Wutbürger bei der Linken nicht angekommen

 

Die gestrigen Wahlen hatten einen Verlierer, der in der Berichterstattung kaum auftauchte: die Linkspartei

In beiden Bundesländern verfehlte sie mit knapp 3 Prozent die Hürde eindeutig. In Rheinland-Pfalz hatte sich die Partei lange mit internen Streitereien beschäftigt. Daher war auch parteiintern nicht mit einen Einzug in den Landtag gerechnet worden. Mehr Hoffnung machte sich die Partei in Baden-Württemberg, wo die Linke im Mittelbau einiger Gewerkschaften verankert ist.

Zudem hoffte man, auch ein wenig von der Politisierung durch Stuttgart 21 zu profitieren. Schließlich war mit Gangolf Stocker, einer der zentralen Gegner des Bahnprojekts, mehrere Jahre Geschäftsführer der PDS in Baden-Württemberg. Auch kursierten kurz vor der Wahl Aufrufe, S21-Gegner sollten aus taktischen Gründen die Linke wählen, um ein Korrektiv im Parlament zu haben, falls die Grünen nach der Wahl feststellen, dass das Bahnprojekt nicht mehr zu verhindern ist.

Das Wahlergebnis zeigte, dass solche Überlegungen an der Basis der S21-Gegner kaum befolgt wurdem. Profitiert hatten – sowohl von der durch das japanische AKW-Desaster angestoßenen neuen Ausstiegsdebatte in Deutschland als auch von Stuttgart 21 – allein die Grünen. „Die Wutbürger“ sind bei der Linken nicht angekommen, hieß es in einer Wahlanalyse der Süddeutschen Zeitung.

Durch die Konzentration auf diese Themen sind soziale Fragen, bei denen sich die Linke gegenüber den Grünen hätte profilieren können, in den Hintergrund getreten. Auch mit dem Thema Antimilitarismus konnte die Linke nicht punkten, obwohl führende Grüne die Bundesregierung kritisiert haben, weil die beim Krieg gegen das libysche Regime zu wenig Engagement zeigt. Auch wenn dieser Kurs, wie die rege Leserbriefdebatte in der grünennahen Taz zeigt, an der Basis durchaus nicht nur auf Zustimmung stößt, schadet er den Grünen zur Zeit nicht.

Wenn das Wahlergebnis auch deutlich macht, dass die Zeiten vorbei sind, als die Linke überall auf Erfolgskurs schien, wird es eher als lokales Ereignis abgeheftet und dürfte wenig Folgen für die Debatte in der Bundespartei haben. Sollte die Linke allerdings aus einem Landesparlament, wo sie schon Einzug gehalten hat, wieder rausgewählt, was bei Neuwahlen in NRW ebenso möglich wäre wie bei den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, könnte auch die Politik der Bundespartei wieder zur Diskussion stehen.

Werbung für das soziale Berlin

Man schaut nach vorne: Der 27.September ist für die Linke ein wichtiges Datum. Dann tritt sie in Berlin bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl als Regierungspartei an. Eine Initiative Berliner Mitglieder spricht sich für eine konsequente Oppositionspolitik aus. Dieser Stimmung wurde beim Berliner Landesparteitag der Linken insoweit Rechnung getragen, als die Linke sich als Mieter- und Sozialstaatspartei präsentierte und dabei sogar begrenzte Konflikte mit ihren sozialdemokratischen Koalitionspartner wagte.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/149545

Peter Nowak

 

Suche nach Protestidee für alle

Linke.SDS wächst weiter / Bundeskongress in Regensburg
Sascha Collet (S.C.) hat das Magisterstudium in Soziologie und Philosophie abgeschlossen und wurde am Wochenende zum Bundesgeschäftsführer des Studierendenverbandes Die Linke.SDS gewählt. Über die Ergebnisse des Bundeskongresses in Regensburg sprach Peter Nowak mit ihm.
ND: Was war der Schwerpunkt des Kongresses in Regensburg?

