In diesen Tagen wird die Phrasendreschmaschine wieder angeworfen. Die Unterstützung für die Ukraine sei in Gefahr, schimpfen Politiker von Union, FDP, Grünen und SPD, und fast alle Medien …
„Panzer aus Deutschland vor Kursk: Wie verändert sich die Debatte?“ weiterlesenSchlagwort: Dominic Johnson
Ukraine-Krieg: Ist die Verweigerung von Waffenlieferungen rechts?
Zwei außenpolitische Ereignisse der letzten Tage haben einen Großteil der deutschen Medien in Aufregung versetzt. In der Slowakei ist die Partei des sozialdemokratischen Politikers Robert Fico gestärkt worden. Die Präsidentin hat ihn nun mit der Regierungsbildung beauftragt. Innenpolitisch verspricht Fico einen etwas sozialeren Kapitalismus, außenpolitisch will er die Waffenlieferungen an die Ukraine kappen. Während noch lange nicht klar ist, ob das Wahlversprechen Bestand haben wird, wenn Fico eine Koalitionsregierung bilden kann, wird ihm jetzt schon vorgeworfen, ein Putin-Freund zu sein und die Ukraine im Stich lassen zu wollen. Das wird auch den Republikanern in den USA vorgeworfen, die dafür verantwortlich sind, dass zur Abwehr eines finanziellen Shutdowns ein Nothaushalt beschlossen worden ist, in der keine Militärhilfen für die Ukraine enthalten sind. Für den außenpolitischen Redakteur der taz, Dominic Johnson, handelt es sich dabei um …
„Ukraine-Krieg: Ist die Verweigerung von Waffenlieferungen rechts?“ weiterlesenNiederlage auch für die Brexit-Berichterstattung in Deutschland
„Britischer Wählerwille siegt über Bevormundung durch europäische Medien und Politiker.“ So kommentierte die AfD den Wahlausgang in Großbritannien. Manchmal kann man sich die eigenen Lobredner nicht aussuchen. Aber die Wahlsieger in Großbritannien haben sich das AfD-Lob verdient. Denn die Torys unter Johnson sind so weit nach rechts gerückt, dass die Brexit-Partei sich schon vor den Wahlen für überflüssig erklärte und zur Wahl der Konservativen aufrief, um den Brexit zu vollenden. In Großbritannien war also zu den Wahlen das Szenario eingetreten, das der …
„Niederlage auch für die Brexit-Berichterstattung in Deutschland“ weiterlesenNato-Bündnisfall an der russischen Grenze?
Während Sonntagsreden über den 1. Weltkrieg gehalten werden, bereitet man sich publizistisch auf neue Kriege vor – ein Kommentar
Aus der leidvollen geschichtlichen Erfahrung erwachse Verantwortung für die Welt. Diesen Satz flocht Bundespräsident Gauck in eine Rede [1] ein, die er heute im Gedenken an den 1. Weltkrieg im belgischen Lüttich hielt. Seine Äußerungen waren besonders allgemein und auch geschichtslos. Er rang sich nicht einmal zu dem Bekenntnis durch, dass die geschichtlichen Erfahrungen es gebieten würden, alles zu tun, um weitere Kriege zu verhindern.
Doch eigentlich hätte ein Politiker aus Deutschland in Lüttich von dem besonderen Beitrag Deutschland bei den Kriegsverbrechen reden müssen, die am Beginn des 1. Weltkrieges begangen wurden. Das neutrale Belgien wurde vom deutschen Militär überfallen, um bessere Ausgangsbedingungen für den Kampf gegen die französische Armee zu haben. Leichen von Zivilisten pflasterten den Weg der deutschen Truppen.
Mehr ins historische Gedächtnis brannte sich die von Deutschen verübte Brandstiftung der Bibliothek von Leuven ein, die eine kultur- und kunstfeindliche Stimmung erkennen ließ, die nur zwanzig Jahre später bei der Bücherverbrennung in vielen deutschen Städten wieder zum Ausdruck kam. Bis heute sind diese deutschen Verbrechen am Beginn des Weltkriegs kaum bekannt [2].
Erst kürzlich haben Historiker ein total vergessenes Kapitel deutscher Verbrechensgeschichte wieder entdeckt, den elektrischen Todesstreifen [3] an der holländisch-belgisch-deutschen Grenze, der zwischen 1915 und 1918 zwei- bis dreitausend Menschen das Leben gekostet haben soll. Von alldem hörte man weder von Gauck noch von den anderen Politkern etwas, die in diesen Tagen zum Jubiläum des 1. Weltkriegs Sonntagsreden halten.
