Genossenschaft unerwünscht

Öko-Textil-Versand Hessnatur an Private-Equity-Fonds verkauft
Überraschend hat das Besitzerkonsortium von Hessnatur den Naturmodehersteller an den Schweizer Fonds Capvis verkauft.

Der Naturmodehersteller Hessnatur soll vom Schweizer Finanzinvestor Capvis übernommen werden. Bei Mitarbeitern und Kunden sorgt diese Meldung für Empörung. Dabei schienen sie vor wenigen Tagen noch am Ziel eines monatelangen Kampfes zu sein: »Die hnGeno eG, die Genossenschaft zur Weiterführung von Hessnatur, plant gemeinsam mit der Deutschen Industrie-Holding (DIH) das Naturmodeunternehmen zu erwerben, das Geschäft weiterzuführen und weiter zu entwickeln. Ein entsprechender Konsortialvertrag wurde bereits notariell beurkundet«, heißt es in einer Pressemitteilung vom 31. Mai.

Dass Beschäftigte »ihre« Firma nicht an jeden Investor verkaufen lassen wollen, ist selten und hat eine Vorgeschichte: Im Dezember 2010 war bekannt geworden, dass Hessnatur an den Rüstungsinvestor und Private-Equity-Fonds Carlyle verkauft werden sollte. Viele Kunden und Mitarbeiter lehnten diesen Deal ab. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac organisierte unter dem Motto »Hessnatur in die Hände von Kunden und Belegschaft« eine bundesweite Kampagne. In der ersten Runde setzten sich die Kritiker durch. Nachdem Tausende einen Boykottaufruf unterzeichnet hatten, zog sich Carlyle zurück.

Der Erfolg war für die Kritiker Ansporn, mit der Genossenschaft eine Alternative zu kreieren, die auch über Hessnatur hinaus ausstrahlen könnte. Hierin dürfte auch der Grund liegen, dass der Verkäufer KarstadtQuelle Mitarbeitertrust (KQMT), der in Hessnatur in erster Linie eine Finanzierungsquelle für die Rentenansprüche des in Konkurs gegangenen Unternehmens sieht, nicht an die Genossenschaft verkaufen will, sondern jetzt das Angebot des Fonds Capvis annahm. Finanzielle Gründe können es nicht gewesen sein: Die Genossenschaft habe die gleiche Summe wie Capvis geboten und die Rentensprüche seien garantiert gewesen, betont Jutta Sundermann vom Attac-Koordinierungsrat gegenüber »nd«.

Auch Giuliana Giorgi von der Kampagne »Betriebe in Belegschaftshand / Netzwerk Solidarische Ökonomie« sieht in der Nichtberücksichtigung des Genossenschaftsangebots den Versuch, ein Modell zu verhindern, in dem Beschäftigte und Mitarbeiter selbst aktiv werden. »Ich finde es unglaublich, dass der KQMT nicht zur Kenntnis nimmt, dass sich Beschäftigte und Mitarbeiter zusammengeschlossen haben, um die Firma Hessnatur mit ihrem bisherigen Profil zu retten«, so Giorgi. Sollte der Verkauf an Capvis nicht gestoppt werden, könnten viele Kunden die Firma demnächst boykottieren, so ihre Befürchtung. In einem Dilemma befinden sich dann die Mitarbeiter, die um ihre Jobs fürchten müssten.

Sundermann kritisierte in einer Pressemitteilung, der Verkauf an einen reinen Finanzinvestor wie Capvis stehe im Widerspruch zum sozialen und ökologischen Unternehmensmodel von Hessnatur. Die Gefahr eines baldigen Weiterverkaufs – auch an Rüstungsprofiteure wie Carlyle – sei sehr groß.

Trotz der Lektion in fehlender Wirtschaftsdemokratie, die der KQMT erteilt hat, will die hnGeno nicht aufgegeben. Schließlich ist der Kaufvertrag mit Capvis noch nicht endgültig abgeschlossen. Die Genossenschaft versucht sich nun weiterhin als attraktiver Mitbieter zu präsentieren. Das ist wiederum ein Dilemma für Organisationen wie Attac, die deshalb bisher nicht zu Protesten gegen den Blitzverkauf aufgerufen haben. Denn noch gibt es die Hoffnung, dass die Genossenschaft zum Zuge kommt, wenn sie ihr Eigenkapital erhöht.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/228681.
genossenschaft-unerwuenscht.html
Peter Nowak

Linken-Spitze mit Vertretern sozialer Bewegungen

Mit der Wahl von Katja Kipping und Bernd Riexinger haben die Delegierten des Parteitages der Linken den Kurs der Anpassung an die SPD eine klare Aussage gegeben. Die Partei will sich den unterschiedlichen sozialen Bewegungen öffnen
.
Kipping, die der Emanzipatorischen Linken nahe steht, setzt sich besonders für die Aufhebung von Sanktionen für Hartz IV-Empfänger und das bedingungslose Grundeinkommen ein. Der Stuttgarter verdi-Vorsitzende Bernd Riexinger war von vielen Medien bisher überhaupt nicht beachtet worden. Deshalb wird er jetzt mit Bezeichnungen wie Gefolgsmann Lafontaines oder Fundamentalist bedacht.

Dabei gehört Riexinger seit Jahren zu den profiliertesten Linksgewerkschaftern in der Republik. Immer wieder hat er, oft gemeinsam mit Werner Sauerborn in [(http://www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/debatte/wurzeln.pdf Diskussionspapieren] für eine Gewerkschaftspolitik geworben, die sich vom Dogma der Standortsicherung verabschiedet. Auch in der Praxis steht Riexinger seit Jahren in Krisenbündnissen für die Zusammenarbeit von Gewerkschaften, linken Initiativen und sozialen Bewegungen. Riexinger war einer der wenigen Gewerkschafter, der keine Berührungsängste zur außerparlamentarischen Linke hatte.

Absage an die alte SED-Mentalität

Dass sich Riexinger in einer Kampfabstimmung gegen den rechten Flügelmann der Partei Dietmar Bartsch durchgesetzt hatte, war eine Bedingung für eine Fortsetzung als bundesweite Linke. Um Bartsch hätte sich der Flügel in der PDS gescharrt, die mit dem Konzept einer ideologiefreien, stromlinienförmigen ostdeutschen Volkspartei möglichst schnell an Regierungsposten kommen wollte. Schließlich handelte es sich bei dem Personal um SED-Kader im Wartestand, die zunächst wegen der Zähigkeit der Funktionärselite um Honecker und dann dem Ende der DDR nicht mehr zum Zuge kamen. Nach der Fusion mit der WASG zur Linkspartei war diesen ewigen Nachwuchskadern in linkssozialdemokratischen Gewerkschaftern eine lästige Konkurrenz erwachsen. Daraus und nicht nur an ideologischen Fragen rühren die sich zur Feindschaft entwickelten Konflikte, die das Bartsch-Lager mit den Kreisen um Klaus Ernst und Oskar Lafontaine hat. In den letzten Wochen haben sich die Konflikte so weit zugespitzt, dass selbst führende Politiker der Linken vor einer Spaltung warnten. Gregor Gysi sprach denn auch von einem Klima des Hasses in der Partei und sah in einer Trennung dann sogar eine zivilisierte Lösung.

