Bernie Sanders hat nun auch offiziell erklärt, dass er sich aus dem Kampf um die Vorwahlen zurückzieht und seinen Kontrahenten Biden die Unterstützung im Kampf gegen Trump zugesagt. Nun gehört dieses Bekenntnis zu den Ritualen bei US-Vorwahlen. Tatsächlich trifft Trump jetzt auf seinen ….
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Die Sehnsucht nach dem „guten Ami“
Der von seiner eigenen Partei verhinderte Präsidentschaftskandidat der Demokraten Bernie Sanders war in Berlin und wurde wie ein Star gefeiert
Tosender Applaus und „Bernie, Bernie“- Rufe bevor der Mann auch nur ein Wort sagte, dem die Huldigungen galten. Am 31. Mai war der von seiner eigenen Partei verhinderte Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten Bernie Sanders zu Gast an der FU-Berlin. Er redete in einem Teil der FU, der nach den umstrittenen antisemitischen Henry Ford benannt ist.
Bisher scheiterten alle Versuche, das Gebäude nach einer Figur der demokratischen US-Geschichte umzubenennen. Wenn es nach dem überwiegend studentischen Publikums gegangen wäre, das Sanders zujubelte, wäre die Umbenennung schon längst vollzogen. Es sind die Menschen, die in Zeiten von Trump auf der Suche nach dem guten Ami sind und ihn in Sanders gefunden haben.
Dabei geht es weniger um Inhalte, sondern um Projektionen. Sanders, der sich selber demokratischer Sozialist nennt, vertritt einen gemäßigten Sozialdemokratismus, der an die New Deal-Politik eines Roosevelt erinnert. Eine Krankenversicherung für alle US-Bürger, moderate Steuererhöhungen für Reiche und, was das akademische Publikum in Berlin besonders begeisterte, der Wegfall der Studiengebühren sind zentrale Forderung von Sanders.
Die Demokratische Partei braucht Sanders
Dabei wird natürlich nicht erwähnt, dass viele der von Sanders beklagten politischen Zustände bis in die Clinton-Ära zurückreichen und auch unter Obama nicht bekämpft wurden. Mag Sanders auch kein Mitglied der Demokratischen Partei sein, so leistet er der Partei doch unschätzbare Dienste, indem er die Linken domestiziert. Solange Sanders nicht mit der Demokratischen Partei bricht, haben Abspaltungstendenzen keine Chancen.
Es wird immer einzelne Gruppen geben, die eigene Organisationen gründen, doch ohne charismatische Figuren wie Sanders haben diese Abspaltungen keine Chance, einflussreicher zu werden. Manche von Sanders Unterstützern hatten gehofft, dieser werde spätestens nach seiner von der Parteibürokratie vorangetriebenen Niederlage bei den Vorwahlen tatsächlich mithelfen, eine neue linke Organisation aufzubauen. Doch dafür gibt es keine Hinweise. Vielleicht hofft er auf die nächsten Wahlen.
Eine Kandidatur hat er jedenfalls nicht ausgeschlossen. In der FU-Berlin gab es nicht wenige, die sich genau das wünschen. Ein regelrechter Fankult wurde um Sanders betrieben. Manche schwenkten noch mal die alten Wahlschilder mit der Aufschrift „Bernie 2016“. „Stell Dir vor, Bernie wäre jetzt Präsident“, sagte eine Besucherin zu ihrer Freundin. Dabei scheint ihr gar nicht so klar zu sein, dass Sanders nur als Projektionsfläche einer pragmatischen Linken dienen kann, weil er eben nicht Präsident geworden ist.
Wäre er gewählt worden, hätte er schon so viele unpopuläre Maßnahmen abzeichnen müssen, dass zumindest ein Teil seiner Unterstützer ins Zweifeln kommen würden. Das liegt nicht daran, dass Sanders oder auch Obama ihre Grundsätze verraten haben. Doch der Präsident der kapitalistischen Großmacht USA kommt mit linksliberaler Moral nicht sehr weit. Das hat Obama schnell begriffen und wurde zu einem Spezialisten im Drohnenkrieg, was ihm bei seinen Auftritt auf dem Evangelischen Kirchentag einige Kritik einbrachte.
Auch Obama wurde vor seiner Präsidentschaft in Berlin wie ein Superstar begrüßt, im Amt flaute die Begeisterung schnell ab, weil sich schnell abzeichnete, wie wenig sich eigentlich verändert hat. Das würde bei einem Präsidenten Sanders nicht anders sein. Zumal er in seiner Berliner Rede schon einige beunruhigende Hinweise darauf gab.
