Nicht zu bremsen


Im Wahlkampf waren die steigenden Mieten kaum ein Thema, mit AfD und FDP im Bundestag droht noch mehr Ungemach

Die sogenannte Mietpreisbremse wirkt kaum, zudem stufte ein Gericht sie kürzlich als verfassungswidrig ein. Nun ziehen mit der FDP und der AfD weitere vermieterfreundliche Parteien in den Bundestag ein.

Es war eine Hamburger Rentnerin, die Mitte September dafür sorgte, dass im Wahlkampf doch noch über die immer weiter steigenden Mieten gesprochen wurde – zumindest ein bisschen. In der ZDF-Sendung »Klartext« hatte die Frau den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz mit der Situation vieler Mieter konfrontiert. Die Rentnerin berichtete, dass sie und ihr Mann bald aus ihrer Wohnung ausziehen müssten, weil sie sich die Miete nicht mehr leisten könnten. Das Gebäude werde grundsaniert, danach solle die Miete auf knapp das Vierfache steigen: von 230 Euro im Monat auf 850 Euro. Während Schulz sich ahnungslos zeigte und bezweifelte, dass eine solche Steigerung gesetzeskonform sei, musste er sich vom Moderator daran erinnern lassen, dass es sich um die normale Praxis einer öffentlichen Wohnungsbaugesellschaft in einer SPD-regierten Stadt handele. »Die ›Mietpreisbremse‹ funktioniert nicht«, klagte die Rentnerin und brachte damit auf den Punkt, was viele Betroffene am Wohnungsmarkt täglich erleben. Dazu beigetragen haben die vielen Schlupflöcher, mit denen Haus- und Wohnungseigentümer die Deckelung der Mieten umgehen können.

»Man gewinnt den Eindruck, das Landgericht möchte sich wieder als Gönner der Vermieter profilieren.« Kurt Jotter, Berliner Mieteraktivist

Das war allerdings nicht der Grund dafür, dass kurz darauf das Berliner Landgericht die sogenannte Mietpreisbremse als verfassungswidrig einstufte. Die Richter argumentierten, es liege eine ungleiche Behandlung von Vermietern in unterschiedlichen Städten vor, weil die zulässige Miethöhe von der ortsüblichen Vergleichsmiete abhängt. Diese variiere aber je nach Stadt erheblich. Das widerspreche Artikel 3 des Grundgesetzes, der die Gleichbehandlung vor dem Gesetz vorschreibt. Als Beispiel erwähnte das Gericht, in München liege die Vergleichsmiete bis zu 70 Prozent über der in Berlin. Im konkreten Fall spielte die Frage der Verfassungsmäßigkeit am Ende keine Rolle mehr, so dass sie auch nicht zur Klärung an das Bundesverfassungsgericht weitergegeben wurde.

»Man gewinnt den Eindruck, das Landgericht möchte sich wieder als Gönner der Vermieter profilieren«, kommentierte der Berliner Mieteraktivist Kurt Jotter im Gespräch mit der Jungle World das Urteil. Jotter regte im Gegenzug an, den Paragraphen 559 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Dieser regelt Mieterhöhungen bei Modernisierungen und setzt nach Ansicht der Kritiker die Mieterrechte außer Kraft. Unter dem Motto »Rettet die Mieterrechte – streicht endlich den Paragraphen 559 BGB« haben Mieterinitiativen eine Petition an den Bundestag eingereicht. Die Abschaffung des Paragraphen gehört auch zu den Forderungen des bundesweiten Bündnisses »Mietenwahnsinn stoppen«, zu dem sich mehrere stadtpolitische Gruppen und Mieterinitiativen zusammengeschlossen haben. Am zweiten Septemberwochenende hatte das Bündnis bundesweite Aktionstage veranstaltet. Die Palette reichte von einer Plakataktion in Köln bis zu einer Demonstration in Berlin mit über 2 000 Teilnehmern.

