Die „perverse Angst“ vor dem Euro-Clash

Links

[1]

http://www.ecb.europa.eu/ecb/orga/decisions/html/cvdraghi.de.html

[2]

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/ezb-chef-draghi-sieht-ermutigende-zeichen-bei-euro-rettung-a-941064.html

[3]

http://www.bild.de/bild-plus/geld/wirtschaft/jens-weidemann/die-euro-krise-kann-2014-wieder-auflodern-34002552,view=conversionToLogin.bild.html

[4]

http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Bundesbank/Aufgaben_und_Organisation/Vorstand/Dr_Jens_Weidmann/jens_weidmann.html

[5]

http://www.wolfgang-schaeuble.de/

[6]

http://www.bild.de/politik/inland/wolfgang-schaeuble/warnt-vor-niedrigzinsen-34023344.bild.html

[7]

http://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1529845

[8]

http://www.cesifo-group.de/ifoHome/Hans-Werner-Sinn.html

[9]

http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/europa/1474618/Angriff-auf-die-EZB_Kalte-Enteignung-der-Sparer

[10]

http://www.bild.de/news/standards/kai-diekmann/wir-sind-apo-33879036.bild.html

[11]

https://www.alternativefuer.de/

Obdachlos mitten in deutschen Städten

Links

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http://www.berlin-eisfabrik.de/

[2]

http://www.taz.de/!124442/

[3]

http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/vg/presse/archiv/20131223.1345.392959.html

[4]

http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de/

[5]

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/polizeieinsatz-im-rathaus-mitte-eisfabrik–protest-gegen-raeumung,10809148,25674782.html

[6]

http://www.berliner-zeitung.de/berlin/kommentar-zur-eisfabrik-in-der-koepenicker-strasse-elendsquartiere-in-berlin,

[7]

http://asylstrikeberlin.wordpress.com/

[8]

http://www.deutschlandfunk.de/armutszuwanderung-ferber-csu-beim-asylrecht-gibt-es-keinen.694.de.html?dram:article_id=273067

[9]

http://www.lsg.nrw.de/behoerde/presse/Aktuelle_Pressemitteilungen_des_LSG/Hartz-IV_Anspruch_auch_fuer_EU-Buerger_aus_Rumaenien/index.php

[10]

http://www.berliner-zeitung.de/archiv/vor-achtzig-jahren-wurden-die-juden-des-scheunenviertels-opfer-eines-pogroms-es-begann-am-arbeitsamt,10810590,10127312.html

[11]

http://europeandayofactionforhousingrights.wordpress.com/

[12]

http://wirbleibenalle.org/?p=930

[13]

https://www.verdi.de/

[14]

http://www.labournet.de/wp-content/uploads/2013/11/lampedusa_hh_adverdi.pdf

Konflikt im Kreuzberger Jobcenter

SOZIALES Erwerbslose bringt Gruppe mit – Jobcenter ruft die Polizei

Am Tag vor Heiligabend ist es im Jobcenter Friedrichshain-Kreuzberg zu einer lautstarken Auseinandersetzung gekommen: Eine Gruppe von zehn Personen wollte am Termin einer Erwerbslosen teilnehmen und drängte ins Büro. Der Sachbearbeiter wollte nur eine weitere Person als Beistand zulassen. Es kam zu Wortgefechten, schließlich rief das Jobcenter die Polizei.

Christel T. hält die Aktion für rechtswidrig. „Die Beistände sind auf meinen Wunsch zum Jobcenter gekommen“, so die Erwerbslose der taz. Sie hatte zuvor vom Jobcenter erfahren, dass ihr ab Januar sämtliche Zuwendungen für drei Monate gestrichen werden. Im Clinch mit dem Jobcenter befindet sich T. seit Monaten. „Ich habe es immer abgelehnt, mich auf Jobs zu bewerben, bei denen klar war, dass ich sie nicht bekomme“, erklärt sie. Mehrere Klagen gegen das Jobcenter sind anhängig, auch gegen die Totalstreichung will T. juristisch vorgehen. „Mir war vorher das Geld um 30 Prozent gekürzt worden, dann folgte gleich die 100-prozentige Streichung.“ Das Sozialgericht schreibe aber eine Kürzung von 60 Prozent als Zwischenschritt vor, begründet T. ihre Hoffnung, die Totalsanktionierung aufheben zu lassen.

Doch Christel T. setzt nicht nur auf den Rechtsweg. In den kommenden Tagen will sie im Jobcenter gegen die Gutscheine protestieren, mit denen Erwerbslose, denen alle Zahlungen gestrichen wurden, Lebensmittel kaufen können. Die Gutscheine können nur in bestimmten Läden eingelöst werden, die Auswahl der Waren ist beschränkt. Auch zu diesem Protest will T. mehrere Beistände mitbringen. Die Erwerbsloseninitiative Basta bestätigt, dass das Jobcenter Beistände nicht einfach abweisen kann.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F12%2F28%2Fa0203&cHash=31227041ef6eee5be87fc7bede5ba7b3

Peter Nowak

Ver.di warnt vor Irrglauben an Freihandel

Der Widerstand gegen das geplante Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP) wächst. Nachdem sich 25 deutsche Nichtregierungsorganisationen, darunter ATTAC, BUND, der Deutsche Naturschutzring, zu einem Bündnis zusammenschlossen, kritisiert jetzt auch die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di dieses Abkommen scharf. In der 15-seitigen Stellungnahme wird das TTIP als »Angriff auf Löhne, Soziales und Umwelt« bewertet. Der Glaube, durch den freien Welthandel Wachstum und Wohlstand für alle Menschen zu fördern, sei so alt wie der Kapitalismus, heißt es. So würden prognostizierte Wachstumserhöhungen zu einem großen gigantischen Konjunkturprogramm hochgejubelt, das mit der Hoffnung auf neue Arbeitsplätze verbunden ist. Solche Illusionen werden durchaus auch von Gewerkschaftsmitgliedern geteilt.

