einmal sagte. Saarbrücken bietet den ‚Schlecker-Frauen‘ an, sie zu schulen und herauszufinden, wo ihre Stärken liegen, mit ‚Talentdiagnostik‘, ‚Gesundheitscoaching‘ und ‚Kreativworkshop‘.“

Wie die Schlecker-Frauen ganzheitlich in den Blick genommen werden

Es sollen also die Methoden an den Schlecker-Frauen ausprobiert werden, die zum Kernbestand der Hartz IV-Gesetzgebung gehören und seit der Einführung genau so stark in der Kritik sind wie die Sanktionen und die niedrigen Hartz IV-Sätze. Es geht um den gläsernen Erwerbslosen, der fit für den Arbeitsmarkt gemacht werden soll.

In der Sprache der professionellen Arbeitsvermittler heißt es auf der Homepage des Projektes:

„Minipreneure ist ein transdiziplinäres Projekt, das in ganzheitlicher und differenzieller Weise langzeitarbeitslose Menschen in den Blick nimmt.“

Dabei zeigt sich gerade am Beispiel der Schlecker-Beschäftigten, wie absurd das Angebot ist. Sie sollen revitalisiert werden, obwohl sie nicht nur seit Monaten um ihre Arbeitsplätze kämpfen und auch immer wieder betonen, mit der schlechten Geschäftspolitik, die zur Pleite führte, bestimmt nichts zu tun haben. Viele von ihnen haben im Rahmen der Schlecker-Kampagne, die zum Startschuss für eine Gewerkschaftspolitik wurde, die mit sozialen Initiativen kooperierte, gegen schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen und das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren und Betriebsräte zu wählen, gekämpft.

Auch nach Bekanntwerden der Schlecker-Pleite war bei vielen von ihnen etwas von dem Selbstbewusstsein zu spüren, das sie sich in der langen Auseinandersetzung mit dem Schlecker-Imperium erworben haben. So brachten vor allem einige Scklecker-Beschäftigte aus dem Südwesten der Republik den Vorschlag ein, die Läden in Form einer Genossenschaft weiterzubetreiben. Anders als ihre Bosse würden sie schließlich genau wissen, was ihre Kunden wünschten und so trauen sie sich zu, die Läden in kurzer Zeit wieder in die Gewinnzone zu bringen, so ihre Begründung.

Hilfe durch Kredite zu Wulff-Bedingungen

Da es auch aus gewerkschaftlicher Sicht begründete Vorbehalte gegen das Genossenschaftsmodell gab, weil die Beschäftigten dort mit ihren Löhnen haften müssten, hatten einige der Schecker-Frauen den Vorschlag gemacht, der Staat solle mit einen Wulff-Kredit aushelfen. Zur Erinnerung: Der damalige Bundespräsident Christian Wulff stand wegen eines Kredites zu sehr günstigen Bedingungen für die Finanzierung seines Eigenheimsbaus in der Kritik. Statt sich der landesweiten moralischen Empörung anzuschließen, forderten die Schlecker-Beschäftigten Kredite zu solchen Konditionen zum Erhalt ihrer Arbeitsplätze. Die Debatte um solche unkonventionellen Modelle wurde allerdings in den meisten Medien ignoriert.

Solche selbstbewussten Vorschläge passten nicht in eine Medienlandschaft, welche die Schlecker-Beschäftigten zu duldenden Opfern macht. Dass ein Angebot, das für die Betroffenen eine Zumutung sein muss, als Rettung durch Peter Hartz gefeiert wird, vervollständigt dieses Bild.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152138
Peter Nowak

Genossenschaft unerwünscht

Öko-Textil-Versand Hessnatur an Private-Equity-Fonds verkauft
Überraschend hat das Besitzerkonsortium von Hessnatur den Naturmodehersteller an den Schweizer Fonds Capvis verkauft.

Der Naturmodehersteller Hessnatur soll vom Schweizer Finanzinvestor Capvis übernommen werden. Bei Mitarbeitern und Kunden sorgt diese Meldung für Empörung. Dabei schienen sie vor wenigen Tagen noch am Ziel eines monatelangen Kampfes zu sein: »Die hnGeno eG, die Genossenschaft zur Weiterführung von Hessnatur, plant gemeinsam mit der Deutschen Industrie-Holding (DIH) das Naturmodeunternehmen zu erwerben, das Geschäft weiterzuführen und weiter zu entwickeln. Ein entsprechender Konsortialvertrag wurde bereits notariell beurkundet«, heißt es in einer Pressemitteilung vom 31. Mai.