Florian Kasiske, ein Sprecher des Hamburger Netzwerks »Recht auf Stadt« und Mitbegründer der bundesweiten Kooperation, benannte im Gespräch mit der Jungle World die Probleme einer Organisierung der Mieter über die eigene Stadt hinaus. »Bewegungen gegen steigende Mieten und Gentrifizierung sind sehr ortsbezogen. Um einen Konflikt zu gewinnen, muss man in einem sehr spezifischen lokalen Setting agieren.« Doch dabei stoße man immer mehr an Grenzen. »Zentrale Forderungen der Mieterinitiativen lassen sich nur bundesweit durchsetzen – wie beispielsweise die nach einer neuen Wohngemeinnützigkeit, nach Abschaffung der Modernisierungspauschale Paragraph 559 oder nach einer wirksamem Mietpreisbremse«, so Kasiske.

Die Notwendigkeit einer außerparlamentarischen Organisierung der Mieter wird angesichts der Zusammensetzung des neuen Bundestags wohl noch dringlicher. Mit der FDP und der AfD sind zwei Parteien in den Bundestag eingezogen, die Mieterrechte weiter einschränken wollen. Auch die CDU-FDP-Koalition, die in Nordrhein-Westfalen die Landesregierung stellt, will die wenigen Schritte der rot-grünen Vorgängerregierung zugunsten der Mieterseite zurücknehmen. Die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel bezeichnete das Zweckentfremdungsgesetz, mit dem die Umwandlung von Miet- in Ferienwohnungen gebremst werden soll, als Enteignung von Wohnungseigentümern.

https://jungle.world/artikel/2017/39/nicht-zu-bremsen

Peter Nowak

Wer bremst, verliert

Eine Studie zeigt: Die sogenannte Mietpreisbremse ist wirkungslos. Eine Wiederbelebung des kommunalen Wohnungsbaus und Selbstorganisierung könnten mehr bringen.

»Schluss mit dem McKinsey-Müller, Sozialismus ist der Knüller«. Mit dieser Parole wurde Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller Mitte Mai in der Heilig-Kreuz-Kirche von »Miet­rebellen« und Mitgliedern stadtpolitischer Gruppen lautstark empfangen. Der SPD-Politiker hatte dort unter dem Motto »Füreinander« zum Dialog mit den Wählern eingeladen. Doch bei seiner Wahlkampfshow wurde Müller mit Protesten konfrontiert. Kritisiert wurden die engen Verbindungen der Berliner SPD zur Unternehmensberatung McKinsey sowie die Berliner Wohnungspolitik.

Mit ähnlichen Protesten dürften die Sozialdemokraten in der Hauptstadt auch künftig zu rechnen haben. Denn erst kürzlich erwies sich eine mietenpolitische Beruhigungspille als Placebo: die sogenannte Mietpreisbremse. Es hat sich herausgestellt, dass diese bundesweit nicht funktioniert. Ein Jahr nach ihrer Einführung steigen die Mieten in Deutschland noch immer deutlich an. In Berlin liegen die Mieten im Schnitt knapp ein Drittel höher als eigentlich zulässig. Das ist das Ergebnis einer vom Forschungsinstitut Regiokontext im Auftrag des Berliner Mietervereins erstellten Studie. Die Resultate decken sich mit den Ergebnissen anderer Studien.

Berlin ist keine Ausnahme, sondern liegt im Trend. So stiegen nach Untersuchungen des Forschungsinstituts Empirica die Mieten vergangenes Jahr in Berlin um 4,8 Prozent und in Düsseldorf um 4,7 Prozent. München dagegen rangierte mit einer Steigerung von 2,9 Prozent eher im unteren Bereich.

Schon vor einigen Jahren wies die Initiative »Studis gegen hohe Mieten« darauf hin, dass in der Universitätsstadt Heidelberg Kommilitonen, die nicht zu den Vermögenden gehören, keine Wohnung bekommen. Sie müssen in die Nachbarorte ausweichen. »Auch in Heidelberg werden Wohnungen weiterhin zu überhöhten Mieten angeboten«, monierte Christoph Nestor vom örtlichen Mieterverein gegenüber der Rhein-Neckar-Zeitung. Trotzdem verzeichnete das Amtsgericht noch keinen Fall, in dem ein Mieter gegen seinen Vermieter geklagt hätte – und der Mieterverein hatte seit November nicht ein Beratungsgespräch zu diesem Thema. Nestor kennt die Gründe: »Es gibt jede Menge Interessenten, und den Zuschlag für eine Wohnung bekommt einer, der es sich leisten kann – und der wird nach aller Lebenserfahrung nicht den Mietvertrag unterschreiben und dann klagen.« Menschen mit niedrigerem Einkommen, denen die »Mietpreisbremse« eigentlich helfen soll, kämen erst gar nicht zum Zug – sie würden auch kaum mit der Klageoption im Hinterkopf einen Mietvertrag zu Konditionen unterschreiben, die ihre finanziellen Möglichkeiten überschreiten.