Doch die Realität sehe anders aus, betonen die ver.di-Gewerkschafter. So bestehe die Gefahr, dass die Beschäftigten »zu Nomaden immer auf der Suche nach Arbeitsplätzen und Einkommen« werden. Profitieren würden von dem Abkommen andere. »Die wirtschaftlich Mächtigeren ziehen in der Regel den größten Vorteil aus einem weitgehend unregulierten Handel. Deshalb unterstützen auch vor allem große Unternehmen und ihre Verbände den Abbau sogenannter Handelsschranken.« Kritisiert wird von ver.di auch, dass die TTIP-Verhandlungen in enger Kooperation mit Wirtschaftslobbyisten und abgeschottet von der Öffentlichkeit stattfinden. Die Zielsetzung zeige sich schon an den Teilnehmern der Verhandlungen.

»Während Gewerkschaften zur hochrangigen Arbeitsgruppe für Arbeitsplatz und Wachstum keinen Zugang haben, sind dort unter anderem die Bertelsmann Stiftung, Business Europe, der European American Business Council und der Transatlantic Business Dialogue (TABD) vertreten, die Wirtschaftsinteressen vertreten.«

Ein zentraler Kritikpunkt ist die geplante Stärkung der Investitionsrechte. Das ver.di-Papier verweist auf die in vielen Bereichen völlig unterschiedlichen Regulierungsinstrumente in der EU und den USA. So wurden von den USA bisher nur zwei der acht wichtigsten Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) unterzeichnet. Deshalb sei die Vereinigungsfreiheit massiv eingeschränkt. Als Beispiel wird der Konzern T-Mobile USA genannt, der gewerkschaftliche Interessenvertretung verhindern will.

ver.di-Studie im Internet unter http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/131219_verdi_info_ttip.pdf

http://www.neues-deutschland.de/artikel/919232.ver-di-warnt-vor-irrglauben-an-freihandel.html

Peter Nowak

Wurden der Banken- und Finanzsektor zum Sündenbock?

Eine Kritik
gängiger linker Krisentheorien

In Deutschland wird nicht mehr viel über die Wirtschaftskrise diskutiert. Schließlich wähnt sich ein Großteil der Bevölkerung auf einer Wohlstandsinsel und die Krise ist irgendwie draußen an der europäischen Peripherie. Doch zwischen 2008 und 2012 war das noch ganz anders. Schon vergessen wird wieder, dass sogar in den Feuilletons Karl Marx Recht gegeben wurde. In linken Kreisen hoffte man bereits auf „Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen“, so der Titel eines sehr populären Buches des marxistischen Politologen Elmar Altvater.

Er ist einer von vielen linken Theoretikern, denen das Autorenduo Günther Sandleben und Jakob Schäfer in einem Buch „Apologie von links“ vorwerfen. Dort nehmen sie einige bekannte linke Krisentheorien kritisch unter die Lupe und zerpflücken sie. Dabei widersprechen sie entschieden der These, dass die neoliberale Politik und die Macht der Banken und Finanzmärkte die hauptsächlichen Krisenursachen waren. Bemerkenswert ist, dass sie so unterschiedlichen theoretischen Ansätzen wie der linkssozialdemokratischen Memorandumgruppe, den Begründer der Neuen Marx Lektüre [Michael Heinrich http://www.oekonomiekritik.de/], aber auch Autoren der Krisis-Gruppe den Vorwurf machen, sie würden den Banken- und Finanzsektor von der Realökonomie abheben und ihm eine Macht und einen Einfluss unterstellen, den er nicht ht.

Vom Elend der alternativen Politikberatung

Am Beispiel der Memoranden der „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ zeigen die Autoren auf, wie eine Gruppe linkssozialdemokratischer Wirtschaftswissenschafter, die sich theoretisch zwischen Keynes und Marx bewegten, zunehmend den Fokus auf die Bankenkritik richtete. Wahrend vorher noch in Spurenelementen Ansätze einer Kapitalismuskritik in den Memoranden zu finden waren, setzten Sandleben und Schäfer die Zäsur in den 1990er Jahren an. Seitdem habe die Kritik des Banken- und Finanzsektors die zentrale Rolle in den Gutachten eingenommen. Die Autoren erklären diese Entwicklung mit „dem Elend der alternativen Politikberatung“. Schließlich sei es den Autoren der Memoranden immer darum gegangen, in Regierungskreisen Gehör zu finden. Das fällt scheinbarer einfacher, wenn man in eine Bankenkritik einstimmt, die in Deutschland längst nicht nur auf der Linken bald zum guten Ton gehörte.

Dem bekanntesten Theoretiker der Neuen-Marx-Lektüre Michael Heinrich kann man alternative Politikberatung nun nicht unterstellen. Im Gegenteil wird Heinrich von vielen seiner Anhänger als Kritiker der der linken Keynesianer und ihrer Illusionen gelobt. Doch Sandleben und Jakob sehen auch Heinrich auf den Boden des Keynesianismus. Sie werfen ihm vor allem vor, dass er die Arbeits- und Geldwerttheorie von Karl Marx für falsch hält. Da hätte man dann doch noch etwas mehr argumentatives Futter gewünscht. Denn allen die Tatsache, dass jemand eine Theorie von Marx für falsch hält, ist noch kein Grund für Kritik. Die Marxschen Schriften sind keine Bibel und Marx selber hat im Laufe seiner Schaffensphasen auch eigene Thesen widerrufen. Wenn also Heinrich von Sandleben und Schäfer mit dem Satz zitiert wird: „Spätestens seit dem Zusammenbruch des Währungssystems von Bretton Words in den frühen 70er Jahren kann man jedoch nicht mehr davon sprechen, dass das kapitalistische Geldsystem in irgendeiner Weise von einer Geldware abhängt“, hätte man schon gerne erfahren, was an dieser Aussage falsch ist.