Collet: Wir haben die Perspektiven von Die Linke.SDS für 2011 festgelegt. Viele Anträge auf dem Kongress haben sich mit inhaltlichen Themen beschäftigt.
 Ökologie wurde dabei ebenso angesprochen wie der antimuslemische Rassismus. Einen Schwerpunkt bildete  die   selbstkritische Beschäftigung mit der Entwicklung  des Verbands.    
ND: Wurde auch kritisiert, dass der Verband an den Hochschulen stagniert und zu viele außeruniversitäre Aktionen unternimmt?                                                                            

 S.C.:   Wir machen nicht nur Hochschulpolitik sondern Politik an der Hochschule und  mobilisieren daher auch in diesem Jahr gegen den Neonaziaufmarsch in Dresden. Allerdings  haben wir auf den Kongress ein hochschulpolitisches Qualifizierungssemester beschlossen.    Damit  wollen wir uns mit konkreten Problemen an den Hochschulen , wie beispielsweise die doppelten Jahrgänge im nächsten Semester in manchen Bundesländern, auseinandersetzen.  

ND: Wurde auch  über die Ursachen und mögliche Gegenstrategien zur momentanen Flaute der Proteste an den Hochschulen diskutiert?                                                                          

S.C.:   Für das Abflauen der Proteste gibt es  eine ganze Reihe von Ursachen.   Die Ermüdungserscheinungen mancher Aktivisten, die oft ein ganzes Semester für die Proteste geopfert haben, gehören dazu. Aber auch die Belastung der Bachelorstudierenden, die derart mit dem Studium beschäftigt sind, dass sie keine Zeit mehr für politische Aktivitäten haben.      Wir wollen das Semester nutzen, um die Debatte weiterzuführen und auch um Vorschläge zu entwickeln, wie wir die Proteste an den Hochschulen  fortsetzen können. 

ND:Das klingt ziemlich vage.                                                                                             

 S.C.:   Wir hatten schon im letzten Jahr den Vorschlag  eines Besetzungsstreiks in die Debatte geworfen, sind aber auch für andere Aktionsvorschläge offen. Es muss darum gehen, möglichst viele Studierende in die Proteste einzubinden. 

ND: Hat das Interesse am Verband mit dem Abflauen der Studierendenproteste nachgelassen?               

 S.C.:  Nein, diesen Zusammenhang gibt es nicht.  Sicherlich sind am Ende der Studierendenproteste, als sich abzeichnete, dass die Bewegung abflaut, viele Aktivisten in den    Verband eingetreten, weil sie sich weiterhin politisch engagieren wollten.       Aber auch jetzt wächst Die Linke.SDS weiter und  neue Gruppen entstehen.   

ND: Spielte es auf dem Kongress die Entwicklung der Linken eine Rolle?                               

S.C.: Wir hatten so viele andere Themen auf der Tagesordnung. Deshalb hat die Entwicklung in der Linken dieses Mal keine große Rolle gespielt.

ND: Im Streit um die Kommunismusäußerungen von Gesine Lötzsch mit der Parteivorsitzenden geäußert. Ist dieses Bekenntnis im Verband umstritten.                                                                                                                 

 S.C.:  Unser Ziel ist eine herrschaftsfreie und klassenlose Gesellschaft, die unter den Begriff Kommunismus zusammengefasst werden kann. Dabei  leugnen wir keineswegs die Verbrechen in den realsozialistischen Ländern. Die Konsequenz für uns lautet, dass Kommunismus ohne individuelle Freiheit undenkbar ist, was schon Karl Marx betonte.  Mit der Solidaritätserklärung  unterstützten wir Gesine Lötzsch  gegen eine Kampagne.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/188664.suche-nach-protestidee-fuer-alle.html

Peter Nowak

Die Linke – Motor eines Politikwechsels?

In einem Strategiepapier wird vorgestellt, wie die Partei koalitions- und regierunsfähig gemacht werden könnte

Bis zur Bundestagswahl sind noch drei Jahre Zeit und doch bereiten sich die Parteien schon darauf vor. Die Linkspartei hat jetzt ein Strategiepapier vorgelegt, in dem sie ihre Pläne für die nächsten Jahre skizziert. Dabei macht die Partei schon im Titel deutlich, dass sie zu einem Motor für den Politikwechsel werden will. In dem Papier wird dieses Vorhaben dann konkretisiert. Es gehe um die Schaffung anderer gesellschaftlicher und parlamentarischer Mehrheiten. Diese sind aber ohne SPD und Grüne nicht denkbar. Deshalb wird im Strategiepapier offen formuliert, was bisher bei der Linkspartei ein Reizthema ist.