Dass Beschäftigte »ihre« Firma nicht an jeden Investor verkaufen lassen wollen, ist selten und hat eine Vorgeschichte: Im Dezember 2010 war bekannt geworden, dass Hessnatur an den Rüstungsinvestor und Private-Equity-Fonds Carlyle verkauft werden sollte. Viele Kunden und Mitarbeiter lehnten diesen Deal ab. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac organisierte unter dem Motto »Hessnatur in die Hände von Kunden und Belegschaft« eine bundesweite Kampagne. In der ersten Runde setzten sich die Kritiker durch. Nachdem Tausende einen Boykottaufruf unterzeichnet hatten, zog sich Carlyle zurück.

Der Erfolg war für die Kritiker Ansporn, mit der Genossenschaft eine Alternative zu kreieren, die auch über Hessnatur hinaus ausstrahlen könnte. Hierin dürfte auch der Grund liegen, dass der Verkäufer KarstadtQuelle Mitarbeitertrust (KQMT), der in Hessnatur in erster Linie eine Finanzierungsquelle für die Rentenansprüche des in Konkurs gegangenen Unternehmens sieht, nicht an die Genossenschaft verkaufen will, sondern jetzt das Angebot des Fonds Capvis annahm. Finanzielle Gründe können es nicht gewesen sein: Die Genossenschaft habe die gleiche Summe wie Capvis geboten und die Rentensprüche seien garantiert gewesen, betont Jutta Sundermann vom Attac-Koordinierungsrat gegenüber »nd«.

Auch Giuliana Giorgi von der Kampagne »Betriebe in Belegschaftshand / Netzwerk Solidarische Ökonomie« sieht in der Nichtberücksichtigung des Genossenschaftsangebots den Versuch, ein Modell zu verhindern, in dem Beschäftigte und Mitarbeiter selbst aktiv werden. »Ich finde es unglaublich, dass der KQMT nicht zur Kenntnis nimmt, dass sich Beschäftigte und Mitarbeiter zusammengeschlossen haben, um die Firma Hessnatur mit ihrem bisherigen Profil zu retten«, so Giorgi. Sollte der Verkauf an Capvis nicht gestoppt werden, könnten viele Kunden die Firma demnächst boykottieren, so ihre Befürchtung. In einem Dilemma befinden sich dann die Mitarbeiter, die um ihre Jobs fürchten müssten.

Sundermann kritisierte in einer Pressemitteilung, der Verkauf an einen reinen Finanzinvestor wie Capvis stehe im Widerspruch zum sozialen und ökologischen Unternehmensmodel von Hessnatur. Die Gefahr eines baldigen Weiterverkaufs – auch an Rüstungsprofiteure wie Carlyle – sei sehr groß.

Trotz der Lektion in fehlender Wirtschaftsdemokratie, die der KQMT erteilt hat, will die hnGeno nicht aufgegeben. Schließlich ist der Kaufvertrag mit Capvis noch nicht endgültig abgeschlossen. Die Genossenschaft versucht sich nun weiterhin als attraktiver Mitbieter zu präsentieren. Das ist wiederum ein Dilemma für Organisationen wie Attac, die deshalb bisher nicht zu Protesten gegen den Blitzverkauf aufgerufen haben. Denn noch gibt es die Hoffnung, dass die Genossenschaft zum Zuge kommt, wenn sie ihr Eigenkapital erhöht.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/228681.
genossenschaft-unerwuenscht.html
Peter Nowak

Linken-Spitze mit Vertretern sozialer Bewegungen

Mit der Wahl von Katja Kipping und Bernd Riexinger haben die Delegierten des Parteitages der Linken den Kurs der Anpassung an die SPD eine klare Aussage gegeben. Die Partei will sich den unterschiedlichen sozialen Bewegungen öffnen
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Kipping, die der Emanzipatorischen Linken nahe steht, setzt sich besonders für die Aufhebung von Sanktionen für Hartz IV-Empfänger und das bedingungslose Grundeinkommen ein. Der Stuttgarter verdi-Vorsitzende Bernd Riexinger war von vielen Medien bisher überhaupt nicht beachtet worden. Deshalb wird er jetzt mit Bezeichnungen wie Gefolgsmann Lafontaines oder Fundamentalist bedacht.