Geht der Gesellschaft die Lohnarbeit nicht aus?

Der Krisis-Gruppe wiederum können auch die beiden Autoren keine keynesianistischen Illusionen nachweisen. Hier richtet sich die Kritik von Sandleben/Schäfer an deren Krisentheorie selber: „Die dritte industrielle Revolution und der Siegeszug der neuen Informations- und Kommunikations-Technologien hätten zu einer massenhaften Verdrängung aus den wertproduzierenden Sektoren geführt. Das Abschmelzen der Wertbasis beinhalte eine strukturelle Überakkumulationskrise, mit der der Kapitalismus seine Fähigkeit für einen selbsttragenden Aufschwung endgültig verloren habe“. Auch hier sparen die Autoren mit Gegenargumenten und meinen die These, dass der kapitalistischen Gesellschaft die Lohnarbeit ausgehe, mit dem Hinweis erledigen zu können, dass Hannah Arendt bereits 1958 in ihrem Buch „Vita activa“ von einer Zeit schrieb, in der „die Fabriken sich in wenigen Jahren von Menschen geleert haben werden“. Hat sie damit recht präzise die Ära der Automatisierung beschrieben?

Recht haben die Autoren, wenn sie einen globalen Blick auf die Arbeitsgesellschaft werfen und konstatieren, dass von einem weltweiten Ende der Arbeitsgesellschaft tatsächlich nicht die Rede sein kann. Denn weltweit wächst der Anteil der Menschen, die in den kapitalistischen Arbeitsprozess eingesogen werden. Darauf haben auch schon Autoren wie Werner Seppmann aufmerksam gemacht, die Sandleben/Schäfer allerdings ebenfalls als Linkskeynesianer bezeichnen würden.

Was die so unterschiedlichen Theoretiker dazu bringt, den Banken- und Finanzsystem eine besondere Macht zuzuschreiben, ist nach Ansicht der Autoren ihr Bezug auf den sozialdemokratischen Ökonomen Rudolf Hilferding, der vor mehr als hundert Jahren mit dem Standardwerk „Das Finanzkapital“ zum zentralen Theoretiker so völlig unterschiedlicher linker Gruppen wurde, die eine besondere Rolle des Banken- und Finanzsektors konstatieren – und dies nicht erst seit der neuesten Krise. Hilferdings Buch hat übrigens auch Lenin stark beeinflusst und fand Eingang in seine Imperialismustheorie.

Historische Quellen des Bankenbashings werden nicht erwähnt

Im letzten Drittel des Buches versuchen die Autoren nachzuweisen, dass der Banken- und Finanzsektor nicht die Macht und den Einfluss besitzt, der ihm von den unterschiedlichen politischen Kreisen zugeschrieben wird. Die Autoren blenden völlig den Aspekt aus, dass die Kritik an der Zirkulationssphäre, also den Handel und den Banken, sehr alt ist und auch immer wieder in der Geschichte oft mit deutlich antisemitischen Untertönen in Krisenzeiten virulent wurde. Könnte nicht die heutige Affirmation der These von der Macht der Banken und des Finanzsektors auch aus diesen trüben Quellen fischen?

Unter dem Schlagwort verkürzte Kapitalismuskritik wird diese These in Teilen der politischen Linken vertreten. Darauf gehen Schäfer und Jakob nicht ein. Sie liefern vielmehr im vorletzten Kapitel eine kurze Erklärung des aktuellen Geschehens auf dem Banken- und Versicherungssektor. Ob die sehr technische Beschreibung nicht stellenweise auch in einer Apologie mündet, wenn damit der Banken- und Finanzsektor von jeglicher Verantwortung für die Krise freigesprochen wird, wäre eine Diskussion Wert. Gerade, wenn man mit dem Autoren übereinstimmt, dass der Banken- und Finanzsektor nicht von der Realwirtschaft getrennt werden kann, müsste dieses Verdikt auch für ihre Rolle in der Krise gelten. Steht nicht im Widerspruch zu ihrer Theorie, dass die Banken keine besondere Rolle bei der Krise spielen,wenn diese 2008 mit immensen Rettungsschirmen vor dem Zusammenbruch bewahrt werden mussten?

Schäfer und Sandleben schreiben dazu, dass damit der Staat keineswegs vor der Macht der Banken kapituliert hat, „wie linksorientierte Krisendeuter zu wissen, glaubten, sondern er schützte den gesamten Industrie- und Handelssektor vor einem Kollaps des Kreditsystems und des darauf beruhenden Zahlungssystem“. Dafür werden in einer Fußnote als Quellen der wirtschaftsliberale Ökonom Hans Werner Sinn und der ehemalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück angeführt. Aber wird nicht hier zumindest klar, dass die Banken einen gewissen Einfluss haben müssen, wenn ihr Kollaps die beschriebenen gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen hätte?

Kritisch ist anzumerken, dass auch Schäfer und Sandleben sich eines linken Diskussionsstils befleißigen, der vor allem nachweisen will, dass sie selber recht und alle anderen Unrecht haben. Positiv ist anzumerken, dass sie sich mit der Materie auskennen und einige der Begriffe aus dem Finanz- und Bankensektoren, die in der Debatte sehr beliebig verwendet werden, geraderücken und klären. Auch dass sie eine Gegenrede gegen die in Deutschland weitverbreitete Bankenschelte liefern und nachweisen, dass die auch in führenden Wirtschaftskreisen gepflegt wird und nicht mit Antikapitalismus verwechselt werden sollte, ist ein Pluspunkt.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/155583