„Auf dieser Grundlage kann die Linke offensiv für die Abwahl von Schwarz-Gelb auch durch ein rot-rot-grünes Regierungsbündnis kämpfen“, heißt es in dem Papier. In ihm wird aber auch das Dilemma angesprochen, dass SPD und Grüne sicherlich auch einen Regierungs-, nicht aber einen Politikwechsel im Sinne der Linken anstreben. Die Partei könnte sich dann schnell in die Rolle einer bloßen Mehrheitsbeschafferin für eine Politik wiederfinden, die an der Basis mehrheitlich gar nicht mitgetragen wird. Damit aber würde sie bald Mitglieder und Wählerstimmen verlieren. Verweigert sie sich aber einer solchen Funktion und wagt es eigene Forderungen zu stellen, könnte sie schnell als Verhinderung einer rot-grünen Reformpolitik gebrandmarkt werden.

Die aktuelle Diskussion in Nordrhein-Westfalen zeigt, was auf die Partei im Bund zukommen würde, wenn sie durch das Wahlergebnis zwischen SPD-Grünen und schwarz-gelben Block zum Zünglein an der Waage würde. Selbst bei Themen, wo es zwischen SPD, Grünen und Linken eigentlich eine gemeinsame Basis geben müsste, wenn es nach dem Wahlprogramm geht, hakt es bei der Umsetzung. Wie bei einen Pokerspiel geht es schließlich darum, wer mehr Angst vor Neuwahlen hat. Schnell wird auf diese Weise aus einer Debatte über politische Inhalte ein Gezerre über Umfragewerte.

Die Linke spricht in dem Strategiepapier die Problematik an, für die Ablösung der gegenwärtigen Regierungskoalition auf Parteien angewiesen zu sein, die wesentliche Ziele der Linken nicht teilen. Deshalb schlägt sie vor, nicht auf eine Änderung der Politik von SPD und Grünen zu warten, ihre eigenen Vorschläge in der Öffentlichkeit zu popularisieren und damit die anderen Parteien unter Druck zu setzen. Damit würde die Partei zum Motor für einen Politikwechsel.

Soziale Themen im Mittelpunkt

An erster Stelle sehen die Verfasser des Papiers die Sozialpolitik. Gerechte Steuern, höhere Hartz IV-Regelsätze, die Einführung eines Mindestlohns, einer solidarischen Gesundheitsversorgung und einer Rente, die vor Armut schützt, lauten hier die Forderungen hinter den Bindestrichen. An zweiter Stelle wird die Formulierung einer Friedenspolitik, die zivile Konfliktlösungsmethoden mit nichtmilitärischen Mitteln stärken soll, gefordert. An letzter Stelle sieht sich die Linke auch als Interessenvertreterin des Ostens, wo die PDS als mitgliederstärkste der beiden Gründungsparteien ihre Basis hatte.

Dass dieser Punkt in dem Papier an letzter Stelle steht, macht deutlich, dass die Linke eines zumindest geschafft hat: Den der PDS anhaftende Ruf, ein Traditionsverein der Wendeverlierer aus dem Osten zu sein, hat sie weitgehend verloren. Das zeigten auch die Reaktionen auf die Vorlage des Strategiepapiers. Selbst die schärfsten Kritiker bedienen diese Art der Kritik kaum noch.

Wie hältst Du es mit dem Regieren?

Dort wird vielmehr beobachtet, ob und wie die Linke es schafft, für ein Bündnis mit SPD und Grünen zu kämpfen und die aktuelle Politik der beiden Parteien zu kritisieren. Diese Frage wird vor allem dann interessant, wenn die Formelkompromisse, wie sie auch in dem Strategiepapier in großer Zahl vorkommen, in konkrete Politik umgesetzt werden sollden.

So heißt es in dem Papier, dass die Bundeswehr in eine Friedensarmee umgewandelt werden soll. Sarah Wagenknecht, die Kritikerin einer zu starken Anpassung der Linken, versteht unter dieser vagen Formulierung die Forderung nach radikaler Abrüstung, ja sogar nach Abschaffung der Bundeswehr. Wie wird sie reagieren, wenn ein Bündnis aus SPD und Grünen die Zustimmung der Linken für eine aus Spargründen schrumpfende Bundeswehr verlangt? Je mehr sich die Linke auf eine solche Logik einlässt, desto größer wird auch die Distanz zu den außerparlamentarischen Bewegungen, die nach den Vorstellungen der Autoren des Strategiepapiers Druck auf die anderen Parteien ausüben sollen.