„Nie wieder Faschismus, darum Krieg“
In Großbritannien soll heute kurz das Licht an wichtigen öffentlichen Gebäuden gelöscht werden, um an eine Zeit zu erinnern, über die ein britischer Politiker sagte, in Europa gehe jetzt das Licht aus. Doch auch hier ist der Bezug zur Gegenwart unübersehbar. So soll die Kultur des Wegschauens bei den heutigen Konflikten in aller Welt kritisiert werden. Dabei bezieht man sich auf eine Politiktradition, wie sie besonders in der Regierungszeit des rechten Sozialdemokraten Blair auf die Spitze getrieben wurde. Jetzt soll militärisches Eingreifen noch mehr als bisher als Menschenrechtsgebot erscheinen. Überall, wo britische Truppen landeten, fanden sich schnell unterdrückte Freiheiten, die lange niemand interessiert hatten und nun für die Kriegsziele instrumentalisiert wurden.
Die rotgrüne Bundesregierung war über diese neuartige Kriegsbegründung angetan. Besonders die Grünen konnten nun eine antifaschistische Parole leicht umformuliert nutzen: „Nie wieder Faschismus, darum Krieg.“ Wer nun gedacht hat, dass diese Art der moralisch begründeten Kriegsführung nach dem Abgang von Blair in Großbritannien und Fischer-Schröder in Deutschland der Vergangenheit angehört, hat die neuen Diskussionen nicht wahrgenommen, die angesichts der jüngsten Krisen geführt werden. Dabei ist kein Zufall, dass daran Adepten der Blair-Schule beteiligt sind und dass die Beiträge in der grünennahen Taz erschienen sind.
„Der Westen muss in den Irak zurückkehren“
Ein vehementes Plädoyer für eine Fortsetzung der Blairschen Interventionspolitik forderte in der Taz John McTernan [4] in einem Beitrag unter dem Titel „Zurück in den Irak“ [5]. „Der Westen muss in den Irak zurückkehren, er muss diese Demokratie schützen. Europäische Wähler hören das nicht gern, aber echte politische Führung bedeutet, auch schwer verdauliche Wahrheiten auszusprechen“, betont McTernan, der einer von Blairs Politstrategen in der Labour-Party war.
Welche populistische Volte der Autor bei seiner Argumentation anschlägt, wird am Schluss des Artikels deutlich:
„Junge Männer aus Europa kämpfen bereits in Syrien und im Irak. Sie sind extremistisch, und sie wurden ausgebildet und indoktriniert. Der Westen ist ihr Feind. Wir mögen neutral sein wollen, was den Kampf im Irak angeht, doch für die Dschihadisten sind wir legitime Angriffsziele. Wir sind ihr Feind. Wir werden noch Jahre an den Folgen zu leiden haben, wenn diese jungen Männer den Krieg ’nach Hause‘ nach Europa bringen. Schon aus schierem Eigeninteresse müssen wir intervenieren, um die Ausbreitung dieser brutalen extremistischen Ideologie rückgängig zu machen. Wenn wir nicht zurück in den Nahen Osten gehen, wird der Krieg zu uns kommen.“
Dass viele der jungen Männer, die für die Islamisten in den Krieg ziehen, durch die emotionale Ablehnung des westlichen Afghanistan- und Irakengagements dazu motiviert werden, verschweigt John McTernan. Hier zeigt sich einmal mehr, dass aus den Folgen des vorigen Krieges schnell die Beweggründe für die neuen Kriege werden.