Peter Nowak

Links

[1] http://www.amazon.de/dp/3896916270/ref=nosim?tag=telepolis0b-21

[2] http://www.polsoz.fu-berlin.de/polwiss/mitarbeiter/altvater/index.html

[3] http://www.guenther-sandleben.de

<[4] http://www.amazon.de/dp/978-3899001419/ref=nosim?tag=telepolis0b-21

[5] http://www.memo.uni-bremen.de/

[6] http://www.marx-gesellschaft.de/MG-TagungenText.htm

[7] http://www.oekonomiekritik.de/

[8] http://www.krisis.org/

[9] http://www.heise.de/tp/artikel/40/40282/1.html

[10] http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/HilferdingRudolf/

„Mir geht es um Menschenrechte“

Marcel Kallwass

MUT Ein Student der Hochschule der Arbeitsagentur kritisiert seinen Ausbilder: Die Sanktionen gegen Erwerbslose sind oft falsch. Nun muss er fürchten, von der Schule geworfen zu werden

taz: Herr Kallwass, als Student an der Hochschule der Bundesanstalt für Arbeit haben Sie mehrfach die Bundesarbeitsagentur kritisiert. Warum?

Marcel Kallwass: Ich habe im Jobcenter Ulm hospitiert. Dort habe ich mitbekommen, wie Erwerbslose sanktioniert wurden. Das kann nicht der richtige Weg sein. Ich habe in der Hochschule Diskussionen über die Sanktionen angeregt. Dabei musste ich mit Erschrecken feststellen, dass viele meiner Kommilitonen Sanktionen befürworten.

Bekamen Sie Unterstützung?

Einige Studierende wurden durch meine Argumente zum Nachdenken angeregt. Sie erklären, dass sie jetzt die Sanktionen kritischer sehen. Allerdings war vielen meine Totalablehnung von Sanktionen zu radikal.

Warum haben Sie Ihre Kritik öffentlich gemacht, beispielsweise auf Ihrem Blog?

Nach den Diskussionen in der Hochschule habe ich gemerkt, dass ich an eine Grenze stoße. Also begann ich vor fünf Monaten, meine Argumente auf dem Blog „Kritischer Kommilitone“ zu veröffentlichen. Damit wollte ich meine Solidarität mit der Hamburger Jobcenter-Mitarbeiterin Inge Hannemann ausdrücken, die wegen ihrer Kritik am Hartz-IV-System vom Dienst suspendiert wurde.

Bekamen Sie auch Druck?

Im Juni hatte ich den Blog eröffnet, Anfang August wurde ich vom Leiter der Hochschule zu einem ersten Gespräch eingeladen. Das war noch moderat. Nachdem ich einen offenen Brief an den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit veröffentlicht hatte, in dem ich Vorschläge für eine Berufsberatung ohne Sanktionen machte, drohte mir die Regionaldirektion von Baden-Württemberg in Stuttgart erstmals mit einer Abmahnung. Nachdem ich auch in der Hochschule mit Flugblättern meine Kritik fortsetzte, habe ich Anfang November die erste und wenige Wochen später die zweite Abmahnung erhalten.

Gefährden Sie Ihre Karriere?

Nach intensiven Gesprächen mit meinen Eltern und FreundInnen habe ich mich entschieden, den Blog weiter zu betreiben. Ich weiß, dass das dazu führen kann, mein Studium abbrechen zu müssen. Das Risiko gehe ich ein, mir geht es um Menschenrechte.

Könnten Sie als kritischer Berufsberater nicht mehr gegen die Sanktionen tun?

Nein, ich wäre dann ein Rädchen in der Maschinerie. Auch wenn ich von der Schule geschmissen würde, wird mich die Bundesanstalt für Arbeit nicht los. Ich wäre dann selber arbeitslos und würde mich weiter gegen Hartz IV engagieren.

INTERVIEW: PETER NOWAK


22, ist Student an der Hochschule der Bundesanstalt für Arbeit in Mannheim. Nachdem er auf seinem Blog das Arbeitsamt kritisierte, wurde er gemaßregelt.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=in&dig=2013%2F12%2F27%2Fa0115&cHash=77df33031deebeb96fb24503a9629457

»Mich hätten sie damals auch mitgenommen«

Mit einem Videoprojekt erinnern junge GewerkschafterInnen aus Berlin, Brandenburg und Sachsen an die Nazizeit

»Widerstand leisten – zu jeder Zeit und überall!« lautet das Motto einer antifaschistischen Videoreihe der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen. Der Bezirksjugendsekretär der Gewerkschaft Christian Schletze-Wischmann hat das Projekt zusammen mit jungen GewerkschafterInnen initiiert. Mit ihm sprach für »nd« Peter Nowak.

nd: Wie ist die Idee zu dem Videoprojekt »Widerstand leisten – zu jeder Zeit und überall!« entstanden?

Schletze-Wischmann: Die IG Metall Jugend Berlin Brandenburg Sachsen hat ihre Tradition im Kampf gegen Nazis. Ob bei Gegendemonstration kleinerer wie größerer Naziaktivitäten, Unterstützung von Bündnissen gegen Nazis und vor allem im Rahmen unserer politischen Bildung stehen wir für eine demokratische Gewerkschaftsbewegung.

Im Kreise unserer aktiven Metaller entstand die Idee,  sich im Rahmen des 80. Jahrestags der Zerschlagung der Gewerkschaften mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Zudem sollte etwas Besonderes dazu entstehen. Es sollte eine Botschaft vor allem für die sozialen Netzwerke sein. Wir wollen einfach unseren Kollegen danken, dass sie trotz Verfolgung und Inhaftierung weiterhin Widerstand geleistet haben. Wir wollen ganz klar zum nachdenken und zum kämpfen animieren.