Mit der Wahl von Riexinger und Kipping müsste diese Gefahr eigentlich gebannt sein. Denn Kipping kommt zwar aus dem Osten, hat aber weder etwas für Ostalgie übrig noch für die Strippenzieher-Qualitäten eines Dietmar Bartsch. Mit Riexinger kommt nun ein Gewerkschafter zum Zuge, der anders als Klaus Ernst Politik nicht nur aus der Perspektive des IG-Metall-Büros betrachtet. Doch ob damit die Krise der Linken beendet wird, liegt in erster Linie an der Reaktion derjenigen Parteirechten, die sich hinter dem Kandidaten Bartsch versammelt haben.

Dazu gehört auch der Berliner Landeschef Klaus Lederer und der Parteivorsitzende von Mecklenburg Vorpommern, Steffen Bockhahn, die einfach den Kandidaten unterstützen, der für eine stromlinienförmige Partei mit Regierungsoptionen eintritt. Riexinger und Kipping dürften hierfür die Gewähr nicht bieten. So ist nicht unwahrscheinlich, dass manche Bartsch-Anhänger noch den Absprung zur SPD wagen, vor allem wenn ihnen Abgeordnetenmandate zugesichert werden.

Die Medien würden daraus ebenso eine Fortsetzung der Krise der Linkspartei herbeisprechen, wie über jede andere kritische Äußerung aus dem Bartsch-Lager. Da mit dem Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn auch ein Exponent des Realoflügels auf einen zentralen Posten gewählt wurde, könnte es allerdings auch zu einer Auflösung der starren Fronten kommen. Auch als stellvertretende Vorsitzende wurden neben der Parteilinken Sahra Wagenknecht Vertreter der Realos gewählt. In Medien wird das Ergebnis des Parteitags eher negativ aufgenommen.

Schon seit Monaten war dort Bartsch zum Hoffnungsträger der Linken hochgeschrieben worden, während Lafontaine zum Fast-Diktator heruntergeschrieben wurde. Warum soviel Nachsicht gegenüber einem SED-Apparatschick und so viel Wut über einen Ex-SPD-Vorsitzenden, der sich im Grunde auch in seiner neuen Partei nicht groß verändert hat?

Ein Radikaler ist Lafontaine bis heute nicht; seine gelegentlichen Ausflüge in den Populismus zeigen, dass er sich auch auf das Geschäft des Machterhalts versteht und eine Regierungsbeteiligung seiner Partei wäre an ihm bestimmt nicht gescheitert. Es ist eher die Existenz einer Partei, die dem neoliberalen Einheitsdenken widerspricht, die in großen Teilen der Medien solche Abwehrreflexe hervorrufen. Ein Bartsch oder Lederer taugen dann als Bespiele dafür, dass auch dort Vernunft einkehrt, d.h. dass sich die Partei auch dem Mainstream anpasst. Auf dem Parteitag ist die Mehrheit diesem Kurs nicht gefolgt.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152124
Peter Nowak

Mahnmal soll endlich fertig gebaut werden

Neue Initiative für das unvollendete Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma

Auf einer Wiese zwischen Brandenburger Tor und Reichstag befindet sich hinter einem Zaum ein großes weißes Zelt. Die Umrisse einer Bodentafel sind ebenfalls zu sehen. Die zahlreichen Passanten, die hier täglich vorbeigehen, können nun erfahren, dass sich unter den Planen das unvollendete Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma befindet.

Auf Deutsch und Englisch informiert darüber ein großes weißes Banner, das am Samstag im Rahmen einer Kundgebung am Zaum befestigt wurde. Daneben behandeln kleine Tafeln Angriffe auf Sinti und Roma seit 2010. Viele Übergriffe, auch mit tödlichem Ausgang, fanden in osteuropäischen Ländern statt, andere in Italien.

Es war allerdings keine staatliche Stelle, die diese Informationen bereitstellte, sondern die kürzlich im Rahmen des Kunstfestivals Biennale gegründete »Bürgerinitiative für das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma«. Der Zusammenschluss war von der Europäischen Roma-Kulturstiftung (ERCF) initiiert worden. Sie bekämpft Ignoranz gegenüber den Hunderttausenden, die im Nationalsozialismus als Sinti und Roma verfolgt, gequält und ermordet wurden.

Die Geschichte des unvollendeten Denkmals ist ein Zeichen für solche Ignoranz. Zunächst wurde es von vielen Politikern, wie dem ehemaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), kategorisch abgelehnt. Nachdem der Bundestag die Errichtung des Mahnmals beschlossen hatte, begann der Kampf um die Finanzierung. Die ist so knapp bemessen, dass der für die Gestaltung des Mahnmals auserkorene Künstler Dani Karavan sein Vorhaben als nicht realisierbar ansieht, wie er auch auf der Kundgebung sagte: »Die künstlerische Gestaltung ist mit diesen Mitteln nicht zu machen.«

In einem Großteil der Medien werden hingegen zu hohe finanzielle Forderungen des Künstlers oder Unstimmigkeiten unter den Opferverbänden über die Inschrift auf dem Denkmal für die Verzögerung verantwortlich gemacht. Dass die Unstimmigkeiten, die es über die Bezeichnung der Opfergruppen gab, längst geklärt sind, wurde am Samstag deutlich. Roma-Älteste und Dani Karavan traten auf der Kundgebung gemeinsam für eine unverzügliche Fertigstellung des Mahnmals und eine ausreichende finanzielle Ausstattung ein.

Auch nach der Kundgebung wurden die Informationstafeln vor allem von den zahlreichen Touristen gelesen. Aktivisten aus dem antifaschistischen Milieu Berlins hatten sich allerdings kaum an der Kundgebung beteiligt. Das kann an der Kurzfristigkeit der Mobilisierung liegen. Erst in den letzen Tagen wurden in verschiedenen Berliner Stadtteilen große Plakate angebracht, die auf die Kundgebung hinwiesen. Die künstlerisch gestalteten Plakaten haben allerdings auch einen längerfristigen Zweck, wie eine Aktivistin des Vorbereitungskreises sagte: »Damit soll auch die Diskussion über den verschleppten Denkmalsbau angeregt werden und dafür gesorgt werden, dass sie auch in den nächsten Wochen weiterläuft.«
http://www.neues-deutschland.de/
artikel/228602.mahnmal-soll-endlich-fertig-gebaut-werden.html
Peter Nowak

Mehrheit in Irland für Fiskalpakt

Das Ergebnis ist Ausdruck der Resignation großer Teile der irischen Bevölkerung

In Irland haben bei einem Referendum knapp 60 Prozent der Teilnehmenden dem EU-Fiskalpakt zugestimmt. An der in Irland obligatorischen Volksabstimmung bei Verfassungsänderungen haben sich knapp 50 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Sämtliche Regierungsparteien, aber auch die großen Oppositionsparteien sind für ein Ja zum Fiskalpakt eingetreten. Insofern war es durchaus ein Erfolg der Fiskalpaktgegner darunter mehrerer irischer Gewerkschaften, dass 40 Prozent dagegen gestimmt haben.

Obwohl schon wochenlang im Umfragen eine Mehrheit für den Fiskalpakt deutlich wurde, blieb das Ergebnis bis zum Abstimmungstag offen. Schließlich war die Anzahl der Unentschiedenen bis zum Schluss groß. Dass gut die Hälfte das Referendum schließlich ignorierten, macht auch deutlich, dass große Teile in einem für sie unlösbaren Dilemma steckten.