Von solchen Erfahrungen berichtet auch Matthias Coers der Jungle World. Mit seinem Film »Mietrebellen« und mit Kurzvideos über verschiedene Mietkämpfe ist er in den vergangenen Monaten in zahlreichen Städten unterwegs gewesen. Eingeladen wurde er oft von Mietern, die gerade Erfahrungen mit Verdrängung machen und sich Rat holen wollen. »Wer dringend eine Wohnung sucht, kann es sich gar nicht leisten, auf die Bestimmungen der ›Mietpreisbremse‹ zu pochen«, sagt Coers mit Verweis auf die Konstruktionsfehler des Gesetzes. So sind die Vermieter nicht verpflichtet, die bisherigen Mietpreise offenzulegen. »Wenn Mieter danach fragen, können sie in den Augen der Eigentümer schnell als solche erkannt werden, die notfalls auch die gesetzlichen Regelungen einklagen.« Dann wird ihnen die Wohnung erst gar nicht vermietet. In Zeiten, in denen die Nachfrage nach Wohnungen wesentlich höher als das Angebot ist, gehört das zum Alltag.

»Die Marktentwicklung setzt sich durch«, kommentiert auch Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft (BMG)  im Gespräch mit der Jungle World die Meldungen über den Flop der »Mietpreisbremse«. Für ihn ist das keine Überraschung. Anders als manche sozialdemokratischen Politiker sieht Oellerich auch keinen Grund, eine Korrektur der Regelung zu fordern, »Sie ist einfach kein Instrument, um die Mieten zu begrenzen«, so Oellerichs Fazit. Die BMG fordert zur Behebung der Wohnungsnot eine Wiederbelebung des kommunalen Wohnungsbaus und hat bereits 2014 die Initiative »Neuer Kommunaler Wohnungsbau« gegründet. Um die Fehler des alten sozialen Wohnungsbaus der sechziger Jahre nicht zu wiederholen, sollen keine Privatinvestoren an den Neubauten beteiligt werden. Diese Forderung unterstützt auch Ralph Neumann von der stadtpolitischen Arbeitsgemeinschaft der Interventionistischen Linken (IL) Berlin. Aber er hat noch weitere Ziele: »Letztlich muss Wohnen zum öffent­lichen Gut werden, ein Grundrecht statt Ware auf dem Markt.« Bis dahin würden feste Mietpreisobergrenzen und eine hohe Besteuerung von Immobilienprofiten benötigt. Mit den Einnahmen solle ein Non-Profit-Sektor finanziert werden, mit dem »Wohnraum von öffentlichen und kommunalen Gesellschaften oder Genossenschaften bereitgestellt wird«, erklärt Neumann der Jungle World. Auch Enteignungen dürften kein Tabu sein, sagt das IL-Mitglied und verweist auf Artikel 15 des Grundgesetzes, der Enteignungen zum Zwecke der Vergesellschaftung ausdrücklich vorsehe. Dazu aber sei eine Selbstorganisierung der Mieter nötig, betont Neumann.

Tatsächlich haben in den vergangenen Monaten engagierte Mieter zumindest partiell Erfolge erzielt. Monatelang kämpften etwa die Mieter der Friedelstraße 54 in Berlin-Neukölln gegen eine energetische Sanierung, die sie als Anfang der Verdrängung betrachteten. Auch in einem solchen Fall greift die »Mietpreisbremse« nämlich nicht. Gemeinsam mit Unterstützern besuchten die Mieter am 19. März sogar die Eigentümerfirma Citec in Wien. Dort überbrachten sie ein Kaufangebot, das allen Mietern ein Bleiben in ihren Wohnungen ermöglicht. Wenige Tage später begannen Verhandlungen. Das zeigt, dass Selbstororganisierung den Mietern Vorteile bringen kann – vermutlich mehr als eine nutzlose »Mietpreisbremse«.

http://jungle-world.com/artikel/2016/22/54118.html

Peter Nowak

Und die Miete steigt

Die geplante sogenannte Mietpreisbremse mag die SPD in der Regierung beruhigen, die betroffenen Mieter hingegen nicht.