In Berlin zeigte die Diskussion um die Wasserprivatisierung, dass die dort mitregierende Linke durch die Initiative zu einem Volksbegehren und die Veröffentlichung der Verträge zur Wasserprivatisierung selber unter Druck geraten ist. Im benachbarten Brandenburg drohen Bürgerinitiativen der aus SPD und Linken bestehenden Landesregierung wegen der geplanten Einlagerung von CO2-Abfall mit einem brandenburgischen Stuttgart 21. Je mehr sich die Linke selber in Regierungs- oder Tolerierungspositionen begibt, desto größer wird die Anzahl solcher und ähnlicher Initiativen.

Zwischen einer Lafontaine- und einer Mosaiklinken?

Dieses nun wahrlich nicht neue Problem wird von zahlreichen Projekten, die ein politisches Klima für ein wie auch immer geartetes Bündnis zwischen SPD, Grünen und Linken schaffen wollen, eifrig diskutiert. Besonders das Innenpolitikressort der Wochenzeitung Freitag widmet sich den auch Crossover genannten Anliegen. Der Innenpolitikredakteur des Freitag Tom Strohschneider ist auch für eine der zentralen Internetprojekte zu dieser Thematik verantwortlich.

Mit dem Institut für solidarische Moderne wurde das Crossover-Projekt in Richtung Grüne und SPD ausgeweitet. Mit den in der theoretischen Tradition von Antonio Negri stehenden Philosophen Thomas Seibert gehört auch ein Mitglied der außerparlamentarischen Interventionistischen Linken zu dessen Mitbegründern. Seibert entwirft in seinem vieldiskutierten Text das Bild einer Mosaiklinken mit einer Arbeitsteilung zwischen außerparlamentarischen Bewegungen und Reformlinken an der Regierung. Er fordert von der Linkspartei mehr Bereitschaft zum Mitregieren.
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 So hätte sich hierzulande die Partei Die Linke endlich ernsthaft dem Format einer Partei neuen Typs anzumessen, zu dem sie sich doch regelmäßig bekennt – und das gerade in der mittelfristig realpolitischen Perspektive auf eine rot-rot-grüne Besetzung der Staatlichkeit. Das wird die Bewegungen unter Zugzwang setzen, nicht nur ihre Spontaneität, sondern auch ihre Autonomie zu stärken – eine Aufgabe, in der besonders das Vermögen ihrer radikalen Ränder gefordert ist, die dazu nötige Reibung zu erzeugen.
Thomas Seibert

Ähnliche Debatten werden auch auf internationaler Ebene in Teilen der ehemaligen globalisierungskritischen Bewegung geführt. Welchen Einfluss sie haben, wenn die Linke tatsächlich, in welcher Form auch immer, in eine Bundesregierung eingebunden ist, bleibt offen. In Berlin und Brandenburg, wo die Linken mitregieren, scheinen diese Debatten zumindest weder die Partei noch die außerparlamentarischen Bewegungen zu interessieren.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33610/1.html

Peter Nowak

»Wir sind bewegungsorientiert«

Almut Woller vom Studierendenverband Die Linke.SDS über die Herbsttagung der Organisation
Am Sonntag ging die 4. Herbstakademie des Studierendenverbandes Die Linke.SDS zu Ende. ND-Autor PETER NOWAK sprach mit Verbands-Geschäftsführerin ALMUT WOLLER über die Ziele des Treffens, kommende Proteste und das Verhältnis zur LINKEN.
ND: Was hat es auf sich mit der SDS-Herbstakademie?
Woller: Die Herbstakademie gehört zu den wichtigsten bundesweiten Terminen für die Reflexion unserer Praxis und die Weiterentwicklung unserer Theorie als sozialistischer Verband. So haben wir uns in Lektüreworkshops mit den Schriften von Marx und Gramsci befasst. Zudem beschäftigten wir uns mit Texten zur linken Organisationsdebatte und diskutieren, wie wir sie auf die Situation an den Hochschulen anwenden können.

Wurde auf der Herbstakademie auch über die Grenzen von Protestbewegungen gesprochen?
Die Auswertung der Bildungsproteste spielt bei uns tatsächlich eine große Rolle. Wir haben festgestellt, dass viele Kommilitonen nach den intensiven Streiks in drei Semestern nicht mehr weiter machen können, weil sie sich wieder um ihr Studium kümmern müssen. Die Studierenden wissen aber auch, dass sich bisher an den Hochschulen nichts zum Besseren verändert hat, sondern dass Schwarz-Gelb die Angriffe auf die Bildung auf Landesebene fortsetzt.

Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus für kommende Proteste?
Wir wollen die Bildungsstreiks in den größeren gesellschaftlichen Zusammenhang der Krisenproteste stellen. Damit wollen wir verhindern, dass Studierende gegen andere von der Sparpolitik betroffene Gruppen ausgespielt werden, da die Bildung von den Kürzungsorgien auf Bundesebene zunächst ausgenommen wurde – übrigens auch ein Erfolg des Bildungsstreiks, der die Regierung massiv unter Druck gesetzt hat. Zudem wollen wir damit Studierende, die sich durch die Bildungsproteste politisiert haben, ermutigen, die gesamtgesellschaftlichen Hintergründe zu hinterfragen. Sarrazins rassistische Äußerungen sind nicht zufällig, sondern stehen im Kontext der Wirtschaftskrise, in der die herrschenden Eliten nun durch Sündenbockpolitik von sozialer Ungerechtigkeit ablenken wollen.

Ein Workshop beschäftigt sich unter dem Titel »SDS-Kontrovers« mit der Demokratie im Verband. Kündigen sich da interne Konflikte an?
Nein, es gibt keinen konkreten Anlass. Wir wollen als noch recht junger Verband unsere Praxis ständig reflektieren und auch unsere Verbandsstrukturen kritisch hinterfragen. Dazu gehört auch die gezielte Förderung von Frauen im Verband.

Welche politischen Schwerpunkte haben Sie neben der Hochschulpolitik?
Wir haben als sozialistischer Verband den Anspruch, Politik an die Hochschulen zu tragen. Wir sind bewegungsorientiert. Deshalb haben wir uns im Februar 2010 an den erfolgreichen Blockaden gegen den Naziaufmarsch in Dresden beteiligt. In den nächsten Wochen steht für uns die Beteiligung an den Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen den Castor-Transport ins Wendland und den Krisenprotesten auf der Agenda. Konkret geht es dabei um die von einem großen Bündnis geplanten Bankenblockaden am 18.Oktober und die geplante Umzingelung des Bundestages bei der Verabschiedung des Sparprogramms in Berlin Ende November.

Auf den Workshops wurde auch über die Entwicklung der LINKEN diskutiert. Wie positioniert sich der Verband in der Programm-Debatte?
Wir stehen in einem kritisch-solidarischen Verhältnis zur Partei und sind daran interessiert, dass das klare antikapitalistische Profil erhalten bleibt. Daneben ist uns strikte Ablehnung jeglicher Beteiligung an Militäreinsätzen sehr wichtig. Bei dem bildungspolitischen Teil sehen wir enormen Veränderungsbedarf und das Ziel der Demokratisierung der Gesellschaft bleibt zu vage. Dennoch sind wir insgesamt sehr zufrieden mit dem Entwurf.

Wie stehen Sie eigentlich zur Bildungspolitik von Landesregierungen, an denen die LINKE beteiligt ist?
Wir stehen der Regierungsbeteiligung der LINKEN in Berlin und Brandenburg äußerst kritisch gegenüber. Uns ist wichtig, dass die Partei sich vor allem als Partner für außerparlamentarische Bewegungen versteht. Wir führen allerdings im Verband keine Strömungsdebatten wie in der LINKEN. Die Linke.SDS versteht sich als pluralistischer Verband und ist auch für Menschen offen, die reformistischere Positionen haben.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/180466.wir-sind-bewegungsorientiert.html

Interview: Peter Nowak

Karteileichen im Keller der Linkspartei

Nicht nur in Bayern, auch anderswo brechen in der Linkspartei die Querelen zwischen verschiedenen Fraktiönchen und Einzelpersonen mit ausgeprägtem Hang zur Selbstdarstellung wieder auf
„Die Debatte um das neue Programm unserer Partei ist in vollem Gang“, heißt es auf der Homepage des bayerischen Landesverbandes der Linken. Dabei ist wohl nicht die Schlammschlacht gemeint, die zwischen dem bayerischen Schatzmeister der Linken Ulrich Voß und der Mehrheit im Landesverband ausgebrochen ist. Nachdem Voß behauptete, der Flügel um Klaus Ernst, der sich jetzt mit Gesine Lötzsch den Parteivorsitz teilt, habe mit manipulierten Mitgliederdateien Posten und Einfluss gewonnen, konterte die bayerische Landesvorsitzende mit einer Rücktrittsforderung an den Schatzmeister, dem sie ungeheuerliche Verleumdungen vorwirft.

