Über 35.000 Menschen versammelten sich am 21. März 1931 in Winterhude im Norden Hamburgs, um Ernst Henning das letzte Geleit zu geben. Es war auch ein Massenprotest gegen den
NS-Terror. Denn er war ein in Hamburg bekannter Politiker der KPD und beteiligte sich auch im Rotfrontkämpferbund am Kampf gegen den aufkommenden NS-Faschismus.
Am 14. März 1931 wurde Henning in einem Bus auf dem Rückweg von einer KPD-Versammlung von SA-Männern erschossen. Sein Begleiter wurde schwer verletzt und verlor ein Auge. Eine Berufsschullehrerin, die zufällig auch im Bus saß, wurde ebenfalls durch die Schüsse verletzt. Die faschistische Mordtat sorgte damals wegen ihrer Brutalität für große Empörung. Heute ist Henning kaum noch bekannt. Daher ist es sehr erfreulich, dass HansJürgen Schneider seinen Geschichtsroman …
Tanja Röckemann: Die Welt, betrachtet ohne Augenlider. Gisela Elsner, der Kommunismus und 1968. Verbrecher Verlag, Berlin 2024, 405 Seiten, 29 Euros
Vielen wird die kommunistische Schriftstellern Gisela Elsner nur durch den Film »Die Unberührbare« bekannt sein. Das ist bedauerlich, denn dort rechnet Elsners Sohn Oskar Röhler mit seiner Mutter ab und stellt sie als drogenabhängige Salonkommunistin dar. Jetzt hat Tanja Röckemann im Verbrecher Verlag ein Buch herausgegeben, das …
Die Kritik an der autoritären Demokratie bleibt im Persönlichen stecken. Was ganz fehlt, ist Kapitalismuskritik. Dabei kommt Seeßlen an vielen Stellen dicht dran, um dann kurz vorher wieder in Richtung Kulturkritik abzubiegen
Regelmäßigen Zeitungsleser:innen ist Georg Seeßlen wegen seiner kulturkritischen Texte bekannt. Er publiziert regelmäßig in Konkret, Taz, Jungle World, Frankfurter Rundschau und anderen Medien. Der Aufstieg des Trumpismus ist seit Jahren Gegenstand seiner Artikel. So ist es nicht verwunderlich, dass er kurz nach Trumps zweiter Amtseinführung ein Buch mit dem Titel Trump & Co vorlegt. Auch dieses Buch profitiert von Seeßlens …
Zu dem Band „Corona und die Demokratie. Eine linke Kritik“ hatte Matthias Coers ein Foto beigesteuert, auf dem die Parole „Stay at Home“ als leuchtendes Laufband auf einem Luxusneubau am Berliner Spreeufer zu sehen ist. Ein Großteil der Etagen steht leer. Da wäre es auch die naheliegende Frage, warum nicht die Wohnungslosen, die unter einer nahegelegenen Brücke nächtigen mussten, nicht dort einziehen sollen.
„Denn bei der aktuellen Corona-Massenpanik machen (fast) alle mit, gerade auch die ‚Linken‘. Das wiederum bereitet den extremen Rechten derzeit enormen Zulauf, einer Pegida und AFD-Rechten, die schon immer ‚Merkel muss weg‘ schrie, rassistisch hetzte und mordete und jetzt die Chance sieht, ganz neue und breitere Kreise zu mobilisieren.“ Das ist eine Passage aus dem Vorwort des Buches …
Miquel Ramos: Antifacistas – Wie die spanische extreme Rechte seit den 1990er Jahren bekämpft wird, Bahoe Books, Wien 2025, 543 Seiten, 26 Euro, ISBN 976-3-903478-21-3
Ramos berichtet, wie sich die antifaschistische Bewegung weiter entwickelt hat. Nicht mehr der Kampf gegen die Nazis auf der Straße steht im Mittelpunkt. Vielmehr wird an Beispielen
aus verschiedenen Städten gezeigt, das Stadtteilarbeit, gewerkschaftlicher Kampf und der Widerstand gegen Zwangsräumungen wesentliche Teile der antifaschistischen Arbeit sind.
