Gegen das Vergessen der miesen Arbeitsbedingungen demonstriert ein Bündnis

Schweinesystem Tönnies-Art

Elmar Wigand befürchtet, dass auch der Abschluss eines Tarifvertrags mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Tönnies die Möglichkeit geben könnte, die alten Arbeitsbedingungen zu erhalten. Auch dagegen will das Bündnis am Freitag auf die Straße gehen. Es reicht von Tierschutzgruppen über gewerkschaftliche Initiativen bis zu Interessenvertretungen von rumänischen Beschäftigten.

»Sven-Georg Adenauer – Ihr Landrat«, steht auf den Plakaten, mit denen sich der Adenauer-Enkel bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen am kommenden Sonntag um das Amt in Gütersloh bewirbt. Dass die Plakate jetzt bundesweit bekanntwurden, lag an einer Adbusting-Aktion der Gütersloher Jusos. Sie hatten unter das Plakat einen Aufkleber mit dem Zusatz »Präsentiert von Clemens Tönnies« angebracht. Nun ermittelt sogar der Staatsschutz. Auch wenn die miserablen Arbeitsbedingungen und der Umgang mit dem Tierwohl in dem Fleischkonzern nicht mehr so häufig in den Schlagzeilen sind, erregt Tönnies doch noch immer die Gemüter. So ruft ein Bündnis für diesen Freitag unter dem Motto ….

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»Der klassische McKinsey-Kurs«

Die »Aktion Arbeitsunrecht« veranstaltet an jedem Freitag, dem 13., Proteste gegen Unternehmen, die durch einen besonders ausbeuterischen Umgang mit ihren Beschäftigten auffallen. Am 13. Januar traf es Median, eine Firma für medizinische Rehabilitation. Elmar Wigand gehört zu den Gründern der »Aktion Arbeitsunrecht« und hat sich zum vierten Mal am »Schwarzen Freitag« beteiligt.

Small Talk mit Elmar Wigand von der »Aktion Arbeitsunrecht« von Peter Nowak

Am 13, Januar gab es bundesweit Proteste gegen Lohndumping und union busting vor den Kliniken des Konzerns Median. Warum wurde das Unternehmen ausgewählt?

Wir brandmarken immer an einem Freitag, dem 13., Betriebe, die durch ihr besonders krasses Vorgehen gegen Beschäftigte, Betriebsräte und Gewerkschafter aufgefallen sind. Bei Median ist jede Menge Dampf im Kessel, seit die Kette 2014 von dem niederländischen Hedgefonds Waterland gekauft und durch Zukäufe erheblich erweitert wurde. Das Reha-Unternehmen beschäftigt inzwischen 15 000 Leute in 121 Einrichtungen. Waterland wird in Deutschland von einem McKinsey-Zögling gemanagt, Carsten Rahlfs. Ein weiterer McKinsey-Zögling, André Schmidt, wurde als CEO bei Median installiert. Hier wird der klassische McKinsey-Kurs zur »Optimierung der Wertschöpfungskette« verfolgt: Lohndumping, Gewerkschaftsbehinderung, Tarifflucht, Auslagerungen an Subunternehmer. Trauriger Höhepunkt war die Schließung einer ganzen Klinik, um eine Streikhochburg von Verdi zu schleifen. Die Weserklinik in Bad Oeynhausen war wohlgemerkt profitabel.

Wie war bundesweit die Resonanz an diesem »Schwarzen Freitag«?

Gut. Es gab Kundgebungen an etwa 20 Orten. Unsere Spezialität ist, das union busting anzugreifen, also nicht nur die Geschäftsführung zu kritisieren – worauf sich ML-Gruppen, Trotzkisten, aber auch konventionelle Gewerkschafter zumeist beschränken. Neben Aktionen vor und in diversen Median-Einrichtungen gab es einen Protest vor der Waterland-Zentrale in Düsseldorf, 50 Leute kamen in Frankfurt vor dem Büro einer Rechtsanwaltskanzlei zusammen, die im Auftrag von Median Leute mit Klagen fertigmacht. Andere protestierten beispielsweise in Berlin vor Büros der Deutschen Rentenversicherung. Wir haben zudem eine Online-Petition an die zuständige DRV-Referatsleiterin Nicole Wenderoth begonnen. Denn aus den Rentenkassen werden die Profite für Median bezahlt.

Ist es Ihnen gelungen, union busting in Deutschland zum Thema zu machen?

