Unimaut vor dem Aus

Auch in der CSU wächst die Zahl jener, die die Studiengebühren abschaffen wollen. Noch vor einem Jahr wollte die eigene Partei ihrem Parteivorsitzenden Horst Seehofer nicht folgen, als der laut über die Abschaffung der Unimaut nachdachte. Der Stimmungswandel ist einem Urteil des bayerischen Verfassungsgerichtshofs geschuldet, das einem von den Freien Wählern initiierten Volksbegehren zur Abschaffung der Studiengebühren grünes Licht gab. Dabei waren nicht nur die CSU, sondern auch die Grünen und die SPD davon ausgegangen, dass das Gericht das Volksbegehren wegen möglicher Eingriffe in das Haushaltsrecht stoppen wird.

Bevor die Initiatoren des Volksbegehrens mit dem Sammeln der knapp 900 000 notwendigen Unterschriften begonnen haben, will nun auch die CSU auf die Gebühren verzichten. Auch bei der mitregierenden FDP beginnt die Diskussion. Das schnelle Einlenken macht deutlich, dass die Regierungspartei das Thema für so relevant hält, dass sie es aus dem beginnenden Wahlkampf raushalten will. Studiengebühren sind also auch für die Konservativen keine Wahlwerbung. Diesen Erfolg können sich die studentischen Gegner der Unimaut auf die Fahne schreiben. Nur hört man über sie in den Medien wenig. Dafür kann die bürgerliche CSU-Konkurrenz von den Freien Wählern jetzt den Erfolg für sich verbuchen. Dabei wurde dort, wie jetzt auch bei der CSU, hauptsächlich damit argumentiert, dass fast alle anderen Länder auf Kosten Bayerns auf die Unimaut verzichten und es daher ein Akt der Gerechtigkeit ist, wenn der Freistaat nachzieht. Dann bliebe nur die schwarzgelbe Landesregierung von Niedersachsen als Verteidiger der Studiengebühren übrig. Auch dort beginnt demnächst der Wahlkampf.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/802410.unimaut-vor-dem-aus.html
Peter Nowak

Die letzten Freunde der Uni-Maut

Viel Publicity hat dem Parteichef der FDP in Nordrhein-Westfalen (NRW), Christian Lindner, seine jüngst erhobene Forderung nach Wiedereinführung der Studiengebühren nicht gebracht. Wer allerdings jetzt meint, die Uni-Maut werde nur noch vom harten Kern der Marktliberalen vertreten und sei daher nicht mehr mehrheitsfähig, sollte von solchen Naivitäten Abstand nehmen. Die FDP hat Übung darin, unpopuläre Forderungen durchzusetzen. Wenn Lindner vorrechnet, dass die 246 Millionen Euro, die die Studiengebühren in die Länderkasse von NRW bringen würden, einen Beitrag zur Haushaltssanierung leisten können, kann er auf Unterstützung auch außerhalb seiner Partei rechnen. Schließlich gehörte die Union bis in die jüngste Vergangenheit zu den großen Befürwortern von Studiengebühren. Dass man von ihr in dieser Frage wenig hört, ist ein Erfolg eines jahrelangen studentischen Kampfes. Da die Auseinandersetzung bedingt durch den Bildungsföderalismus in jedem Bundesland zu unterschiedlichen Zeiten geführt wurde, ist der Erfolg selbst vielen an der Auseinandersetzung Beteiligten nicht recht bewusst.

Wie taktisch geübt Marktradikale darin sind, das Bezahlstudium trotz fehlender gesellschaftlicher Mehrheit durchzusetzen, zeigt der Blick ins Ausland. In den Niederlanden hat eine kleine rechtsliberale Regierungspartei Gebühren für Langzeitstudierende durchgesetzt. Die ersten Zahlungsaufforderungen sollten noch vor den Parlamentswahlen am gestrigen 30. August rausgehen. Da die wahrscheinlichen linken Wahlsieger eine sofortige Rücknahme der Uni-Maut ankündigten, wurde im niederländischen Parlament eine Vertagung diskutiert. Nur Lindners holländische Parteifreunde stellten sich quer.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/237055.die-letzten-freunde-der-uni-maut.html
Peter Nowak

Aus für Uni-Maut im Ländle?

