Eine Demonstration und eine weitere Veranstaltung in Berlin werfen Fragen auf.

„Wir zahlen nicht für Eure Kriege“: Am Nerv der Zeit und doch kein großer Wurf

Auf der Abschlusskundgebung, vor in der Sommerhitze deutlich geschrumpften Publikum, sprachen dann noch Basisgewerkschafter aus Griechenland und Italien, die in den letzten Wochen durch Streiks Rüstungstransporte für mehrere Tage behindert hatten. Die Gruppe der griechischen Gewerkschafter, zu denen auch Hafenarbeiter aus Piräus gehörten, riefen dazu auf, den Kampf gegen Kriege von Seiten Russlands und der Nato sowie gegen autoritäre Staatspolitik – ob in Russland, der Ukraine oder Griechenland – zu verbinden.

Spätestens im Winter könnten in Deutschland die Energiepreise in noch unbekannte Höhen schnellen. Darauf werden die Bürger jetzt schon mal vorbereitet. Da hat der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller im Deutschlandfunk alle Haus- und Wohnungsbesitzer aufgerufen, ihre Gas-Brennwertkessel und Heizkörper rasch zu überprüfen und effizient einstellen zu lassen. Eine Wartung könne den Gasverbrauch um zehn bis 15 Prozent senken.Das müsse jetzt passieren und nicht erst im Herbst, mahnte Müller. Auch solle in den Familien bereits jetzt darüber gesprochen werden, ob im Winter in jedem Raum die gewohnte Temperatur eingestellt sein müsse oder ob es in manchen auch etwas kälter sein könne. Da werden wir auf einen kalten Kriegswinter eingestimmt. Denn der Gasmangel ist nicht naturgegeben, sondern eine Folge der …

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Trennung nach Religionen?

Für Hagen Berndt ist der Glaube von Flüchtlingen nicht die Ursache von Gewalt in Heimen

Hagen Berndt ist als Konfliktberater beim Forum Ziviler Friedensdienst e.V. tätig und Mitverfasser einer Stellungnahme, die sich gegen die Trennung von Geflüchteten nach Religion und Ethnie wendet. Mit ihm sprach für »nd« Peter Nowak.

In der Nacht zu Dienstag kam es in einer Berliner Flüchtlingsunterkunft zu einer Schlägerei unter Schutzsuchenden – eine von mehreren in den vergangenen Wochen. Oft werden religiöse Streitigkeiten als Auslöser ausgemacht. Worin sehen Sie die Ursachen?
Konflikte sind Teil allen menschlichen Zusammenlebens. Gewalt tritt jedoch dann auf, wenn die Beteiligten keine andere Möglichkeit sehen, ihre Interessen zu wahren oder ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Dass sich Konflikte in Flüchtlingsunterkünften immer wieder gewaltsam entladen, ist einer extremen Stresssituation geschuldet. Die Flüchtlinge haben vor oder während der Flucht dramatische Erlebnisse erfahren. Starke emotionale Angespanntheit ist verbunden mit großen Hoffnungen auf ein neues Leben. Sie leben dann auf engem Raum mit vielen Menschen. Es herrscht Konkurrenz um Raum und Ruhe, Essen, Kleidung, Chancen und Perspektiven. Rückzugsmöglichkeiten und sinngebende Beschäftigung fehlen. Der Aufenthalt in Deutschland ist nicht gesichert, vielleicht droht schon bald die Abschiebung und erneute Lebensgefahr.

Warum lehnen Sie die von manchen Politikern geforderte Trennung der Flüchtlinge nach ihrer Religion ab?
Die Konflikte verlaufen gar nicht entlang religiöser Trennlinien. Doch Konfliktakteure ziehen gerne religiöse, ethnische oder andere Zugehörigkeiten heran, um Selbst- und Feindbilder aufzubauen und eigenes Handeln zu rechtfertigen, um eigene Interessen durchzusetzen. Diese Konfliktmechanismen können aber nicht durch getrennte Unterbringung durchbrochen werden. Vielmehr würden die falschen Argumente dadurch erst akzeptiert. Ich lehne die getrennte Unterbringung auch deshalb entschieden ab, weil eine Differenzierung, um scheinbar miteinander »harmonisierende« Gruppen zu erzeugen, unmöglich ist und nicht zum Frieden beiträgt. Sie würde den Boden für neue Ressentiments bereiten, für das Gefühl der eigenen Benachteiligung bzw. der Bevorzugung anderer.