Sanders warnte die Deutschen vor Putin
So kritisierte er heftig, dass sich Trump mit Autokraten wie Putin besonders gut versteht. Und dann verstieg er sich zu der Aussage: „Putin ist ein Mann, der sein eigenen Volk unterdrückt, sich in amerikanische Angelegenheiten einmischt und sich demnächst – passt auf – Deutschland vornehmen wird.“
Dass eine solche Aussage von Sanders nicht genau so kritisch kommentiert wird wie die vielen Verlautbarungen von Trump, ist nicht verwunderlich. Sie ist aber genau so „politischer Bullshit“, wie vieles was Trump so von sich gibt. Solche Aussagen schaffen eine Grundlage, die Konfrontation USA-Russland weiter voran zu treiben. Wenn auch Sanders auf die angebliche Einmischung Russlands in den USA rekurriert, wird natürlich nicht erwähnt, dass es wechselseitige Einmischungsversuche gibt.
Nur scheint Sanders die Einmischung nur zu stören, wenn sie von Russland kommt. Dass es vor allen hausgemachte Gründe waren, die zur Niederlage von Clinton im US-Präsidentenwahlkampf führten, dürfte Sanders sehr gut wissen. Doch über die hausgemachten Gründe wird erst gar nicht geredet, wenn man beständig das Bild von einer erfolgreichen russischen Einmischung bemüht.
Die Journalistin Bettina Gaus war nach einer Tour durch die USA jenseits der linksliberalen Hochburgen von einem Wahlsieg Trumps zu einer Zeit überzeugt, als fast alle dachten, der kommt nicht mal bei den Republikanern in die engere Wahl.
Sie hat sehr genau geschildert, welche innen- und wirtschaftspolitische Gemengelage dazu geführt hat. Putin gehört nicht dazu. Eine solche Verlagerung der Schuld nach Außen, wie sie hier auch Sanders vollführt, wird gerade nicht dazu führen, dass selbst eine gemäßigt reformistische Agenda in den USA eine Chance hat. Außenpolitisch kann damit der Baustein für eine interventionistische Politik gelegt werden.
Das sind alles Komponenten, die zur Frage führen, wie progressiv denn nun dieser Sanders dann wäre, wenn er Gelegenheit bekäme, seine Vorstellungen umzusetzen. Es war schon bezeichnend, dass ihn einige seiner Fans mit dem französischen Präsidenten Macron vergleichen und das durchaus positiv meinen.
Das macht noch mal deutlich, dass eine reine Trump-Ablehnung noch keine Garantie für eine progressive Politik ist. Eine angeblich progressive Bewegung, die keine Alternative mehr zu Sanders und Macron sehen kann, ist das eigentliche Problem. Die Konzentration auf einzelne charismatische Personen, vor 8 Jahren Obama heute Sanders, verhindert, dass sich die Menschen mit wirtschaftlichen und politischen Interessen und Strukturen auseinandersetzen und Alternativen von unten entwickeln.
Die wären auch in der Klimapolitik unbedingt nötig. So hatte es nach der Ausstiegsankündigung aus den Pariser Klimaverträgen den Anschein, als gäbe es nur Anhänger dieser Vereinbarung. Vergessen ist eine Kritik einer transnationalen Klimabewegung, die Vereinbarungen wie die von Paris als Placebo bezeichnete, die lediglich gut für das Gewissen einer umweltsensiblen Mittelschicht sind.
https://www.heise.de/tp/features/Die-Sehnsucht-nach-dem-guten-Ami-3733713.html
Peter Nowak
Kommt neue linke Hoffnung aus Großbritannien und den USA?
Jeremy Corbyn, Bernie Sanders und zuvor Syriza: Kritik an einer Linken, die sich Veränderungen immer nur aus dem Ausland erhofft
Seltsam fern scheinen heute die Tage im Juni und Juli dieses Jahres, als sich die griechische Syriza-Regierung noch nicht dem Diktat von „Deutsch-Europa“ gebeugt und ihren Kurs mittels Referendum hat bestätigten lassen. In jenen Tagen hatten in ganz Europa vor allem junge Menschen die Gewalt erkannt, die hinter der offiziellen Propaganda von Demokratie und Freiheit wirkt, wenn genau diese Begriffe einmal ernst genommen werden.