Dabei gehört Riexinger seit Jahren zu den profiliertesten Linksgewerkschaftern in der Republik. Immer wieder hat er, oft gemeinsam mit Werner Sauerborn in [(http://www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/debatte/wurzeln.pdf Diskussionspapieren] für eine Gewerkschaftspolitik geworben, die sich vom Dogma der Standortsicherung verabschiedet. Auch in der Praxis steht Riexinger seit Jahren in Krisenbündnissen für die Zusammenarbeit von Gewerkschaften, linken Initiativen und sozialen Bewegungen. Riexinger war einer der wenigen Gewerkschafter, der keine Berührungsängste zur außerparlamentarischen Linke hatte.

Absage an die alte SED-Mentalität

Dass sich Riexinger in einer Kampfabstimmung gegen den rechten Flügelmann der Partei Dietmar Bartsch durchgesetzt hatte, war eine Bedingung für eine Fortsetzung als bundesweite Linke. Um Bartsch hätte sich der Flügel in der PDS gescharrt, die mit dem Konzept einer ideologiefreien, stromlinienförmigen ostdeutschen Volkspartei möglichst schnell an Regierungsposten kommen wollte. Schließlich handelte es sich bei dem Personal um SED-Kader im Wartestand, die zunächst wegen der Zähigkeit der Funktionärselite um Honecker und dann dem Ende der DDR nicht mehr zum Zuge kamen. Nach der Fusion mit der WASG zur Linkspartei war diesen ewigen Nachwuchskadern in linkssozialdemokratischen Gewerkschaftern eine lästige Konkurrenz erwachsen. Daraus und nicht nur an ideologischen Fragen rühren die sich zur Feindschaft entwickelten Konflikte, die das Bartsch-Lager mit den Kreisen um Klaus Ernst und Oskar Lafontaine hat. In den letzten Wochen haben sich die Konflikte so weit zugespitzt, dass selbst führende Politiker der Linken vor einer Spaltung warnten. Gregor Gysi sprach denn auch von einem Klima des Hasses in der Partei und sah in einer Trennung dann sogar eine zivilisierte Lösung.

Mit der Wahl von Riexinger und Kipping müsste diese Gefahr eigentlich gebannt sein. Denn Kipping kommt zwar aus dem Osten, hat aber weder etwas für Ostalgie übrig noch für die Strippenzieher-Qualitäten eines Dietmar Bartsch. Mit Riexinger kommt nun ein Gewerkschafter zum Zuge, der anders als Klaus Ernst Politik nicht nur aus der Perspektive des IG-Metall-Büros betrachtet. Doch ob damit die Krise der Linken beendet wird, liegt in erster Linie an der Reaktion derjenigen Parteirechten, die sich hinter dem Kandidaten Bartsch versammelt haben.

Dazu gehört auch der Berliner Landeschef Klaus Lederer und der Parteivorsitzende von Mecklenburg Vorpommern, Steffen Bockhahn, die einfach den Kandidaten unterstützen, der für eine stromlinienförmige Partei mit Regierungsoptionen eintritt. Riexinger und Kipping dürften hierfür die Gewähr nicht bieten. So ist nicht unwahrscheinlich, dass manche Bartsch-Anhänger noch den Absprung zur SPD wagen, vor allem wenn ihnen Abgeordnetenmandate zugesichert werden.

Die Medien würden daraus ebenso eine Fortsetzung der Krise der Linkspartei herbeisprechen, wie über jede andere kritische Äußerung aus dem Bartsch-Lager. Da mit dem Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn auch ein Exponent des Realoflügels auf einen zentralen Posten gewählt wurde, könnte es allerdings auch zu einer Auflösung der starren Fronten kommen. Auch als stellvertretende Vorsitzende wurden neben der Parteilinken Sahra Wagenknecht Vertreter der Realos gewählt. In Medien wird das Ergebnis des Parteitags eher negativ aufgenommen.

Schon seit Monaten war dort Bartsch zum Hoffnungsträger der Linken hochgeschrieben worden, während Lafontaine zum Fast-Diktator heruntergeschrieben wurde. Warum soviel Nachsicht gegenüber einem SED-Apparatschick und so viel Wut über einen Ex-SPD-Vorsitzenden, der sich im Grunde auch in seiner neuen Partei nicht groß verändert hat?