Wieso?
Getrennte Unterkünfte würden Debatten zwischen den Kommunen und in der einheimischen Bevölkerung provozieren, wer nun welche »nette« oder »problematische« Flüchtlingsgruppe zugeteilt bekommt. Sie würde außerdem die Botschaft vermitteln, dass ein friedliches Zusammenleben nicht möglich ist und dass Religion und Ethnie das Problem sind. Diese Botschaften sind falsch und hoch gefährlich. Es ist wissenschaftlich längst widerlegt, dass Religionszugehörigkeiten die Ursache von Konflikten wären. Es ist problematisch, dieses Vorurteil nunmehr von politischer Seite zu bestätigen.

Wäre es nicht für einen von Islamisten verfolgten Geflüchteten ein Schutz, wenn er nicht wieder mit Islamisten in einer Unterkunft zusammen leben muss?
Diese Frage legt nahe, dass alle Muslime Islamisten wären. Islamismus ist eine politische Ideologie, die sich der Religion bedient, um Macht auszuüben. Gerade viele muslimische Flüchtlinge zum Beispiel aus Syrien und Irak fliehen auch vor der Gewalt der Islamisten. Eine nach Religionszugehörigkeit getrennte Unterbringung nähme die Bedürfnisse vieler Flüchtlinge nicht ernst, sich von Ideologien abzugrenzen, die in ihrer Herkunftsregion zu Vertreibung und Krieg führen. Sie würde diese Menschen mit dem Segen unseres Staates erst den Islamisten ausliefern.

Welche Lösung schlagen Sie zur Beilegung der Konflikte vor?
Es muss einer Lageratmosphäre von Flüchtlingsunterkünften entgegengewirkt werden. Es gilt, ruhige Rückzugsräume und Orte der Begegnung bereitzustellen, geflüchteten Menschen ein Mindestmaß an Selbstbestimmung zu ermöglichen und persönliche Beziehungen zur einheimischen Bevölkerung zu erleichtern. Maßnahmen der Psychologischen Ersten Hilfe, um die Betroffenen emotional zu stärken, ein besonderer Schutz für Kinder und alleinstehende Frauen sowie die verbindliche Einführung von Mindeststandards zur Prävention sexualisierter Gewalt wären notwendig. Die Kompetenzen von Haupt- und Ehrenamtlichen zur gewaltfreien Konfliktbearbeitung müssen entwickelt werden. Parallel zur Sorge für die Flüchtlinge müssen die Bemühungen zur Integration sozial benachteiligter Menschen generell verstärkt werden, um deutlich zu machen, dass die Integration der Flüchtlinge nicht auf Kosten der Schwachen in unserer Gesellschaft geschieht.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/988599.trennung-nach-religionen.html

Peter Nowak

„Die Konflikte verlaufen nicht nach religiösen oder ethischen Trennlinien“

Hagen Berndt über Konflikte in Flüchtlingsunterkünften

Es gibt Politiker und sogenannte besorgte Bürger, die Unterkünfte von Geflüchteten unter Dauerbeobachtung nehmen und Betragensnoten für die Bewohner verteilen. Falls es dann tatsächlich mal zu von manchen sehnsüchtig erwarteten Auseinandersetzungen in den Unterkünften kommt, reagieren sie mit dem Gestus, wir haben es ja immer schon gesagt. Diese Menschen passen nicht hier.

Ein scheinbar auch für die Geflüchteten vorteilhafter Vorschlag wird von Politikern verschiedener Parteien in die Diskussion gebracht, nämlich die Trennung der Geflüchteten nach Religion und Ethnie. Doch Wissenschaftler und Publizisten, die sich mit dem Thema Flucht und Migration beschäftigten, lehnen diese Vorschläge eindeutig ab.