Das Nein der griechischen Bevölkerung hat selbst bei Menschen in Deutschland die Ahnung entstehen lassen, dass eine andere Gesellschaft möglich ist. Die Bewegung war speziell hierzulande, aber auch in ganz Europa zu schwach, um den griechischen Widerspruch gegen das europäische Diktat zu unterstützen. Mit der griechischen Unterwerfung, die vielerorts als Putsch wahrgenommen wird, schien die Hoffnung schon wieder vorbei.
Doch diejenigen, die im Sommer 2015 politisiert wurden und die Hoffnung hegten, von Griechenland könne ein Signal für ein anderes Europa ausgehen, sind weiter dabei zu lernen und zu überlegen, wie es das nächste Mal besser laufen könnte. Am vergangenen Dienstag war mit Janis Varoufakis ein Mann zur Berliner Volksbühne gekommen [1], der monatelang im Fokus der Öffentlichkeit stand, weil er als griechischer Verhandlungsführer mit den EU-Gremien die ökonomischen Argumente hinter sich hatte, was ihm auch vielfach bestätigt wurde.
Es zeigte sich aber, dass es in diesen Gremien nicht um Argumente, sondern um die Durchsetzung von Macht geht. Varoufakis diskutierte in Berlin wie in anderen Ländern über einen Plan B [2], er setzt aber immer noch die Hoffnung auf eine gemeinsame Veränderung innerhalb der EU und sieht in einem Austritt aus dem Euro nur das allerletzte Mittel.
Kommt jetzt Hoffnung aus Großbritannien?
Tatsächlich war in den letzten Wochen ausgerechnet in der britischen Labour-Party, die mit Blair zum Modell für die Hinwendung nominell sozialdemokratischer Parteien zum Wirtschaftsliberalismus geworden war, mit Jeremy Corbyn von der Basis ein Mann zum Vorsitzenden gewählt worden, der an die Vorstellungen der Sozialdemokratie vor Blair anknüpfen will.
Es ist ein Ausdruck der gesellschaftlichen Regression in den letzten Jahrzehnten, dass Positionen, die in den 1970er und 1980er Jahren in der Mitte der Sozialdemokratie beheimatet waren, heute als Linksaußenpositionen wahrgenommen werden. So wird Corbyn immer als Politiker vom äußerst linken Flügel der Labour-Party vorgestellt. Eine solche gesellschaftliche Verschiebung erleben wir auch in Deutschland, wo heute die Mehrheitspositionen der Linkspartei als Linksaußenpositionen wahrgenommen werden, obwohl sie im Vergleich zur SPD und den DGB-Gewerkschaften äußerst gemäßigt sind.
Wenn Corbyn die Wiederverstaatlichung der britischen Railway fordert, so versucht eine mediale Kampagne darin fast kommunistische Positionen zu sehen. Dabei haben die Gewerkschaften im Bahnsektor haben immer gegen die desaströsen Folgen der Privatisierung gekämpft, die im Film „The Navigators“ von Ken Loach gut dargestellt werden.
Der Erfolg von Corbyn beruht vor allem auf der Mobilisierung junger Aktivisten, die als Studierende in den letzten Jahren gegen zunehmende Prekarität auf die Straße gegangen waren. Die Bewegung wurde schnell zerstreut und der radikale Flügel mit Repression ruhiggestellt. Doch auch nach dem Studium erwartet diese Leute nur eine neue Stufe der Prekarität, dieses Mal als Wissenschaftler, Künstler oder Medienarbeiter. Sie waren der enthusiastische Kern der Pro-Corbyn-Bewegung.
Die zweite Gruppe, die ihn unterstützte, war die traditionelle NGO-Szene, vor allem aus der britischen Antikriegsbewegung, die sich mit dem Kriegskurs von Blair endgültig der Labour-Party entfremdet hatte. Die dritte Säule war die einst mächtige britische Gewerkschaftsbewegung, die von Thatcher als „Feind im Innern“ betrachtet und zerschlagen wurden. Die Blair-Labourparty hat an diese Politik angeknüpft.
Als Subkultur und Arbeiterbewegung zusammenkamen
So hat sich in der Kampagne für Corbyn wieder jenes Bündnis zusammengefunden, das bereits in den 70er und 80er Jahren funktionierte. Die Zeit, als Subkultur und die linke Gewerkschaftsbewegung in Großbritannien kooperierten, wurde im letzten Jahr durch den Film Pride [3] wieder in den öffentlichen Fokus gerückt. Der Film behandelt die historische Tatsache der Unterstützung des britischen Minerstreiks durch die Londoner Schwulen-Lesbenbewegung.
