osovo oder das Ende der Außenpolitik in der Bewegungslinken.

Paradoxien in olivgrün

Im Widerstand gegen den Kosovokrieg, dessen heiße Phase dieser Tage von 20 Jahren endete, waren letztmalig alle Lager der Bewegungs- linken vereint. Doch wurde diese Chance nicht genutzt. Heute hat hierzulande die gesellschaftliche Linke zu ihrem klassischsten Thema – Krieg und Frieden – nichts mehr zu sagen.

Manchmal ist Satire die beste Analyse: »Grüne im Glück: Mehrheit ihrer Wähler zu jung, um sich an Regierungsbeteili- gung 1998-2005 zu erinnern« schlagzeilte jüngst »Der Postillon« mit Blick auf Umfra- gen und die Europawahl. Dabei »zitierte« man junge Grünenfans, die sich gar nicht vorstellen können, dass die Partei ihrer Erstwahl jemals mitregiert habe, weil es ja dann der Umwelt besser gehen müsste – und nicht glauben wollen, dass die Grünen….

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Deutscher Außenminister besucht zwei „Kopf ab-Diktaturen“

In die Ferne fuchteln

Eine fortschrittliche Linke muss sich jeder Nation verweigern und jedem Krieg eine Absage erteilen.

Anfang der neunziger Jahren wurde in antideutschen Kreisen für Linke, die ohne jeglichen gesellschaftlichen Einfluss immer ein Repertoire an Vorschlägen für die Lösung der Konflikte in aller Welt parat hatten, der schöne Begriff des Fernfuchtlers geprägt. Nach den islamistischen Anschlägen vom 11. September 2001 wurden einige vormalige Antideutsche selbst Fernfuchtler. Spätestens als die Zeitschrift Bahamas im April 2003 den US-Präsidenten zum »Man of Peace« kürte und die schnelle Niederlage des Ba’ath-Regimes nicht nur feierte, sondern damit die Hoffnung auf ein Ende der antisemitischen Internationale verband, war klar, dass ein Teil dieser Strömung es nicht mehr bei Ideologiekritik belassen wollte. Nach den Anschlägen von Paris schwingt sich die Fernfuchtler-Fraktion zu neuen Höhenflügen auf. Bereits im Dossier der Jungle World 48/2015 blies Matthias Küntzel zum großen Krieg und unterschied sich in seinen Argumentationen kaum vom rechten Flügel der US-Republikaner. So warf er US-Präsident Obama eine Politik der »Selbstentmachtung« und der »Selbstdemütigung« vor. Ausgeblendet hat er dabei, dass Obama mit seiner Politik auf das völlige Scheitern der Außenpolitik seines Vorgängers reagierte und nachvollzog, was große Teile der US-Bevölkerung nach der Ende der Bush-Ära einforderten. Bushs außenpolitische Bilanz war geprägt von einer wachsenden Zahl toter US-Soldatinnen und -Soldaten. Die toten Zivilisten vor Ort spielten für den Kurswechsel eine geringere Rolle. Die größte Selbstdemütigung der USA, zumindest für die Menschen, für die ihre Gründungsdokumente noch eine Bedeutung hat, waren sicherlich die Foltermethoden von Guantánamo bis Abu ­Ghraib. Hier wurde übrigens auch auf vielfältige Art und Weise gesät, was die unterschiedliche ­Islamistenfraktionen später ernten konnten. Der sogenannte Islamische Staat (IS) ist nur die zurzeit bekannteste dieser islamfaschistischen Bewegungen.

Es sind ganz konkrete Maßnahmen, wie die Auflösung der irakischen Armee nach dem Sturz des Ba’ath-Regimes, die erklärbar machen, wie eine Gruppierung wie der IS so stark werden konnte. Und die Bilder von Abu Ghraib und Guantánamo haben dazu beigetragen, dass in vielen arabischen Ländern und längst nicht nur in islamistischen Kreisen jegliches Vertrauen in die US-Politik verloren ging. Ist schon vergessen, dass nach 2001 nicht wenige tatsächliche oder vermeintliche Islamisten für die Schmutzarbeit an die Häscher des syrischen Regimes übergeben wurden? So bediente sich der Westen genau der Terrormethoden des syrischen Regimes, die heute so wortreich beklagt werden. Von alldem lesen wir bei Küntzel nichts, der den Westen zum ganz großen Kampf gegen die von ihm so bezeichnete »Koalition der Wahnsinnigen« aufruft. Diese umfasst die Hamas, die Hizbollah, al-Qaida, den IS und den Iran. All diesen Akteuren wird niemand eine Träne nachweinen.