Es war der erste Tag nach den Osterfeiertagen im Jahre 1993. Unser Lehrer Entric betrat mit ernster Miene das Klassenzimmer.“ Mit diesen Sätzen beginnt Miquel Ramos sein Buch über die Geschichte des spanischen Antifaschismus. An diesem Frühjahrstag vor 22 Jahren erfuhr der damals 14-jährige Autor, dass sein enger Freund und Mitschüler Guillem von einem Neonazi ermordet wurde. „Unser Lehrer erzählte uns, dass Guillem aus Hass getötet wurde, weil er Antifaschist war. Er verließ die Klasse und wir blieben schweigend zurück.“ (S. 12). Für Ramos war dieses Datum der Beginn seines antifaschistischen Aktivismus. In jungen Jahren beteiligte er sich an …
Ich bin eigentlich Optimist. Die aktuellen politischen Entwicklungen stimmen mich aber pessimistisch: Kann aus Geschichte überhaupt gelernt werden? Mein Resümee als »Jungopa« ist dennoch verbunden mit der Hoffnung, dass es die Enkel besser ausfechten. Mein Leitgedanke bleibt: Friede den Hütten – Krieg den Palästen.
Sie sind seit drei Jahrzehnten in der Gedenk- und Erinnerungsarbeit aktiv. Wie sind Sie da hineingewachsen? …
Ivo Garbe ist Gewerkschaftssekretär bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Berlin und zuständig für Verhandlungen in der Metropolregion. Er ist Teil des Fachbereichs Gesundheit, Soziales, Wissenschaft und Bildung.
Warum Menschen mit Behinderung und ihre persönlichen Assistenzen gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen
Anfang April fand in Berlin der Weltgipfel der Menschen mit Behinderung statt. Warum protestierte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zum Beginn des Kongresses? …
Tanja Röckemann wirft mit »Die Welt, betrachtet ohne Augenlider« einen umfassenden Blick auf Leben und Werk der Autorin Gisela Elsner. So handelt Röckemanns Buch auch von den Grenzen, die einer kommunistischen Schriftstellerin in der BRD der 1980er Jahre gesetzt wurden.
In der Bundesrepublik findet Zensur statt. Diese Zensur ist insofern schwer nachzuweisen, als sie nicht offen, sondern verdeckt vonstatten geht (…). Bei dieser Zensur handelt es sich um eine freiwillige Selbstzensur der Redakteure, Lektoren, Herausgeber oder Verlagsdirektoren.» So antwortete die Schriftstellerin Gisela Elsner 1986 auf einen «Fragebogen, die Literaturzensur Bundesrepublik Deutschland seit 1945 betreffend». Damals war Elsner schon neun Jahre …
Kilian Jörg 2024: Das Auto und die ökologische Katastrophe. Utopische Auswege aus der autodestruktiven Vernunft. Transkript Verlag, Bielefeld. ISBN: 978-3-8376-7408-8. 390 Seiten. 24,00 Euro.
Am Montag, den 14. April werden Kilian Jörg und Conrad Kunze mit Peter Nowak über das Buch im Museum des Kapitalismus in der Köpenickerstr .172 sprechen. Die Veranstaltung unter dem Titel "Das Auto, die ökologische Katastrophe und der faschistische Backlash" beginnt um 19 Uhr. Der Eintritt ist frei.
Ein philosophischer Versuch über die Abstumpfung des Menschen im Autozeitalter und wie mit jeder Autofahrt die Trennung von Verstand und Gefühl aufs Neue eingeübt wird. Kilian Jörg hat ein 390 Seiten dickes Buch über das Objekt seiner Performance-Kunst geschrieben: das Auto. Das Buch ist philosophisch fundiert und trotzdem …
Heidemarie Schroeder: Eine Gigafabrik in Grünheide. Oder der Albtraum vom grünen Kapitalismus, Büchner Verlag, Marburg 2025, 200 Seiten, 22 Euro, ISBN 978-3-96317-404-9
Schroeder beschreibt in einem eigenen Kapitel, die nicht immer spannungsfreie aber insgesamt sehr positive Kooperation im Bündnis „Tesla den Hahn abdrehen“ zwischen den regionalen Initiativen und den jungen Linken aus den Großstädten. Zu den gemeinsamen Gegner*innen gehören auch die Angehörigen eines angeblich umweltbewussten Mittelstands, die weiterhin auf die Lebenslüge des grünen Kapitalismus nichts kommen lassen. So schreibt die Journalistin Klaudia Lagozinski in der taz vom 13. März 2025 eine regelrechte Eloge auf ihren neuerworbenen Tesla. Kritiker*innen dieses Elektrofahrzeugs sind für die taz-Autorin nur glaubwürdig, wenn sie sich in den Wald zurückziehen. Lagozinski hätte mal das Buch von Heidemarie Schroeder lesen sollen.
