Aktuell wird viel über die gar nicht so neue Frage gestritten. Auch die Organisatoren der Ostermärsche mussten sich damit auseinandersetzen. Mancherorts verloren sie Bündnispartner.

Kann die Friedensbewegung doch rechtsoffen sein?

"Mir blutet das Herz, wenn ich sehe, dass Menschen mit Friedenstauben und Menschen mit Antifa-Fahnen jetzt scheinbar in gegensätzlichen Lagern stehen", erklärte ein älterer Mann. Er trug ein Schild mit der Parole "Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg". "Ich weiß nicht, wo ich meinen Protest gegen Aufrüstung und Krieg ausdrücken kann", erklärt er und packte schließlich sein Schild wieder ein. Ähnliche Szenen waren in einigen Städten auch bei den Ostermärschen am Wochenende zu erwarten.

Einer der Gründe, warum sich trotz massiver Aufrüstung und einer Kriegsrhetorik, die vielen Menschen Angst macht, die Beteiligung an den traditionellen Ostermärschen in Grenzen hielt, war wohl die vorab nicht in allen Gruppen geklärte Frage, wo die Friedensbewegung die Brandmauer nach rechts ziehen soll. Beispielsweise am 25. März hatten sich in der Düsseldorfer Innenstadt rund 200 Menschen versammelt, die mit Friedenstrauben gegen Waffenlieferungen in die Ukraine demonstrierten. Ihnen gegenüber hatten sich rund zehn vor allem jüngere Menschen postiert, die Antifa-Fahnen trugen und lautstark gegen eine „deutsche Querfront“ agitierten. Sie monierten, dass auf den Friedensdemos …

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Friedenskoordination verteidigt ein breites Bündnis zum Ostermarsch

Ostermarsch: Zerreißprobe in Berlin

Kristian Golla von der Bonner Friedenskooperative erklärte gegenüber »nd«, Gruppen wie »Die Basis« und die »Freie Linke« seien Trittbrettfahrer, die nichts mit der Friedensbewegung zu tun hätten.

In Berlin herrscht unter vielen Linken allgemeines Unverständnis über die Bündnispartner, die sich die Friedenskoordination (Friko) für den diesjährigen Ostermarsch ausgesucht hat. Besonders scharf werden altgediente Protagonist*innen des Vereins von der North East Antifa (NEA) kritisiert. Die Gruppe ist seit Jahrzehnten in der antifaschistischen Bewegung der Hauptstadt aktiv. In einem längeren Text zeigt sie sich überzeugt, dass die Friko …

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100 000 Unterschriften für Aufruf »abrüsten statt aufrüsten«

Friedenspolitisches Bündnis ruft für 1. bis 4. November bundesweit zu dezentralen Protesten gegen Militarisierung auf

»Die Bundeswehr ist Pazifismus made in Germany. Eine historische Ausnahme«, behauptete jüngst der »taz«-Journalist Jürn Kruse in einem Kommentar. Mit dieser Auffassung ist der Autor nicht allein. Weit verbreitet ist die Ansicht, dass die Bundeswehr bei Übungen einen Moorbrand auslösen kann, aber mit Krieg und Militarismus eigentlich nichts mehr am Hut hat. Dabei will die Bundesregierung die Militärausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in Deutschland verdoppeln. In der Öffentlichkeit wird kaum darüber gesprochen. Oft heißt es, die Bundesregierung folge nur den Vorgaben der NATO und der USA. Doch der Aufrüstungskurs hat auch antimilitaristische Gruppen aktiviert, die sich oft schon seit Jahren gegen die Aufrüstung wehren.

»Abrüsten statt aufrüsten«, lautet beispielsweise das einfache, aber klare Motto eines Aufrufs, den mittlerweile online und offline schon rund 100 000 Menschen unterschrieben haben. Argumentiert wird in dem Text vor allem mit Geld. Finanzen, die in Rüstung fließen, fehlen an anderer Stelle. »Zwei Prozent, das sind mindestens weitere 30 Milliarden Euro, die im zivilen Bereich fehlen, so bei Schulen und Kitas, sozialem Wohnungsbau, Krankenhäusern, öffentlichem Nahverkehr, kommunaler In-frastruktur, Alterssicherung, ökologischem Umbau, Klimagerechtigkeit und internationaler Hilfe zur Selbsthilfe«, heißt es in dem Aufruf.