Ein Radikaler ist Lafontaine bis heute nicht; seine gelegentlichen Ausflüge in den Populismus zeigen, dass er sich auch auf das Geschäft des Machterhalts versteht und eine Regierungsbeteiligung seiner Partei wäre an ihm bestimmt nicht gescheitert. Es ist eher die Existenz einer Partei, die dem neoliberalen Einheitsdenken widerspricht, die in großen Teilen der Medien solche Abwehrreflexe hervorrufen. Ein Bartsch oder Lederer taugen dann als Bespiele dafür, dass auch dort Vernunft einkehrt, d.h. dass sich die Partei auch dem Mainstream anpasst. Auf dem Parteitag ist die Mehrheit diesem Kurs nicht gefolgt.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152124
Peter Nowak

Mahnmal soll endlich fertig gebaut werden

Neue Initiative für das unvollendete Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma

Auf einer Wiese zwischen Brandenburger Tor und Reichstag befindet sich hinter einem Zaum ein großes weißes Zelt. Die Umrisse einer Bodentafel sind ebenfalls zu sehen. Die zahlreichen Passanten, die hier täglich vorbeigehen, können nun erfahren, dass sich unter den Planen das unvollendete Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma befindet.

Auf Deutsch und Englisch informiert darüber ein großes weißes Banner, das am Samstag im Rahmen einer Kundgebung am Zaum befestigt wurde. Daneben behandeln kleine Tafeln Angriffe auf Sinti und Roma seit 2010. Viele Übergriffe, auch mit tödlichem Ausgang, fanden in osteuropäischen Ländern statt, andere in Italien.

Es war allerdings keine staatliche Stelle, die diese Informationen bereitstellte, sondern die kürzlich im Rahmen des Kunstfestivals Biennale gegründete »Bürgerinitiative für das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma«. Der Zusammenschluss war von der Europäischen Roma-Kulturstiftung (ERCF) initiiert worden. Sie bekämpft Ignoranz gegenüber den Hunderttausenden, die im Nationalsozialismus als Sinti und Roma verfolgt, gequält und ermordet wurden.

Die Geschichte des unvollendeten Denkmals ist ein Zeichen für solche Ignoranz. Zunächst wurde es von vielen Politikern, wie dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), kategorisch abgelehnt. Nachdem der Bundestag die Errichtung des Mahnmals beschlossen hatte, begann der Kampf um die Finanzierung. Die ist so knapp bemessen, dass der für die Gestaltung des Mahnmals auserkorene Künstler Dani Karavan sein Vorhaben als nicht realisierbar ansieht, wie er auch auf der Kundgebung sagte: »Die künstlerische Gestaltung ist mit diesen Mitteln nicht zu machen.«

In einem Großteil der Medien werden hingegen zu hohe finanzielle Forderungen des Künstlers oder Unstimmigkeiten unter den Opferverbänden über die Inschrift auf dem Denkmal für die Verzögerung verantwortlich gemacht. Dass die Unstimmigkeiten, die es über die Bezeichnung der Opfergruppen gab, längst geklärt sind, wurde am Samstag deutlich. Roma-Älteste und Dani Karavan traten auf der Kundgebung gemeinsam für eine unverzügliche Fertigstellung des Mahnmals und eine ausreichende finanzielle Ausstattung ein.

Auch nach der Kundgebung wurden die Informationstafeln vor allem von den zahlreichen Touristen gelesen. Aktivisten aus dem antifaschistischen Milieu Berlins hatten sich allerdings kaum an der Kundgebung beteiligt. Das kann an der Kurzfristigkeit der Mobilisierung liegen. Erst in den letzen Tagen wurden in verschiedenen Berliner Stadtteilen große Plakate angebracht, die auf die Kundgebung hinwiesen. Die künstlerisch gestalteten Plakaten haben allerdings auch einen längerfristigen Zweck, wie eine Aktivistin des Vorbereitungskreises sagte: »Damit soll auch die Diskussion über den verschleppten Denkmalsbau angeregt werden und dafür gesorgt werden, dass sie auch in den nächsten Wochen weiterläuft.«
http://www.neues-deutschland.de/
artikel/228602.mahnmal-soll-endlich-fertig-gebaut-werden.html
Peter Nowak

Mehrheit in Irland für Fiskalpakt

Das Ergebnis ist Ausdruck der Resignation großer Teile der irischen Bevölkerung

In Irland haben bei einem Referendum knapp 60 Prozent der Teilnehmenden dem EU-Fiskalpakt zugestimmt. An der in Irland obligatorischen Volksabstimmung bei Verfassungsänderungen haben sich knapp 50 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Sämtliche Regierungsparteien, aber auch die großen Oppositionsparteien sind für ein Ja zum Fiskalpakt eingetreten. Insofern war es durchaus ein Erfolg der Fiskalpaktgegner darunter mehrerer irischer Gewerkschaften, dass 40 Prozent dagegen gestimmt haben.

