Benedikt Sepp: Das Prinzip Bewegung. Theorie, Praxis und Radikalisierung in der Westberliner Linken 1961–1972, Wallstein Verlag 2023, 353 S., geb., 42 €.

Geschichte der radikalen Linken: Theorie als Bewegung

Der Historiker Benedikt Sepp rekonstruiert die Neue Linke im Westberlin der 1960er und 70er Jahre am »Prinzip Bewegung«

Ein schon abgegriffenes Bonmot besagt, dass es – auch für viele Linke – heute einfacher sei, sich das Ende der Menschheit als ein Ende des Kapitalismus vorzustellen. Dabei ist es noch nicht einmal 50 Jahre her, dass Menschen überall auf der Welt der Überzeugung waren, eine nichtkapitalistische Gesellschaft innerhalb weniger Jahre erkämpfen zu können. In den 1960er und 70er Jahren herrschte in Teilen der Bevölkerung nahezu sozialrevolutionäre Stimmung. Lässt sich aus dieser Zeit etwas gegen die heutige Apathie der Linken lernen ? …

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Besprechung von: Meike Gerber, Emanuel Kapfinger, Julian Volz (Hg.), Für Hans-Jürgen Krahl, Beiträge zu seinem antiautoritären Marxismus, Mandelbaum Verlag, Reihe Kritik und Utopie, Wien 2022, 18 Euro

Brauchen wir eine neue Krahl-Lektüre?

Die von Emanuel Kapfinger als neoleninistisch bezeichneten linksautonomen Gruppen haben am Beispiel der Gelbwestenbewegung in Frankreich analysiert, dass es ihr nicht gelungen ist, eine linke Struktur zu bilden und sich dem Zangengriff von staatlicher Repression und reformistischer Vereinnahmung zu entziehen. Damit formulieren sie Erfahrungen, die viele außerparlamentarische Linke in den letzten Jahrzehnten immer wieder gemacht haben. Dazu beigetragen hat sicher auch, dass es eben in großen Teilen der gesellschaftlichen Linken an einer Organisationsdebatte, die mit einer permanenten politischen Praxis verbunden ist, fehlt. Vielmehr stürzen sich Linke in verschiedene Kampagnen, bis sie sich meistens nach einigen Jahren aus der politischen Praxis zurückziehen und Zuflucht in der Theorie suchen. Damit müsste doch eigentlich Theorie und Praxis zusammen gedacht werden. Nur dann können sich theoretische Erkenntnisse in der Praxis einschreiben und Erfahren aus der politischen Praxis wieder in die theoretische Arbeit aufgenommen werden. Genau das hat Krahl in der kurzen Zeit seines politischen Wirkens praktiziert. Für ihn gab es diese Trennung in Theorie und Praxis nicht. Auch das ist Vermächtnis von Krahl.


Am 17. Januar 2023 wäre Hans-Jürgen Krahl 80 Jahre alt geworden. Ein Sammelband will den Anstoß geben, sich wieder den Schriften dieses wichtigen Theoretikers der Außerparlamentarischen Opposition (APO) zu widmen. Dabei muss man sich die Frage stellen, welchen Gebrauchswert sie heute noch haben. …

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Meike Gerber, Emanuel Kapfinger, Julian Volz (Hg.): »Für Hans-Jürgen Krahl. Beiträge zu seinem antiautoritären Marxismus«. Mandelbaum Verlag, Reihe Kritik und Utopie, Wien 2022. ISBN: 978-3-85476-910-1, 272 Seiten, 18 Euro.

Randale, Bambule, Frankfurter Schule!