Zu den Erstunterzeichner*innen gehören Politiker*innen der LINKEN sowie Abgeordnete vom linken Flügel der SPD wie Marco Bülow, Hilde Mattheis und Heidemarie Wieczorek- Zeul. Die Grünen sind nur mit der Bundestagsabgeordneten Katja Keul vertreten. Zahlreiche Mitglieder des DGB und seiner Einzelgewerkschaften unterstützen ebenfalls den Aufruf. Dazu gehören der Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, und die Vorsitzende der Gewerkschaft NGG, Michaela Rosenberger. Ebenso haben DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach und der Erste Bevollmächtigte der IG-Metall in Frankfurt am Main, Michael Erhardt, unterzeichnet.

Kristian Golla vom Netzwerk Friedenskooperative, das ebenfalls den Aufruf unterstützt, zeigt sich im Gespräch mit »nd« erfreut über die starke Präsenz von Mitgliedern der DGB-Gewerkschaften unter den Unterzeichner*innen. »DGB, IG Metall und Friedensbewegung gehen wieder gemeinsame Wege«, sagt Golla. Bereits in der DGB-Erklärung zum Antikriegstag am 1. September 2017 wurde einer neuen Aufrüstung eine Absage erteilt. »Der richtige Ansatz dafür kann nicht sein, die Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen. Stattdessen brauchen wir eine gemeinsame Strategie der friedenssichernden Konfliktprävention«, heißt es dort.

Der Mitunterzeichner des Aufrufs und Bundesvorsitzende der Naturfreunde Deutschlands, Michael Müller, erklärte jüngst, dass neben der Erhöhung des Rüstungsetats die »schleichende Militarisierung der Außenpolitik« in Europa ein Grund für den Aufruf war. »Es gibt immer mehr Truppenübungen entlang der 1300 Kilometer langen Grenzen der EU zu Russland/Weißrussland, immer mehr sogenannte Alarmübungen, immer mehr Truppenverlagerungen, die Stationierung schwerer Waffen«, kritisierte Müller.

Der Aktivist beklagte auch, dass sich die Hoffnungen auf eine weltweite Abrüstung aus den frühen 1990er Jahren zerschlagen hätten. Seit den islamistischen Anschlägen von 2001 in den USA werde der Ruf nach neuen Waffen immer lauter.

Die Initiative »abrüsten statt aufrüsten« will sich diesem Trend entgegenstellen. Vom 1. bis 4. November sollen bundesweit dezentrale Proteste gegen weitere Aufrüstung stattfinden. Der Anlass ist die zu diesem Zeitpunkt stattfindende Lesung des Bundeshaushalts im Bundestag. Dort werden auch die Rüstungsausgaben beschlossen. Zurzeit bereitet man nach Angaben der friedenspolitischen Initiative in verschiedenen Städten unterschiedliche Protestaktionen vor.

Golla erhofft sich eine größere Teilnahme junger Menschen an den Protesten. Dass sie für das Thema Antimilitarismus prinzipiell erreichbar sind, zeigte sich erst jüngst wieder in Kassel. Dort hatten Aktivist*innen des Bündnisses »Block War« für zwei Stunden die Zugänge des Rüstungskonzerns »Rheinmetall Landsysteme und MAN Military Vehicles« im Industriepark Mittelfeld blockiert. »Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr weiter Waffen baut«, lautete das Motto. Ein Großteil der rund 50 Blockadeteilnehmer*innen: eher jung.

www.abruesten.jetzt

https://www.neues-deutschland.de/artikel/1101624.unterschriften-fuer-aufruf-abruesten-statt-aufruesten.html

Peter Nowak