Die neuerliche Auseinandersetzung ist nur der Höhepunkt eines langen Grabenkampfes innerhalb der bayerischen Linken, der vor mehr als einem Monat zum Rücktritt des Landesvorsitzenden Michael Wendl geführt hat. Vordergründig werden die Querelen als Streit zwischen einem pragmatischen Gewerkschaftsflügel und angeblichen „linken Sektierern“ klassifiziert. Selbst das Wort Trotzkist wird wieder einmal angeführt. Die Gegenseite kontert, indem sie von „Verleumdungen wie in der Stalinära“ spricht.

Kein bayerischer Sonderfall

Die Parteispitze der Linken muss über diese Auseinandersetzungen beunruhigt sein. Dass sie kein bayerischer Sonderfall sind, zeigen die Offenen Briefe, mit denen sich sogenannte Parteifreunde der Linken in Baden-Württemberg bekriegen.

Wie sehr sich in der Auseinandersetzung vermeintliche politische Differenzen und das gekränkte Ego vermischen, macht der Brief des mittlerweile aus der Linken ausgetretenen Jürgen Angelbeck ofenkundig. Dort klassifiziert der ehemalige führende Sozialdemokrat die Linke einerseits als „den Kapitalismus in sozialpartnerschaftlicher Manier stabilisierende Kraft“ und verteidigt andererseits den ehemaligen Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch, der in der Partei als ausgewiesener Realpolitiker gilt.

Die Querelen zwischen verschiedenen Fraktiönchen und Einzelpersonen mit ausgeprägtem Hang zur Selbstdarstellung, die die Gründungsphase der WASG und deren Überleitung in die Linkspartei begleitet haben, scheint nicht überwunden. In der letzten Zeit waren sie überdeckt durch den Konflikt zwischen Pragmatikern aus der ehemaligen PDS und enttäuschten Sozialdemokraten um Lafontaine. Mit dessen Rückzug aus der Bundespolitik scheinen die alten Spannungen wieder virulent zu werden. Schon wünschen sich manche in der Linken Lafontaine zurück in die bundespolitische Arena. Schließlich vermeldet selbst die Bild, dass Lafontaine noch Applaus bekommt, wenn er den politischen Gegner und nicht die Parteifreunde angreift.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/148214

Peter Nowak

„Wir predigen Wein und trinken ihn auch“

Der Linksparteipolitiker Klaus Ernst ist manchen in seiner Partei zu hedonistisch
Darf ein Vorsitzender der Linkspartei Porsche fahren und auch sonst deutlich machen, dass er ein gutes Gehalt und die damit verbundenen Annehmlichkeiten zu schätzen weiß? Darüber streitet die Linkspartei zur Streit exemplarisch an der Personalie von Klaus Ernst. Der erst vor einigen Wochen gemeinsam mit Gesine Lötzsch an die Spitze der Linkspartei gewählte Politiker, hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass sozial engagierte Politiker keine Asketen sein müssen. „Wir predigen Wein und trinken ihn auch“, lautete einer seiner Sprüche.

Soviel Hedonismus kommt nicht bei allen in seiner Partei gut an. Besonders manche Politiker aus der ehemaligen PDS scheinen der Meinung sein, dass ein zur Schau getragener Wohlstand eine Charakterschwäche ist. Schon vor einigen Jahren wurde die Linksparteipolitikerin Sarah Wagenknecht von einer Parteifreundin gegen ihren Willen beim Hummeressen fotografiert. Auch Wagenknecht ging in die Offensive und erklärte, dass sie nicht Armut, sondern Luxus für alle fordere. Ihrer weiteren Parteikarriere hat die Episode nicht geschadet.

Auch der Streit um Ernst dürfte eher ein von eigenen Parteigenossen inszeniertes Sommerlochthema sein. Der langjährige Sozialdemokrat und bayerische IG-Metall-Funktionär hat innerparteilich viele Kritiker, die sich schon vor seiner Wahl an die Spitze bemerkbar machten. Manchen Ost-PDSler ist er zu klassenkämpferisch und, obschon noch immer Sozialdemokrat, zu kritisch der realen SPD gegenüber. Manchen ehemaligen WASGler, die selber gerne Karriere gemacht hätten, zu machtbewusst. Schon vor seiner Wahl an die Spitze gab es Vorbehalte gegen Ernst. Doch eine neue Führungsdebatte, die das weiterhin fragile innerparteiliche Ost-West-Balance zum Kippen bringen könnte, kann sich die Partei nicht leisten. Deshalb haben sich alle führenden Parteipolitiker hinter Ernst gestellt.