War es schwer, eine Genehmigung für das Drehen der Videos im ehemaligen KZ zu bekommen?
Dank der Gedenkstätte Sachsenhausen in Oranienburg konnten wir direkt vor Ort drehen und so dem Projekt eine besondere Stimmung geben.  Als Recherchegrundlage konnten wir das von   war das von Siegfried Mielke und Stefan Heinz  im Metropol.-Verlag herausgegebene Buch: „Funktionäre des Deutschen Metallarbeiterverbandes im NS-Staat. Widerstand und Verfolgung“.
Warum war der Bezug auf die historischen Widerstandskämpfer für den Kampf gegen Neonazis wichtig?
Es geht um die einfache und leicht verständliche Botschaft, dass wir aktive Gewerkschafter heutzutage, würden die Nazis an die Macht kommen, die Ersten wären, die ihrer Freiheit beraubt würden. Genau wie unsere Kollegen vor 80 Jahren. Wir spitzen es in den Videobeiträgen mit der Aussage zu: „Vor 80 Jahren hätten mich die Nazis auch mitgenommen“. Das Unterschätzen der Nazis und die von Teilen der Gewerkschaften vollzogene Anpassungsstrategie kurz vor der Zerschlagung 1933 haben dazu beigetragen, dass es im Endeffekt so leicht für die Nazis gewesen ist. Wir lernen daraus, dass konsequenter Widerstand der bessere Weg ist.
Gab es mehr Interessenten für die Sprecherrollen und nach welchen Kriterien wurden sie ausgewählt?
Wir haben uns in einem Seminar ausführlich mit den Hintergründen der Machtergreifung durch die Nazis beschäftigt und mit den Teilnehmer die Videoidee entwickelt, dass jeder einen Paten des DMV (Deutscher Metallarbeiterverband) vorstellt. Da wir mit unserem IG Metall Bezirk drei Bundesländer abdecken, haben wir geschaut, dass wir aus allen drei Bundesländern auch Kollegen vorstellen. Das haben wir dann auch mit den aktiven Metallern verbinden können, so dass nicht nur ein politischer, sondern auch ein lokaler Bezug entstand. Im Endeffekt sind wir Anfang März mit 15 Kollegen nach Oranienburg und haben 11 Folgen plus ein Hintergründe-making- of an zwei Tagen drehen können.
Welche Reaktionen gab es bisher auf die Videos?
Nur Positive. Wir freuen uns natürlich, dass wir im gesamten Themenjahr zur Zerschlagung einen eigenen besonderen Beitrag leisten konnten.

Sind Sie nur für junge Leute gedacht?
Nein. Der Widerstand gegen Nazis hat keine Altersgrenze!

Wo werden die Videos eingesetzt?
Innerhalb der IG Metall und anderer Gewerkschaften beispielswiese auf den Veranstaltungen zum 1. Mai, auf unserem youtube-Kanal www.youtube/igmbbs und auf unserer Facebook-Seite https://www.facebook.com/IgMetallJugendBerlinBrandenburgSachsen. Nach Rücksprache mit uns, können die Clips auch für Veranstaltungen verwendet werden. Wir würden uns z.B. über interessierte Schulen freuen.

Sind Nachfolgeprojekte geplant?
Die Herausforderung, dass Geschichte einen Bezug zum heutigen Leben junger Menschen hat und daraus gemeinsam eine politische Botschaft zu entwickeln, nehmen wir auch in Zukunft an.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/919135.mich-haetten-sie-damals-auch-mitgenommen.html
Interview: Peter Nowak

Extremismusklausel sorgt für ersten Streit in der Regierung

Links

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http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/aktuelles,did=203904.html

[2]

http://www.bmfsfj.de/

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http://www.manuela-schwesig.de/

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http://www.spiegel.de/politik/deutschland/familienministerin-schwesig-will-extremismusklausel-abschaffen-a-940452.html

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http://demokratiebrauchtuns.de/blog/appell-gegen-rechtsextremismus-und-rassismus-was-jetzt-zu-tun-ist

[6]

http://www.heise.de/tp/blogs/8/149236

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http://www.akubiz.de/index.php/hintergrundinformationen-zur-extremismusklausel.html

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http://www.lorenz-caffier.de/

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http://www.taz.de/Hintergruende-zur-Roten-Flora/!129866/

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http://florableibt.blogsport.de/

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http://lampedusa-in-hamburg.tk/

[12]

http://www.regierung-mv.de/cms2/Regierungsportal_prod/Regierungsportal/de/im/_Service/Presse/Aktuelle_Pressemitteilungen/index.jsp?pid=64851

[13]

http://www.deutschlandfunk.de/proteste-in-hamburg-es-gibt-einen-von-der-polizei.694.de.html?dram:article_id=272868

Von der Leyen als Managerin des Unternehmens Bundeswehr

Links

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http://www.bmvg.de/

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http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/bundestagswahl/id_67028578/-guenther-jauch-ursula-von-der-leyen-hat-mordsrespekt-vor-neuem-job.html

[3]

http://www.heise.de/tp/blogs/8/152549

[4]

http://www.heise.de/tp/blogs/8/155482

„Wir sind alle Amazon“?

Links

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http://www.labournet.de/category/branchen/dienstleistungen/handel/

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https://www.verdi.de/

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http://berlin.blockupy-frankfurt.org/

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http://www.linke-sds.org/

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http://www.heise.de/tp/blogs/8/154358

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https://blockupy-frankfurt.org/2241/blockupy-zeil-auswertung/

[7]

https://www.facebook.com/pages/Streik-Soli-B%C3%BCndnis-Leipzig/597593186963849

[8]

http://www.amazon-verdi.de/

[9]

http://www.amazon.de

[10]

http://www.zalando.de/

[11]

http://www.theguardian.com/profile/carolecadwalladr

[12]

http://www.theguardian.com/technology/2013/dec/01/week-amazon-insider-feature-treatment-employees-work

[13]

http://www.n-tv.de/mediathek/videos/wirtschaft/Streik-bei-Amazon-geht-weiter-article11930311.html

[14]

http://www.pin-ag.de

[15]

http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/pin-ag-kaempft-gegen-streik-der-zusteller-polizei-hausverbot-und-praemie/9233278.html

[16]

http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/streik-bei-pin-ag-beendet-die-gekaufte-versoehnung/9244558.html

Kunden gegen Billiglohn

Berliner Blockupy-Bündnis solidarisiert sich mit Streikenden im Einzelhandel

Rund 70 Personen versuchten heute Nachmittag eine H&M-Filiale in der Friedrichstraße zu blockieren. Die Polizei versucht immer wieder den Eingang freizuhalten und drängt die Aktivisten zur Seite.