Diese wie der Film zeigt durchaus nicht konfliktfreie Kooperation hat eine längere Vorgeschichte. Ein zentrales Moment darin war der Streik der Beschäftigten der Firma Grunwick [4] im Jahr 1977. Es war der längste Ausstand in London und die Streikenden waren überwiegend Frauen aus Asien, die eigentlich schwer zu organisieren waren.
Solidarität bekamen sie von den neuen linken Bewegungen, die Mitte der 70er Jahre auch in London am Wachsen waren. Aber auch Arthur Scargill [5] kam zur Unterstützung: Der militante Vorsitzende der Bergleutegewerkschaft beteiligte sich gemeinsam mit vielen Miners am Solidaritätsstreik. In der gemeinsamen Aktion von Gay-Aktivisten und Arbeitermilitanten wurde die Grundlage für die LGSM 7 Jahre später gelegt. Mit dem Grunwick-Streik gelang es erstmals, die Gewerkschaften für die Belange von Frauen aus Asien zu interessieren.
Es entstand eine Front der Solidarität, die sich aus Teilen der linken Subkultur, Gewerkschaften und verschiedenen Flügeln des Arbeitermarxismus zusammensetzte. So wurde die historisch kurze Zeitspanne eingeleitet, als linke Subkultur und der radikale Flügel der fordistischen Arbeiterbewegung kooperierten [6].
Ob die Wahl von Corbyn zum Labour-Parteivorsitzenden eine neue aktuelle Form dieser Zusammenarbeit einleitet, ist noch offen. Doch außerparlamentarische britische Gruppen wie Plan C [7]geben ihm zumindest eine Chance [8].
Corbyn – Gefahr für die Nation?
Doch auch die Nachlassverwalter von Thatcher haben sich positioniert und sehen die Wahlen eines Sozialdemokraten, der ausdrücklich an die Vor-Thatcher-Ära anknüpfen will, als große Gefahr. Der konservative britische Premierminister twitterte nach Corbyns-Wahl:
Nicht von ungefähr knüpft die Propaganda für Nation, Wirtschaft und Familie an Argumentationsstränge der Ultrarechten aller Länder gegen die Linke an, nicht zuletzt der spanischen Faschisten gegen die damalige Volksfrontregierung in den 1930er Jahren. Viele ultrarechte Gruppen tragen die Namen Vaterland und Familie in ihren Parteinamen.
Auch aus Geheimdienstkreisen kamen schon Warnungen, dass man eine mögliche Corbyn-Regierung, zumindest wenn sie die Postionen nicht anpasst, mit allen Mitteln sabotieren werde. Julian Assange hat bereits mit der Warnung Aufmerksamkeit erregt, dass die Geheimdienste alles unternehmen werden, um eine Wahl Corbyn bereits vor der nächsten Unterhauswahl zu stoppen, wenn er weiter an einer konsequenten Abrüstung und einen Austritt Großbritanniens aus der Nato festhalten.
Assange riet [9] Corbyn, er sei gut beraten, wenn er nicht an allen Fronten kämpfen würde. Diese Empfehlung zur Mäßigung kann allerdings auch mit Assange in vielen Punkten alles anderen als fortschrittlichen Politikvorstellungen korrespondieren.
Corbyn – ein Freund der Hamas und Hisbollah?
Eine besondere Kritik an Corbyn, die sich auch Teile der israelsolidarischen Linken in Deutschland zu eigen machen, ist seine Position im Nahostkonflikt. Tatsächlich zählt er zu den Kritikern der israelischen Regierung und sieht die Bündnispartner in israelischen Linken und palästinensischen Organisationen. Dass er seine Kritik dabei vor allem gegen Israel richtet, hat allerdings mit der allgemeinen Positionierung des Großteils der linken Szene in Großbritannien zu tun.
Corbyn ist hier also keine Ausnahme, sondern steht da im politischen Mainstream. Dazu sollte man sich die Studie [10] des Soziologen Peter Ullrich [11] zur Kenntnis nehmen, in der er die Positionen der Linken in Deutschland und in Großbritannien analysierte und miteinander verglichen hat. Ullrich hat die Gründe für die unterschiedliche Position herausgearbeitet.
Während in Deutschland die Nahostdebatte vor dem Hintergrund der Shoah geführt wird, spielt in Großbritannien die Geschichte des Kolonialismus eine zentrale Rolle. Corbyn steht für eine israelkritische Positionierung von Jüdinnen und Juden, die es in aller Welt gab und gibt. Die Grenze zu einer regressiven Israelkritik wäre dann durchbrochen, wenn reaktionäre Organisationen wie Hisbollah und Hamas zu Bündnispartnern einer Linken verklärt würden.