Es mag länderspezifischem Patriotismus geschuldet sein, dass der Chefredakteur der Saarbrücker Zeitung, Peter Stefan Herbst, den Sozialdemokraten Heiko Maas zum »Superminister« kürte. Dabei ist der Bundesminister für Justiz und Verbraucherschutz bisher vor allem mit Äußerungen hervorgetreten, die das Selbstbewusstsein der SPD in der Großen Koalition stärken sollen. Dazu gehört auch die Ankündigung, schnell eine sogenannte Mietpreisbremse einzuführen, schließlich gehörte eine Begrenzung der Mietsteigerungen zu den Versprechen, die die Partei im Wahlkampf gemacht hatte.

Vorgesehen ist nach dem Gesetzentwurf, den der Justizminister nun vorgelegt und zur Abstimmung an die anderen Ressorts geschickt hat, dass Neumieten »in angespannten Wohnungsmärkten« nur noch um zehn Prozent über dem ortsüblichen Niveau liegen dürfen. Neuerungen sind auch bei der Provision für den Makler geplant, diese soll künftig derjenige zahlen, der ihn beauftragt.

Allerdings soll die Regelung nicht in ganz Deutschland gelten, sondern nur »in angespannten Wohnungsmärkten« eingeführt werden. Welche Regionen dazu gehören, definieren die Bundesländer für einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren. Nach Berechnungen des Justizministeriums liegen dem Bericht zufolge gut 4,2 Millionen der 21,1 Millionen deutschen Mietwohnungen in solchen »angespannten« Gebieten. Aber auch für diese sind Ausnahmen von der Mietenbremse vorgesehen. Nicht gelten soll sie bei der Erstvermietung neu gebauter Wohnungen sowie bei Wohnungen, die vor der Vermietung umfassend saniert wurden. Begründet wird dies damit, dass der Wohnungsbau und die Modernisierung bestehender Wohnungen attraktiv bleiben sollen. Auch Wohnungen, deren Preise bereits über dem Vergleichswert des Mietspiegels liegen, sollen weiterhin teuer vermietet werden können. In seinem Kommentar in der Taz kritisiert Gereon Asmuth deshalb, dass die »Mietexplosion« mit der geplanten Preisbremse nicht verhindert werden kann. »Der Turbo-Motor der Preisspirale bleibt unangetastet: Es ist die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete, die gemeinhin über Mietspiegel ermittelt wird.«

Wie immer, wenn die Verwertungsinteressen durch kleine Reformen auch nur minimal tangiert werden könnten, protestieren die Interessenvertreter der Eigentümer heftig gegen die geplanten Änderungen. So bescheinigte Manfred Binsfeld, Immobilienmarktexperte der Rating-Agentur Feri, den Koalitionären hektische Betriebsamkeit und Populismus. Der Hamburger Rechtsanwalt Thies Boelsen bezeichnete die Mietpreisbremse gar als »verfassungswidrig«.

Diese Polemik ist natürlich Taktik. Schließlich wollen die Interessenvertreter der Eigentümer die Gesetzesreform noch stärker in ihrem Sinn beeinflussen. Prompt erklärte die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, der Entwurf sei unausgewogen. Die Immobilienwirtschaft werde ihrer Ansicht nach zu wenig berücksichtigt. Maas und seine Mitstreiter von der SPD dürften sich über die kalkulierbare Aufregung der Immobilienwirtschaft freuen. Schließlich kann angesichts der Kritik der Immobilienlobby der Eindruck erweckt werden, der Gesetzentwurf sei mieterfreundlich. Mancher Interessenvertreter sorgte hingegen ungewollt für Aufmerksamkeit, indem er seiner Klientel gutgemeinte Ratschläge gab, die die Vermieter nicht benötigen, weil sie bereits längst von ihnen befolgt werden. So riet Kai Warnecke, Geschäftsführer des Vermietervereins »Haus & Grund«, bei einem Treffen der Immobilienbesitzer in Stuttgart seinen Zuhörern: »Versuchen sie, die Miete schleichend in kleinen Schritten zu erhöhen.«