Aber nicht nur der Irak dient den Blair-Epigonen als Feld für neue Versuche auf dem Gebiet des Menschenrechtskrieges. Der Taz-Auslandsressortleiter Dominic Johnson, ebenfalls ein Anhänger der Blair-Doktrin, hat Russland im Visier, wenn er in einem Kommentar [6] den Westen Versagen vorwirft und zum Handeln auffordert. Den bis heute ungeklärten Flugzeugabsturz in der Ostukraine nutzt Johnson dazu, den Westen zum Handeln aufzurufen:
„Die internationale Staatengemeinschaft darf das nicht hinnehmen. Schulterzuckend zu akzeptieren, dass die Untersuchung des seit Jahrzehnten schlimmsten Terrorakts in Europa durch die mutmaßlichen Täter sabotiert wird, wäre eine politische Bankrotterklärung.“
Im Folgenden skizziert der Kommentator ein Szenario in der Ostukraine, das geradewegs in einen Krieg mit Russland führen könnte, wenn es umgesetzt würde:
„Spezialkräfte in die Ostukraine schicken, um den Tatort zu sichern und die Leichen zu bergen, wäre eine hochriskante Operation, die kein Land allein durchführen kann. Und die Verbündeten? Bisher beschränken sich die Reaktionen westlicher Regierungen auf hilflose Appelle an Russlands Präsidenten Wladimir Putin: Er müsse ‚mehr tun‘. Auch das ist eine Bankrotterklärung. Es sind die westlichen Regierungen, die mehr tun müssten – nicht zuletzt um der eigenen Selbstachtung willen. Der russische Präsident Putin hingegen muss sich heraushalten und es den direkt betroffenen Ländern überlassen, angemessen zu reagieren. Der Terroranschlag vom 11. September 2001 in den USA wurde umgehend zum Nato-Bündnisfall erklärt. Die toten Passagiere von MH17 vom 17. Juli 2014 verdienen ähnliche Solidarität.“
Nato-Bündnisfall an der russischen Grenze
Der Nato-Bündnisfall soll ausgerechnet an der Grenze zu Russland exekutiert werden und Putin hat sich da ganz rauszuhalten. Und wenn er das nicht tut? Darüber schweigt der Autor. Aber der Leser Andreas Arnholz denkt [7] Johnsons Szenario nur weiter:
„Ich sehe hier auch einen Nato-Bündnisfall und er hätte im Rahmen einer begrenzten Aktion um das abgestürzte Flugzeug herum auch zeigen können, dass wir als Westen nicht nur eine Zunge, sondern auch Zähne haben. Niemand hätte gewagt, einer Militär/Polizeiaktion von gemischten Kräften der Niederlande, Franzosen, Engländer und – ja, auch der Deutschen in die Quere zu kommen, oder meint einer der „Kriegstreiber-Rufer“, dass Russland sich für die Verbrecher in der Ukraine mit der Nato anlegt?“
Gut und Böse sind in diesen Zeilen klar verteilt. Die Verbrecher in der Ukraine sind grundsätzlich die Teile der Bevölkerung, die sich nicht von Kiew unter Einbeziehung der unterschiedlichen rechten Sektoren regieren lassen wollen. Dass man Russland mal wieder die Zähne zeigen will und jetzt anders als vor 70 Jahren auch die internationale Gemeinschaft auf seiner Seite hat, wurde lange Zeit in Deutschland eher von rechten Medien verbreitet. Doch nach der Zertrümmerung des Systems von Jalta, das nicht nur Rechte, sondern auch große Teile der Grünen schon in den 80er Jahren bekämpften, findet sich auch in diesem Milieu Raum für solche neuen Kampfszenarien.
Vielleicht hätte man sich bei den Gedenkveranstaltungen zum 1. Weltkrieg die Sonntagsreden sparen und stattdessen solche Kommentare von Kolumnisten und ihren Lesern unter der Fragestellung analysieren sollen, wie der nächste Krieg vorbereitet wird.
Wenn selbst das Platzen eines Rüstungsauftrags eine Drohung ist
Aber hat nicht zumindest der sozialdemokratische Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel pünktlich zum Jubiläum des 1. Weltkriegs für eine gute Nachricht gesorgt, als er die Lieferung eines Gefechtszentrums des Konzerns Rheinmetall kurzfristig stoppte und dafür sogar Strafzahlungen riskiert?
Nun ist jeder stornierte Rüstungsauftrag eine gute Nachricht. Doch der Stopp dieser Lieferungen dient eben nicht dem Antimilitarismus und dem Abbau von Gewalt und Krieg. Man will nur dem potentiellen Feind nicht noch beim Üben helfen. Schließlich wurde der Krupp-Konzern auch lange Zeit nicht für die gewinnbringende Produktion von Rüstungsgütern kritisiert, sondern dafür, dass er die besonders gefährlichen Kanonen an die deutsche und die britische Armee verkaufte und das noch während des 1. Weltkrieges. So ist Gabriels Lieferstopp nach Russland eher ein Zeichen für die Verschärfung der Situation zwischen Russland und der EU als ein Signal für Abrüstung.