Obwohl schon wochenlang im Umfragen eine Mehrheit für den Fiskalpakt deutlich wurde, blieb das Ergebnis bis zum Abstimmungstag offen. Schließlich war die Anzahl der Unentschiedenen bis zum Schluss groß. Dass gut die Hälfte das Referendum schließlich ignorierten, macht auch deutlich, dass große Teile in einem für sie unlösbaren Dilemma steckten.

Einerseits bedeutet der Europäische Fiskalpakt eine strenge Spardisziplin mit weiteren Kürzungen in den Sozialhaushalten. Andererseits drohten die Politiker, das Land werde die europäische Unterstützung verlieren, wenn es dem Fiskalpakt nicht zustimmt. Die Mehrheit fügte sich ins scheinbar Unvermeidliche und wählten von zwei schlechten Alternativen, diejenige, bei der sie zumindest Unterstützung von Außen erhoffen können. Dass der Mehrheit ein Ja zu weiteren Haushaltskürzungen schwergefallen sein muss, wird mit den Blick auf die politische und soziale Situation auf der Insel deutlich.

Nach fünf Sparprogrammen…

Mittlerweile fünf Sparprogramme führten zur massiven Verarmung von großen Teilen der Bevölkerung. Das zeigte sich an den steigenden Zahlen der Auswanderungen vor allem junger Menschen, die in Irland keine Perspektive für sich mehr sehen.

Damit knüpft Irland an eine Tradition ein, die die politische Klasse auf der Insel eigentlich für überwunden erklärt hatte. Lange Zeit galt Irland als Armenhaus Europas, es gab Hungersnöte und Massenauswanderungen vor allem in die USA. Noch heute können Reisende auf der Insel seit Jahrzehnten verlassene Dörfer als Zeugen des Exodus vergangener Zeiten sehen. Aktueller sind riesige leerstehende Dienstleistungszentren, aber auch Wohnsiedlungen, die mittlerweile wieder verrotten.

Sie künden von der Phase eines massiven Wirtschaftsbooms, in der manche Medien den Begriff des „keltischen Tigers“ prägten. Menschen aus vielen Ländern Osteuropas siedelten sich dort an und sollten die Geschichte des Armenhauses Europas für immer vergessen lassen. Daher war es für viele Menschen neben den sozialen Härten auch eine persönliche Kränkung, als der Wirtschaftsboom zu Ende war und Irland in die Krise schlitterte.

Obwohl die sozialen Folgen für große Teile der Bevölkerung durchaus Parallelen zu Griechenland zulässt, gab es auf der Insel kaum Proteste. Irland-Beobachter berichten von einem Klima der Resignation und des Sich-in-das-Unvermeidliche-schicken. Das Ergebnis des Referendums würde in dieses Erklärungsmuster passen.

Keine Solidarität in Europa

Mit Befriedigung hat nicht nur die irische Regierung, sondern auch die EU-Kommission auf die irische Zustimmung reagiert. Immerhin blieb ihr so die Blamage erspart, bei dem einzigen Referendum über den Fiskalpakt eine Niederlage einzufahren.

Kritiker der Sparpolitik hatten auf eine Ablehnung in Irland gehofft. Damit wäre er nicht gestoppt worden, weil es kein Vetorecht eines Landes gibt. Aber die Kräfte, die sich gegen die immer neuen Spardiktate wehren, hätten damit Auftrieb erhalten. Gerade mit Blick auf Griechenland, wo es die realistische Möglichkeit gibt, dass bei den Neuwahlen am 17. Juni die Kräfte an Boden gewinnen, die mit dem Spardiktaten brechen wollen, wäre ein Nein aus Irland ein wichtiges Signal dafür gewesen, dass sich an vielen Ecken Europas Widerstand rührt und das berühmt-berüchtigte TINA-Denken – „There is no Alternative“ – nicht mehr die Hegemonie innehat.

Allerdings gab es auch in den anderen europäischen Ländern keine wahrnehmbare Unterstützung für die irischen Gegner des Fiskalpaktes. So konnten sich die Politiker, die das Gespenst eines von Europa isolierten Irland bei einer Ablehnung an die Wand malten, durchsetzen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152115
Peter Nowak

Wo sind die Stipendiaten?

