Erinnern an Zwangsarbeit, Mord und Befreiung

 Eine Initiative zeigt Spuren des NS-Terrors in Neukölln. Die Niederlage der Nazis vor 66 Jahren wird gefeiert.

Am 24. April 1945 erreichte die Rote Armee den südöstlichen Rand von Berlin. Schon nach wenigen Tagen war die Gegenwehr von Volkssturm und Waffen-SS gebrochen, die Tage des Naziregimes waren gezählt. An diese historischen Ereignisse wollen die Autonome Neuköllner Antifa (ANA) und die Berliner Naturfreundejugend in diesem Jahr mit einer Doppelveranstaltung erinnern. Am Ostersonntag rufen sie mit einem gedenkpolitischen Stadtrundgang weitgehend vergessene Orte des NS-Terrors mitten in Neukölln ins Gedächtnis.
 
Der historische Rundgang startet um 15 Uhr am S-Bahnhof Sonnenallee und führt am heutigen Hotel Estrel vorbei. Auf dem Areal befand sich bis zur Niederlage des Nationalsozialismus ein Lager für sowjetische Kriegsgefangene. Auf der weiteren Route durch den Stadtteil erfahren die TeilnehmerInnen, dass sich in Neukölln mehr als 50 Zwangsarbeitslager und -unterkünfte befanden. Die Insassen wurden für Arbeiten in der kriegswichtigen Industrie eingesetzt.
 
 Dazu gehörten die Fahrzeugwerke Gaubschat, die in ihrem Neuköllner Werk Spezialaufbauten für die Gaswagen produzierten, in denen bei der T4-Aktion als geisteskrank stigmatisierte Menschen ermordet wurden. Die ersten beiden in Neukölln montierten Gaubschat-Wagen kamen im KZ Sachsenhausen zum Einsatz. Dabei sollen laut Spiegel „studienhalber“ 20 bis 30 Russen vergast worden sein. In dem von Gaubschat ab April 1942 betriebenen Russenlager I in der Grenzallee starben mehrere Metallarbeiter an Unterernährung.
 
Ein Zwischenstopp soll auch vor der Albrecht-Dürer-Oberschule in der Emser Straße eingelegt werden. Hier mussten mehrere hundert tschechische und französische ZwangsarbeiterInnen leben. Auch an jüdische Geschäfte, die unter den Nazis „arisiert“ wurden, soll während des Spaziergangs erinnert werden.
 
„Mit den Opfern verschwand auch die Erinnerung. Deshalb wollen wir am 24. April der Opfer der Nazibarbarei gedenken und am 28. April die Befreiung durch die Alliierten feiern“, erklärt Pia Buchheim, eine der OrganisatorInnen, gegenüber der taz. Am kommenden Donnerstag soll um 18 Uhr am Rathaus Neukölln eine Straßenparade starten, die mit Musik und politischen Beiträgen durch Nordneukölln zieht und an die Befreiung des Bezirks durch die Rote Armee erinnert.
 http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/erinnern-an-zwangsarbeit-mord-und-befreiung/

Peter Nowak

Lafontaine als Notretter?

Der Streit in der Linken ist durch die Notkonferenz entschärft, aber nicht beendet

„Die Partei ist in einer schwierigen Situation“, so lautet der erste Ersatz einer Erklärung des geschäftsführenden Vorstands der Linken, die sich am 20.April außerplanmäßig zu einer Krisensitzung in Berlin getroffen hat.

 Der Grund war die Verschärfung des internen Streits, der sich seit den schlechten Wahlergebnissen der Linken bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ausgeweitet. Sogar Mitglieder des Bundesvorstands beteiligten sich daran.
Der Höhepunkt war die Rücktrittsforderung an den dem Realoflügel der Partei angehörenden Schatzmeister Raju Sharma durch zwei Vorstandsmitglieder vom linken Flügel. Zuvor hatte Sharma dem Vorsitzenden Klaus Ernst empfohlen, das Maul zu halten, nachdem der auf einer Rede in Hamburg ein Ende der Personaldebatte gefordert hatte. Dabei haben Sharma und Ernst zumindest eines gemeinsam: Beide sind von der SPD enttäuschte Sozialdemokraten.
 
Daher sind auch die Zuschreibungen zumindest verkürzt, die jetzt über den Linkenstreit wieder im Schwange sind. Es handelt sich weder um einen Ost- Weststreit noch in seiner Gesamtheit um einen Kampf Parteilinke versus Parteirechte. Das zeigt sich schon daran, dass der in der innerpolitischen Debatte am linken Flügel verortete Ernst in seinem bayerischen Landesverband gerade von der Parteilinken heftig angefeindet wird, die sogar die Wahl des Landesvorstands von der Schiedskommission erfolgreich angefochten hat.
 
Grundsätzlicher Richtungsstreit

Es geht bei dem Streit eher um die Rolle, die eine künftige Linke künftig in der politischen Arena spielen soll. Soll sie Teil eines irgendwie sozialökologischen Bündnisses gemeinsam mit SPD und Grünen werden – oder einen eigenständigen Kurs in der Distanz zu allen anderen Parteien gehen? Für erste Rolle treten aus unterschiedlichen Gründen Politiker aus der ehemaligen PDS in Ost und West ein. Die zweite Variante wird ebenfalls von einer sehr gemischten Runde vertreten, darunter von Politikern, die erst vor einigen Jahren aus der SPD ausgetreten sind und daher die Distanz wahren wollen.
 
Dem Duo des Bundesvorstands wird nun vorgehalten, zu schwach zu sein, die erste Variante innerparteilich durchzusetzen. Dabei wird Gesine Lötzsch auch ihr Diskussionsbeitrag zum Thema „Wege zum Kommunismus“ vorgehalten, wobei oft nicht erwähnt wird, dass Lötzsch dem Kommunismus dort eine Absage erteilt hat. Verschärft wird die Auseinandersetzung von vielen Medien, die in der Debatte Partei ergreifen, für den Flügel, der in der Kooperation mit SPD und Grüne für die Partei eine Zukunft sieht. So kam der heute funktionslose langjährige PDS-Funktionär Andre Brie und erklärte Realos in einem Interview mit dem Deutschlandfunk ausgiebig zu Wort.
 
Vergleich mit der Debatte bei den Grünen

 Eine ähnliche Frontstellung gab es ab Mitte der 80er Jahre im innergrünen Streit, wo auch wesentliche Medien, FR und Taz in vorderster Linie, die als Fundamentalisten verschrienen Parteilinken offen bekämpften und dabei die sogenannten Realisten, kurz Realos, ausgiebig zu Wort kommen ließen.
 