Einerseits bedeutet der Europäische Fiskalpakt eine strenge Spardisziplin mit weiteren Kürzungen in den Sozialhaushalten. Andererseits drohten die Politiker, das Land werde die europäische Unterstützung verlieren, wenn es dem Fiskalpakt nicht zustimmt. Die Mehrheit fügte sich ins scheinbar Unvermeidliche und wählten von zwei schlechten Alternativen, diejenige, bei der sie zumindest Unterstützung von Außen erhoffen können. Dass der Mehrheit ein Ja zu weiteren Haushaltskürzungen schwergefallen sein muss, wird mit den Blick auf die politische und soziale Situation auf der Insel deutlich.

Nach fünf Sparprogrammen…

Mittlerweile fünf Sparprogramme führten zur massiven Verarmung von großen Teilen der Bevölkerung. Das zeigte sich an den steigenden Zahlen der Auswanderungen vor allem junger Menschen, die in Irland keine Perspektive für sich mehr sehen.

Damit knüpft Irland an eine Tradition ein, die die politische Klasse auf der Insel eigentlich für überwunden erklärt hatte. Lange Zeit galt Irland als Armenhaus Europas, es gab Hungersnöte und Massenauswanderungen vor allem in die USA. Noch heute können Reisende auf der Insel seit Jahrzehnten verlassene Dörfer als Zeugen des Exodus vergangener Zeiten sehen. Aktueller sind riesige leerstehende Dienstleistungszentren, aber auch Wohnsiedlungen, die mittlerweile wieder verrotten.

Sie künden von der Phase eines massiven Wirtschaftsbooms, in der manche Medien den Begriff des „keltischen Tigers“ prägten. Menschen aus vielen Ländern Osteuropas siedelten sich dort an und sollten die Geschichte des Armenhauses Europas für immer vergessen lassen. Daher war es für viele Menschen neben den sozialen Härten auch eine persönliche Kränkung, als der Wirtschaftsboom zu Ende war und Irland in die Krise schlitterte.

Obwohl die sozialen Folgen für große Teile der Bevölkerung durchaus Parallelen zu Griechenland zulässt, gab es auf der Insel kaum Proteste. Irland-Beobachter berichten von einem Klima der Resignation und des Sich-in-das-Unvermeidliche-schicken. Das Ergebnis des Referendums würde in dieses Erklärungsmuster passen.

Keine Solidarität in Europa

Mit Befriedigung hat nicht nur die irische Regierung, sondern auch die EU-Kommission auf die irische Zustimmung reagiert. Immerhin blieb ihr so die Blamage erspart, bei dem einzigen Referendum über den Fiskalpakt eine Niederlage einzufahren.

Kritiker der Sparpolitik hatten auf eine Ablehnung in Irland gehofft. Damit wäre er nicht gestoppt worden, weil es kein Vetorecht eines Landes gibt. Aber die Kräfte, die sich gegen die immer neuen Spardiktate wehren, hätten damit Auftrieb erhalten. Gerade mit Blick auf Griechenland, wo es die realistische Möglichkeit gibt, dass bei den Neuwahlen am 17. Juni die Kräfte an Boden gewinnen, die mit dem Spardiktaten brechen wollen, wäre ein Nein aus Irland ein wichtiges Signal dafür gewesen, dass sich an vielen Ecken Europas Widerstand rührt und das berühmt-berüchtigte TINA-Denken – „There is no Alternative“ – nicht mehr die Hegemonie innehat.

Allerdings gab es auch in den anderen europäischen Ländern keine wahrnehmbare Unterstützung für die irischen Gegner des Fiskalpaktes. So konnten sich die Politiker, die das Gespenst eines von Europa isolierten Irland bei einer Ablehnung an die Wand malten, durchsetzen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152115
Peter Nowak

Wo sind die Stipendiaten?

»Stipendiaten, wo seit Ihr?« Nicht nur »spiegel-online« stellte diese Frage in den letzten Tagen, nachdem das Statistische Bundesamt kürzlich erste Daten über das Deutschlandstipendium veröffentlicht hat. Es war vor einem Jahr als Renommierprojekt des Bundesbildungsministeriums gestartet worden. Begabte Studierende sollten 300 Euro monatlich unabhängig von ihrer sonstigen sozialen Lage bekommen. Nach einem Jahr zeigt sich, dass das Deutschlandstipendium kaum nachgefragt wird. Gerade mal 5400 Kommilitonen nahmen es in Anspruch. Vor einem Jahr war noch von 150 000 Studierenden die Rede, die davon profitieren könnten.

Trotzdem mag eine Sprecherin des Bundesbildungsministeriums in diesen Zahlen kein Scheitern des Projekts erkennen und schwärmt gar vom »Beginn einer neuen Stipendiumskultur«. Erik Marquardt vom studentischen Dachverband fzs kommt zu einem ganz anderen Schluss. »Das Deutschlandstipendium ist gescheitert«, stellt der studentische Verband in einer Pressemitteilung fest. Neben der geringen Nachfrage wird moniert, dass Universitäten gegenüber den Fachhochschulen und Natur- und Wirtschaftswissenschaften gegenüber den Geisteswissenschaften bei der Stipendiumsvergabe bevorzugt werden.

Beim Deutschlandstipendium handelt es sich um eine Form der Elitenförderung. Für Kommilitonen mit finanziellen Rücklagen mögen die 300 Euro eine willkommene Ergänzung sein, Studierende mit geringen Einkommen können davon aber nicht leben. Die Anregung des fzs, die Gelder des Deutschlandstipendiums in eine Bafög-Erhöhung umzuleiten, ist vom Standpunkt der sozialen Gerechtigkeit richtig. Trotzdem dürfte er bei Bundesbildungsministerin Annette Schavan auf taube Ohren stoßen.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/228434.wo-sind-die-stipendiaten.html
Peter Nowak

PROTEST GEGEN DIE AUSSCHREIBUNG DER S-BAHN

Warten auf Tag X
Mit einem Tag X will der „Aktionsauschuss 100 Prozent S-Bahn“ in den kommenden Wochen gegen eine geplante Ausschreibung des Verkehrsmittels protestieren. Die Ausschreibung werten soziale Initiativen als Einstieg in die Privatisierung. Mobilisiert werden sollen sowohl GewerkschafterInnen, die bei einer Privatisierung die Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen fürchten, aber auch S-Bahn-NutzerInnen und soziale AktivistInnen. Die Art der Aktionen ist offen, zentrale Vorgaben sind nicht geplant.

Schon seit Monaten sammeln im Bündnis S-Bahn-Tisch zusammengeschlossene Initiativen Unterschriften für ein Volksbegehren gegen die Privatisierung. Die erste Stufe wurde erfolgreich abgeschlossen. Weil der Senat den Inhalt des Referendums juristisch prüft, liegt es derzeit auf Eis. „Es ist eine Missachtung der Demokratie, dass die Vorbereitungen zur Ausschreibung weiterlaufen“, so eine Sprecherin des S-Bahn-Tischs gegenüber der Taz. Mit dem Tag X könnte so auch der Unmut über die Verschleppung des Volksbegehrens ausgedrückt werden.