Immerhin haben wir den Begriff so weit etabliert, dass der DGB ihn offiziell verwendet. Der »Schwarze Freitag« ist nur ein Teil des Ganzen, aber ein wichtiger.

Die Aktionstage werden von wenigen Engagierten vorbereitet. Wie steht es mit der Ausweitung der Organisation?

Unser Ziel ist es, ein Netzwerk zu knüpfen, dabei aber Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von Gewerkschaften, Parteien und staatlichen Geldern zu bewahren. Das ist im Entstehen, geht aber doch langsamer voran, als wir dachten. Ein Grund ist, dass die toxische ML-Sektenkultur der siebziger Jahre zum Teil noch spürbar ist: Intrigen spinnen, Macht ausbauen, spalten. Ein weiterer Grund: Das Thema ist riesig, darauf könnte man Karrieren begründen, damit kann man leider auch EU-Fördertöpfe anzapfen und Gewerkschaftspöstchen ergattern.

Wie ist die Resonanz bei den Gewerkschaften?

Mal so, mal so. Es hängt von einzelnen Sekretären an der Basis ab, im Fall der Syndikalisten von der Struktur der Ortsgruppen. Die Resonanz der DGB-Leitungsebene ist nicht unsolidarisch, aber auch nicht enthusiastisch. Es kommt auch darauf an, wie stark die Apparate noch mit der SPD verfilzt sind. Oder bei der FAU: wie stark man einer orthodoxen Auslegung der Lehren Rudolf Rockers folgt.

http://jungle-world.com/artikel/2017/03/55588.html

Interview: Peter Nowak

Pegida im Betrieb

Ein Kommentar von Peter Nowak

„So weisen Sie den Betriebsrat in die Schranken“, lautet ein Motto auf einer Homepage, die für Praxis-Seminare von Schreiner und Partner wirbt. Dort werden Führungskräfte der Wirtschaft im Klassenkampf von oben geschult. Die Justiz ist dabei ein wichtiges Instrument und hoch bezahlte Rechtsanwälte sind darauf spezialisiert, Beschäftigte aus den Betrieben heraus zu drängen, die sich für eine kämpferische Interessenvertretung stark machen. Union Busting heißt der Fachbegriff, der in der letzten Zeit hierzulande bekannter wurde. Auf einer Tagung am 14. März in Hamburg hatten sich Betroffene aus der gesamten Republik mit ArbeitsrechtlerInnen und Aktiven aus Solidaritätsgruppen getroffen.

Jessica Reisner von der aktion./.arbeitsunrecht aus Köln, die in den vergangenen Monaten einen wichtigen Beitrag zu den Protesten gegen Union Busting geleistet hat, zog am Ende der Tagung ein vorsichtig optimistisches Fazit. Seminare, in denen der juristische Kampf gegen GewerkschafterInnen gelehrt wird, würden öffentlich zunehmend kritisiert. Tatsächlich gab es in mehreren Städten kleinere Kundgebungen vor solchen Seminarorten. Am Vortag der Hamburger Tagung startete auch erstmals die Aktion „Schwarzer Freitag“. Am 13. März war das Familienunternehmen Neupack, dessen Management noch immer einen engagierten Betriebsrat durch Kündigung loswerden will, Adressat eines Negativpreises. Künftig soll immer dann, wenn der Freitag auf einen dreizehnten fällt, die Firma diese negative Auszeichnung bekommen, die sich beim Union Busting besonders hervorgetan hat.Eine Erkenntnis der Tagung lautete, die beste Waffe gegen die Union Buster sei eine solidarische Belegschaft, die notfalls auch die Arbeit niederlegt, wenn KollegInnen gemaßregelt werden. „Pegida im Betrieb“ sieht der Berliner Arbeitsrechtler Daniel Weidmann als größtes Hindernis für eine solche Solidarität. So bezeichnete er MitarbeiterInnen, die engagierte KollegInnen als UnruhestifterInnen, die den Betriebsfrieden stören, denunzieren.