Die Leidtragenden einer Intervention in Syrien wären neben den vielen Zivilisten auch die Israelis. Es ist ein Glück für Israel, dass die islamistischen Kräfte untereinander zerstritten sind. Eine vereinigte islamistische Front würde erst geschmiedet, wenn jemand mit Macht, vielleicht ein US-Präsident Donald Trump, Küntzels Vorschlag umsetzen wollte. Für Israel wäre das eine große Gefahr. Es ist auffallend, dass in Küntzels Aufzählung der Wahnsinnigen Saudi-Arabien nicht auftaucht. Dabei hat das Regime bei der Praktizierung von Terror nach innen und Islamismusexport nach außen den Iran längst eingeholt. Gehört das Land jetzt nach Küntzels Meinung zu den wesentlichen Verbündeten des Westens?

Auch Gerhard Scheit erweist sich in seinem Beitrag in der Jungle World 49/2015 als Fernfuchtler mit globalem Anspruch. Allein der Vorwurf des Appeasements gegen Politiker, die nicht überall Bomber hinschicken wollen, macht deutlich, wie sehr er in militärstrategischen Kategorien denkt. Da ist für zivilgesellschaftliche, geschweige denn herrschaftskritische Gedanken kein Platz mehr. Das wird deutlich, wenn Scheit es begrüßt, dass »der NSA-Skandal« nach den Anschlägen von Paris »von deutschen Moralaposteln und grünen Politikern natürlich abgesehen, kaum noch jemanden interessiert«. Nun kann man mit Recht an dem Mainstream der deutschen NSA-Debatte kritisieren, dass sie die Überwachungsmethoden deutscher Dienste bagatellisierte, von Antiame­rikanismus geprägt war und die angeblich nicht vorhandene deutsche Souveränität beklagte. Wenn aber der Protest gegen die NSA-Überwachung für nebensächlich gehalten wird, zeigt dies doch vor allem, dass die individuellen Grundrechte – und dazu gehört das Recht, nicht abgehört zu werden – auf der Strecke bleiben, wenn das Fernfuchteln beginnt.

Und nicht nur das. Nach den Anschlägen von Paris wollten plötzlich von einer Kritik an der omnipräsenten französischen Fahne auch solche Menschen nichts mehr hören, die eigentlich immer eine klare Kritik an Staat und Nation geübt haben. Dabei entscheidet sich gerade dann, wenn der Ausnahmezustand ausgerufen wird, was diese Kritik wert ist. Denn dann werden von der Herrschaft die Toleranzgrenzen eng gezogen, und es kann sogar strafrechtlich sanktioniert werden, wenn man an der alten Staatskritik festhält. Da wird historisch argumentiert, dass es die Fahne der französischen Revolution ist. Doch die französische Fahne bedeutet einen nationalen Schulterschluss, bei dem dann zumindest kurzfristig die innergesellschaftlichen Widersprüche, wie den Kampf gegen die Rechte in Gestalt des Front National (FN), aber auch Arbeitskämpfe an Bedeutung verlieren.

Die französische Fahne zu zeigen, bedeutet auch zu schweigen über ein anderes Pariser Massaker, bei den am 17. Oktober 1962 Hunderte Teilnehmer einer von der französischen Regierung verbotenen Demonstration für die algerische Unabhängigkeitsbewegung FLN ermordet und wurden. An solche und andere Verbrechen der Nation gerade in Zeiten zu erinnern, in denen zum na­tionalen Schulterschluss aufgerufen wird, gehört zu der wichtigsten Aufgabe einer Linken, die ihre Kritik an Staat, Nation und Kapitalismus ernst nimmt. Sie erkennt als erstes ihre völlige Machtlosigkeit und unterlässt jedes Fernfuchteln.

Nur eine Linke, die sich in Zeiten des Notstands und des Ausnahmezustands verweigert, wenn zur Vereinigung unter den unterschiedlichen Nationalfahnen aufgerufen wird, wird in der Lage sein, einen widerständigen Block zu bilden, der die Barbarisierungspotentiale im Zerfallsprozess des Kapitalismus analysiert und bekämpft. Dazu gehört der Klerikalfaschismus, wovon die unterschiedlichen islamistischen Gruppen nur die Speerspitze bilden. Dazu gehören aber auch die unterschiedlichen faschistischen oder nationalistischen Gruppierungen, die in ganz Europa anwachsen.