So dürfte die aktuelle Vorstandstagung den Streit innerhalb der Linken etwas entschärfen, aber nicht beenden. Die Medien werden bald den einen oder anderen Linkenpolitiker finden, der sich gegen den gewählten Vorstand positioniert und den Streit wieder anheizt, bis am Ende vielleicht Oskar Lafontaine als Notretter noch einmal den Parteivorstand übernimmt.

http://www.heise.de/tp/artikel/34/34599/1.html

Perer Nowak

»Der Schimmel ist überall«

Flüchtlingsinitiativen organisieren Konferenz in Jena, um auf ihre Lebenssituation hinzuweisen

 Auf einer Konferenz wollen Flüchtlinge ihre Forderungen bündeln, um gegen ihre menschenunwürdige Unterbringung in deutschen Flüchtlingslagern zu kämpfen.

Unter dem Motto »Brecht die Isolation aus den Lagern heraus« organisieren Flüchtlingsinitiativen vom 22. bis 24. April eine Konferenz im Internationalen Zentrum in Jena. Zu den Organisatoren gehört das Flüchtlingsnetzwerk »The VOICE« und die »Flüchtlingsinitiative Möhlau Sachsen-Anhalt«. »In jedem Lager wehren sich Flüchtlinge gegen die Lebensbedingungen, mit denen sie konfrontiert sind. Um erfolgreich zu sein, muss eine politische Position definiert werden«, beschreibt ein Mitglied der Vorbereitung das Konferenzziel.

Ein zentrales Thema soll die Ausbeutung und Diskriminierung der Flüchtlinge durch staatliche Reglementierungen sein. Als Beispiel führt der Aktivist das Asylbewerberleistungsgesetz »sowie die daraus resultierenden alltäglichen Repressionen und Bedrohungen durch staatliche Behörden« an. Zur Konferenz werden Delegierte von Flüchtlingslagern aus ganz Deutschland erwartet. Für den 24. April ist eine Kundgebung vor dem Flüchtlingslager Zella-Mehlis geplant.

Damit sollen die rund 170 BewohnerInnen unterstützt werden, die in den letzten Monaten mehrmals öffentlich auf ihre Situation aufmerksam gemacht, die Auflösung des Lagers und den Umzug in eigene Wohnungen gefordert haben. In einem Brief der Heimbewohner vom März 2011 heißt es: »Wir leben in einem alten Lager mit veralteten Türen, kaputten Fenstern, Schimmel in den Zimmern, Duschen, Toiletten und Fluren – der Schimmel ist überall. Die Menschen werden krank und ihr Zustand verschlimmert sich, viele Familien und Babys leben unter so schrecklichen Umständen.« Im Rahmen eines bundesweiten Aktionstages für die Rechte von Flüchtlingen hatten die Bewohner von Zella-Mehlis am 22. März in Meiningen für die Schließung des Flüchtlingslagers demonstriert. Bisher halten die zuständigen Behörden im Landkreis Zella-Mehlis an dem Lager fest. Mit der Kundgebung, die am Ostersonntag um 10 Uhr vor dem Lager beginnt, sollen die Forderung der Flüchtlinge unterstützt und der Druck auf die Behörden verstärkt werden. www.thevoiceforum.org/node/2083

http://www.neues-deutschland.de/artikel/195880.der-schimmel-ist-ueberall.html

Peter Nowak

Zwangsbehandlung in der Psychiatrie wurden Grenzen gesetzt

Nach dem Bundesverfassungsgericht greift die Behandlung eines Patienten gegen seinen Willen in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ein

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat mit einer kürzlich bekannt gewordenen Entscheidung die Rechte von Psychiatriepatienten gestärkt. Es hatte die Frage zu entscheiden, ob gegen den Willen des Betroffenen eine Verabreichung von Medikamenten zulässig ist. Geklagt hatte ein Mann in Rheinland-Pfalz, dem im Pfalzklinikum Klingenmünster Neuroleptika verabreicht werden sollten. Weil er gesundheitliche und psychische Nebenwirkungen befürchtete, weigerte sich. Die Klinikleitung erklärte ihn für uneinsichtig, drohte ihm mit einer Verabreichung der Medikamente gegen seinen Willen und bekam bei mehreren Gerichten in Rheinland-Pfalz Recht.  Mit seiner Verfassungsbeschwerde hat der Mann nun einen Teilerfolg erzielt:

„Die medizinische Behandlung eines Untergebrachten gegen seinen natürlichen Willen (kurz: Zwangsbehandlung) greift in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ein (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Dieses Grundrecht schützt die körperliche Integrität des Grundrechtsträgers und damit auch das diesbezügliche Selbstbestimmungsrecht. Zu seinem traditionellen Gehalt gehört der Schutz gegen staatliche Zwangsbehandlung …. Bei der medizinischen Zwangsbehandlung eines Untergebrachten mit Neuroleptika handelt es sich um einen besonders schwerwiegenden Grundrechtseingriff.“
 Aus dem Urteil
 Da zurzeit in Rheinland-Pfalz keine ausreichende gesetzliche Grundlage für die Zwangsbehandlung von Personen besteht, die im Maßregelvollzug untergebracht sind, dürfen dem Kläger bis auf Weiteres keine Medikamente gegen seinen Willen verabreicht werden, befanden die Richter. Eine Sprecherin der Landesregierung kündigte eine baldige Novellierung an.
 
„Kriminelle in weißen Kitteln und schwarzen Roben“

Doch die Entscheidung hat bundespolitische Folgen, weil sich die Verordnungen in allen Bundesländern ähneln. Der auf Menschenrechte spezialisierte Anwalt David Schneider-Addae-Mensah, der den Kläger vertrat, forderte in einem Interview den bundesweiten Stop jeglicher Zwangsbehandlung:
 „Formal wurde zwar nur das Mainzer Gesetz beanstandet, aber die Regelungen der Zwangsbehandlung sind in allen Bundesländern ähnlich. Die Karlsruher Anforderungen sind nirgends erfüllt. Deshalb dürfen jetzt Betroffene in ganz Deutschland nicht mehr gegen ihren Willen gespritzt werden. Es wäre schikanös zu verlangen, dass erst gegen jedes Landesgesetz Verfassungsklage erhoben werden muss.“
 David Schneider-Addae-Mensah
 
Klare Worte fand der Jurist für Ärzte oder Richter, die die Entscheidung nicht beachten:
 „Wenn sie es nicht tun, werde ich die entsprechenden Ärzte wegen Körperverletzung anzeigen und die Richter, die jetzt noch eine Zwangsbehandlung genehmigen, ebenso. Das sind dann Kriminelle in weißen Kitteln und schwarzen Roben.“
 David Schneider-Addae-Mensah
 