Seit über einem Jahr wehren sich die Beschäftigten im Einzelhandel, überwiegend Frauen, gegen die massive Verschlechterung ihre Arbeitsbedingungen. Die Einzelhandelsunternehmen haben sämtliche Entgelt- und Manteltarifverträge gekündigt. Ihr Ziel ist die generelle Absenkung von Löhnen und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen in der Handelsbranche, wo es für die Beschäftigten besonders schwer ist, sich zu organisieren. Darauf setzt die Unternehmerseite in Berlin.

Während die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in mehreren Bundesländern Tarifverträge geschlossen hat, wollte das Berliner Unternehmerlager den Konflikt aussitzen. Doch sie hatten nicht mit der Kampfbereitschaft der Beschäftigten gerechnet. Auch die Unterstützer außerhalb der Gewerkschaften hatten sie nicht auf dem Schirm. Seit Wochen haben sich studentische und soziale Initiativen mit eigenen Aktionen mit den Beschäftigten solidarisiert. »Wir sind Kundinnen und Kunden. Uns ist es nicht egal, unter welchen Bedingungen die Kassiererinnen arbeiten«, erklärte Elke Sommer ihre Beteiligung an der Aktion am Freitag. Sie arbeitet im Berliner Blockupy-Bündnis, dessen Streik-AG die Aktion am Freitag vorbereitete. »Blockupy goes Arbeitskampf« lautet das Motto, das auch auf den Transparenten stand.

Das Bündnis, in dem Gruppen der außerparlamentarischen Linken, gewerkschaftliche Organisationen, aber auch die Studierendengruppe »Die Linke.SDS« zusammenarbeiten, bereitete die bundesweiten Krisenproteste Anfang Juni in Frankfurt am Main vor. Schon damals stand der Kampf im Einzelhandel auf der Agenda des Bündnisses: »Mit unserer Aktion knüpfen wir an die Aktion in der Frankfurter Zeil im Mai dieses Jahres an, wo wir mit kreativem Widerstand den Geschäftsbetrieb gestört haben«, erklärt Anton Kohanov vom Blockupy-Bündnis gegenüber »nd«.

Die H&M-Filiale sei ausgewählt worden, weil es dort eine besonders kämpferische Belegschaft gibt, die sich gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen seit Monaten wehrt.

Besonders sauer sind die Beschäftigten der Filiale in der Friedrichstraße, dass sie für niedrigere Löhne arbeiten sollen als ihre Kollegen in Westberlin. Während die einen Stundenlohn von 8,50 Euro erhalten, bekommen die Ostberliner Angestellten 8,25 Euro. »Ob Ost, ob West – gleicher Lohn jetzt«, lautete denn auch eine der Parolen, die von den Demonstranten skandiert wurden und auch bei den zahlreichen Passanten auf Zustimmung stießen.

Nicht wenige kehrten vor dem Eingang von H&M um. Manche wegen des großen Polizeiaufgebots, andere folgten den Aufrufen der Demonstranten, aus Solidarität mit dem Streik auf einen Einkauf in der Filiale zu verzichten.

Für Blockupy-Sprecher Anton Kohanov war die Aktion ein Erfolg, die auch im nächsten Jahr wiederholt werden könne, findet er.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/918826.kunden-gegen-billiglohn.html

Peter Nowak

Kommunismus als zivilgesellschaftliches Ziel

Eine Berliner Diskussionsrunde mit dem „gefährlichsten Philosophen Mitteleuropas“

„Wir sitzen im Theaterbild von Frontex“, erklärte die Leiterin des Berliner Theaters Hebbel mit Blick auf die eine blau-weiß straffierte Weltkarte an der Bühnenwand. Sie ist Teil der Requisiten für die Theateraufführung des Stücks Frontex Security des Regisseurs Hans-Werner Kroesinger. Im Zentrum steht dort das Frontex-System, das die Festung Europas gegen die Armen diese Welt schützt.

Am Dienstagabend warf der französische Philosoph Alain Badiou im Rahmen der Passagengespräche einen anderen Blick auf Welt. Er gehört zu einer kleinen Gruppe von politisch engagierten Philosophen, die vehementen Einspruch gegen den aktuellen Zustand der Welt äußern.

Nach 1989 schien es so, als würde eine politisch engagierte Philosophie und Wissenschaft der Vergangenheit angehören. Aber spätestens mit den Interventionen von den Theorien Bourdieus und dem Aufstand der Zapatistas war die TINA-Phase („There is no Alternative“) beendet. Mit Stephan Hessel wurde Gesellschaftskritik sogar wieder mehrheitsfähig. Doch Alain Badiou unterscheidet sich von den Genannten an einem entscheidenden Punkt. Er kritisiert nicht nur die aktuellen Verhältnisse. Zu ihrer Überwindung hält er am Kommunismus als Ziel fest.

Kein Bannerträger des Antitotalitarismus

An diesem Abend konnte man gut beobachten, wie schnell eine meist moralisch imprägnierte diffuse Kritik an den Finanzmärkten und der Globalisierung beliebig und zahnlos wird. Der Leiter des Passagen-Verlags, Peter Engelmann, der seit Jahren Schriften linker französischer Autoren und somit auch Badiou verlegt, versicherte immer wieder, wie er nahe er in der Kritik am aktuellen Zustand der Welt seinem Diskussionspartner stehe. Mit dem Kommunismus als Zielvorstellung könne er sich aber nicht anfreunden, solange nicht geklärt sei, warum die bisherigen Versuche, ihn einzuführen, gescheitert sind.