Der „Aktionsausschuss 100 Prozent S-Bahn“ hofft, dass sich unterschiedliche Initiativen zu Volksbegehren am Protest beteiligen. Mit dem Energietisch und dem Wassertisch gibt es derzeit drei Initiativen, die sich mit Referenden gegen die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen wenden. Eine Sprecherin des Aktionsausschusses sieht gute Chancen, dass der Tag X auf große Resonanz auch bei den übrigen Initiativen stößt: „Es hat sich immer wieder gezeigt, dass sich eine Mehrheit der Bevölkerung gegen die Privatisierung öffentlicher Güter wendet. Mit dem Tag X könnten diese Mehrheiten von Umfragen auch in politische Aktivititäten umgewandelt werden.“
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2012%2
F05%2F31%2Fa0179&cHash=9f982589a2
Peter Nowak

Hüttendorf gegen Mieterhöhungen

In Kreuzberg bedienen sich Mieter einer hierzulande ungewöhnlichen Protestform

Eine mit Holzpaletten gebaute Hütte steht seit einigen Tagen am Kottbusser Tor im Zentrum des Berliner Stadtteils Kreuzberg. Die Transparente und Flugblätter, die dort zu sehen sind, machen deutlich, dass es sich um einen Protest von Mietern handelt. Die verrentete Lehrerin Nerimin T. bringt den Grund für die ungewöhnliche Aktion kurz und knapp auf den Punkt.

„Nach drei Mieterhöhungen innerhalb weniger Monate kann ich bald die Wohnung mit meiner Rente nicht mehr bezahlen und ich muss auf der Straße übernachten.“

Um das zu verhindern, haben T. und ihre Nachbarn jetzt die Protesthütte errichtet. Darunter sind viele Menschen, die vor mehr als drei Jahrzehnten aus der Türkei oder Kurdistan nach Berlin kamen und in Kreuzberg ihr soziales Umfeld gefunden haben. „Ich würde in einen anderen Stadtteil ziehen, aber dann müssen unsere Nachbarn, die Läden und Teestuben mit“, meint eine Mieterin lachend.

In den letzten Jahren sind auch junge, in prekären Lebens- und Arbeitsverhältnissen steckende Akademiker in die Häuser eingezogen. Gemeinsam haben sie sich gegen die Mieterhöhungen organisiert und das Protestcamp vorbereitet. Es erinnert an „informelle Großstadtsiedlungen“, die türkisch als bezeichnet werden. Es sind meist einfache in wenigen Stunden errichtete Holzhütten, die sich Menschen errichten, die in den türkischen Metropolen keine anderen Unterkünfte finden.

Alle Mieterinnen, die das Kreuzberger Gecokondu errichtet haben, wohnen im Südblock des Kottbusser Tors. Die Eigentümer [http://mietenstopp.blogsport.de/2011/09/05/357/ GSW und die Hausverwaltung Hermes sollen bisher auf diverse Versuche der Mieter, über ihre prekäre Situation zu reden, nicht reagiert haben, so die Bewohner. Mit der Protesthütte wollen sie deutlich machen, dass Mieterhöhungen kein individuelles Problem sind.

Damit treffen sie in der Hauptstadt auf offene Ohren. Innerhalb weniger Monate hat sich eine berlinweite Mieterbewegung entwickelt. Nach einem gut besuchten Kongress im letzten Frühjahr und einer von Stadtteilinitiativen organisierten Demonstration im September letzten Jahres sind für den 18.Juni erneut Proteste gegen ein Treffen der Immobilienwirtschaft geplant.

Derweil wehren sich in vielen Stadtteilen immer mehr Mieter gegen ihre Vertreibung. Sie organisieren Stadtteilspaziergänge und Go ins. Mittlerweile gibt es mit Mietenstopp auch einen Film zum Protest.

Berliner Zentrum der Mieterproteste?

Die Organisatoren der Kreuzberger Protesthütte hoffen nun, dass sich dort ein „Zentrum der dezentralen Mieterproteste“ herausbildet. Schließlich brauchen gerade dezentrale Proteste Orte der Vernetzung und des Austausches. In den ersten Tagen scheinen sich die Erwartungen der Organisatoren zu erfüllen. Neben interessieren Anwohnern kommen auch Aktvisiten aus anderen Stadtteilen zu Besuch. Schließlich ist in Deutschland eine „Protesthütte“ gegen Mieterprotest noch selten. In vielen anderen Ländern hat sich eine ganze Serie solcher Proteste im öffentlichen Raum etabliert.

Spektakuläre Beispiele waren die von Wohnungslosen errichteten Zeltstädte im Winter 2007 in Paris und die Zeltstädte, mit denen im letzten Sommer in Israel gegen Wohnungsnot und teuere Mieten protestierten („Wir in Zelten, ihr da oben in Türmen“). Die Bewegung, die verkürzt Occupy zugeordnet wird, hat über Monate den innenpolitischen Diskurs in Israel bestimmt. Den Kreuzberger Organisatoren könnte zumindest in Berlin eine solche Aufgabe zufallen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152100
Peter Nowak

Braucht Deutschland andere Banken?

Nichtregierungsorganisationen gehen mit dem scheitenden Chef der Deutschen Bank Ackermann ins Gericht und machen sich Sorgen um das Image der Bankenelite

Die Ära Ackermann ist sozial und ökologisch verheerend. Zu diesem wenig überraschenden Befund kommt das Bündnis „Andere Banken braucht das Land“, die gestern in Berlin ein Dossier vorgestellt haben, in dem sie mit Ackermanns Wirken bei der Deutschen Banken hart ins Gericht gehen. Im Details finden sich sehr prägnante Beispiele für ihren kritischen Befund.

So weist Thomas Küchenmeister von der NGO Facing Finance auf die Rolle der Deutschen Bank im Rüstungsgeschäft hin.

„Allein zu den fünf weltweit größten Waffenherstellern und Exporteuren unterhält die Deutsche Bank Geschäftsbeziehungen in einer Größenordnung von über 3 Mrd. Euro. Die Geschäftsbeziehungen zu Streumunitionsherstellern summieren sich derzeit – und trotz mehrfacher Ausstiegsbeteuerungen seitens der Bank – auf 500 Mio. Euro.“

So gehören zu den Geschäftspartnern der Deutschen Bank auch die Herstellerfirmen des Kampfpanzers Leopard 2, der an Saudi-Arabien geliefert werden soll. Der stellvertretende Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch Matthias Wolfschmidt moniert die PR-Tricks der Deutschen Bank:

„Es ist unredlich, die Absage an neue, börsengehandelte Anlageprodukte auf Basis von Grundnahrungsmitteln als großen Fortschritt zu verkaufen, wenn gleichzeitig die bestehenden Produkte fortgeführt werden und die Hungerkrise in der Welt verschärfen.“

Viele der Kritikpunkte sind nicht neu und trotzdem ist es sinnvoll, sie noch einmal in einem Dossier zusammen zu tragen.

Sehnsucht nach der besseren Bankelite?

Doch auffällig ist, dass das Bündnis teilweise auftritt, als ging es ihm vor allem um das Image der Deutschen Bank. In dem Dossier sehen sie es nämlich durch Ackermann persönlich beschädigt.