Allerdings verhehlte Schneider-Addae-Mensah auch nicht, dass das Urteil nur ein Teilerfolg war. Denn die Richter lehnten eine Zwangsbehandlung nicht generell ab. Vielmehr erklären sie:
 „Dem Gesetzgeber ist es nicht prinzipiell verwehrt, solche Eingriffe zuzulassen. Dies gilt auch für eine Behandlung, die der Erreichung des Vollzugsziels dient, also darauf gerichtet ist, den Untergebrachten entlassungsfähig zu machen. Zur Rechtfertigung eines solchen Eingriffs kann das grundrechtlich geschützte Freiheitsinteresse des Untergebrachten selbst (Art. 2 Abs. 2 GG) geeignet sein, sofern der Untergebrachte zur Einsicht in die Schwere seiner Krankheit und die Notwendigkeit von Behandlungsmaßnahmen oder zum Handeln gemäß solcher Einsicht krankheitsbedingt nicht fähig ist.“
 Aus dem Urteil
 
Zuvor hatte der Berliner Rechtsanwalt Sebastian Scharmer in einer gutachterlichen Stellungnahme erklärt, dass jegliche Zwangsbehandlung von Psychiatriepatienten nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern auch gegen die auch von der Bundesregierung unterschriebene UN-Behindertenkonvention verstößt. Dieser Version ist das Bundesverfassungsgericht nicht gefolgt.
 
Im Gespräch mit Telepolis nennt Sebastian Scharmer die Karlsruher Entscheidung dennoch einen Erfolg. Sie besagt, dass eine Zwangsbehandlung nicht gegen den Willen eines Patienten durchgeführt werden kann, allerdings ist sie ohne seinen Willen weiterhin möglich. Hätte das Gericht die Zwangsbehandlung grundsätzlich für rechtswidrig erklärt, wäre die Auswirkungen auf dem gesamten Pflegesektor beträchtlich gewesen, gibt Scharmer zu bedenken. So werden in der Altenpflege häufig Medikamente verabreicht, die die betreuten Menschen beruhigen sollen, aber durchaus Nebenwirkungen haben.
 
Selbstbestimmung versus ärztliche Fremdbestimmung

 Juristen verweisen auf ein Urteil zum Baden-Württembergischen Unterbringungsgesetz aus dem Jahr 1980, um den Fortschritt zu dokumentieren. Vor 30 Jahren habe der Senat zwar den Begriff „Freiheit zur Krankheit“ geprägt. Aber das Regel-Ausnahme-Verhältnis war genau umgekehrt: Fürsorge war die Regel, Selbstbestimmung konnte ausnahmsweise bei minder schweren Fällen überwiegen. In der aktuellen Entscheidung lasse der Senat dagegen keinen Zweifel, dass die Selbstbestimmung des Kranken die Regel und die ärztliche Fremdbestimmung die Ausnahme zu sein hat.
 
Als Sensation bezeichnet der Bundesverband der Psychiatrieerfahrenen die Entscheidung:
 „Da mit diesem Urteil die Zwangsbehandlung in der Forensik erfolgreich zu Fall gebracht werden konnte, ist nun zu erwarten, dass alle Zwangsbehandlungen in der Psychiatrie mit dem Grundgesetz, dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, unvereinbar sind und dann jede psychiatrische Zwangseinweisung nur noch Knast ist, für den keine Krankenversicherung mehr zahlen wird.“
 Bundesverband der Psychiatrieerfahrenen
 
Weil das Gericht die Zwangsbehandlung nicht generell aufgehoben hat, greife jetzt umso mehr die Patientenverfügung, betont Rene Talbot vom BPE:
„Denn in der in einem dokumentiert einwilligungsfähigem Zustand gemachten Patientenverfügung wird erklärt, dass eine Zwangsbehandlung zu keinen Zeitpunkt erfolgen darf. Also ist jede Rechtfertigung von Zwang gegen eine Patientenverfügung unmöglich.“
 Rene Talbot
 http://www.heise.de/tp/artikel/34/34588/1.html

Peter Nowak

Maoisten machen mal ne Pause

Der traditionelle Protestzug am 1 Mai um 13 Uhr fällt in diesem Jahr aus. Es fehlt an Unterstützern.

Die „Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration“, die alljährlich um 13 Uhr vom Oranienplatz durch Kreuzberg zog, ist dieses Jahr nicht im Protestangebot. In einer vierseitigen Erklärung der Revolutionären KommunistInnen BRD (RK), die wesentlich an der Vorbereitung beteiligt waren, wird zuerst die Bedeutung der Demonstration in den vergangenen 25 Jahren hervorgehoben – und dann erklärt, dass sie diesmal ausfällt. „Der Hauptgrund liegt weder in einer fehlenden Notwendigkeit […] noch an einer fehlenden sozialen Basis für die radikale Botschaft der Demonstration“, heißt es dort. Vielmehr liege es an „der historischen Situation, in der sich die organisierten Kräfte befinden“, so das Schreiben etwas kryptisch.
 
Der Hintergrund sind politische Auseinandersetzungen innerhalb der maoistischen Strömung, die die Demo zuletzt wesentlich getragen hat. In dem Organisationsbündnis hatten deutsche, türkische und iranische maoistische Gruppen eine wichtige Rolle gespielt, die in der Internationalen Revolutionären Bewegung (RIM) zusammengeschlossen waren. Dort ist es in letzter Zeit zu starken internen Differenzen über die Beurteilung der Politik Maos und der künftigen Perspektiven gekommen.

  Um die Ausgestaltung der Kreuzberger Demo am 1. Mai war es bereits in den frühen 90er Jahren zwischen der RIM und autonomen Gruppen zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen. Diese wurden mit Erklärungen in der Autonomenzeitschrift Interim, gelegentlich aber auch mit Fäusten und Holzlatten ausgetragen. In der zweiten Hälfte der 90er Jahre orientierten sich autonome Gruppen dann zunehmend auf andere Demoorte und -zeiten, während das von den MaoistInnen getragene Bündnis am Oranienplatz festhielt. In den letzten Jahren war die Zahl der TeilnehmerInnen an der Demonstration stark gesunken. 2010 kamen nur noch knapp 1.000 Menschen.