Gescheitert ist aber auch das beharrliche Insistieren des Moderators René Aguigah, den ehemaligen DDR-Gefangenen Engelmann, der von der BRD freigekauft wurde, als Bannerträger des Antitotalitarismus gegen Badiou in Stellung zu bringen. Engelmann ist dafür zu intelligent; gelegentlichen Versuche, die Gestapo und die Stasi in einen Zusammenhang zu bringen, wurden vom zahlreich erschienenen Publikum eher als Peinlichkeit, denn als Provokation wahrgenommen.

Die drei Etappen des Kommunismus nach Badiou

Badiou hingegen, der vom Feuilleton der Berliner Zeitung schon mal zum „gefährlichsten Philosophen Mitteleuropas“ geadelt wurde, konnte sicher nicht alle im Publikum mit seinem Plädoyer für den Kommunismus überzeugen. Aber auch und gerade für seine Kritiker war er in keiner Minute beliebig und langweilig.

Zunächst teilte er die Geschichte des Kommunismus in drei Etappen ein. Im 19. Jahrhundert sei der Kommunismus die Utopie einer klassenlosen Gesellschaft gewesen, wie sie von Marx, Proudhon und vielen anderen Theoretikern formuliert wurde. Die wichtigsten Ziele seien die Aufhebung der Klassengesellschaft und der Arbeitsteilung sowie ein Absterben des Staates gewesen.

Die zweite Etappe sei durch die Oktoberrevolution geprägt gewesen, die Badiou als die erste gelungene Revolution nach den vielen gescheiterten und blutig niedergeschlagenen Arbeiteraufständen des 19.Jahrhunderts klassifizierte. Er benennt aber auch das Dilemma, das in der siegreichen Revolution schon ihr Scheitern eingeschrieben hat. Lenin habe aus der Niederlage der Pariser Kommune die Konsequenz gezogen, dass eine zentralistische Organisation nötig sei.

Damit konnte die Revolution erfolgreich sein, doch es sei nicht möglich gewesen, eine demokratische Zivilgesellschaft aufzubauen. Weder sei die Arbeitsteilung noch der Staat abgeschafft werden, wie es die Kommunisten der ersten Phase anstrebten.

Die dritte Phase des Kommunismus hat für Badiou nach 1989 begonnen. Damit müsse man sich von der Macht emanzipieren und wieder an die Basis gehen. So dementierte Badiou auch alle Versuche, ihn in die Schublade des Stalinismus oder der Marx-Orthodoxie zu stecken. Die von ihm vorgeschlagene Bewegung von unten, die sich in Streiks, in Besetzungen und Asambleas materialisiert, ist durchaus kompatibel mit Politikformen, wie sie in der außerparlamentarischen Bewegung seit Jahrzehnten praktiziert wird, mögen sich die Akteure nun Kommunisten nennen oder nicht.

Demokratie als Herrschaftsform

Den größten Widerspruch erntete Badiou für seine Demokratiekritik. Dabei betonte er, dass er damit nicht die Vollversammlungen und Assambleas, sondern die bürgerliche Gesellschaft meinte. Als er dann Demokratie als Form der staatlichen Organisierung des entwickelten kapitalistischen Staats klassifizierte, erntete er spontane Zustimmung, aber auch Widerspruch.

Engelmann konnte nicht verstehen, wie man die Fundamentalkritik an der Demokratie mit Applaus belohnen könne. Wenn Engelmann dann aber selber die Demokratie als die beste Form, einen Bürgerkrieg bzw. einen sozialen Aufstand zu verhindern, bezeichnete, war er zumindest theoretisch gar nicht so weit von Badiou entfernt. Als dann in der Fragerunde aus dem Publikum Badiou-Kritiker darauf verwiesen, dass momentan in der Ukraine gerade für die bürgerliche Demokratie gekämpft werde, zeigte sich, wie recht der Philosoph mit seiner Demokratiekritik hat.

Schließlich kämpfen in der Ukraine zwei Machtblöcke um die außenpolitische Orientierung des Landes, ob sie näher an der EU oder an Russland sein soll. Doch auf dem Boden der bürgerlichen Demokratie stehen beide. Auch die staatliche Repression gegen die Proteste ist nicht ein Dementi, sondern Teil der bürgerlichen Demokratie. Dabei war der Einsatz der Polizei gegen die Blockupy-Proteste in Frankfurt/Main Anfang Juni allerdings wesentlich härter als momentan gegen die Protestler in Kiew.

Wäre nach dem Ende der Passagen-Gespräche einer der zahlreichen Zuhörer aus dem linken Milieu auf den Gedanken gekommen, Badiou in die Praxis umzusetzen und die SPD-Bundeszentrale gegenüber dem Hebbel-Theater zu blockieren, hätte man die Demokratie in ihrer repressiven Form sofort beobachten können. Das wäre ein passendes Ende einer Diskussion mit „dem gefährlichsten Philosophen Mitteleuropas“ gewesen.

http://www.heise.de/tp/blogs/6/155539

Peter Nowak

Links:

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http://www.hebbel-am-ufer.de

[2]

http://www.hebbel-am-ufer.de/programm/spielplan/kroesinger-frontex-security/760/

[3]

http://www.egs.edu/faculty/alain-badiou/biography/

[4]

http://www.hebbel-am-ufer.de/programm/spielplan/passagen-gespraeche-badiou-engelmann/759/

[5]

http://www.passagen.at/cms/index.php?id=80&L=0&autor=927

[6]

http://www.deutschlandfunk.de/der-philosoph-und-verleger-peter-engelmann.1782.de.html?dram:article_id=248174

[7]

https://portal.dnb.de/opac.htm

8]

http://www.berliner-zeitung.de/kultur/philosoph-alain-badiou-und-sei-es-mit-gewalt,10809150,23104062.html

