Arbeitsministerium sind geprellte Arbeiter egal

Rumänische Bauarbeiter der Mall of Berlin, die um ihren Lohn betrogen wurden, warten auf Antwort

Niemand will für die ausstehenden Löhne der Bauarbeiter verantwortlich sein. Weder die Firmen noch die Bundesregierung. Die verweist auf einen Rechtsweg, der den Rumänen kaum helfen wird.

»Das besondere Einkaufserlebnis« – damit wirbt die kürzlich eröffnete Mall of Berlin mit 270 Geschäften am Leipziger Platz um zahlungskräftige Kunden. Bogdan Droma ist nicht gemeint. Er gehört zu einer Gruppe von neun rumänischen Bauarbeitern, die um ihren Lohn betrogen wurden. 3000 Euro wurden ihnen vorenthalten. Die für den Bau zuständigen Unternehmen schieben sich die Verantwortung für die ausstehenden Löhne gegenseitig zu. Generalunternehmer Fettchenhauer Controlling & Logistic, mittlerweile insolvent, verweist auf die Subunternehmen Metatec-Fundus und openmallmaster. Beide Unternehmen lassen Presseanfragen unbeantwortet.

»Die Leidtragenden der mafiösen Strukturen, die das Ausbeutungssystem Mall of Berlin auszeichnen, sollen wieder einmal die Arbeiter sein«, kritisiert die kleine linke Basisgewerkschaft FAU. Sie fordert Investor Harald Huth zur Zahlung der Löhne auf. Auch die Beratungsstelle für entsandte Beschäftigte beim DGB Berlin-Brandenburg und die Eberhard-Schultz-Stiftung für soziale Menschenrechte und Partizipation unterstützen die rumänischen Arbeiter.

Die Bundestagsabgeordnete der LINKEN Azize Tank sieht auch die Politik in der Verantwortung. »Anstatt sich ihrer Verantwortung zu stellen und geeignete Maßnahmen zu treffen, um Arbeitsausbeutung zu verhindern, wiegt sich die Bundesregierung in Unwissenheit und entzieht sich ihrer Verpflichtung«, moniert Tank. Die Abgeordnete hatte die Bundesregierung schriftlich gefragt, wie sie die Forderungen der rumänischen Bauarbeiter unterstützt. Doch die weiß nichts von Missständen bei den Arbeitsverhältnissen auf der Mall of Berlin, wie das Bundesarbeitsministerium mitteilt und verweist auf den Rechtsweg, der den geprellten Arbeitern offen stehe.

Für Tank zeugt diese Antwort von Ignoranz. »Die Bundesregierung will wiedermal von Missständen mit Leiharbeitsfirmen nichts wissen, dabei ist sie hierfür selbst verantwortlich.« Sie sieht in dem unter Rot-Grün gezielt geförderten Billiglohnbereich und der Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse die Grundlage für Lohndrückerei, die nicht nur bei der Mall of Berlin Schlagzeilen macht. Unter Verletzung der Bestimmungen über den Mindestlohn seien die Bauarbeiter der Mall zu ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen gedrängt worden. Die Männer arbeiteten ohne Arbeitsvertrag.

Ein Mitarbeiter der ver.di-Geschäftsstelle in Berlin betonte gegenüber »nd«, dass ein Urteil des Bundesgerichtshofs im letzten Jahr die Durchsetzung der Rechte der Beschäftigen erschwert habe. Es hatte entschieden, dass Beschäftigte, die sich auf Schwarzarbeit einlassen, ihren Lohn nicht einklagen können. Hier würden unter dem Vorwand des Kampfs gegen Schwarzarbeit die Rechte von ausländischen Arbeitern erschwert, kritisiert die FAU. Eine Lohnarbeit ohne Arbeitsvertrag werde als Schwarzarbeit bewertet, ohne zu berücksichtigen, dass den Beschäftigten, die das deutsche Rechtssystem nicht kennen, der Vertrag von den Unternehmen verweigert wurde.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/955270.arbeitsministerium-sind-geprellte-arbeiter-egal.html

Peter Nowak

Arbeiterkampf an der »Mall of Shame«

Bauarbeiter aus Rumänien fordern vor dem neu eröffneten Shoppingcenter »Mall of Berlin« ausstehende Löhne ein

Arbeiter demonstrieren vor dem neu eröffneten Shoppingcenter »Mall of Berlin« für ihre ausstehenden Löhne.