 Die Revolutionären KommunistInnen haben erklärt, dass es 2012 die 13-Uhr-Demo wieder geben wird – wenn sich denn genügend Menschen für die Vorbereitung finden. Angemeldet ist sie immerhin schon für das ganze Jahrzehnt.

http://www.taz.de/1/berlin/artikel/1/maoisten-machen-mal-ne-pause/

Peter Nowak

Vor dem Rosinenbomber war der Terror

 Auf dem Gelände des Tempelhofer Flughafens erinnert nichts an dessen nationalsozialistische Vergangenheit. Eine Gedenkinitiative möchte das ändern.
Das Frühlingswetter dürfte bald wieder zu einem Besucherandrang auf dem Areal des ehemaligen Tempelhofer Flughafens in Berlin führen. Dessen Geschichte scheint für viele erst 1948 begonnen zu haben. Schließlich ist die Luftbrücke, mit der US-Rosinenbomber das von der Sowjetunion blockierte Westberlin versorgten, untrennbar mit dem Tempelhofer Flughafen verbunden. Doch auch dort gab es natürlich keine Stunde Null.

Das Tempelhofer Areal ist eng mit der Terrorpolitik der Nationalsozialisten verknüpft. Die SS hatte dort im Juni 1933 das erste Konzentrationslager Berlins errichtet. Als »Hölle am Columbiadamm« war es in den ersten Jahren des NS-Regimes zum Inbegriff des nationalsozialistischen Terrors geworden. In der Emigrantenpresse jener Zeit waren häufig Berichte über Folterungen im ersten Berliner SS-Gefängnis im Columbiahaus zu finden. Zu den 10 000 Gefangenen, die dort zwischen 1933 und 1936 interniert waren, gehörten die Kommunisten Werner Seelenbinder, John Scher und Ernst Thälmann, Schriftsteller wie Kurt Hiller und der demokratische Jurist Hans Litten.
 
Nachdem das KZ dem NS-Flughafen Tempelhof weichen musste, wurden die Gefangenen von Zwangsarbeitern abgelöst, die dort für die Luftrüstung schuften müssten. Sie arbeiteten unter anderem für die Weser Flugbau GmbH und die Lufthansa. Allein die Weser Flugbau beschäftigte 2 000 von ihnen. Sturzkampfbomber und andere Flugzeuge wurden dort von zumeist sowjetischen Zwangsarbeitern gebaut, repariert und gewartet. »Tempelhof war im Nationalsozialismus eines der Zentren der deutschen Luftrüstung. Jeder zehnte deutsche Bomber wurde dort produziert«, sagt Beate Winzer. Sie ist Vorsitzende des »Fördervereins zum Gedenken an Naziverbrechen um und auf dem Tempelhofer Flugfeld« und beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der nationalsozialistischen Geschichte von Tempelhof.
 
Das öffentliche Interesse an dieser Vergangenheit ist weiterhin gering. Das zeigte sich auch am 8. Mai vorigen Jahres. Als das Tempelhofer Gelände ausgerechnet am Tag der Niederlage des Nationalsozialismus geöffnet wurde, strömten die Massen zum Volksfest. Unter dem Motto »Tempelhof für alle« rannte ein Teil der linken Szene gegen den Zaun an, der das Areal eingrenzt. Wenig beachtet wurde dagegen die vom Mieterladen Chamissoplatz organisierte Gedenkkundgebung für die Häftlinge und die Zwangsarbeiter der NS-Zeit. Das Denkmal für die Häftlinge des KZ Columbiadamm, das 1993 vom Bezirksamt enthüllt wurde, befindet sich nicht am historischen Ort, sondern auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Verlegung des Denkmals gehört zu den Forderungen des Gedenkvereins. Von offizieller Seite gibt es nun erste Signale, die Vergangenheit nicht mehr völlig ignorieren zu wollen. Manfred Kühne von der Stadtentwicklungsverwaltung kündigte kürzlich an, dass auf dem Flughafengelände noch in diesem Jahr ein »historischer Informationspfad« entstehen soll. Einen genauen Termin dafürnannte er nicht.
 
Einem Gedenkort auf dem Gelände, wie er von Winzer und ihren Mitstreitern gefordert wird, könnte der Plan des Senats entgegenstehen, dort unter dem Stichwort »innovatives Wohnen« Mehrgenerationenhäuser errichten zu lassen.
 
Wie wenig sich solche Projekte mit der Gedenkpolitik vertragen, zeigt sich am Umgang mit der Stätte des ersten Arbeitshauses in Berlin-Rummelsburg, das unter den Nazis zur Verwahranstalt für als »asozial« stigmatisierte Menschen wurde. Obwohl die Bezirksverordnetenversammlung Lichtenberg eine Präsentation von Informationstafeln beschlossen hat, sind diese bisher nicht angebracht worden. Dafür wirbt das Hotel »Das andere Haus 8« als Geheimtipp für »Kenner und Liebhaber Berlins« im ehemaligen Arbeitshaus um Gäste. »Individuell eingerichtete, ehemalige Zellen, teilweise mit Wasserblick« werden für 40 Euro pro Nacht angeboten. Da in Tempelhof keine Spur mehr von den ehemaligen Zwangsarbeiterlagern zu finden ist, dürfte eine solche Form des historischen Reisens dort zumindest nicht in Frage kommen.

http://jungle-world.com/artikel/2011/15/42996.html

Peter Nowak

Protest ist manchmal die halbe Miete

WOHNEN Kongress der Mietergemeinschaft soll Start für mehr außerparlamentarische Bewegung sein

Von den Spitzenkandidaten der SPD, Linken und Grünen und deren wohnungspolitischen Positionen halten Berlins Mietaktivisten wenig – zumindest jene, die sich am Samstag im DGB-Haus zur Tagung „Vorsicht, Wohnungsnot“ kamen. Ökonomen, GewerkschafterInnen, Stadtteil- und MieterInnenaktvistInnen aus Berlin, Hamburg und Witten diskutierten über Modelle, wie Wohnen und Leben in der Stadt attraktiv und erschwinglich bleibt.

Im ersten Block ging es um die steuer- und finanzpolitischen Hintergründe der Berliner Wohnungspolitik. Der Hamburger Wirtschaftswissenschaftler Joachim Bischoff sieht in einer Haushaltspolitik, die Steuererleichterungen für SpitzenverdienerInnen zum politischen Credo erhebt, die Ursache für die gigantischen Einnahmeverluste in den Haushaltskassen.

Bewegung von unten

Die Folgen für den Wohnungsmarkt skizierte Joachim Oellerich von der Berliner MieterInnengemeinschaft. So seien die Mieten seit 2007 in der gesamten Stadt spürbar gestiegen, der Wohnungsneubau seit der Jahrtausendwende nahezu zum Erliegen gekommen. „Immer mehr Haushalte tummeln sich auf einem tendenziell schrumpfenden Wohnungsmarkt“, so Oellerich. Mit seiner wirtschaftsliberalen Wohnungspolitik habe die rot-rote Landesregierung den Wohnungsmarkt sich selbst überlassen. Besonders kritisiert wurde, dass die Landesregierung noch immer leugne, dass es eine Wohnungsnot gibt.