Eine Linke, für die die Kritik an Staat, Kapital und Nation kein Schönwettergeschwätz ist, sollte dazu beitragen, dass diese Zusammenhänge erkannt und der Widerstand gegen die beiden Formen der extremen Krisenreaktionen des Kapitalismus in den Stadtteilen organisiert wird, in denen die Menschen leben, die heute oft nicht einmal mehr vom Kapitalismus ausgebeutet werden. Es sind die Stadtteile, die in den vergangenen Jahren mehr und mehr zum Wählerpotential rechter Bewegungen wurde. Es sind auch Quartiere, in denen die überwiegende Mehrheit der islamfaschistischen Attentäter leben. Man braucht also nicht Bomber in den Nahen Osten zu schicken, wenn man die unterschiedlichen Spielarten des Faschismus bekämpfen will. Diese Klärungs- und Organisationsprozesse sollten in den europäischen Kernländern geführt werden. Doch dazu braucht es eine antagonistische Linke, die nicht durch die Zusammenarbeit mit der Macht diskreditiert ist. Historische Reminiszenzen sollten sicher nicht überstrapaziert werden. Doch diese antagonistische Fraktion der Linken kann sich ein historisches Vorbild an der Zimmerwalder Linken nehmen, sich mitten im Ersten Weltkrieg in einem Meer von Nationalismus, Chauvinismus und Kriegsbegeisterung die entschiedenen Kriegsgegner sammelten. Bei allen zeitbedingten Unterschieden sind zwei Grundsätze der Zimmerwalder heute aktueller denn je: die Absage an die Kriege der Herrschenden nach außen und an die Politik des Burgfriedens nach innen.

http://jungle-world.com/artikel/2016/02/53320.html

Peter Nowak

Was unterscheidet den IS von der Anti-IS-Koalition?

Warum Wagenknechts Positionierung bei aller Kritik im Detail ein wichtiges Contra gegen die deutsche Militärpolitik ist

Die nachrichtenarme Zeit Ende Dezember eignet sich immer gut, um einen medialen Shitstorm zu erzeugen. Die Zutaten sind einfach. Man sage das, was man schon so oft gesagt habe, spitze es zu, dass es auch richtig provokativ wirkt und dann braucht man etwas Zeit und Glück und es gibt ein Medienthema. In den letzen Tagen hat das die Covorsitzende der Linksparteifraktion, Sarah Wagenknecht, gut hingekriegt.

Nachdem sie in einem dpa-Interview noch einmal ihre Position bekräftigt hat, dass sie die Angriffe der Anti-IS-Koalition in Syrien als Terror bezeichnet hat, wurde genau das zur Schlagzeile [1] vieler Medien. Nun kann doch einer linken Oppositionspolitikern doch gar nichts Besseres passieren, als wenn ihre Position einmal zur Schlagzeile in großen bürgerlichen Zeitungen wird.

Inhaltlich hat Wagenknecht diese Position bereits in der Parlamentsdebatte über den Syrieneinsatz der Bundeswehr [2] vertreten. Nur hatte ihre Position da wesentlich weniger Aufmerksamkeit bekommen. Im dpa-Interview hat die Politikerin ihre Position noch einmal zugespitzt, in dem sie die Soldaten der Anti-IS-Koalition und die IS verglich:

„Natürlich ist es kein geringeres Verbrechen, unschuldige Zivilisten in Syrien mit Bomben zu ermorden, als in Pariser Restaurants und Konzerthäusern um sich zu schießen.“

Das eine sei „individueller, das andere staatlich verantworteter Terror“.

Das ist eine alte Position der entschiedenen Antimilitaristen, die immer fragen, was denn einen von einer staatlichen Armee zu Tode gebrachten Menschen unterscheidet von einem, der durch eine Gang umkam. Doch in erster Linie die Konsequenzen für den Täter: In einem Fall wird er strafrechtlich verfolgt, im anderen Fall kann er einen Orden bekommen oder befördert werden. Das ist beispielsweise Oberst Klein passiert, der für die toten Zivilisten in Afghanistan verantwortlich war, die umgekommen sind, als sie an einem mutmaßlich von Taliban entführten Tanklastzug Benzin abzapften.

Zunächst muss man froh sein, dass Wagenknecht diesen gesinnungspazifistischen Ansatz wählt. Denn damit macht sie in dieser Frage deutlich, dass es ihr nicht ums Mitregieren geht .Denn dann hätte dieser moralische Grundsatz schnell ausgedient.

Positionen des radikalen Pazifismus

Eine Partei, die in der Bundesregierung mitverwalten will, muss vorher ihren Frieden mit der Bundeswehr und ihren Einsätzen gemacht haben. Dass ist der alten PDS und auch der Linkspartei immer wieder deutlich gemacht worden. Daher gehört der Kampf um den Erhalt der antimilitaristischen Grundsätze seit Jahren zu den am meisten umkämpften Fragen innerhalb der Linkspartei.