Gefährlicher für Ernst könnte der Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen über seine Flugkostenabrechnungen werden. Ihm wird vorgeworfen, auch Reisekosten über den Bundestag abgerechnet zu haben, die er als Gewerkschaftsfunktionär und nicht als Bundestagsabgeordneter getätigt hat. Ernst erklärt, eine solche Trennung sei oft gar nicht möglich gewesen. Zu fragen wäre, ob die Bundestagsregelungen eine Doppelfunktion als Gewerkschafter und Parlamentarier vorsehen. Zumindest die Doppelfunktion als Wirtschaftslobbyist und Abgeordneter ist möglich:

http://www.heise.de/tp/blogs/8/148118 

Peter Nowak

Linkspartei zum Mitregieren bereit

Linkspartei zum Mitregieren bereit

Die Stärkung der Linken in der Linken und die Bereitschaft zum Mitregieren, diese beiden auf den ersten Blick widersprüchlichen Signale gingen vom Rostocker Parteitag der Linken aus
Harmonie war angesagt am Parteitag der Linken am Wochenende in Rostock. Dabei war er gleich in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur. Mit Lothar Bisky und Oskar Lafontaine traten die zwei Politiker bundespolitisch in den Hintergrund, die die Partei in den letzten Jahren maßgeblich prägten und ohne die es die Vereinigung von PDS und WASG zur Linken wohl nicht gegeben hätte. Damit fällt dem Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi automatisch ein großes Gewicht zu, das er am Parteitag geschickt einsetzte.
   

So als er den scheitenden Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch, der in Intrigen um Lafontaine verstrickt war oder wurde, noch eine politische Karriere in der Linkspartei voraussagte. Damit dürfte er so falsch nicht liegen. Denn der ausgewiesene Pragmatiker Bartsch hatte immer auch das Ziel, die Partei auf allen Ebenen regierungsfähig zu machen.

Bisher wird inner- und außerhalb der Partei das Berliner Modell mit einer äußerst pragmatischen Regierungslinken je nach politischem Gusto als Ausnahme oder Betriebsunfall gesehen. Der Pragmatikerflügel ist hingegen immer bestrebt, das Berliner Modell zu verallgemeinern und durch Regierungsbeteiligungen in möglichst vielen Bundesländern den Weg für Regierungsbeteiligungen auch auf Bundesebene freizumachen.

 

Zwischendurch eine ernste Lage

Dabei gab es zwischendurch Situationen, wo die Kontroversen auf dem Parteitag aufbrachen, beispielsweise als die von Pragmatikern geprägte Frauenliste Ost im ersten Wahlgang mehrheitlich durchfiel.

Am Ende aber wurde das im Vorfeld ausgehandelte Personaltableau angenommen. Die Doppelspitze wurde sogar mit großen Mehrheiten gewählt. Bei der Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden schnitt die Parteilinke Sahra Wagenknecht mit 75,3 % der Stimmen am besten ab, obwohl sie vor einigen Wochen in die Schlagzeilen geriet, als sie bei einer Rede des israelischen Staatspräsidenten Kritik an der israelischen Staatspolitik für angebracht hielt. Darüber wurde aber in der außerparlamentarischen Linken mehr gestritten als in der Partei, wie das Wahlergebnis zeigt. Fiel auch die Positionierung der Linken zum Nahostkonflikt unter das Harmoniebedürfnis?

Auseinandersetzungen werden weiter gehen

Doch nach dem Parteitag werden die Auseinandersetzungen um die Regierungsbeteiligungen und die zu ziehenden roten Linien ebenso weitergehen, wie die zur Positionierung in außenpolitischen Fragen, ob im Nahen Osten, in Afghanistan oder bei den UN-Militäreinsätze. Es war denn auch Matthias Höhn aus Sachsen-Anhalt, der gerne erster Ministerpräsident seiner Partei nach den dortigen Landtagswahlen werden will und nach dem Parteitag mehr Mut zu Kontroversen einforderte. Die Parteilinke hingegen hält sich bedeckt.