[9]

http://de.wikipedia.org/wiki/Asamblea_%28Occupy-Bewegung%29

Kampagne gegen Drohnen weitet sich aus

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SPD-Abstimmung als Politshow

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http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=a2&dig=2013%2F12%2F14%2Fa0165&cHash=113f8538cd4aaee45c323cfc169f79bd

[2]

http://www.heise.de/tp/artikel/40/40575/1.html

[3]

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2013%2F12%2F14%2Fa0178&cHash=654b740e4b1f18b20e632597638b42eb

[4]

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46415332.html

[5]

http://blog.campact.de/2013/11/ueber-16-000-menschen-demonstrieren-fuer-die-energiewende/

[6]

http://www.heise.de/newsticker/meldung/Umweltverbaende-Grosse-Koalition-bremst-Energiewende-im-Suedwesten-2064754.html

[7]

http://www.abendblatt.de/wirtschaft/article122875634/Braunkohle-Lobby-schrieb-am-Koalitionsvertrag-mit.html

[8]

http://www.igbce.de/

[9]

https://www.lobbycontrol.de/

[10]https://www.lobbycontrol.de/2013/11/koalitionsgespraeche-im-visier-der-lobbyisten

Zufriedenheit statt Aufstand

Einer neuen Studie zufolge sind deutsche Praktikanten trotz der nach wie vor schlechten Arbeitsbedingungen zufrieden mit ihrer Lage. Die linken Hoffnungen auf den Widerstand der »Generation Praktikum« haben sich nicht erfüllt.

In Deutschland ist die Zufriedenheit mit den politischen Verhältnissen groß. Das zeigen nicht nur das Ergebnis der Bundestagswahl und die große Zustimmung für Angela Merkel. Auch zahlreiche Umfragen belegen, dass schlechte Arbeitsbedingungen eine große Mehrheit der Bevölkerung von ihrer Zustimmung zu den Verhältnissen hierzulande nicht abbringen können.

Auch die Generation Praktikum ist davon nicht ausgenommen, wie die Veröffentlichung des Praktikantenspiegels 2014 deutlich macht. Für die von der Jobbörse Absolventa Jobnet und dem Beratungsunternehmen Clevis vorgelegt Studie wurden 7 500 akademische Praktikanten befragt. Und diese sind zufrieden. »Praktikanten als mies bezahlte Selbstausbeuter? Das war einmal«, fasste Spiegel Online die Ergebnisse der Studie zusammen. »Zufrieden und mobil« sei die neue »Generation Praktikum«.

Wer die Studie genauer liest, kann schnell feststellen, dass sich die Arbeitsbedingungen nicht wesentlich verbessert haben. Jeder zweite Befragte sagte, sein Praktikum habe sechs Monate oder länger gedauert. Nur drei Prozent gaben an, ein Praktikum von einem Monat gemacht zu haben. Neun Prozent der Befragten nannten zwei Monate, 15 Prozent drei Monate als Praktikumsdauer. Trotz des Langzeiteinsatzes erhielt nur ungefähr jeder zehnte Befragte im Anschluss einen Arbeitsplatz. Mehr als 20 Prozent der Befragten gaben an, sie hätten keinen Kontakt mehr zu der Firma, in der sie ihr Praktikum absolviert hatten.

Diese Bedingungen werden nun offenbar akzeptiert, als alternativlos hingenommen oder sogar gerechtfertigt. Damit unterscheiden sich die Praktikanten nicht von der Mehrzahl der Lohnabhängigen in Deutschland, die häufig bereit sind, Verschlechterungen ihrer Arbeits- und Einkommenssituation als notwendiges Opfer für den Standort Deutschland hinzunehmen.

Vor einem Jahrzehnt gab es in linken Kreisen die Hoffnung, dass vor allem die Praktikanten mit akademischem Hintergrund eher bereit sein könnten, für ihre Interessen einzutreten, und dadurch vielleicht sogar ein antikapitalistisches Bewusstsein entwickeln würden. Aufgegriffen wurden solche Vorstellungen in dem Film »Résiste – Aufstand der Praktikanten«, der 2009 Premiere hatte. Der Regisseur Jonas Grosch erzählt darin vom erwachenden Widerstandsgeist des Nachwuchses. Gut ausgebildete Menschen, die von einer gut bezahlten Ausbildung träumen und mit immer neuen Praktika vertröstet werden, proben den Aufstand, treten in den Generalstreik und kommen zu der Überzeugung, dass nicht der Boss, sondern der Kapitalismus das Problem ist.

Der Film fand auch deshalb in linken Kreisen viele Zuschauer, weil die Politisierung der Praktikanten auch im richtigen Leben möglich schien. Vereinzelt gab es organisierte Arbeitskämpfe unzufriedener Praktikanten. Im Rahmen des Euromayday, mit dem soziale Initiativen und postautonome Gruppen in verschiedenen Städten den 1. Mai repolitisieren wollten, spielte die Selbstorganisation von Praktikanten eine große Rolle. Schließlich hatte die »Generation Praktikum« in Spanien und Italien großen Anteil an der Entstehung der Euromayday-Bewegung. Weil sich die großen Gewerkschaften auf die Vertretung von Vollzeitbeschäftigten konzentrierten, schufen Praktikanten mit dem Mayday eine eigene Protestform.

Diese gibt es mittlerweile nur noch in wenigen Städten. Zumindest in Deutschland ist der Aufstand der Praktikanten vorüber. Dass die Bewegung in den Ländern der europäischen Peripherie einen ähnlichen Weg geht, ist wahrscheinlich. In Italien sind einige politisch engagierte Praktikanten mittlerweile sogar bei der rechtspopulistischen Bewegung des Beppe Grillo gelandet.

http://jungle-world.com/artikel/2013/50/48979.html

Peter Nowak