»Stipendiaten, wo seit Ihr?« Nicht nur »spiegel-online« stellte diese Frage in den letzten Tagen, nachdem das Statistische Bundesamt kürzlich erste Daten über das Deutschlandstipendium veröffentlicht hat. Es war vor einem Jahr als Renommierprojekt des Bundesbildungsministeriums gestartet worden. Begabte Studierende sollten 300 Euro monatlich unabhängig von ihrer sonstigen sozialen Lage bekommen. Nach einem Jahr zeigt sich, dass das Deutschlandstipendium kaum nachgefragt wird. Gerade mal 5400 Kommilitonen nahmen es in Anspruch. Vor einem Jahr war noch von 150 000 Studierenden die Rede, die davon profitieren könnten.

Trotzdem mag eine Sprecherin des Bundesbildungsministeriums in diesen Zahlen kein Scheitern des Projekts erkennen und schwärmt gar vom »Beginn einer neuen Stipendiumskultur«. Erik Marquardt vom studentischen Dachverband fzs kommt zu einem ganz anderen Schluss. »Das Deutschlandstipendium ist gescheitert«, stellt der studentische Verband in einer Pressemitteilung fest. Neben der geringen Nachfrage wird moniert, dass Universitäten gegenüber den Fachhochschulen und Natur- und Wirtschaftswissenschaften gegenüber den Geisteswissenschaften bei der Stipendiumsvergabe bevorzugt werden.

Beim Deutschlandstipendium handelt es sich um eine Form der Elitenförderung. Für Kommilitonen mit finanziellen Rücklagen mögen die 300 Euro eine willkommene Ergänzung sein, Studierende mit geringen Einkommen können davon aber nicht leben. Die Anregung des fzs, die Gelder des Deutschlandstipendiums in eine Bafög-Erhöhung umzuleiten, ist vom Standpunkt der sozialen Gerechtigkeit richtig. Trotzdem dürfte er bei Bundesbildungsministerin Annette Schavan auf taube Ohren stoßen.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/228434.wo-sind-die-stipendiaten.html
Peter Nowak

PROTEST GEGEN DIE AUSSCHREIBUNG DER S-BAHN

Warten auf Tag X
Mit einem Tag X will der „Aktionsauschuss 100 Prozent S-Bahn“ in den kommenden Wochen gegen eine geplante Ausschreibung des Verkehrsmittels protestieren. Die Ausschreibung werten soziale Initiativen als Einstieg in die Privatisierung. Mobilisiert werden sollen sowohl GewerkschafterInnen, die bei einer Privatisierung die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen fürchten, aber auch S-Bahn-NutzerInnen und soziale AktivistInnen. Die Art der Aktionen ist offen, zentrale Vorgaben sind nicht geplant.

Schon seit Monaten sammeln im Bündnis S-Bahn-Tisch zusammengeschlossene Initiativen Unterschriften für ein Volksbegehren gegen die Privatisierung. Die erste Stufe wurde erfolgreich abgeschlossen. Weil der Senat den Inhalt des Referendums juristisch prüft, liegt es derzeit auf Eis. „Es ist eine Missachtung der Demokratie, dass die Vorbereitungen zur Ausschreibung weiterlaufen“, so eine Sprecherin des S-Bahn-Tischs gegenüber der Taz. Mit dem Tag X könnte so auch der Unmut über die Verschleppung des Volksbegehrens ausgedrückt werden.

Der „Aktionsausschuss 100 Prozent S-Bahn“ hofft, dass sich unterschiedliche Initiativen zu Volksbegehren am Protest beteiligen. Mit dem Energietisch und dem Wassertisch gibt es derzeit drei Initiativen, die sich mit Referenden gegen die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen wenden. Eine Sprecherin des Aktionsausschusses sieht gute Chancen, dass der Tag X auf große Resonanz auch bei den übrigen Initiativen stößt: „Es hat sich immer wieder gezeigt, dass sich eine Mehrheit der Bevölkerung gegen die Privatisierung öffentlicher Güter wendet. Mit dem Tag X könnten diese Mehrheiten von Umfragen auch in politische Aktivititäten umgewandelt werden.“
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2012%2
F05%2F31%2Fa0179&cHash=9f982589a2
Peter Nowak

Hüttendorf gegen Mieterhöhungen

In Kreuzberg bedienen sich Mieter einer hierzulande ungewöhnlichen Protestform

Eine mit Holzpaletten gebaute Hütte steht seit einigen Tagen am Kottbusser Tor im Zentrum des Berliner Stadtteils Kreuzberg. Die Transparente und Flugblätter, die dort zu sehen sind, machen deutlich, dass es sich um einen Protest von Mietern handelt. Die verrentete Lehrerin Nerimin T. bringt den Grund für die ungewöhnliche Aktion kurz und knapp auf den Punkt.