Mitglieder der Mieterbewegung in Berlin haben derzeit hingegen anderes zu tun, als über das geplante »Reförmchen« aus dem Hause Maas zu debattieren. »In den Ohren eines mit energetischer Modernisierung geschlagenen Mieters hört sich die neue Gesetzesvorlage wie blanker Hohn an«, sagt der Videojournalist Matthias Coers im Gespräch mit der Jungle World. »Nicht nur bei den Modernisierungsmaßnahmen am Weichselplatz kann man sehen, dass unter dem Deckmantel der Ökologie Hauseigentümer eingeladen werden, die Mieter zur Ader zu lassen. Die bestehenden Gesetze bürden den Mietern die gesamten Kosten der Modernisierung auf. Diese verlieren ihre Wohnung oder, wenn das Einkommen reicht, um die Wohnung zu behalten, steigt der Wohnkostenanteil oft massiv«, sagt Coers, der in einem Haus in Neukölln wohnt, das energetisch saniert werden soll.Gemeinsam mit Gertrud Schulte Westenberg hat er den Film »Mietrebellen« produziert, der im April in den Kinos zu sehen sein wird. Der Dokumentarfilm liefert einen guten Überblick über die Mieterproteste in Berlin der vergangenen zwei Jahre.

Die Gewerkschafterin Nuriye Cengiz, die um den Verbleib in ihrer rollstuhlgerechten Wohnung in Kreuzberg kämpft, wird dort ebenso porträtiert wie die Seniorengruppen »Palisadenpanther« und die Initiative »Stille Straße«, die erfolgreich gegen Verdrängung kämpften. Am Schluss des Filmes bezeichnet ein Aktivist die Diskussion um die Mietpreisbremse als »Placebo« für die Mieterproteste. Coers sieht das ähnlich: »Jedem, der sich mit dem Wohnungsmarkt kritisch auseinandersetzt, wird klar, dass die neuen Regelungen der sogenannten Mietpreisbremse schon von der Wahl der Begrifflichkeit in erster Linie dazu gedacht sind, die Bevölkerung zu beruhigen.« Ob das gelingt, ist fraglich.

Am kommenden Wochenende soll beim Kongress »Berliner Ratschlag – Wem gehört die Stadt?« an der Technischen Universität in Berlin eine Bilanz nach zwei Jahren stadtpolitischer Kämpfe der Mieterbewegung gezogen werden. Darüber hinaus wollen die Teilnehmer auch darüber debattieren, wie sich aus dem Protest gegen steigende Mieten Widerstand gegen Mieterhöhungen und Räumungen formieren kann.In Berlin nehmen Räumungen von Mietern zu, die sich dagegen wehren, aus ihren Wohnungen geworfen zu werden und damit an die Öffentlichkeit gehen.

Am Donnerstag voriger Woche wurde in der Reichenbergerstraße in Kreuzberg eine Wohnung mit großem Polizeiaufgebot geräumt. Als knapp 100 Aktivisten und solidarische Nachbarn nach einer erfolglosen Blockade eine spontane Demonstration gegen »steigende Mieten, Zwangsumzüge und Verdrängung« begannen, nahm die Polizei acht Personen fest. Bei der monatlich stattfindenen »Lärmdemo« des Mieterbündnisses »Kotti & Co« kam es am Samstag zu einem hef­tigen Polizeieinsatz (siehe auch Seite 17). Für Anfang April stehen weitere Räumungen in Berlin an, die das Protestbündnis »Zwangsräumung verhindern« behindern möchte.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft »Wohnungslosenhilfe« geht bundesweit von 25 000 Räumungen im Jahr 2012 aus. Der Anteil der Mieter, die sich dagegen wehren, ist in den vergangenen Monaten gestiegen. Mittlerweile existieren nicht nur in Berlin, sondern auch in Hamburg, Han­nover und Köln Bündnisse gegen Räumungen. In Köln wurde im Februar die Räumung eines Mieters, der nach 32 Jahren seine Wohnung verlieren sollte, verhindert. Für den 16. April wurde ein neuer Räumungstermin angekündigt, aber auch eine Blockade durch die Mieterbewegung. Die Mietpreisbremse von Heiko Maas wirkt dort keineswegs beruhigend.

http://jungle-world.com/artikel/2014/14/49607.html

Peter Nowak