http://www.heise.de/tp/news/Nato-Buendnisfall-an-der-russischen-Grenze-2283048.html
Peter Nowak
Links:
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Sehnsucht nach den starken USA
Freunde und Gegner der USA trauen der Weltmacht USA nach und können nicht begreifen, dass sie der Vergangenheit angehört
Da warteten alle darauf, dass Obama den Bush gibt und möglichst schnell den Befehl zum Militärschlag gegen Syrien und nun reiben sie sich die Augen. Obama lässt sich Zeit und bezieht die parlamentarischen Gremien ein. Für die gestandenen Antiimperialisten ist schon die Erwähnung eines unterschiedlichen Politikstils zwischen den beiden Präsidenten Imperialismusapologie, wie es der Chefkommentator der Jungen Welt, Werner Pirker, ausdrückte. Was immer der Yankee auch sagt und macht, am Ende kommt doch nur Krieg und Eroberung heraus, ist die Lesart dieser Denkweise.
Derart werden diese Eigenschaften in das Wesen oder die „Natur“ der USA verlegt und nicht aus wirtschaftlichen und politischen Interessen des Landes heraus erklärt. Auf diese gestützt könnte man aber besser erklären, dass es weder unter der Bevölkerung noch unter den Politikern in den USA Begeisterung für einen Militärschlag gegen Syrien gibt. Statt die Frage zu stellen, ob ein Grund hierfür nicht auch in der abnehmenden politischen und wirtschaftlichen Macht der USA in der Welt liegt, wird hinter allem das eigentlich aggressive Wesen der USA vermutet. Hierin aber unterscheidet sich eine Kritik an der Politik der USA vom Antiamerikanismus.
Wenn das Wesen des Krieges und der Eroberung in der Natur der USA liegt, was mit dem Bild des Cowboys gerne pointiert wird, braucht man sich nicht mehr die Mühe zu machen, die unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Interessen in den USA und die Konsequenzen für die Militär- und Außenpolitik zu untersuchen. Eine wachsende isolationistische Strömung, die nicht mehr in die Konflikte in anderen Kontinenten hereingezogen werden will, entspricht durchaus den Interessen einiger Kapitalfraktionen in den USA. Zu erkennen, dass die Macht der USA schwindet, heißt auch anzuerkennen, dass viele Konflikte rund um die Welt ohne die verdeckte Hand der USA entstanden sind und sich ausweiten.
„Werden Sie deutscher Nahostexperte“
Im Blog der Wochenzeitung Jungle World werden solche Kommentatoren treffend als „deutsche Nahostexperten“ persifliert:
„Kein verantwortungsbewusster Nahost-Experte kommt ohne das Wort Flächenbrand aus. Lassen Sie sich nicht davon stören, dass es schon lange brennt. Ein Flächenbrand ist ganz etwas anderes. Er entsteht, wenn Unbefugte sich einmischen. Unbefugte sind Amerikaner und Israelis, nun auch wieder Briten und Franzosen.
Wenn sunnitische und schiitische Jihadisten den syrischen Bürgerkrieg auch im Libanon austragen, hat das nichts mit einem Flächenbrand zu tun. Die tun nur ihre Pflicht. Wenn aber Israel aus dem Libanon mit Raketen beschossen wird und zurückschießt, droht ein Flächenbrand. Vergessen Sie nicht, Israel wohlwollend ein Existenzrecht zuzusprechen, bevor Sie nach dem „aber“ zur Sache kommen! Beweisen Sie stilistische Originalität, indem Sie den Nahen Osten auch einmal als Pulverfass bezeichnen. Wer an der Lunte zündelt, wissen Sie ja bereits.“
Allerdings werden damit treffend nur jene Kommentatoren beschrieben, die immer noch vom Hauptfeind USA ausgehen. Doch auch erklärte Anhänger einer starken USA haben Probleme zu akzeptieren, dass in der aktuellen bipolaren Welt der große Sheriff USA ausgedient hat. Dafür liefern zwei Nahostexperten in der Jungle World selber den Beweis. Oliver M. Piecha und Thomas von der Osten-Sacken kritisieren letztlich, dass Obama eben nicht Außen- und Kriegspolitik wie Bush macht.