„Dem Anspruch, zur weltweit führenden Bankenelite zu gehören, wird Ackermann in keiner Weise gerecht. Im Gegenteil: Oftmals hat die Bank in der Vergangenheit auch Geschäfte getätigt, die bei anderen Finanzinstituten längst auf dem Index stehen.“

Dies moniert beispielsweise Barbara Happe von der Nichtregierungsorganisation urgewald. Die Frage, ob nicht Banken, besonders wenn sie zur Elite gehören wollen, bestimmten systemischen Zwängen unterliegen, die ein Ackermann weder erfinden noch außer Kraft setzen kann, stellt sich dann scheinbar nicht.

Es ist sicher verständlich, dass von einem Bündnis, das schon im Namen den Anspruch trägt, bessere Banken aufbauen zu wollen, keine grundsätzliche Kritik an der kapitalistischen Verwertung erwartet werden kann. Allerdings hätte man schon erwarten können, dass in die Kritik der Gedanke aufgenommen wird, dass es nicht in erster Linie die Fehler einzelner Bankiers, die auch noch populistisch als Zocker beschrieben werden, zu den in den Dossier beschriebenen Fehlentwicklungen beigetragen haben.

Vielleicht werden die Ackermann-Kritiker sich sogar mal zu der Zeit zurück sehnen, als der Namensgeber für das scheinbar perfekte Feindbild sorgte. Auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank am kommenden Donnerstag wird er diese Rolle noch einmal ausfüllen.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac lädt zu einem Pressetermin ein. In der Einladung wird die Choreographie so beschrieben:

„Unter einem Banner mit dem Schriftzug ‚Ackermanns Vermächtnis – Jain, lass es sein‘ stehen drei menschliche Statuen. ‚Steuerflucht‘ hält eine Palme in den Händen, sie ist bereits auf dem Weg in Richtung Steueroase; ‚Rüstungsinvestitionen‘, trägt ein Gewehr; und ‚Nahrungsmittelspekulation‘ macht aus Weizenähren lieber Geld als Brot.“

Tatsächlich dürften auch die Aktivisten wissen, dass der von ihnen geforderte Kurswechsel auch nach dem Ende der Ära Ackermann nicht stattfinden wird, solange die inkriminierten Produkte Profite bringen. Zumindest dürfte dann klar werden, dass die Fehler eben nicht in erster Linie bei Ackermann liegen. Nur wird es nicht einfach sein, seine Nachfolger als ebenso große mediale Feindbilder aufzubauen. Das wäre die richtige Zeit für die Kritiker zu überlegen, ob es nicht Zeit für eine weniger personifizierende Bankenkritik wäre und ob sie die Sorgen um das Ranking um die Bankenelite nicht den Aktionären überlassen sollten.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152094
Peter Nowak

Mieter protestieren gegen Verdrängung

In Kreuzberg soll ein Protestcamp zu Mietensteigerungen und Gentrifizierung entstehen

Nerimin T. ist wütend. »Seit über einem Jahr versuchen wir mit unseren Eigentümern und den Politikern darüber zu reden, dass wir uns die immer weiter steigenden Mieten nicht mehr leisten können. Doch wir wurden nicht beachtet. Deswegen gehen wir jetzt auf die Straße.« Seit vergangenen Samstag beteiligt sie sich am Protestcamp, das die von Mieterhöhung betroffenen Bewohner am südlichen Ende des Kottbusser Tores aufgebaut haben. Auf Holzpaletten finden sich neben ersten Presseberichten über die Aktion auch die Gründe für die Aktion in wenigen klaren Sätzen:

»Wir protestieren hier gegen die jährlich steigenden Mieten im sozialen Wohnungsbau. Wir protestieren hier gegen die Verdrängung von Menschen, die hier seit Jahrzehnten ihr Zuhause haben«, heißt es dort. Für Nerimin T. ist die Gefahr real.

Die eine Hälfte ihrer Rente verschlinge die Miete, die andere Hälfte die Nebenkosten«, rechnet sie vor. »Mir bleibt zum Leben kein Geld mehr. Wenn das so weitergeht, muss ich mit dem Zelt auf der Straße schlafen.« Ihre Nachbarn nicken mit dem Kopf.

Viele von ihnen sind in der Türkei oder in Kurdistan geboren und leben seit mehr als drei Jahrzehnten am Kottbusser Tor. Ulrike M. gehört zu den prekären Akademikern, die erst in den letzten Jahren in die Häuser am südlichen Rand des Kottbusser Tores gezogen sind. Alt- und Neumieter sind sich einig in ihren Forderungen. »Die Eigentümer GSW und Hermes bekommen seit Jahrzehnten Subventionen, ohne bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen.« Bisher seien von Eigentümerseite alle Versuche, über die Mietensituation ins Gespräch zukommen, ignoriert worden, klagen die Bewohner.

Die Idee des Protestcamps hat durchaus Vorbilder in der Türkei. Dort gibt es am Rande der Großstädte so genannte Gecekondular. Das heißt übersetzt »über Nacht gebaut«. Es sind meist einfache Holzhütten, die sich Menschen errichten, die in den türkischen Metropolen keine anderen Unterkünfte finden. Manchen Passanten fällt hingegen angesichts der Protesthütte die Occupy-Bewegung ein. Tatsächlich haben Berliner Occupy-Aktivisten sofort ihre Unterstützung zugesagt. Allerdings ist für die Kottbusser Aktivsten klar, dass sie sich weder von Parteien noch von anderen Bewegungen vereinnahmen lassen werden. »Uns geht es nicht darum, Occupy-Regeln einzuführen. Wir wollen ein Mittelpunkt der Berliner Mieterproteste werden«, betont Ulrike M. Die Chancen stehen gut. Schließlich organisieren sich in zahlreichen Stadtteilen Mieter gegen drohende Vertreibung. Für den 18.Juni plant ein berlinweites Bündnis Proteste gegen den Tag der Immobilienwirtschaft. Auch der Druck auf die Politiker wächst. Schließlich hat sich in der BVV Kreuzberg eine große Koalition aus SPD, Grünen, Piraten und Linkspartei für die Forderungen ausgesprochen, die auch die Mieter am Kottbusser Tor propagieren. »Was aber macht die Berliner SPD als Regierungspartei?«, fragt eine Aktivistin. Mittlerweile läuft im Protestcamp die Planung für das Programm der nächsten Tage auf Hochtouren. Film-, Diskussions- und Kulturveranstaltungen sind unter kottiundco.wordpress.com/wer-wir-sind/ zu finden.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/228214.
mieter-protestieren-gegen-verdraengung.html
Peter Nowak

Walretter Paul Watson droht Auslieferung

Paul Watsons Image als selbstloser Retter der Meerestiere wird durch den jüngsten Haftbefehl nur verstärkt, aber mittlerweile wird auch Kritik laut

Costa Rica steht in der Regel nicht im Brennpunkt des öffentlichen Interesses. Trotzdem verlief der jüngste Deutschlandbesuch der costaricanischen Präsidentin Laura Chinchilla recht turbulent. Mehrere hundert Menschen demonstrierten für die Freilassung des Umweltaktivisten Paul Watson. Der Gründer der Tierschutzorganisation Seasheperd war auf Grund eines internationalen Haftbefehls am 13. Mai bei der Einreise nach Deutschland verhaftet worden. Die Justiz von Costa Rica wirft ihm vor, vor 10 Jahren beim Drehen eines Filmes über die Jagd auf Haie den Schiffsverkehr behindert zu haben. Watson vermutet, dass Japan hinter den Haftbefehl steckt. Schließlich hat er sich wegen des Walfangs in den letzten Jahren immer wieder mit den Behörden des Landes angelegt.