Am Nachmittag ging es um Widerstandsperspektiven, die für Joachim Oellerich nur auf außerparlamentarischer Ebene gesucht werden können. Die zur Wahl stehenden Parteien seien ununterscheidbar geworden. Auch Samira van Zeer von der Treptower Stadtteilinitiative Karla Pappel setzte auf die Bewegung von unten und berichtete von einer für den 3. September geplanten Großdemonstration gegen Mieterhöhungen.

Privatisierung gescheitert

Obwohl sie für die SPD zur Abgeordnetenhauswahl kandidiert, fühlte sich Gerlinde Schermer in der Runde sichtlich wohl. Sie werde auch im Abgeordnetenhaus ihre Meinung sagen, und die laute: „Die Privatisierungspolitik aller Senate seit 1999 ist gescheitert“.

Als es im letzten Kongressteil um praktische Widerstandsmöglichkeiten ging, riet Andreas Blechschmidt vom Hamburger Netzwerk „Netzwerk Recht auf Stadt“, das für viele Berliner AktivistInnen Vorbildcharakter hat, zu dezentralen Aktionen. Die haben sich auch in Berlin schon entwickelt. Stephan Thiele stellte das neue Bündnis „Wem gehört Kreuzberg“ vor, das schwerpunktmäßig den Verkauf von Wohnungen im Kiez verhindern will. Auf der Homepage www.sozialmieter.de vernetzen sich BewohnerInnen des abgewickelten sozialen Wohnungsbaus. Am 27. April wird ab 21 Uhr auf dem Boxhagener Platz in Friedrichshain eine Videokundgebung gegen die kapitalistische Verwertung am Arbeitsplatz und im Stadtteil organisiert.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2011%2F04%2F18%2Fa0122&cHash=18a9b45f43

PETER NOWAK

Linker Terror in Berlin?

Ein Anschlag und die medialen Folgen

Die Linke schafft sich ab, lamentierte eine anonyme Aktivistin auf der Internetplattform Indymedia. Während der zweitägigen Tagung der Natoaußenminister hatte die unbekannte Autorin jedes Anzeichen von Widerstand und Proteste vermisst.

Einen ganz anderen Eindruck vermittelt dagegen der Fraktions- und Landesvorsitzende der Berliner CDU Frank Henkel. Er forderte kürzlich, die Debatte über den linken Terror in Berlin neu zu führen. Auch die Gewerkschaft der Polizei verlangt mehr Handlungsfähigkeit vom Staat.

Der Grund für diese Reaktionen war ein Brandanschlag auf eine Polizeiwache in Berlin-Friedrichshain am 11. April. Berlins Polizeipräsident sprach von der Gefährdung von Menschenleben durch die Aktion. Eine Reinigungskraft sei durch den Anschlag massiv gefährdet gewesen, sei aber mit dem Schrecken davon gekommen. Deshalb wird gegen die unbekannten Täter auch wegen versuchtem Mord ermittelt. In einer Erklärung, in der „autonome Gruppen“ die Verantwortung übernommen haben, wird verneint, dass eine Gefährdung von Personen bestanden habe.

Auch die Berliner Boulevardmedien greifen das Thema auf und sehen „Polizisten im Visier von Linksextremisten“. Dort wird der Angriff auf die Polizeiwache mit den von linken Gruppen geplanten Demonstrationen zum 1. Mai kurzgeschlossen. In der Folge trat der Demonstrationsanmelder Nikolaus Brauns von dieser Funktion zurück. Der parteilose Historiker, der für die Bundestagsabgeordnete der Linken Ulla Jelpke arbeitete, begründete diesen Schritt damit, Schaden von seiner Chefin und der Linken abwenden zu wollen.

Zuvor hatte die CSU-Landesgruppe in Brauns Rolle als Demoanmelder einen Affront gegen die Polizei gesehen. Der liberale Tagesspiegel sah in Brauns den Anführer eine „Krawalldemo“. Lediglich ein Taz-Kommentator erinnerte daran, dass die Demonstrationen auch am 1. Mai überwiegend ohne größere Zwischenfälle verliefen und die Auseinandersetzungen erst später einsetzen und bedauert, dass Brauns einen Rückzieher bei der Anmeldung gemacht hat.

In einer Pressemitteilung zur „politisch motivierten Kriminalität“, die am 15. April veröffentlicht wurde, konstatierte das Bundesinnenministerium einen Rückgang der Straftaten. Allerdings verwies Bundesinnenminister Friedrich darauf, dass Polizisten verstärkten Angriffe ausgesetzt seien. Jelpke kritisierte diese Darstellung und vermisste Berichte über Polizeigewalt.
 http://www.heise.de/tp/blogs/8/149688

Peter Nowak

Jedem Bachelor seinen Master

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat den Bundestag aufgefordert, den freien Zugang zum Masterstudium gesetzlich zu garantieren. Dazu legte die GEW gestern eine Studie vor.

»Der Bund ist nach Maßgabe des Grundgesetzes berechtigt, den freien Zugang zum Masterstudium gesetzlich zu regeln. Seine Gesetzgebungskompetenz für Hochschulzulassung und -abschlüsse schließen auch den Zugang zu einem Masterstudiengang ein“, lautet das Fazit des auf Bildungsfragen spezialisierten Münsteraner Rechtsanwalts Wilhelm Achelpöhler, der das Gutachten verfasst hat. Der Jurist stützt sich auf Artikel 74,  Abs. 1 Nr. 33 des Grundgesetzes, nach dem der Bund über die Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Hochschulabschlüsse und der Hochschulzulassung verfügt. Der Bund kann  Länder und Hochschulen zu einem wirksamen Verfahren zur Vergabe der Masterstudienplätze auffordern.   Zudem besitze der Bund die Kompetenz zur Regelung, der für die Aufnahme des Studiums erforderlichen Qualifikation der Bewerber.  

Für das für die  Hochschulpolitik verantwortliche GEW-Vorstandsmitglied Andreas Keller ist damit die Verantwortung der Politik klar benannt. Er fordert den Bundestag auf, für den freien Zugang zu allen Masterstudienplätzen zu garantieren, statt das Recht einiger Hochschulen zu verteidigen, sich eine „kleine Elite angeblich besonders geeigneter Studierender auszusuchen“.   „Solange in vielen Studienfächern wie der Lehrerbildung der Bachelor nicht berufsqualifizierend ist, wäre es verantwortungslos, Studierende gegen ihren Willen mit dem Bachelorzeugnis in der Tasche auf den Arbeitsmarkt zu schicken“, betont Keller.