Das weißt auf ein Dilemma hin, in dem sich die Linkspartei befindet und das in einem Streitgespräch zwischen der Parteilinken Ulla Jelpke und den Realo Klaus Lederer in der Taz deutlich wurde. Während Lederer das Berliner Modell des Mitregierens verteidigte, betonte Jelpke, dass die Zeit für Reformen im Kapitalismus vorbei seien. Allerdings wich sie der Konsequenz, der Ablehnung von Regierungsbeteiligungen, aus und forderte lediglich von ihren Genossen in Berlin mehr Konfliktbereitschaft. An anderer Stelle warnt auch Sahra Wagenknecht die Partei immer wieder vor einer Entwicklung wie bei den Grünen, vermeidet aber auch jede klare Positionierung gegen Regierungsbeteiligungen. So ging auch vom Parteitag das auf den ersten Blick widersprüchliche Signal aus, dass die Linke in der Linken gestärkt und gleichzeitig die Bereitschaft zum Mitregieren bekräftigt wurde.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32645/1.html

Peter Nowak

Universitäten besetzen?

Stefanie Graf über die Perspektiven der Uni-Proteste / Graf ist Geschäftsführerin des Studierendenverbandes »Die Linke.SDS«
 

ND: Der Studierendenverband der Linkspartei beteiligte sich kurz vor den Wahlen in Nordrhein-Westfalen (NRW) in Düsseldorf an einer Demonstration gegen Studiengebühren. Ist das der Auftakt für die bundesweiten Bildungsproteste in diesem Semester?
Graf: Für diese Demonstration wurde vor allem in NRW mobilisiert. Damit sollte vor der Landtagswahl ein deutliches Zeichen für die Abschaffung von Studiengebühren gesetzt werden. Ein Wegfall der Studiengebühren in einem großen Land wie NRW hätte natürlich auch bundesweite Bedeutung und könnte einen Dominoeffekt in anderen Ländern auslösen. Zudem würde die Protestbewegung durch einen solchen Erfolg gestärkt.

Ihr Studentenverband hat für dieses Semester u.a. die Idee eines sogenannten Besetzungsstreiks entwickelt. Was würde sich dadurch gegenüber den bisherigen Protesten ändern?
Wir haben die Bildungsproteste der letzten Semester analysiert und die Stärken und Schwächen besprochen. Daraus haben wir den Schluss gezogen, dass der Druck verstärkt, die Bewegung verbreitert und die Proteste radikalisiert werden müssen. Daraus haben wir unseren Vorschlag eines Besetzungsstreiks entwickelt. Die Hochschulen würden während des Streiks besetzt und es würden keine Vorlesungen und Seminare stattfinden. Das hätte den Vorteil, dass die Studierenden, die die Forderungen des Bildungsstreiks unterstützen, sich aber am Streik wegen der Anforderungen des Studiums nicht beteiligen konnten, sich aktiv in die Proteste einbringen könnten. Im letzten Semester beteiligten sich viele Studierende an den Vollversammlungen des Bildungsstreiks und gingen danach wieder in ihre Vorlesungen.

Warum wären deren Probleme durch einen Besetzungsstreik behoben?
Bei solchen Streiks konnte in der Vergangenheit mit den Professoren und der Universitätsleitung eine Lösung gefunden werden, damit die beteiligten Studierenden keine Nachteile erleiden mussten. Das funktioniert allerdings nur bei einer großen Beteiligung.

Aber gerade daran haben Kritiker wie der langjährige Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren, Klemens Himperle, Zweifel. Er fordert inhaltliche Auseinandersetzungen statt Aktionismus und warnt vor dem Abbröckeln der Proteste.
Ich würde inhaltliche Arbeit und Aktionen nicht gegeneinander diskutieren. Wir haben unsere Vorschläge im Januar zur Diskussion gestellt und seitdem gibt es darüber eine Auseinandersetzung. Mittlerweile haben sich an verschiedenen Universitäten Bildungsstreikbündnisse wiedergegründet, die die Proteste fortsetzen wollen.

Gibt es konkrete Planungen?

Am 17. Mai findet die durch die Proteste durchgesetzte Bolognakonferenz mit Bundesbildungsministerin Schavan und Studierenden statt, die in die Hörsäle verschiedener Universitäten live übertragen werden soll. Anfang Juni ist eine dezentrale Aktionswoche der Bildungsproteste geplant, die am 9. Juni mit einem Aktionstag enden soll.

Der Besetzungsstreik ist wohl erst einmal verschoben?
Wir können und wollen ihn nicht alleine machen. Aber mit unserem Vorschlag haben wir eine mittelfristige Perspektive für den Bildungsstreik formuliert. Wir sehen darin eine Möglichkeit, den Prostest zu verbreitern und gleichzeitig zu radikalisieren. Das ist nötig, um den Druck zu erhöhen und eine wirkliche Verbesserung im Bildungssystem zu erreichen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/170889.universitaeten-besetzen.html

Gespräch: Peter Nowak