So kann Wagenknechts Formulierung auch als innerparteiliches Signal verstanden werden. Mit ihr ist eine weitere Aufweichung der antimilitaristischen Positionen nicht zu machen. Freilich sind diese Positionen des radikalen Pazifismus nicht die Positionen auch des linken Flügels der Arbeiterbewegung, der im 1. Weltkrieg die Kriegskredite ablehnte. Der damalige führende Protagonist dieser Strömung, Lenin ging scharf mit dem vom ihm als kleinbürgerlichen Pazifismus bezeichneten Position ins Gericht und verteidigte einen linken Antimilitarismus, der gerade eine Beteiligung an einen Krieg, wenn er zum Sturz der alten Gesellschaft führte, nicht ausschloss.

Von der Position des radikalen Pazifismus aus lässt sich auch hier fragen, was den Unterschied ausmacht, ob jemand von einem Kämpfer der Revolution oder der alten Mächte ums Leben kommt. Und Pazifisten haben diese Frage auch immer wieder gestellt. Es ist auch wichtig, diese Frage immer wieder gestellt zu bekommen. Nur dadurch kann verhindern werden, dass man Menschen eben als Material sieht, die für noch so hehre Zwecke in den Tod geschickt werden. Erst als sich nach der Oktoberrevolution viele Protagonisten diese Frage nicht mehr stellen, geriet sie auf eine Ebene, die in den Stalinismus mündete.

Genau deswegen ist es wichtig, dass heute oppositionelle Kräfte solche grundsätzlichen Fragen aufwerfen. Gerade weil man damit keine Regierung stellen kann, dürfte Wagenknechts Wortwahl auch manche in ihrer eigenen Partei sicher nicht glücklich machen. Da es auch unabhängig von der Position zu dem Militäreinsatz auch nach der nächsten Bundestagswahl keine realistische Option auf eine Regierungsbeteiligung unter Einbeziehung der Linkspartei auf Bundesebene geben wird, dürfte sich die innerparteiliche Diskussion darum in Grenzen halten.

Zumal auch deutlich wurde, dass die Linkspartei als klar antimilitaristische Kraft eher Wähler gewinnt als wenn sie sich als bessere Grüne oder bessere SPD gibt. Dann wird doch gleich das Original gewählt. Da auch in einer größeren Öffentlichkeit der Unterschied zwischen einer radikalpazifistischen Position wie sie Wagenknecht jetzt vertreten hat und einer antimilitaristischen Position, die Beteiligung an Militäreinsätzen unter bestimmten Umständen nicht ausschließt, kaum bekannt ist, bleibt hier die Botschaft übrig, Wagenknecht hat die antimilitaristische Fahne hochgehalten.

Wenn die Toten Nebenwirkungen sind

Die harschen Reaktionen auf ihr Interview dürften sie und auch viele Menschen im Umfeld der Linkspartei bestärken. So kommentierte Daniel Deckers auf faznet [3]:

„Auch als Nichtjurist muss man wissen, dass es unter allen Umständen ein Verbrechen ist, Unschuldige gezielt zu ermorden. Der Tod Unbeteiligter hingegen ist die Nebenwirkung einer Handlung, die möglichst vermieden werden muss – und weithin vermieden wird –, damit Gewalt legitim angewendet wird. Wer wider besseres Wissen von dieser Unterscheidung absieht, der verwirkt nicht de jure, aber de facto den Anspruch auf Gehör. Die Opfer des IS von Paris bis Sindschar werden derart verhöhnt, dass sich die Terrormiliz noch ermuntert fühlen könnte, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu nehmen.“

Damit aber stieg der Faz-Kommentator nicht nur in die Debatte ein, sondern erklärt die Toten der Anti-IS-Einsätze zu „Nebenwirkungen, die weitgehend vermieden werden müssen“. Und wenn nicht? Darüber schweigt sich der Kommentator aus. Es ist die Frage, die sich die Angehörigen der Opfer von Oberst Klein in Kunduz ebenso stellen, wie die Eltern, die ihre Tochter beim Angriff auf die Brücke von Vavarin verloren [4] und vor keinem Gericht eine Entschädigung [5] durchsetzen [6] konnten.

Während alle nach Polen gucken, wird hier der Bundestag mal einfach übergangen

Wagenknecht hat die Diskussion in einer Zeit angestoßen, wo die Bundeswehr bei dem Mittun in den Kriegen überall auf der Welt so ausgelastet ist, dass sogar die Einführung der Wehrpflicht wieder in die Diskussion gebracht [7] wird. Nur gut, wenn zumindest eine Oppositionspartei hier ganz klar nein sagt.