Bereits 2010 hatte ein Viertel aller Masterstudiengänge einen Numerus clausus. 2011 wird sich die Lage verschärfen, da immer mehr Bachelorstudierende ihren Abschluss machen und ins Masterstudium drängen.

 „Das Rechtsgutachten,  zeigt jetzt schwarz auf weiß: Der Bund hat die Kompetenz zur Regelung des Zugangs und der erforderlichen Qualifikationen der Bewerber“, kommentierte der Bundesgeschäftsführer der Juso-Hochschulgruppen Tobias Keim die Expertise.   Für deLinke.SDS  ist allerdings für die Durchsetzung des freien Masterstudiengangs weiterhin der Druck der Studierenden und die Bereitschaft dafür auf die Straße zu gehen, erforderlich. 
 
In den letzten Tagen hat sich Druck auf die Politik erhöht, für mehr Chancengleichheit in den Hochschulen zu sorgen.   Ein Bündnis, das von den der FDP nahestehenden Liberalen Hochschulgruppen über die Jusos und der DGB-Jugend  bis zum Verband   DieLinke.SDS  reicht, forderte  am vergangenen Dienstag in Berlin  den freien  Zugang zum Masterstudium. Die  Erklärung ist unter  http://www.freier-masterzugang.org/ im Internet zu finden und wurde mittlerweile von mehr als 400 Personen unterstützt.
Gefordert wird u.a. ein Bund-Länder-Programm zur Schaffung neuer Studienplätze.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/195562.jedem-bachelor-seinen-master.html

Peter Nowak

Urheberrechtsverletzung oder Suche nach Informanten?

Hausdurchsuchung im Frankfurter Attac-Büro wegen der Veröffentlichung eines Gutachtens zur BayernLB

Die Münchner Staatsanwaltschaft hat am 14. April die Geschäftsstelle der globalisierungskritischen Organisation Attac in Frankfurt/Main von der Polizei durchsuchen lassen.

Laut Durchsuchungsbefehl wird dem Vorstand des Attac-Trägervereins vorgeworfen, mit der Veröffentlichung eines Gutachtens zur BayernLB auf der Attac-Homepage das Urheberrecht verletzt zu haben. Das Gutachten war von der Bayerischen Landesregierung bei der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg in Auftrag gegeben, aber nie veröffentlicht worden. Attac hatte es m November letzten Jahres ins Netz gestellt und diesen Schritt mit der Notwendigkeit begründet vor einer Bankenrettung die Ursache der Krise offen zu legen.

„Es darf keine Bankenrettungen geben, ohne die Ursachen und Verursacher der Krise offen zu legen! Wenn Geld von Steuerzahlern eingesetzt wird, muss sich auch die Geschäftspolitik einer Bank ändern“, erklärte Detlev Larcher vom Attac-Koordinierungskreis.

Die Landesbank des Freistaates hatte Milliarden Euro bei einem Übernahmeversuch der österreichischen Bank Hypo Group Alpe Adria sowie der Lehmann-Pleite verloren und konnte nur mit einem staatlichen Rettungsschirm in Höhe von mehr als 31 Milliarden Euro vor der Pleite bewahrt werden. Mit der Verantwortung führender bayerischer Politiker vor allem aus der Ära Stoiber befasste sich ein Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags.

Die Attac-Pressesprecherin Frauke Distelrath zeigte sich im Gespräch mit Telepolis verwundert, dass die Hausdurchsuchung wegen angeblicher Urheberrechtsverletzung erfolgte, aber es bisher keine Forderung an Attac gab, das inkriminierte Gutachten von der Homepage zu entfernen. Zudem hatte Distelrath den Eindruck, dass Ziel der Durchsuchung die Suche nach der Quelle für das Gutachten gewesen ist. Schon kurz nach der Veröffentlichung hatte der CSU-Politiker und Chef der Parlamentarischen Kontrollkommission für die BayernLB Ernst Weidenbusch und Attac mit einer Strafanzeige gedroht. Auch der bayerische Grünen Abgeordnete Eike Hallitzky war über die Veröffentlichung nicht glücklich und befürchtete, dass Konkurrenten der Bayern LP dadurch Informationen bekommen könnten.

 Vielleicht hat die Durchsuchung von Attac auch einen von den Anzeigenstellern nicht beabsichtigten Nebeneffekt, erneute Aufmerksamkeit für die noch heute nicht restlos geklärte Verantwortlichkeit führender Landespolitiker für die Bankenpleite zu wecken, die in den Unterlagen zu finden ist. Schließlich hat das Bayern-Leak bisher bei weitem nicht die Aufmerksamkeit erfahren, die WikiLeaks bekommen hat. Dort sollte der Bericht übrigens ursprünglich veröffentlicht werden.
 http://www.heise.de/tp/blogs/8/149674

Rassistische Beleidigung ohne Folgen?

Kritik an Urteil des Arbeitsgerichts Hannover
Das Arbeitsgerichts Hannover erklärte die Kündigung des Mitarbeiters der Hannoveraner Baufirma Renziehausen für unwirksam, der Kollegen rassisch beleidigt und sie als Kanaken und Russenschweine beschimpft hatte. Türkische Mitarbeiter hat er als Ölaugen bezeichnet. Nur mit diesem Fall hatten sich die Arbeitsrichter zu befassen und sahen keinen Kündigungsgrund. So war einem Schöffen der Begriff Ölaugen nicht als rassistische Beleidigung bekannt.

 Das kürzlich veröffentlichte Urteil von Ende März stößt auf Kritik von vielen Seiten. »Der Ton im Baugewerbe ist zwar rauer als etwa in einem Versicherungsbüro. Aber nichtsdestotrotz darf eine Schwelle nicht überschritten werden«, betonte die Geschäftsführerin der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen Cornelia Höltkemeier. Auch für den Hannoveraner Arbeitsrechtler Jens Klinkert ist »die Äußerung klar ausländerfeindlich und damit nicht hinzunehmen«. In der Vergangenheit hatten Kündigungen wegen Diskriminierung von Arbeitskollegen vor den Arbeitsgerichten Bestand. So wurde die fristlose Kündigung des Beschäftigten eines Salzgitter Stahlwerks bestätigt, der einen Mitarbeiter nach dessen Sterilisation als »leere Luftpumpe« bezeichnet hatte.