„Nach drei Mieterhöhungen innerhalb weniger Monate kann ich bald die Wohnung mit meiner Rente nicht mehr bezahlen und ich muss auf der Straße übernachten.“

Um das zu verhindern, haben T. und ihre Nachbarn jetzt die Protesthütte errichtet. Darunter sind viele Menschen, die vor mehr als drei Jahrzehnten aus der Türkei oder Kurdistan nach Berlin kamen und in Kreuzberg ihr soziales Umfeld gefunden haben. „Ich würde in einen anderen Stadtteil ziehen, aber dann müssen unsere Nachbarn, die Läden und Teestuben mit“, meint eine Mieterin lachend.

In den letzten Jahren sind auch junge, in prekären Lebens- und Arbeitsverhältnissen steckende Akademiker in die Häuser eingezogen. Gemeinsam haben sie sich gegen die Mieterhöhungen organisiert und das Protestcamp vorbereitet. Es erinnert an „informelle Großstadtsiedlungen“, die türkisch als bezeichnet werden. Es sind meist einfache in wenigen Stunden errichtete Holzhütten, die sich Menschen errichten, die in den türkischen Metropolen keine anderen Unterkünfte finden.

Alle Mieterinnen, die das Kreuzberger Gecokondu errichtet haben, wohnen im Südblock des Kottbusser Tors. Die Eigentümer [http://mietenstopp.blogsport.de/2011/09/05/357/ GSW und die Hausverwaltung Hermes sollen bisher auf diverse Versuche der Mieter, über ihre prekäre Situation zu reden, nicht reagiert haben, so die Bewohner. Mit der Protesthütte wollen sie deutlich machen, dass Mieterhöhungen kein individuelles Problem sind.

Damit treffen sie in der Hauptstadt auf offene Ohren. Innerhalb weniger Monate hat sich eine berlinweite Mieterbewegung entwickelt. Nach einem gut besuchten Kongress im letzten Frühjahr und einer von Stadtteilinitiativen organisierten Demonstration im September letzten Jahres sind für den 18.Juni erneut Proteste gegen ein Treffen der Immobilienwirtschaft geplant.

Derweil wehren sich in vielen Stadtteilen immer mehr Mieter gegen ihre Vertreibung. Sie organisieren Stadtteilspaziergänge und Go ins. Mittlerweile gibt es mit Mietenstopp auch einen Film zum Protest.

Berliner Zentrum der Mieterproteste?

Die Organisatoren der Kreuzberger Protesthütte hoffen nun, dass sich dort ein „Zentrum der dezentralen Mieterproteste“ herausbildet. Schließlich brauchen gerade dezentrale Proteste Orte der Vernetzung und des Austausches. In den ersten Tagen scheinen sich die Erwartungen der Organisatoren zu erfüllen. Neben interessieren Anwohnern kommen auch Aktvisiten aus anderen Stadtteilen zu Besuch. Schließlich ist in Deutschland eine „Protesthütte“ gegen Mieterprotest noch selten. In vielen anderen Ländern hat sich eine ganze Serie solcher Proteste im öffentlichen Raum etabliert.

Spektakuläre Beispiele waren die von Wohnungslosen errichteten Zeltstädte im Winter 2007 in Paris und die Zeltstädte, mit denen im letzten Sommer in Israel gegen Wohnungsnot und teuere Mieten protestierten („Wir in Zelten, ihr da oben in Türmen“). Die Bewegung, die verkürzt Occupy zugeordnet wird, hat über Monate den innenpolitischen Diskurs in Israel bestimmt. Den Kreuzberger Organisatoren könnte zumindest in Berlin eine solche Aufgabe zufallen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152100
Peter Nowak

Braucht Deutschland andere Banken?

Nichtregierungsorganisationen gehen mit dem scheitenden Chef der Deutschen Bank Ackermann ins Gericht und machen sich Sorgen um das Image der Bankenelite

Die Ära Ackermann ist sozial und ökologisch verheerend. Zu diesem wenig überraschenden Befund kommt das Bündnis „Andere Banken braucht das Land“, die gestern in Berlin ein Dossier vorgestellt haben, in dem sie mit Ackermanns Wirken bei der Deutschen Banken hart ins Gericht gehen. Im Details finden sich sehr prägnante Beispiele für ihren kritischen Befund.