Erschienen in: Direkte Aktion 229 – Mai/Juni 2015

https://www.direkteaktion.org/229/pegida-im-betrieb

Peter Nowak

Nicht nur die Arbeitgeber sind ein Problem…

Eine Konferenz in Hamburg widmete sich am 14. März Strategien gegen Union Busting

Die Initiative „Arbeitsunrecht“ hat einen neuen Protesttag kreiert. Immer, wenn der Freitag auf einen 13. des Monats fällt, soll vor Firmen protestiert werden, die sich als besonders gewerkschaftsfeindlich hervortun. Am 13. März hatte der „Schwarze Freitag“ Premiere, und in mehr als einem dutzend Städte gab es kleinere Protestaktionen gegen das Gebahren der Firma Neupack. Die Eigentümer der mittelständischen Verpackungsfirma weigern sich beharrlich, mit den Beschäftigten einen Tarifvertrag abzuschließen. Auch nach einem monatelangen Streik ist die Firma für engagierte GewerkschaftlerInnen noch immer eine Gefahrenzone. Neupack produziert vor allem Plastikbecher für Molkereiprodukte. Die Aktionen setzten bei Großabnehmern wie Milram und Lidl an. Auf einer von der Jour Fixe Gewerkschaftslinke, dem Projekt Revolutionäre Perspektive (PRP und der ver.di Jugend Hamburg im Veranstaltungshaus  Centro Sociale in Hamburg organisierten Tagung am darauffolgenden Tag berichtete der Neupack-Gewerkschafter Murat Günes über die vielfältigen Methoden des Union Busting gegen ihn. Vierzehn Mal wurde ihm bereits gekündigt, was vom Arbeitsgericht immer wieder kassiert wurde. Durch eine Detektei ließ das Unternehmen ihn und seinen Hausarzt bespitzeln, um Kündigungsgründe zu konstruieren. Günes war einer von zahlreichen ReferentInnen, die  in Hamburg vor ca. 60 TeilnehmerInnen über die modernisierte Form des antigewerkschaftlichen Kampfes berichteten.

Anwaltsfirmen wie Naujoks oder Schreiner + Partner sind mittlerweile darauf spezialisiert, engagierte KollegInnen auf juristischem Wege loszuwerden. Auf der Tagung wurde auch deutlich, dass das Union Busting mittlerweile in allen Branchen praktiziert wird. So berichtete Torben Ackermann über die Schikanen gegen GewerkschafterInnen bei Götz-Brot in Würzburg. Fritz Wilke konnte über ähnliche Methoden bei der Hannoveraner Filiale des Weltkonzern UPS berichten. Ramazan Bayran, der für die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di ein Organizingprojekt bei UPS betreut, betonte, dass hinter den gewerkschaftsfeindlichen Aktivitäten nicht nur ein milliardenschwerer Weltkonzern, sondern auch der Staat steht, der mit der Agenda 2010 und anderen Maßnahmen dafür verantwortlich ist, dass sich viele Lohnabhängige gar nicht mehr trauen, im Betrieb für ihre Rechte zu kämpfen.

Wenn Solidarität ein Fremdwort wird

Der Berliner Arbeitsrechtler Daniel Weidmann betonte, dass das Arbeitsrecht eine Waffe für engagierte KollegInnen sein kann. Voraussetzung sei allerdings, dass sie einen Großteil der KollegInnen im Betrieb auf ihrer Seite haben, was längst nicht immer gegeben ist. Weidmann analysierte auf der Tagung, dass es in vielen Betrieben nicht nur einen großen apathischen Teil von Beschäftigten gibt, der sich aus den Konflikten vollständig raushält. Viel gravierender sei eine lautstarke Minderheit unter den KollegInnen, die engagierte GewerkschafterInnen mobben und als von außen gesteuerte Marionetten beschimpfen, die Unfrieden in den Betrieb brächten. Viele engagierte GewerkschafterInnen würden die Angriffe der Betriebsleitung eher wegstecken als solche Angriffe von KollegInnen. Diese Gewerkschaftsfeindschaft gepaart mit der Ideologie der Sozialpartnerschaft erinnerte Weidmann an die Pegida-Bewegung. In der Diskussion wurden seine Beobachtungen von anderen KollegInnen als Zeichen eines Rechtsrucks bezeichnet, der sich auch in der Arbeitswelt ausdrückt und gegen engagierte Kollegen richtet. Erleichtert werde eine solche Haltung dadurch, dass viele Menschen keine Erfahrungen eines gemeinsam und erfolgreich geführten Streiks mehr kennen und Solidarität als Fremdwort empfinden. Das ist der große Unterschied zur Situation vor mehr als dreißig Jahren, über die Rainer Knirsch auf der Tagung berichtete. Er war einer von drei Betriebsräten bei BMW Berlin, die 1984 gekündigt wurden, weil sie sich gegen eine vom Management manipulierte Betriebsratswahl juristisch zur Wehr setzten. Nach zahlreichen Kündigungen, Diffamierungen und Verleumdungen musste die Betriebsratswahl wiederholt werden. Nach drei Jahren mussten auch die drei gekündigten Gewerkschaftler wieder eingestellt werden. Vorausgegangen waren auch Angriffe von einigen KollegInnen, die sogar mit Arbeitsniederlegung drohten, wenn die Entlassenen wieder in den Betrieb kommen. „Wir waren zu dritt und so den Angriffen nicht allein ausgesetzt. Zudem unterstützte uns ein Solidaritätskomitee, dem es gelang, den Fall BMW Berlin bundesweit bekannt zu machen.“ [Abschließendes Anführungszeichen hier richtig?] Ja, hier ist das Zitat beendet. Am Ende musste BMW nachgeben und die Kettenkündigungen gegen die drei Gewerkschafter beenden.