»Mall of Shame. Erbaut auf Ausbeutung«, steht auf einem großen Transparent vor dem neuen Einkaufstempel »Mall of Berlin«. Passanten bleiben stehen, lesen aufmerksam das Banner, einige nehmen Flugblätter entgegen, die von einer Gruppe Menschen verteilt wird. »FAU im Arbeitskampf« steht auf einer gelben Weste, die Bogdan Droma über seinen Anorak gezogen hat. Seit einer Woche steht er hier jeden Tag sechs Stunden in der Kälte und protestiert. Zusammen mit weiteren Protestanten und der Basisgewerkschaft Freie Arbeiter Union (FAU), die 20 rumänische Bauarbeiter bei ihrem Protest unterstützt, will Droma seinen ausstehenden Lohn einfordern. Er und die anderen Arbeiter haben monatelang auf der Baustelle geschuftet, wurden aber um einen Teil ihres Lohns betrogen.

Bis September 2014 hätten sie auf der Baustelle gearbeitet, sechs Euro die Stunde sei ihnen zugesichert worden. Doch auf den größten Teils des Betrags warten die Bauarbeiter bis heute. »Wir haben manchmal kleinere Beträge ausgezahlt bekommen. Immer wenn wir den vollständigen Lohn einforderten, wurde uns gesagt, wir sollten uns gedulden. In den nächsten Tagen käme das Geld«, berichtet einer der Arbeiter.

Am 25. September wurde die Mall bereits mit großem Brimborium eingeweiht, die Löhne stehen noch immer aus. Insgesamt betragen die ausstehenden Lohnkosten rund 30 000 Euro. Für den Bauherrn der Mall, die »Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH« wäre das eher ein Betrag aus der Portokasse; für die rumänischen Bauarbeiter ist es Geld, das sie dringend für sich und ihre Familien in der Heimat brauchen. »Wir sind teilweise obdachlos und haben Hunger«, erklärt einer der Betroffenen.

Doch bisher will niemand für die ausstehenden Gelder verantwortlich sein. Der Bauherr erklärt, er habe die Gelder an die Subunternehmen »Metatec-Fundus GmbH & Co. KG« aus Kreuzberg, sowie »Openmallmaster GmbH« aus Frankfurt am Main gezahlt. Doch dort ist niemand erreichbar. Im Internet wird eine »Law-Factory« in Frankfurt/Main als Kontaktadresse für die »Openmallmaster GmbH« verwiesen, doch die in dem Gebäude befindlichen Rechtsanwälte wollen den Namen des Subunternehmens noch nie gehört haben.

Der FAU-Pressesekretär Stefan Kuhnt betont, dass der Kompetenzstreit nicht auf dem Rücken der geprellten Beschäftigten ausgetragen werden kann. »Der Bauherr «Fettchenhauer Controlling & Logistic GmbH» trägt durch die Vergabe der Subverträge an diese Firmen eine Mitverantwortung. Er soll die ausstehenden Löhne bezahlen«, so Kuhnt. Unter change.org kann diese Forderung durch eine Petition unterstützt werden. Sollte sich das Unternehmen taub stellen, werden die Proteste weitergehen, kündigten die Arbeiter an. »Die Kollegen sind sehr motiviert«, betont Kuhnt. Neben den Protesten vor der »Mall of Berlin« wollen die Arbeiter die gesamte Woche vor dem Büro des Bauherren Andreas Fettchenhauer und ebenso vor dem des Investors Harald Huth protestieren, gab die FAU bekannt.

»Wir sind bereit, den Protest fortzuführen. Ich bezweifle, dass die bemüht weiße Weste des Investors mit nur ein paar Flecken davonkommt, wenn er nicht dafür sorgt, dass die Mall-Arbeiter ihr Geld erhalten«, so Nina Matzek, Sekretärin der FAU Berlin. Dann werden die Kunden bei ihrem Weihnachtseinkauf weiter darüber informiert werden, dass den rumänischen Bauarbeitern, die sowieso schon geringen Löhne verweigert werden.

Für Samstag ruft die FAU Berlin zu einer Demonstration um 14 Uhr am Leipziger Platz auf. Mit der Demonstration wollen sie einerseits das Anliegen der Arbeiter artikulieren, die Löhne zu bezahlen und sich andererseits auch gegen die generelle Ausbeutung migrantischer Arbeiter einsetzen

http://www.neues-deutschland.de/artikel/954243.arbeiterkampf-an-der-mall-of-shame.html

Peter Nowak