Die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg löst ein Wahlversprechen ein. Zum Sommersemester 2012 soll es in dem Bundesland keine Studiengebühren mehr geben. Die konservativ-liberale Landesregierung hatte 2005 das Bundesland zum bundesweiten Vorreiter bei der Einführung der Studiengebühren gemacht.

 Die Abschaffung ist für die Studierenden in dem Bundesland ein großer Erfolg. Hatten sie doch über Jahre gegen die Unimaut gekämpft. In manchen Städten, wie in Karlsruhe, waren Kommilitonen, die beharrlich am Studiengebührenboykott festgehalten hatten, sogar mit einer drohenden Exmatrikulation konfrontiert. Doch die Freude bei den Studierenden ist nicht ungetrübt. In einer Pressemitteilung kritisiert die Landesastenkonferenz von Baden-Württemberg die Höhe der Zahlungen, die die Hochschulen als Ersatz für die Gebühren erhalten sollen. Die Landesregierung geht von 280 Euro pro Semester für jeden Studierenden aus. Der Betrag sei zu niedrig und gehe an den tatsächlichen Bedarf vorbei, monieren die studentischen Vertreter in ihrer Erklärung.

Die Forderungen nach einer ausreichenden finanziellen Ausstattung der Hochschulen ohne Unimaut ist dringend erforderlich. Denn schon jetzt drohen Hochschulleitungen mit Verweis auf die entgangenen Gebühreneinnahmen mit weiteren Streichungen. Mit solchen Maßnahmen könnte unter Studierenden ein Klima geschaffen werden, dass Studiengebühren als das kleinere Übel erscheinen lässt. Zumal das Bezahlstudium auch bei der neuen Landesregierung nicht ganz vom Tisch ist. Die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) schließt Gebühren für Langzeitstudierende nicht generell aus, wenn deren Zahl steigen sollte. Dadurch wären Studenten, die durch Berufstätigkeit oder andere Belastungen benachteiligt sind, besonders betroffen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/203718.aus-fuer-uni-maut-im-laendle.html

Peter Nowak

Mit Marx für die Unimaut?

Die Einführung der Studiengebühren hat sich bewährt und trägt zur Verbesserungen der Lehr- und Studienbedingungen an den Hochschulen bei. Zu diesem wenig überraschenden Fazit kommt ein 257-seitiger »Bericht zur Evaluation der Studienbeiträge«, den das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur veröffentlichte. Überraschender ist schon, dass in dem Bericht mit einem Marx-Zitat auch der linke Theoriegeber als Anhänger der Unimaut reklamiert wird. »Wenn höhere Unterrichtsanstalten unentgeltlich sind, so heißt das faktisch nur, den höheren Klassen ihre Erziehungskosten aus dem allgemeinen Steuersäckel zu bestreiten«.

Die Autoren des Berichts geben das Zitat von Marx allerdings sinnentstellend wieder, den dieser hat sich in seiner »Kritik des Gothaer Programm« 1875 lediglich gegen unentgeltliche Unterrichtsanstalten für die höheren sozialen Klassen gewandt.

Die Argumentation der Studienbefürworter macht aber deutlich, dass sie sich keineswegs in der Defensive sehen. So weist der Evaluationsbericht darauf hin, dass durch die Gebühren mehr Personal eingestellt und zusätzliche Lehr- und Lernmittel angeschafft worden sind. In der Tat verbessern in einem unterfinanzierten Bildungssystem zusätzliche Gelder die Lern- und Lehrbedingungen. Entscheidend aber ist, dass diese Unterfinanzierung politisch gewollt ist. Wird das ausgeblendet, besteht die Gefahr, dass die Unimaut als am Ende als kleineres Übel hingenommen wird.

Solche Tendenzen zeichnen sich bei Studierenden in Bayern ab, die derzeit darüber debattieren, ob statt 500 auch 300 Euro ausreichen, um den Lehrbetrieb aufrecht zu erhalten. Hier wird aus einer Sachzwanglogik heraus akzeptiert, dass der Student Kunde ist und für seine Bildung selbst aufkommen muss. Es wäre höchste Zeit, dass Bundesländer, die keine Studiengebühren erheben, deutlich machen, dass die Finanzierung von Bildung eine gesellschaftliche Aufgabe ist, die ohne zusätzliche Gebühren gewährleistet werden kann.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/178809.mit-marx-fuer-die-unimaut.html

Peter Nowak