Union Busting ächten

Jessica Reisner von der Initiative Arbeitsunrecht setzte in ihrem Abschlussbeitrag zur Konferenz optimistische Akzente. Sie erinnerte daran, dass Union Busting in den letzten Monaten einer größeren Öffentlichkeit ein Begriff geworden sei. Seminare, auf denen JuristInnen in Union Busting geschult werden, stehen zunehmend in der öffentlichen Kritik. Mit der Aktion „Schwarzer Freitag“ könnte sich das Repertoire der Proteste nun ausweiten. Es muss, so ein Fazit dieser informativen Konferenz, ein gesellschaftliches Klima geschaffen werden, in dem Union Busting zum Makel für die Firmen wird, die sich daran beteiligen. Kritisiert wurde lediglich die Fülle der behandelten Themen bei der vergleichsweise kurzen Veranstaltung. Es gibt offenbar viel zu tun. Der nächste „Schwarze Freitag“ ist am 13. November. Bis dahin will die Aktion Arbeitsunrecht auf ihrer Webseite drei Kandidaten zur Abstimmung stellen, um über Themen und Ziele des Aktionstages zu entscheiden.

Nähere Informationen: www.arbeitsunrecht.de

aus: express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 3-4 2015,

http://www.labournet.de/express/

Peter Nowak

Schwarzer Freitag

»Rote Karte für die Betriebsräte« lautet ein Werbespruch von Anwaltsfirmen, die solvente Unternehmen beraten, wie Gewerkschafter auf juristischem Wege bekämpft werden können. Mittlerweile ist der zugehörige Begriff »Union Busting« auch in Deutschland bekannt. Am Samstag berieten Betroffene mit Juristen und linken Initiativen auf einer Konferenz in Hamburg, wie man sich dagegen wehren kann. Jessica Reisner von der Initiative Arbeitsunrecht aus Köln, die in den vergangenen Monaten einen wesentlichen Beitrag zu den Protesten gegen Union Busting geleistet hat, zog ein optimistisches Fazit. Seminare, in denen der juristische Kampf gegen Gewerkschafter gelehrt wird, würden öffentlich zunehmend kritisiert.

Mit der Kampagne »Schwarzer Freitag« könnte sich das Repertoire der Proteste ausweiten. An jedem Freitag, der auf einen 13. fällt, sollen Firmen besucht werden, die sich beim Union Busting besonders hervorgetan haben. Am 13. März traf es die Firma Neupack, deren Betriebsratsvorsitzender Murat Günes immer noch gegen seine Kündigung kämpft. Der Arbeitsrechtler Daniel Weidman beklagte, dass viele Engagierte nicht nur von Bossen, sondern auch von Kollegen angefeindet würden. Eine lautstarke Minderheit beschimpfe Gewerkschafter und werfe ihnen vor, Unfrieden in den Betrieb zu bringen. In Hamburg kam mit Rainer Knirsch auch ein ehemaliger BMW-Betriebsrat zu Wort, der in den Achtzigern entlassen worden war. Auch damals gab es Claqueure des Managements. Doch engagierte Kolleginnen und Kollegen sowie ein Solidaritätskomitee sorgten damals für seine Wiedereinstellung. Erfreuliches hatte Oliver Rast aus der bisher gewerkschaftsfreien Zone Gefängnis zu vermelden. Die im vergangenen Jahr gegründete Gefangenen­ge­werk­schaft habe mittlerweile über 400 Mitglieder. Diese Meldung wurde mit Applaus begrüßt – obwohl Gefangene im Gewerkschaftsalltag häufig nicht mit offenen Armen empfangen werden.

http://jungle-world.com/artikel/2015/12/51653.html

Peter Nowak

Anfeindungen von Gewerkschaften: „Pegida im Betrieb“