Hier muss Corbyn tatsächlich Missverständnisse ausräumen. Bevor er aber gleich zu einem Feind Israels stilisiert wird, sollte erst einmal die unterschiedlichen Positionierungen der britischen Linken im Nahostkonflikt zur Kenntnis genommen werden.
Kann ein Sozialdemokrat US-Präsident werden?
Während also der Sozialdemokrat Jeremy Corbyn bereits wenige Wochen nach seiner Wahl massiven Angriffen ausgesetzt ist und eher publizistisch auf die Position des Verlierers festgelegt wird, der die Wahlen nie gewinnen kann und vielleicht vor dem nächsten Wahltermin wieder abgesetzt sein wird, wird der kurzzeitige Aufstieg eines anderen Sozialdemokraten eher unaufgeregt verfolgt.
Es geht um den Achtungserfolg des selbsternannten US-Sozialisten Bernie Sanders [12]. Mit seinen sehr gemäßigt sozialdemokratischen Positionen ist er aktuell durchaus ein aussichtsreicher Kandidat [13]der US-Demokraten für die Präsidentenwahl. Ob er letztlich, wenn es Ernst wird, gegen den Wahlkampfapparat von Hillary Clinton was ausrichten kann, muss bezweifelt werden.
Doch allein sein momentaner Erfolg zeigt, dass es auch in Teilen der US-Wählerschaft ein Unbehagen am wirtschaftsliberalen Konzept gibt und das Interesse an sozialdemokratischen Regulationsmodellen wächst.
Nun muss allerdings sowohl im Fall der USA wie auch Großbritanniens berücksichtigt werden, dass die Millionen sozial und gesellschaftlich Abgehängter gar nicht wählen gehen. Sie werden schon deshalb nicht einfach wieder zur Wahlurne gehen, nur weil scheinbar ein Sozialdemokrat Chancen hat, weil sie das gar nicht wahrnehmen und weil sie sich schlicht für diese Art der Politik nicht mehr interessieren. Es ist bisher nur in Venezuela den großen Kampagnen für Chavez gelungen, die dort Abgehängten und Armen für die Wahlen zu interessieren, was sich in großen Wahlerfolgen für die bolivarianische Revolution niederschlug.
Die Kämpfe vor der eigenen Haustür vergessen
Auf der eingangs erwähnten Veranstaltung mit dem ehemaligen griechischen Finanzminister Varoufakis wurde auch eine Warnung an die Linke in Deutschland laut, nun ihre Hoffnungen von Griechenland auf Großbritannien zu lenken. Der linke kroatische Philosoph Srećko Horvat [14] kritisierte die Reaktionen vieler Linker auf die Ereignisse in Griechenland, die sich in anderen Ländern wiederholen könnten [15].
Heute habe man sich einer Art „internationalen Masturbation“ hingegeben, kurz vor dem Referendum habe man geglaubt, gleich zum Orgasmus zu kommen und müsse nun mit der große schmerzhaften Enttäuschung zurechtkommen. Dasselbe werde auch Labour in Großbritannien mit Jeremy Corbyn passieren, „über den jetzt gerade alle masturbieren“, so Horvat.
Von dieser Kritik sollte sich aber auch eine Linke in Deutschland angesprochen fühlen, die sich Veränderungen immer nur aus dem Ausland erhofft. Waren es in den 1980er Jahren noch Guerillas aus Zentral- und Südamerika so sind es jetzt europäische Sozialdemokraten. Dabei wird oft übersehen, dass die Elemente für Änderungen auch in der deutschen Gesellschaft vorhanden sind.
Nur wenige Meter von der Volksbühne, wo Hunderte Menschen auf den Einlass zur Diskussion mit Varoufakis warteten, standen wie oft in den letzten Wochen Mitarbeiter des Kinos Babylon auf Streikposten. Sie kämpfen seit Wochen für einenTarifvertrag [16]. Nur wenige derjenigen, die auf Varoufakis Worte warteten, hatten das Bedürfnis, den Kämpfern gegen die Austeritätspolitik vor der eigenen Haustür einen Solidaritätsbesuch abzustatten.
http://www.heise.de/tp/news/Kommt-neue-linke-Hoffnung-aus-Grossbritannien-und-den-USA-2842492.html
Peter Nowak
Links:
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