„Dann vertagte Obama das ganze Unternehmen kurzerhand, verwies die Angelegenheit an den Kongress, der wegen der Sommerpause erst nach dem 9. September entscheiden wird, und die syrischen Staatsmedien feierten einen geschenkten Sieg. Das vorläufige Fazit Obamas hätte kaum erbärmlicher klingen können: Ein Militärschlag gegen Syrien werde, so der Präsident, ‚morgen, nächste Woche oder in einem Monat‘ erfolgen. Oder, hätte er hinzufügen können, vielleicht auch gar nicht.“
Wem es wirklich um die Menschen in Syrien geht, müsste aufatmen. Denn warum soll man ihnen wünschen, dass sie neben der Gewalt des syrischen Regimes und diverser islamistischen Rackets auch noch Angst vor US-Angriffen Angst haben müssen? Wenn sich durch die Taktik Obamas sogar eine fast unwahrscheinliche Möglichkeit ergeben sollte, dass das syrische Regime seine Giftgasbestände herausgibt, kann man doch nur sagen, dann hat Obama seinen Nobelpreis doch nicht umsonst bekommen. Aber Piecha und Osten-Sacken sorgen sich nicht um die Menschen in Syrien, sondern um die schwindende Macht der USA.
„Auch wenn Obama sich von der Rolle der USA als ‚Weltpolizist‘ verabschieden wollte, ist dies de facto nicht möglich. Denn nur die USA sind als einzige Supermacht im globalen Maßstab handlungsfähig“, heißt es bei dem Autorenduo. An diesen Zeilen wird deutlich, wie nah sich Antiimperialisten wie Pirker und Co und die Anhänger des USA First sind. Nur in der Bewertung unterscheiden sie sich selbstverständlich diametral. Was die einen hassen, affirmieren die anderen. Doch von einer Analyse der aktuellen Situation wollen beide Seiten nichts wissen. Piecha und Osten- Sacken beschwören jene Weltmacht USA herauf, die Pirker und Co. als Watschenmann bekämpfen. Beide haben noch nicht realisiert, dass es damit aus ökonomischen und politischen Gründen vorbei ist.
Nie wieder Auschwitz oder Veggietag?
Besonders unappetitlich wird es, wenn nun deutsche Nahostexperten empfehlen, Deutschland solle die schrumpfende Macht der USA nutzen, um Weltpolitik zu betreiben, wie es der Auslandskorrespondent der taz Dominik Johnson in einem Kommentar versucht. Für ihn ist es Zynismus, dass die deutsche Politik nicht an vorderster Front bereit steht, um Syrien zu bombardieren. Fast zur Realsatire wird Johnsons Schlusskommentar: Er verzweifelt an den Parteien, die gar nicht so kriegslüstern sind, wie er sie sich wünscht.
„Wen soll man wählen, wenn man sich damit nicht abfindet? CDU/CSU und FDP, die sich 2011 dem Schutz der Libyer verweigerten und die 2013 zu Syrien mahnen, man müsse ‚abwarten‘? Die SPD, deren letzter Kanzler Putin als ‚lupenreinen Demokraten‘ lobte und deren Spitzenkandidat jetzt zugibt, ihm falle zu einer Lösung in Syrien nichts ein? Die Linken, die sich schützend vor alle US-Feinde werfen und Völkerrecht mit Vetorecht verwechseln? Die Grünen, die ihre Vordenker des humanitären Interventionismus in die Wüste geschickt haben und sich von ‚Nie wieder Auschwitz‘ auf ‚Veggieday‘ zurückziehen?“
Dass heute noch jemand die verlogene auschwitzrelativierende Kampagne, mit der Joseph Fischer und Rudolf Scharping einen Krieg gegen Serbien begründeten, heranzieht, um erneut einen Krieg zu beginnen, kann schon fast als Chuzpe bezeichnet werden. Natürlich geht es, wie bei jeden Krieg um den Schutz irgendwelcher Menschengruppen, die man auswählt, um den Kriegsgrund zu legitimieren.
Auffällig nur, dass bei allen Kommentatoren die Frage, wer eigentlich das Giftgas in Syrien eingesetzt hat, keine Rolle spielt. Für Pirker waren es ohne Frage die Rebellen, für Johnson, Piecha und Osten-Sacken steht ganz klar fest, dass es das syrische Regime war. Da alle nicht über Spezialwissen verfügen dürften und auch nicht als Freunde der Kaffeesatzleserei bekannt sind, kann darauf nur der Schluss gezogen werden, dass es ihnen egal ist. Ein Kriegsgrund findet sich immer.
www.heise.de/tp/blogs/8/154942
Peter Nowak 11.09.2013
Links
[1]
http://www.jungewelt.de/2013/09-07/003.php
[2]
http://jungle-world.com/jungleblog/2311/
[3]
http://www.taz.de/Kommentar-Deutsche-Syrienpolitik/!123521/