So weist Thomas Küchenmeister von der NGO Facing Finance auf die Rolle der Deutschen Bank im Rüstungsgeschäft hin.

„Allein zu den fünf weltweit größten Waffenherstellern und Exporteuren unterhält die Deutsche Bank Geschäftsbeziehungen in einer Größenordnung von über 3 Mrd. Euro. Die Geschäftsbeziehungen zu Streumunitionsherstellern summieren sich derzeit – und trotz mehrfacher Ausstiegsbeteuerungen seitens der Bank – auf 500 Mio. Euro.“

So gehören zu den Geschäftspartnern der Deutschen Bank auch die Herstellerfirmen des Kampfpanzers Leopard 2, der an Saudi-Arabien geliefert werden soll. Der stellvertretende Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch Matthias Wolfschmidt moniert die PR-Tricks der Deutschen Bank:

„Es ist unredlich, die Absage an neue, börsengehandelte Anlageprodukte auf Basis von Grundnahrungsmitteln als großen Fortschritt zu verkaufen, wenn gleichzeitig die bestehenden Produkte fortgeführt werden und die Hungerkrise in der Welt verschärfen.“

Viele der Kritikpunkte sind nicht neu und trotzdem ist es sinnvoll, sie noch einmal in einem Dossier zusammen zu tragen.

Sehnsucht nach der besseren Bankelite?

Doch auffällig ist, dass das Bündnis teilweise auftritt, als ging es ihm vor allem um das Image der Deutschen Bank. In dem Dossier sehen sie es nämlich durch Ackermann persönlich beschädigt.

„Dem Anspruch, zur weltweit führenden Bankenelite zu gehören, wird Ackermann in keiner Weise gerecht. Im Gegenteil: Oftmals hat die Bank in der Vergangenheit auch Geschäfte getätigt, die bei anderen Finanzinstituten längst auf dem Index stehen.“

Dies moniert beispielsweise Barbara Happe von der Nichtregierungsorganisation urgewald. Die Frage, ob nicht Banken, besonders wenn sie zur Elite gehören wollen, bestimmten systemischen Zwängen unterliegen, die ein Ackermann weder erfinden noch außer Kraft setzen kann, stellt sich dann scheinbar nicht.

Es ist sicher verständlich, dass von einem Bündnis, das schon im Namen den Anspruch trägt, bessere Banken aufbauen zu wollen, keine grundsätzliche Kritik an der kapitalistischen Verwertung erwartet werden kann. Allerdings hätte man schon erwarten können, dass in die Kritik der Gedanke aufgenommen wird, dass es nicht in erster Linie die Fehler einzelner Bankiers, die auch noch populistisch als Zocker beschrieben werden, zu den in den Dossier beschriebenen Fehlentwicklungen beigetragen haben.

Vielleicht werden die Ackermann-Kritiker sich sogar mal zu der Zeit zurück sehnen, als der Namensgeber für das scheinbar perfekte Feindbild sorgte. Auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank am kommenden Donnerstag wird er diese Rolle noch einmal ausfüllen.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac lädt zu einem Pressetermin ein. In der Einladung wird die Choreographie so beschrieben:

„Unter einem Banner mit dem Schriftzug ‚Ackermanns Vermächtnis – Jain, lass es sein‘ stehen drei menschliche Statuen. ‚Steuerflucht‘ hält eine Palme in den Händen, sie ist bereits auf dem Weg in Richtung Steueroase; ‚Rüstungsinvestitionen‘, trägt ein Gewehr; und ‚Nahrungsmittelspekulation‘ macht aus Weizenähren lieber Geld als Brot.“

Tatsächlich dürften auch die Aktivisten wissen, dass der von ihnen geforderte Kurswechsel auch nach dem Ende der Ära Ackermann nicht stattfinden wird, solange die inkriminierten Produkte Profite bringen. Zumindest dürfte dann klar werden, dass die Fehler eben nicht in erster Linie bei Ackermann liegen. Nur wird es nicht einfach sein, seine Nachfolger als ebenso große mediale Feindbilder aufzubauen. Das wäre die richtige Zeit für die Kritiker zu überlegen, ob es nicht Zeit für eine weniger personifizierende Bankenkritik wäre und ob sie die Sorgen um das Ranking um die Bankenelite nicht den Aktionären überlassen sollten.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152094
Peter Nowak