Elon Musk ist mit einem Vermögen von über 400 Milliarden US-Dollar der reichste Mann der Welt. Er hat es als Unterstützer der Trump-Regierung und Förderer von Rechtsaußenkräften in aller Welt – nicht zuletzt auch der AfD – zu trauriger Berühmtheit gebracht. Dabei wird dem extrem rechten Multimilliardär in Brandenburg weiterhin der rote Teppich ausgelegt, damit er dort am Rande von Berlin eine Fabrik für Elektroautos hinstellen kann.Heidemarie Schroeder beschreibt in ihrem im Februar 2025 erschienenen Buch …
Heidemarie Schroeder: Eine Gigafabrik in Grünheide Oder der Albtraum vom grünen Kapitalismus Büchner Verlag, Marburg 2025 200 Seiten, 22 Euro ISBN 978-3-96317-404-9
Auch die meisten etablierten Umweltverbände wie der BUND oder zumindest ihre Leitungen hatten kein Interesse, gegen eine Fabrik zu protestieren, die Elektroautos herstellt.
Den in sie gesetzten, enttäuschten Hoffnungen widmet Schroeder ein eigenes Kapitel. Dort geht sie auch auf den „Mut kleiner Verbände“ ein und schreibt: „Ein anderer eher kleiner
Umweltverband, der uns trotz geringer personeller Kapazitäten und trotz eines immer größeren Berges von zu bewältigenden Aufgaben von Anfang an unterstützt, ist die Grüne Liga.“
Der Streit um den Wasservertrag mit dem Autobauer Tesla für dessen Werk in Grünheide geht in die nächste Runde. Bei einer Versammlung des Wasserverbands Strausberg Erkner (WSE) am 5. März stand der Verbandsvorsteher des regionalen Wasserversorgers, André Bähler, in der Kritik. Er soll einen schon beschlossenen Vertrag zum Nachteil von Tesla verändert haben, so der Vorwurf der Bürgermeister der Gemeinden Petershagen-Eggersdorf und Neuenhagen, Marco Rutter und Ansgar Scharnke. Wer das kürzlich erschienene Buch „Eine Gigafabrik in Grünheide“ von Heidemarie Schroeder gelesen hat, weiß mehr über die Hintergründe der Auseinandersetzung, die in den aktuellen Meldungen nicht erwähnt wurden. Die Autorin …
Ella/UP1: Gefangenschaft überwinden! Aufruf zu Waldverteidigung und Personalienverweigerung Verlag Graswurzelrevolution, Heidelberg 2025 112 Seiten, 12,90 Euro ISBN 978-3-939045-55-7
Die gewaltfreie Aktivistin Ella schreibt über ihre Zeit im Gefängnis Jetzt gibt es die Gelegenheit, mit ihr über ihre politischen Positionen zu streiten. Das erscheint nach der Lektüre ihres Buches besonders notwendig. aber, dass eine solche Diskussion nur außerhalb des Gefängnisses geführt werden kann.