Zudem will die Bundeswehr beim neuen Einsatz in der Türkei das Parlament gar nicht erst fragen. Es war schon immer für die Planer von Militäreinsätzen ein Gräuel, wenn sie sich von Zivilisten sagen lassen mussten, ob sie überhaupt starten dürfen. Daher wurde immer dann, wenn die Zeiten kriegerischer wurden, die parlamentarische Kontrolle ausgehebelt. In dieser Reihe steht auch die Ausschaltung des Parlaments durch die Bundesregierung.

Nun ist in den letzten Tagen in Europa viel von der Aushebelung der Gewaltenteilung gesprochen wurden. Dabei ging es allerdings um den Umbau innerhalb des polnischen Staates durch die neue rechtskonservative Regierung. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die in dieser Frage mit Recht so kritischen Medien zumindest einen Teil der Kritik auch an der Ausschaltung des Bundestag beim neuen Bundeswehreinsatz geübt haben. Denn wo ist der Unterschied, ob eine Regierung ein Gericht oder ein Parlament ausschaltet?

Solange hier sowenig Kritik an solchen Maßnahmen geübt wird, ist Wagenknechts Position tatsächlich ein notwendiges Contra. Auf Facebook [8] hat sie ihre Position auch nach der Kritik noch einmal bekräftigt:

„Was für ein Aufschrei in den etablierten Parteien, nur weil ich die Verlogenheit der westlichen Politik benenne: Natürlich ist es kein geringeres Verbrechen, unschuldige Zivilisten in Syrien mit Bomben zu ermorden, als in Pariser Restaurants und Konzerthäusern um sich zu schießen. Es gibt keine Toten erster und zweiter Klasse. Und es ist eine Lüge, dass die Bombardierungen Syriens wenigstens dabei helfen würden, den IS zu schwächen. Sie stärken ihn.“

Sicher könnte die radikalpazifistische Position hinterfragt werden. Schließlich wird Wagenknecht nicht die Toten der Anti-Hitler-Koalition und der Wehrmacht miteinander aufrechnen. Genau dazu käme es aber, wenn man eine solche radikalpazifistische Position jenseits von Zeit und Ort vertreten würde. Genau die Position aber vertreten Wagenknecht und auch die Linke in Bezug auf den 2. Weltkrieg nicht.

Daher hätte man sich hier eine größere Differenzierung gewünscht. In der aktuellen Debatte aber, wo die Bundesregierung ihre größere Macht auch militärisch absichern will, ist eine solche Position bei aller Kritik im Detail auf jeden Fall jenen linken Hobbystrategen vorzuziehen, die wie der Publizist Matthias Küntzel einem Krieg des Westens gegen die „Koalition der Wahnsinnigen“ das Wort reden, die nach Küntzel von der „Hamas bis zur Hizbollah, von den Muslimbrüdern zu al-Qaida, vom Islamischen Staat bis zum iranischen Regime reicht [9]“.

Von den Zivilisten, die in einem solchen großen Krieg umkommen würden, redet Küntzel mit keiner Silbe. Und mit einer solchen Position kann man auch keine Opposition gegen die deutsche Militärpolitik formulieren.

http://www.heise.de/tp/news/Was-unterscheidet-den-IS-von-der-Anti-IS-Koalition-3057040.html

Peter Nowak

Links:

[1]

http://www.sueddeutsche.de/politik/sahra-wagenknecht-zu-syrien-einsatz-wagenknecht-nennt-luftangriffe-in-syrien-terror-1.2797980

[2]

http://www.sahra-wagenknecht.de/de/article/2249.es-ist-eine-l%C3%BCge-dass-dieser-kriegseinsatz-den-is-schw%C3%A4chen-wird.html

[3]

http://www.faz.net/aktuell/politik/wagenknechts-vergleich-verhoehnte-terroropfer-13987578.html

[4]

http://www.ag-friedensforschung.de/themen/NATO-Krieg/varvarin-klage.html

[5]

https://www.juwiss.de/95-2013/

[6]

http://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverfg-beschluss-2-bvr-2660-06-2-bvr-487-07-bruecke-varvarin-nato-angriff-zivile-opfer-schadensersatz/

[7]

http://www.focus.de/politik/deutschland/es-geht-um-die-sicherheit-unseres-landes-wegen-aktueller-sicherheitslage-reservisten-wollen-wehrpflicht-wiedereinfuehren_id_5102455.html

[8]

https://de-de.facebook.com/sahra.wagenknecht/

[9]

http://www.matthiaskuentzel.de/contents/der-bock-als-gaertner