An Krahl erinnern und mit ihm weiterdenken – eine Rezension von Peter Nowak*

In diesem Jahr ist die Frankfurter Schule endgültig in die Geschichte von Westdeutschland eingemeindet. Das zeigte sich an den Gratulant:innen zum 100sten Geburtstag des Instituts für Sozialforschung in Frankfurt. Nun lässt sich nicht behaupten, dass die bekannten Köpfe der Frankfurter Schule Theodor W. Adorno und Max Horkheimer vernehmbar gegen solche staatlichen Vereinnahmungsstrategien protestiert hätten. Zumindest in den letzten 20 Jahren gaben sie sich schließlich eher staatstragend. Das zeigte sich spätestens, als Adorno 1968 die polizeiliche Räumung seines von Studierenden besetzten Instituts veranlasste und auch später die Anzeige gegen einen der Besetzer, …

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Meike Gerber, Emanuel Kapfinger, Julian Volz (Hg.): Für Hans-Jürgen Krahl. Beiträge zu seinem antiautoritären Marxismus. Mandelbaum, 272 S., br., 18 €.

Theorie der Praxis

Die Werke von Hans-Jürgen Krahl sind weitgehend vergessen. Dabei gibt es viele Gründe, den antiautoritären Marxismus des früh verstorbenen SDS-Sprechers wiederzuentdecken, wie ein neuer Sammelband zeigt

SDS-Sprecher Krahl bei Unfall getötet«, lautete eine Pressemeldung am 14. Februar 1970. Am Vortag war das Fahrzeug, in dem der 27-jährige Hans-Jürgen Krahl am Beifahrersitz saß, auf einer eisglatten nordhessischen Bundesstraße gegen einen Lastwagen geprallt. Krahl war sofort tot, der Fahrer starb wenig später im Krankenhaus. Drei weitere Wageninsassen überlebten schwer verletzt. Sie waren auf der Rückfahrt von einen Politiktreffen, Diskussionen über Strategie und Taktik revolutionärer Politik sowie das Verfassen von philosophischen und politikökonomischen Texten gehörten in den letzten Jahren von Krahls Leben zu seinen zentralen Beschäftigungen. Er hatte keinen festen Wohnsitz, übernachtete bei Freund*innen und Bekannten, war ständig unterwegs zu Veranstaltungen und Diskussionen. Wenige Wochen nach dem Unfalltod suchte sein Freund Oskar Negt über eine Anzeige nach verstreuten Manuskripten und Tonbändern mit Aufnahmen von Reden Krahls. Daraus entstand der 1971 veröffentlichte Sammelband …

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Aufgeblättert: »Die Faschisierung des Subjekts« von Emanuel Kapfinger

Heidegger und das F-Wort

Emanuel Kapfinger DIE FASCHISIERUNG DES SUBJEKTS Über die Theorie des autoritären Charakters und Heideggers Philosophie des Todes, Mandelbaum Verlag, Wien 2021, 24.00 € 232 Seiten, ISBN: 978385476-959-0

Martin Heideggers Philosophie ist faschistisch. Zu diesem Befund kommt Emanuel Kapfinger in seinem Buch »Die Faschisierung des Subjekts«. Er begründet seinen Befund mit einer akribischen Analyse von Heideggers zentralem Werk »Sein und Zeit«.  Doch Kapfinger beschäftigt sich auch mit der Frage, wieso die Subjekte bereit sind,…

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Emanuel Kapfinger: Die Faschisierung des Subjekts. Über die Theorie des autoritären Charakters und Heideggers Philosophie des Todes. Mandelbaum-Verlag, 232 S., br., 24 €.

Barbarei oder Normalbetrieb

»Die Faschisierung des Subjekts« von Emanuel Kapfinger untersucht die Theorien von Heidegger und Adorno - und ihr Verhältnis zur Demokratie

Viel wurde in den letzten Jahren darüber diskutiert, ob der Philosoph Martin Heidegger überzeugter Antisemit und Nationalsozialist war. Der Soziologe und Philosoph Emanuel Kapfinger hingegen stellt sich nun die Frage, ob Heideggers Philosophie in sich als faschistisch zu begreifen ist. In seinem im Mandelbaum-Verlag erschienenen Buch »Die Faschisierung des Subjekts« seziert Kapfinger detailliert Heideggers zentrales Werk »Sein und Zeit« von 1927 und kommt zu dem gut begründeten Schluss, dass es sich dabei in der Tat um faschistische Philosophie handelt. Doch Kapfingers Schrift leistet noch mehr, wie bereits ihr Untertitel …

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