Nach einer Meldung von Interpol ist der Ökoaktivist allerdings wieder von der Liste gestrichen worden, nachdem sich der Verdacht erhärtete, dass der Haftbefehl politisch motiviert ist. Mittlerweile ist Watson gegen Kaution aus dem Gefängnis entlassen werden, darf aber Deutschland nicht verlassen, bis über das Auslieferungsverfahren endgültig entschieden ist. Mittlerweile gibt es in vielen Ländern Solidaritätsaktionen für Watson. Der Kanadier genießt unter Tierrechtsaktivisten vor allem wegen seines Kampfes gegen den Walfang Starkult.

Bei seinen öffentlichen Auftritten hat er immer wieder deutlich gemacht, dass er für seine Aktivitäten auch bereit ist, ins Gefängnis zu gehen. „Sie können mich ja verhaften“, erklärte Paul Watson schon vor einigen Jahren selbstbewusst. So richtig bekannt wurde er in Deutschland durch einen Film mit dem programmatischen Titel Bekenntnisse eines Ökoterroristen, der von einem engen Mitarbeiter Watsons gedreht wurde. In der Filmbeschreibung wird das Selbstbild eines Mannes deutlich, der sich als Rächer der beleidigten Natur zu inszenieren versteht.

„Es handelt sich um einen Dokumentarfilm, der die wahre Odyssee des meistgesuchten Meeresschützers Captain Paul Watson zeigt. Nachdem er Greenpeace gegründet hatte, verließ Watson die Organisation schließlich aufgrund seiner kompromisslosen Leidenschaft, den Planeten vor Umweltverbrechern zu schützen und wegen seiner ungewöhnlichen Taktiken. Fernab von Bürokratie und Politik schmiedete Watson seine eigene Armada, die Sea Shepherd Conservation Society – eine Organisation, die sich kompromisslos dem Schutz der Meeresbewohner verschrieben hat und gerne mal die geltenden Gesetze selber durchsetzt.“

Kritik am Walretter-Image

Das Image als selbsternannter Cowboy für die Interessen der Meeresbewohner pflegt Watson mit Hingabe. Der jüngste Haftbefehl ist für ihn daher wie ein weiterer Orden auf der Brust des Kriegers der Meerestiere. Mittlerweile wird auch bei entschiedenen Gegnern des Walfangs Kritik am autoritären Führungsstil Watsons und der Instrumentalisierung von Mitstreitern laut. Auch mit Greenpeace hat sich Watson längst zerstritten, obwohl er nach seiner jüngsten Festnahme öfter mit der Organisation in Verbindung gebracht wurde. Für Watson hat sich die ehemals von ihm mit gegründete Organisation längst in einen Verein von Lobbyisten verwandelt.

Bei allen Differenzen sind Watson und Greenpeace Verfechter eines Weltretterunternehmung, das Millionen Menschen zum Spenden animieren soll. Die jüngste Verhaftung hat das Bild von Watson als kompromisslosen Walretter nur noch verstärkt und dürfte viel Geld in die Spendenkassen seiner Organisation spülen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152065
Peter Nowak

Im Visier von Neonazis

Angriffe auf Lausitzer Rundschau wegen kritischer Berichterstattung

Gleich zwei Nächte hintereinander war die Lokalredaktion der Lausitzer Rundschau in Spremberg Ziel neonazistischer Angriffe. In der Nacht zum 30. April wurde das Gebäude der Redaktion mit Parolen wie „Lügenpresse halt die Fresse“ beschmiert. Außerdem klebten die unbekannten Täter Bilder von Neonaziaufmärschen an die Scheiben und hinterließen so einen politischen Fingerabdruck. In der folgenden Nacht hängten Unbekannte Innereien eines frisch geschlachteten Tieres an das Redaktionsschild der Zeitung.

Der Chefredakteur der Lausitzer Rundschau (LR), Johannes M. Fischer, hat keinen Zweifel, dass auch in diesem Fall die Täter aus dem rechten Milieu kommen. Schließlich ist das Aufhängen von Tierinnereien vor den Häusern missliebiger Personengruppen schon länger als Mittel rechter Einschüchterungsstrategien bekannt.

Davon waren in der Vergangenheit Synagogen und Wohnungen von bekannten Nazigegnern betroffen. Auch Medienarbeiter, die sich mit der rechten Szene befassten, gerieten immer wieder ins Visier rechter Gruppen und der auf die Gegnersuche spezialisierten Anti-Antifa. So wurden immer wieder persönliche Daten und Adressen von Journalisten und Fotografen auf rechten Homepages bekannt gemacht. Journalisten wie die auf die rechte Szene spezialisierte Andrea Röpke wurden bedroht und bei ihrer Arbeit auch körperlich angegriffen. Dass aber gleich eine ganze Redaktion ins Visier von Neonazis gerät, sorgte dann doch für Schlagzeilen. „Wir haben in der vergangenen Woche mehrfach kritisch über die rechte Szene in Spremberg berichtet. Das hat ihnen wohl nicht gefallen“, erklärte Fischer gegenüber dem Berliner Tagesspiegel zu den Motiven, warum gerade die Lausitzer Rundschau Ziel rechter Angriffe geworden ist.

Klar Stellung beziehen.

Tatsächlich hat die Zeitung nicht nur in der letzten Zeit ausführlich über rechte Aktivitäten in der Region berichtet und Nazigegner zu Wort kommen lassen. Die LR veröffentlichte in ihrer Printausgabe und auf ihrem Blog Glossen, Berichte, sowie Kurzfilme. Anlässlich eines Neonaziaufmarsches in Cottbus am 15. Februar 2012 diskutierten Journalisten und Volontäre der LR über den richtigen journalistischen Umgang mit den Aktivitäten von rechts außen. So schreiben LR-Volontäre: „Manche Kollegen warnen: Macht euch nicht zum Sprachrohr, bleibt objektiv. Wir fragen: Darf eine Tageszeitung in solchen Fragen nicht klar Stellung beziehen? Einige Kollegen sagen, es sei sowieso klar, dass wir gegen rechts sind. Wir fragen: Wie kann das klar sein, wenn wir es nicht deutlich aussprechen? Darf ich mich als Journalistin nicht nur privat, sondern auch beruflich gegen rechts aussprechen und das in meine Arbeit einbringen?“
Von vielen Lesern werden die engagierten Journalisten bestärkt, ihre Recherche über rechte Strukturen nicht im Mantel einer scheinbaren Objektivität, sondern mit einem klaren Bekenntnis gegen rechts zu verbinden. „Bitte, machen Sie weiter so – wir brauchen Sie“, hieß es in Leserbriefen. „Wir haben eine sehr gute und starke Redaktion. Die Journalisten wissen, dass sie ein schwieriges und möglicherweise gefährliches Thema bearbeiten. Sie gehen sehr souverän damit um und lassen sich nicht einschüchtern“, betonte Fischer gegenüber M. Der Chefredakteur blendet auch die ganz persönlichen Folgen für die angegriffenen Journalisten nicht aus: „Wir selbst fühlen uns von dieser feigen und niederträchtigen Tat durchaus bedroht. Allerdings empfinden wir diese Bedrohung als Herausforderung, noch intensiver zu recherchieren und zu schreiben, um dem Rechtsextremismus keine Chance zu geben.“

Stellungnahme der dju

„Die 4.300 Journalistinnen und Journalisten, die in der dju in ver.di Berlin-Brandenburg organisiert sind, stehen solidarisch an der Seite ihrer Lausitzer Kollegen“ so Andreas Köhn, dju-Geschäftsführer, und weiter: „Die Drohungen und Angriffe sind gegen uns alle gerichtet, nicht nur gegen jene Kollegen, die in den Medien zu dieser Thematik berichten“.

http://mmm.verdi.de/medien-gesellschaft/im-visier-von-neonazis
Peter Nowak

Linker Neustart mit Frauenspitze?