Als „UWP1“ wurde sie vom Gefängnispersonal angesprochen, „unbekannte weibliche Person 1“. In der linken Öffentlichkeit wurde sie unter dem Namen Ella bekannt. Sie protestierte im besetzten Dannenröder Forst in Osthessen gegen den Autobahnbau, wurde bei der Räumung im November 2020 verhaftet und weigerte sich, …
»Ella« berichtet über die Besetzung des Dannenröder Forsts und ihre 529 Tage in Haft. Die Aktivistin erinnert sich, wie sie die Nachrichten im Gefängnis erreichten und immer wieder Mut gaben. Ella berichtet aber auch von Tagen der Verzweiflung und Niedergeschlagenheit. Sehr gut beschrieben ist ihr Kampf um vegane Ernährung hinter Gittern, der Ella viel Kraft kostete und sie gesundheitlich stark schwächte. Am Ende aber war sie erfolgreich.
UWP1 wurde sie vom Gefängnispersonal angesprochen. Es ist die Abkürzung für »Unbekannte weibliche Person« Numero 1. In der linken Öffentlichkeit wurde sie unter dem Namen Ella bekannt. Sie ist bei der Räumung des Dannenröder Forsts (»Danni«) in Osthessen im November 2020 verhaftet worden und weigerte sich hartnäckig, ihren Pass zu zeigen. Weil sie auch ihre Fingerkuppen bearbeitet hatte, damit keine Abdrücke genommen werden konnten, war eine Identifikation nicht möglich. 529 Tage musste Ella in der Frankfurter JVA in Haft verbringen. Die Kampagne »Free Ella« sorgte dafür, dass …
Die Kulturkritik des Georg Seeßlen: Trump & Co. als eifrige Nachfolger von Thatcher und Reagan Aber auch Schröder, so Seeßlen, seien in gewisser Weise Vorläufer der neuen »Volkstribune« Trump, Orbán, Erdoğan und Putin, die Autokraten gleich ihre Person in den Mittelpunkt stellen, parteipolitische Programme sind irrelevant. Aber natürlich repräsentieren auch diese Populisten ganz konkrete Kapitalinteressen, sollen bestimmte Strategien der Profitsteigerung, des Kampfes um Ressourcen und Absatzmärkte durchsetzen. Diese mögen rabiater als die liberaler Politiker sein, laufen im Kern aber auf das Gleiche hinaus: die Unterwerfung und Ausbeutung der Erde und der Menschheit.
Regelmäßigen Zeitungsleser*innen ist Georg Seeßlen wegen seiner profunden kulturkritischen Texte bekannt. Er publiziert regelmäßig in »Konkret«, »Taz«, »Jungle World«, »Frankfurter Rundschau« und gelegentlich auch im »nd«. Der Aufstieg von Donald Trump beziehungsweise des Trumpismus ist seit Jahren Gegenstand seiner Artikel. So ist es nicht verwunderlich, dass der geborene Münchner (Jg. 1948) kurz nach dem zweiten Einzug des New Yorker Immobilienhais ins Weiße Haus als 47. US-Präsident ein Buch zu …
Was bedeutet das RH-Motto »Solidarität verbindet« in einer Zeit, in der die gesellschaftliche Linke in zentralen politischen Fragen zerstritten ist, zum Beispiel in der Positionierung zum Krieg im Nahen Osten? In den vergangenen Monaten gingen auch in Deutschland Tausende gegen die Kriegführung Israels in Gaza, aber auch im Libanon, auf die Straße. Die Polizei verbot viele dieser Aktionen, es gab Festnahmen und auch harte Strafen vor Gericht. Ein Teil der israelsolidarischen Linken sieht hierin keine Repression gegen Linke, sondern notwendige Maßnahmen gegen einen sogenannten israelbezogenen Antisemitismus.
Der Kern des Engagments von Organisationen wie der Roten Hilfe lässt sich wohl mit einem Statement von Ingrid Strobl zusammenfassen: »Wenn ich mit anderen Linken solidarisch bin, heißt das nicht, dass ich immer alles gut finde, was sie tun. Aber für ihr Recht darauf stehe ich ein.« Die vor gut einem Jahr verstorbene österreichische Journalistin, Publizistin und Dokumentarfilmerin war 1989 selbst wegen Unterstützung einer »terroristischen Vereinigung« und »Beihilfe zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion« zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Bereits seit 1987 saß sie in Untersuchungshaft, und ihre gesamte Haftzeit bis 1990 musste sie in Isolation verbringen. Strobl war festgenommen worden, weil sie …