Der Pressesprecher der IG Bau-Agrar-Umwelt Ruprecht Hammerschmidt konnte sich zum konkreten Fall nicht äußern, weil er die Details nicht kenne. »Wir tolerieren allerdings grundsätzlich keinerlei Diskriminierungen gegen Minderheiten am Arbeitsplatz, gegen wen auch immer sie gerichtet sind«, sagte er gegenüber ND. Es komme in der Regel sehr selten vor, dass sich Kollegen wegen rassistischer Beleidigungen an die Gewerkschaft wenden.

Nach der öffentlichen Kritik verteidigte der Direktor des Hannoveraner Arbeitsgerichts, Kilian Wucherpfennig, das Urteil und verglich es mit dem Fall Emmely. Die Kündigung der Berliner »Kai- ser’s«-Kassiererin war wegen der angeblichen Unterschlagung von Pfandbons im Wert von 1,30 Euro in mehreren Instanzen bestätigt worden. Nach einer großen Solidaritätskampagne hatte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt die Kündigung mit der Begründung aufgehoben, dass angesichts der langen Betriebszugehörigkeit der Kassiererin eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung nicht vertretbar ist. Dieser Vergleich wurde wegen Verharmlosung von Rassismus ebenfalls kritisiert. Der Fall wird die Arbeitsgerichte indes weiter beschäftigen: Die Baufirma Renziehausen hat Berufung eingelegt.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/195551.linke-zum-suendenbock-gestempelt.html

Peter Nowak

Was alles Kunst ist

In Brandenburg steht eine Schülerpunkband wegen eines Liedes gegen Polizisten vor Gericht

Die Freiheit der Kunst hat in Deutschland Verfassungsrang. Auch Musiker, deren Texte von Gewalt handeln, sind dadurch erstmal geschützt. Über die Grenzen wird derzeit in Neuruppin verhandelt.

Der Kunstfreiheit ist es zu verdanken, dass Musikbands in ihren Songs Inhalte verbreiten können, die strafrechtliche Folgen hätten, wenn sie ein Demonstrationsredner von der Bühne rufen würde. Nach dem Grundgesetz ist es verboten, auf Methoden und Inhalte der „künstlerischen Tätigkeiten“ einzuwirken oder „allgemein verbindliche Regelungen für den Schaffensprozess“   vorzuschreiben . Die Punkband Slime musste sich wegen der Zeile „Stampft die Polizei zu Brei, haut den Pigs die Fresse ein, denn nur ein totes ist ein gutes Schwein“ nie vor Gericht verantworten. Ebenso wenig die Band „Die Ärzte“, die in einen Lied von „Bullen aufhängen“ und „Schwänzen rösten“ fantasierte.
Der Rechtsanwalt Stephan Martin trug diese Beispiele kürzlich vor dem Neuruppiner Landgericht vor. Er verteidigt Musiker der örtlichen Schülerpunkband  „Krachakne“, die sich in ihren Texten nicht nur mit den Neonazis sondern auch  der Staatsmacht wenig freundlich auseinandersetzen. „Die Polizei, dein Freund und Helfer, knall sie ab und hilf dir selber“, lautet der reimten die Jugendlichen in einem Song, den sie auf Konzerten im Beisein von Zivilbeamten  gesungen haben sollen. Das trug ihnen beim Verfassungsschutz des Landes Brandenburg nicht nur den Titel „linksextreme Hassmusiker“ sondern auch eine Anzeige wegen  Aufruf wegen zur Gewalt ein.  Denn die Kunstfreiheit ist auch für Bands kein Freibrief. 
Die Kläger müssen nun   nachweisen, dass es den Bands um politische Inhalte und nicht um Kunst geht. Und das wird  nicht einfach, wie Jurist Stephan Martin weiß.  Die  Punkband „Normahl“ jedenfalls wurde wegen  ähnlicher Gewaltphantasien mit Polizisten jedenfalls   1994 vom Oberlandesgericht Thüringen freigesprochen.  Bei ihrem Song handelt es siich um Kunst und nicht um politische Agitation, befand das Gericht. Aber es gibt auch den Fall zweier Musiker, die Todesdrohungen gegen eine reale Person – die SPD-Politikerin Monika Griefahn, die sich für eine schärfere Kontrolle von Jugendszenen ausgesprochen hat, gerappt haben. Sie wurden 2008 zu Geld- und Bewährungsstrafen verurteilt. Es war die erste Verurteilung einer Band, die nicht aus dem rechten Spektrum kommt.  
Wo die Kunst endet, ist allerdings auch in der linken Bewegung ein Streitpunkt. So fordern antifaschistische Initiativen verschiedentlich das Verbot von Auftritten rechter oder homosexuellenfeindlicher Musiker. Können die sich aber nicht ebenso wie linke Punkband auf die Kunstfreiheit berufen?  Ein Berliner Antifaaktivist, dessen Gruppe sich schwerpunktmäßig mit Rechtsrock befasst, verneint:   „Faschismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen. Das gilt für uns auch wenn die rechte Hetze gesungen wird“.  B
Bisher waren überwiegend Bands aus der rechten Szene von gerichtlichen Maßnahmen betroffen, bestätigte der Kulturwissenschaftler Daniel Schneider vom Berliner Archiv der Jugendkulturen.     Dass jetzt auch gegen links ermittelt wird, könne mit der Akzentverschiebung in der Politik der schwarz-geben Bundesregierung  zusammenhängen, die den Kampf gegen Rechts  den Kampf gegen alle Extremisten ersetzen will, erklärte er gegenüber ND.      Ob  Krachakne-Anwalt Stephan Martin die Neurppiner Richter überzeugt kann, ist bislang   offen. Das Verfahren gegen die Jungmusiker läuft noch.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/195348.was-alles-kunst-ist.html?sstr=Krachakne

Peter Nowak

Eskalation im Libyen-Konflikt

Die Kontaktgruppe setzt in Verein mit den Aufständischen auf einen Regimewechsel
Die vor zwei Wochen bei der internationalen Libyen-Konferenz in London gegründete Kontaktgruppe hat bei ihrem Treffen in Doha ihren Ton gegenüber dem libyschen Regime verschärft. Der Tenor des von Vertretern aus über 20 Staaten und internationalen Organisationen bestückten Gremiums war eindeutig. Gadaffi hat keine Zukunft mehr und muss abtreten, lautete die Forderung.

Damit geht man über den UN-Beschluss, mit dem die Bombardierung militärischer Ziele in Libyen gerechtfertigt wird, hinaus. Der sah keinen Regime Change, sondern einen Schutz der Zivilbevölkerung vor. Deren Situation hat sich aber in den letzten Wochen noch zugespitzt. Die Not der Menschen in Libyen wird nach Einschätzung der Vereinten Nationen immer schlimmer. In der Stadt Misurata sei der Zugang zu Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung stark eingeschränkt oder ganz abgeschnitten.