Dietmar Bartsch hat die Rückkehr von Lafontaine an die Linkenspitze verhindert, dürfte aber auch selber nicht zum Zuge kommen

Nun geht alles sehr schnell. Gestern hat Oskar Lafontaine sein Angebot zurückgezogen, für die Linke zu kandidieren. Ausschlaggebend war neben der Weigerung von Dietmar Bartsch, seine Kandidatur zurückzuziehen, auch eine Neuorientierung des Zentristen Gregor Gysi, der deutliche Sympathie für den Kandidaten der Ost-Nachwuchskader geäußert hatte.

Bartsch darf sich jetzt wohl das Verdienst zuschreiben, Lafontaines Rückkehr an die Parteispitze verhindert zu haben, aber selber wird er wohl auch nicht zum Zuge zu kommen. Schließlich dürfte in der nächsten Zeit der Druck auf ihn zunehmen, seine Kandidatur ebenfalls zurückzuziehen. Wenn er das ablehnt, wird er vermutlich auf dem Parteitag eine Niederlage erleben.

Denn mit der Kandidatur von Katja Kipping, die der Strömung Emanzipatorische Linke nahe steht und der NRW-Linken Katharina Schwabedissen, für die im Landtagswahlkampf sogar Linken-Gegner lobende Worte fanden und die deshalb den Rauswurf aus dem Landtag nicht als persönliche Niederlage betrachten muss, würde die Partei tatsächlich nicht nur einen personellen Neuanfang hinlegen.

Kipping, die noch vor einigen Tagen eine Spitzenkandidatur aus persönlichen Gründen ausgeschlossen hatte, begründet ihre Bereitschaft in einer Erklärung mit der Lage der Partei:

„In der jetzigen Personaldebatte der LINKEN haben wir lange für eine Konsenslösung geworben. Die Polarisierung droht mittlerweile die Partei zu zerreißen. Wir weigern uns, dieser Logik zu folgen und stellen uns jetzt zur Wahl für den Parteivorstand. Wir werben für eine weibliche Doppelspitze mit Katja Kipping und Katharina Schwabedissen und treten als Team an, von dem wir hoffen, das es noch größer und bunter wird, um gemeinsam einen neuen Aufbruch der LINKEN zu wagen.“

Frauen als bessere Konfliktlöserinnen?

Es ist durchaus nicht neu, dass Parteien Polarisierungen mit einer Frauenspitze auflösen wollen. Schon in den 80er Jahren gab es in der Grünalternativen Liste Hamburgs einen Frauenvorstand, nachdem sich die Ökosozialisten und die Realos nicht einigen konnten. Damals gab es allerdings auch schon die Kritik, dass mit der Betonung auf angebliche Konfliktlösungskompetenzen von Frauen an Bilder von der angeblich harmonischeren Frau angeknüpft wird, die von Feministinnen immer kritisiert wurden. Schließlich vertreten auch Frauen politische Inhalte – und um die dürfte genau so heftig geschritten werden, wie bei Männern.

Das zeigte sich bei der Linken am Beispiel von Sahra Wagenknecht, die in dem gegenwärtigen Vorschlag für die Neuwahl der Linkenspitze ebenso wenig berücksichtigt ist wie die Gewerkschafterin Sabine Zimmermann, die vor einigen Tagen ebenfalls ihre Kandidatur für die Linkenspitze angemeldet hat.

In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob mit der Frauenkandidatur der Streit in der Linken beendet werden kann. Anhänger von Lafontaine zumindest haben sich schon deutlich dafür ausgesprochen. Ulrich Maurer verband allerdings Zustimmung in einem Interview im Deutschlandfunk mit weiteren Angriffen auf Bartsch und verlangte dessen Rückzug von seiner Kandidatur. Warum sich aber nicht wie in vielen andere Parteien mehrere Kandidatinnen und Kandidaten zur Wahl stellen sollen, wird auch bei ihm nicht recht deutlich.

Ruhe wird in die Partei aber erst eintreten, wenn sie nicht mehr nach der Nähe oder Ferne zu Bartsch und Lafontaine betrachtet werden. Kipping hat beispielsweise die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen in der Linken schon geführt, als es die Piraten noch gar nicht gab.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/152053
Peter Nowak

Modernisierung in der Manteuffelstraße 99


Kreuzberger Mieter/innen wehren sich gegen Vertreibung

Wo sich die Manteuffelstraße und die Waldemarstraße kreuzen, treffen zwei Realitäten aufeinander. Das grelle Schild mit der Leuchtschrift „Casino“ über dem Laden in der einen Haushälfte des Eckgebäudes zeugt von der Ausbreitung einer Unterhaltungsbranche auf Niedriglohnbasis. Auf anderen Haushälfte prangt wie ein Relikt aus dem Kreuzberg der 80er Jahre der handgemalte Schriftzug „M99 – Gemischtwarenhandel mit Revolutionsbedarf“.

Erst vor wenigen Monaten konnte der Betreiber des Geschäfts „M99“ Hans-Georg Lindenau wieder einmal eine Klage zur Räumung seiner Ladenwohnung zurückweisen. Er weiß, dass er mit dem juristischen Erfolg vor allem Zeit gewonnen hat. Denn die Vertreter der Hauseigentümer, der BPP Berlin Property GmbH & Co. KG, verhehlen nicht, dass sie bereits eine neue Kündigung vorbereiten und mit dem Fotoapparat nach möglichen Gründen Ausschau halten. Für sie sind die Altmieter/innen ein Investitionshindernis. Das große vor 1862 erbaute Gebäude weckte bereits das Interesse verschiedener Investoren. In den letzten Jahren kapitulierten nacheinander fünf Hauseigentümer vor den gut vernetzten Mieter/innen, die ihre Rechte kennen und so manche Modernisierungspläne durchkreuzten. Der sechste Eigentümer scheint hartnäckiger zu sein.

Verdoppelung der Mieten nach Modernisierung

Die BPP Berlin Property GmbH & Co. KG besitzt Immobilien in verschiedenen Berliner Stadtteilen, darunter mehrere große Eckhäuser, beispielsweise in der Mittenwalder Straße 51 und der Reichenbergerstraße 152 in Kreuzberg sowie in der Eisenacher Straße 3 und 3a in Schöneberg. Auch in der Manteuffelstraße 99 sind mittlerweile sieben Wohnungen modernisiert und zu Quadratmeterpreisen von 10 Euro vermietet, während die fünf Altmieter/innen weiterhin weniger als die Hälfte zahlen. Zwischen den beiden Mietergruppen gibt es wenig Berührungspunkte. Das liege aber nicht an einer emotionalen Ablehnung, sondern an den unterschiedlichen Interessen, betont Lindenau. Weil die Neumieter/innen nicht nur mehr als die doppelte Miete zahlen, sondern auch ganz andere Mietverträge als die Altmieter/innen haben, sind ihre Forderungen oft auch völlig verschieden. So haben die Neumieter/innen in einem Brief an die Eigentümerin die Abschaffung des Hausmeisters gefordert. Die Altmieter/innen lehnen das strikt ab, weil sie befürchten, dass es dann noch schwieriger wird, Reparaturen oder auch nur das Auswechseln einer kaputten Glühbirne im Treppenhaus durchzusetzen. Vor Gericht mussten die Altmieter/innen ziehen, weil die ihnen mietvertraglich zustehenden Keller an die Neumieter/innen verteilt werden sollten. Diese hatten übersehen, dass ihnen entsprechend ihrer Mietverträge kein Keller zusteht. Der Erhalt ihrer Kellerräume war ein weiterer Erfolg der Altmieter/innen. Sie bekommen Unterstützung von anderen Kreuzberger Mieter/innen, die sich ebenfalls gegen Verdrängungsversuche wehren. So hat eine Projektgemeinschaft, die vor zwei Jahren die Räume eines ehemaligen Schülerladens in der Oranienstraße 14a gemietet hat, ihre Nachbar/innen in einen offenen Brief über ihren Widerstand gegen eine Mieterhöhung von 50% zum 1. Mai 2012 informiert.

http://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2012/me-single/article/
modernisierung-in-der-manteuffelstrasse-99.htm

MieterEcho 354 / Mai 2012

Peter Nowak

Erfolgreiches Referendum gegen Ferienwohnungen in der Schweiz

In der Schweiz stimmte die Mehrheit der Bevölkerung in einem Referendum für die Begrenzung von Zweitwohnungen

Nicht nur Berliner Mieter/innen klagen darüber, dass immer mehr Wohnungen zu Urlaubszwecken vermietet werden. Auch in der Schweiz boomen in den letzten Jahren die touristisch genutzten Zweitwohnungen. Vor allem wohlhabende Stadtbewohner/innen schaffen sich häufig ein Loft in der Natur an.

„In den Berggebieten sorgen Milliardäre und Millionäre sowie der Mittelstand mit ihrem extensiven Verlangen nach Ferienwohnungen gemeinsam dafür, dass es für die Einheimischen kaum noch Platz zum Wohnen gibt“, beschreibt die Schweizer Wochenzeitung „Vorwärts“ die Lage in den begehrten Regionen des Landes. Die Folgen sind überall spürbar: „Es ist für Investoren deutlich lukrativer, Zweitwohnungen statt Erstwohnungen zu bauen. Das Angebot an Erstwohnungen stagniert oder nimmt sogar ab. Ebenso wird immer mehr an – in Bergregionen ohnehin knappem – Bauland mit Zweitwohnungen überbaut. In der Folge explodieren vielerorts auch für Ortsansässige die Wohnkosten. Viele finden gar keine finanzierbaren Wohnungen mehr oder müssen umziehen. Es entstehen Geisterstädte, die nur noch während der Hochsaison vom Leben erfüllt werden.“ So beschreiben Mieteraktivisten die Situation.


Zweitwohnungen begrenzt

Am 11. März 2012 zeigte sich, dass die Kritik von der Mehrheit der Bevölkerung geteilt wird. An diesem Tag stimmten 50,36% für eine von verschiedenen Initiativen aus allen politischen Lagern lancierte Zweitwohnrauminitiative. Danach dürfen die Schweizer Gemeinden nur noch 20% des Wohnraums als Zweitwohnungen ausweisen. Der Schweizer Politologe Claude Lonchamp sah in der Abstimmung eine Auseinandersetzung zwischen zwei unterschiedlichen Philosophien: „Wirtschaftswachstum durch weitgehende Liberalisierung vs. Nachhaltigkeit und Schutz der einheimischen Bevölkerung.“


Warnung vor Verwässerung

Nach dem Erfolg gründete sich eine Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Initiative. Sofort wurden neue Streitpunkte deutlich. Die Bau- und Tourismusbranche fragte, was denn überhaupt unter dem Begriff Zweitwohnung zu verstehen sei. Nach  Ansicht der Initiator/innen des Referendums fallen darunter auch Wohnungen, die nur sporadisch von Privaten zu touristischen Zwecken genutzt werden. In einer Erklärung warnten sie vor einer  Verwässerung:  „Entgegen den Behauptungen einzelner Exponenten der Initiativgegner haben die Initianten nicht erklärt, der Umwandlung von bestehenden Erstwohnungen in Zweitwohnungen zuzustimmen. Das einzige Zugeständnis, das in diesem Zusammenhang gemacht wurde, betrifft Erbschaften in direkter Linie von Erstwohnungen, die bereits seit langer Zeit von den Erblassern bewohnt wurden“, betonten Sprecher des Initiativ-komitees.

Obwohl der Erfolg der Zweitwohnrauminitiative in vielen Schweizer Medien als Überraschung bezeichnet wurde, ist es nicht das erste für Mieter/innen erfolgreiche Referendum. Bereits im November 2011 unterstützten 75% der abstimmungsberechtigten Züricher Bevölkerung einen Wohnbauartikel, der bis 2050 eine Erhöhung des  Anteils von gemeinnützigem Wohnungsbau in der Stadt um mindestens ein Drittel vorschreibt.  Auch in der Schweiz bewegt  Wohnungs- und Mietenpolitik die Menschen.

MieterEcho 354 / Mai 2012
http://www.bmgev.de/mieterecho/archiv/2012/me-single/
article/erfolgreiches-referendum-gegen-ferienwohnungen-in-der-schweiz.html

Peter Nowak

Kundgebung vorm Gasometer

Protest gegen die Immobilienwirtschaft

Prominent besetzt wird die heutige Veranstaltung wohl sein: EU-Kommissar Günther Oettinger und die Bundesminister Peter Ramsauer (CSU) und Philipp Rösler (FDP) sowie Exminister Joschka Fischer (Grüne) werden im Schöneberger Gasometer erwartet. Sie werden mit dem Lobbyverband „Zentraler Immobilienausschuss“ den Tag der Immobilienwirtschaft begehen und über verbesserte Rahmenbedingungen für die Wirtschaft beraten. Ab 12 Uhr wollen MieterInnenverbände vor dem Tagungsort gegen das Treffen protestieren. „Wir wollen ausdrücken, dass die Interessen der MieterInnen vom Lobbyverband der Immobilienwirtschaft mit Füßen getreten werden“, begründete David Schuster vom Protestbündnis gegenüber der taz die Aktion. MieterInnen aus verschiedenen Stadtteilen wollen außerdem über ihren Widerstand gegen Mieterhöhungen berichten.

Der Protest soll ein Warm-up für eine berlinweite Demonstration unter dem Motto „Keine Rendite mit der Miete“ sein, mit der MieterInnen- und Stadtteilverbände am 18. Juni gegen den an diesem Tag im Hilton-Hotel stattfindende Jahrestagung der Immobilienwirtschaft protestieren wollen.
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/
?ressort=ba&dig=2012%2F05%2F23%2Fa0145&cHash=7a58646a45
Peter Nowak