„Etwa 490.000 Menschen haben nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissars seit Beginn der Krise das Land verlassen. Noch einmal 330 000 sind innerhalb Libyens auf der Flucht.“

Damit wiederholt sich in Libyen ein Szenario aus dem Kosovo-Konflikt. Auch dort verschlechterte sich die Lage der Zivilbevölkerung durch die einseitige Unterstützung einer Bürgerkriegspartei aus dem Ausland. Die wiederum war zu keinen Kompromiss bereit. Die Verschlechterung der Situation der Menschen vor Ort führte wiederum dazu, nach weiteren militärischen Maßnahmen aus dem Ausland zu rufen, wieder mit der Begründung, das Los der von Hunger und Gewalt bedrohten Menschen zu verbessern.

Aufständische gegen jeden Kompromiss

So lehnten die libyschen Aufständischen einen von der Afrikanischen Union initiierten Vermittlungsvorschlag im libyschen Bürgerkrieg von Anfang an vehement ab, zu dem sich das Regime bereit erklärt hatte. Die Reaktion ist auf den ersten Blick verwunderlich, wurde doch immer wieder in den Nachrichten vermeldet, dass die Aufständischen in militärischer Bedrängnis, die Regierungstruppen dagegen auf dem Vormarsch seien.

Doch da die Oppositionskräfte Unterstützung aus dem Ausland erhalten, können sie hoch pokern. Die USA, Frankreich und Großbritannien hatten auch ein großes Interesse, die Initiative der Afrikanischen Union scheitern zu lassen. So können sie bestens demonstrieren, dass ohne die westlichen Player in Afrika nichts läuft.

Der Ausgang des Konflikts in der Elfenbeinküste (siehe Despotenwechsel in der Elfenbeinküste) dürfte solche Strategien befördert haben. Schließlich haben dort zunächst die französische Regierung und dann auch die UN einseitig in einen Machtkampf zwischen zwei Blöcken in dem Land interveniert. Obwohl nachweislich auf beiden Seiten Wahlbetrug und Menschenrechtsverletzungen begangen wurden, gilt in der öffentlichen Meinung, der von Frankreich Unterstützte als Demokrat, der Bekämpfte dagegen als Diktator.

Im Falle von Libyen ist Gaddafis Diktatorenrolle klar; dass die Aufständischen Demokraten sind, ist deswegen noch lange nicht erwiesen. Darum dürfte es auch nicht mehr gehen, wenn sich die humanitäre Situation in Libyen weiter verschlechtert und die Gewalt zunimmt. Die Rufe nach der Entsendung von Bodentruppen dürften dann lauter werden. Auf der Frühjahrstagung der Nato-Außenminister, die morgen in Berlin beginnt, dürfte darüber ebenfalls diskutiert werden.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/149662

Peter Nowak

Freier Zugang zum Masterstudiengang

Die Wahl zwischen einem Masterstudium und dem direkten Einstieg in den Beruf soll nicht von der Verfügbarkeit der Masterstudienplätze abhängen, fordern liberale, grüne und linke Studentengruppen
Es ist äußerst selten, dass ein der FDP nahe stehender Studierendenverband mit dem der Linkspartei nahe stehenden DieLinke.SDS und dem fzs an einen Strang zieht. Auf einer Pressekonferenz in Berlin forderten sie unisono in einer gemeinsamen Erklärung einen freien Zugang zum Masterstudiengang.

„Der Bologna-Prozess kämpft in der Bundesrepublik auch nach mehr als 10 Jahren immer noch mit gravierenden Problemen. Dabei ist vor allem der Übergang vom Bachelor- in ein Masterstudium eine entscheidende Frage unter Studierenden. Die Wahl zwischen einem Masterstudium und dem direkten Einstieg in den Beruf darf nicht von der Verfügbarkeit der Masterstudienplätze abhängen“, heißt es in der Präambel der gemeinsamen Erklärung, die in den Hochschulen jetzt weiter diskutiert werden soll. Über die weitere Umgangsweise gehen dann die Meinungen allerdings auseinander. Während sich alle Beteiligten auf Petitionen und die Eingabe der Erklärung in die Hochschulgremien einigen konnten, hoffte der Vertreter der Linken.SDS, dass die Forderung auch zu Studierendenprotesten führen wird.

Einig war man sich auch in der Forderung, dass von Bund und Ländern eine Bedarfsanalyse vorgelegt werden muss, die die Zahlen über die tatsächlichen Kapazitäten an Masterstudienplätzen in den einzelnen Ländern offen legt, den Bedarf an Masterstudienplätzen ermittelt und mit einem Bund-Länder-Programm für einen Ausbau der Kapazitäten sorgt. Sabrina Klaus-Schelletter von der DGB-Jugend begründete das Engagement ihrer Organisation in dieser Frage mit der Forderung nach Verbesserung der Ausbildungsbedingungen für junge Menschen, sowohl auf betrieblicher als auch auf universitärer Ebene. Sie wies daraufhin, dass im deutschen Bildungssystem Kinder aus Arbeiterfamilien gegenüber denen aus Akademikerfamilien strukturell benachteiligt seien, was durch die fehlenden Masterstudienplätze verschärft wird.

Am Freitag will die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft einen Bericht vorlegen, der sich mit der Frage befasst, ob der Bund den freien Zugang zu Masterstudiengängen gewährleisten kann. 
 http://www.heise.de/tp/blogs/10/149650

Peter Nowak

Bakuninhütte kann wieder genutzt werden

Die Bakuninhütte bei Meiningen darf wieder als Schutz- und Wanderhütte genutzt werden. Allerdings dürfen in dem in den 1920er Jahren errichteten Gebäude weder Essen noch Übernachtungen angeboten werden. Mit diesem Vergleich endete ein Streit über die Hüttennutzung am Oberverwaltungsgericht Thüringen zwischen dem Kreis der Wander- und Naturfreunde Meinigen e.V. und dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen (ND vom 5.1.2011). Das Haus war für die libertäre Bewegung in der Endphase der Weimarer Republik ein wichtiger Treffpunkt.

Der Verein ist erfreut über den Ausgang des Verfahrens: »Dies ist die Grundlage, um das historische Gebäude der Bakuninhütte zu erhalten und für Wanderfreunde und -freundinnen wieder zugänglich zu machen«, erklärte ein Vorstandsmitglied gegenüber ND.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/195347.bewegungsmelder.html

www.bakuninhuette.de

Peter Nowak