„Eine nach religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit getrennte Unterbringung von Flüchtlingen ist politisch wie gesellschaftlich inakzeptabel“, heißt es in einer Stellungnahme[1] zahlreicher Fachleute. Zu den Initiatoren gehört Hagen Berndt[2]. Er ist als Konfliktberater beim Forum Ziviler Friedensdienst e.V.[3] tätig und Mitverfasser der Stellungnahme[4], die sich gegen die Trennung von Geflüchteten nach Religion und Ethnie wendet.

Die Forderung, Geflüchtete nach Religionen zu trennen, wird von verschiedenen Politikern getroffen. Warum lehnen Sie eine solche Trennung ab?

Hagen Berndt: Die Konflikte in den Flüchtlingsunterkünften verlaufen gar nicht entlang religiöser Trennlinien. Doch Konfliktakteure ziehen gerne religiöse, ethnische oder andere Zugehörigkeiten heran, um Selbst- und Feindbilder aufzubauen, Unterstützung zu mobilisieren und eigenes Handeln zu rechtfertigen, um eigene Interessen durchzusetzen. Diese Konfliktmechanismen können aber nicht durch getrennte Unterbringung durchbrochen werden. Vielmehr würden die falschen Argumente dadurch erst akzeptiert. Ich lehne die getrennte Unterbringung auch deshalb entschieden ab, weil eine Differenzierung, um scheinbar miteinander „harmonisierende“ Gruppen zu erzeugen, unmöglich ist und nicht zum Frieden beiträgt. Sie würde den Boden für neue Ressentiments bereiten, für das Gefühl der eigenen Benachteiligung bzw. der Bevorzugung anderer.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?

Hagen Berndt: Sie würde Debatten zwischen den Kommunen und in der einheimischen Bevölkerung provozieren, wer nun welche „nette“ oder „problematische“ Flüchtlingsgruppe zugeteilt bekommt. Sie würde außerdem die Botschaft vermitteln, dass ein friedliches Zusammenleben nicht möglich ist und dass Religion und Ethnie das Problem sind: Werden die Religionen und Ethnien getrennt, ist das Problem „gelöst“. Diese Botschaften sind falsch und hoch gefährlich. Die Annahme ist wissenschaftlich längst widerlegt, dass Religionszugehörigkeiten die Ursache von Konflikten wären. Es ist problematisch, dieses Vorurteil nunmehr von politischer Seite zu bestätigen.

In den letzten Wochen gab es immer wieder Meldungen von Auseinandersetzungen in Unterkünften von Geflüchteten auf Grund von religiösen Streitigkeiten. Worin sehen Sie die Ursachen?

Hagen Berndt: Konflikte gehören zum menschlichen Zusammenleben. Gewalt tritt jedoch dann auf, wenn die Beteiligten keine andere Möglichkeit sehen, ihre Interessen zu wahren oder ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Dass sich Konflikte in Flüchtlingsunterkünften immer wieder gewaltsam entladen, ist einer extremen Stresssituation geschuldet. Die Flüchtlinge haben vor oder während der Flucht dramatische Erlebnisse erfahren. Starke emotionaler Angespanntheit ist verbunden mit großen Hoffnungen auf ein neues Leben. Sie leben dann auf engem Raum mit vielen Menschen aus aller Welt. Es herrscht Konkurrenz um Raum und Ruhe, Essen, Kleidung, Chancen und Perspektiven. Rückzugsmöglichkeiten und sinngebende Beschäftigung fehlen. Der Aufenthalt in Deutschland ist nicht gesichert, vielleicht droht schon bald die Abschiebung und erneute Lebensgefahr.

Haben die Konflikte in Flüchtlingsunterkünften zugenommen oder nur der Blick darauf?

Hagen Berndt: Gewalt – insbesondere sexualisierte Gewalt – in Sammelunterkünften ist nichts Neues, in den letzten Wochen wurde nur häufiger darüber berichtet. Nach der großen Hilfsbereitschaft wurde erwartet, dass Flüchtlinge sich dankbar erweisen. Aber grundlegende menschliche Bedürfnisse lassen sich nicht verdrängen und ihre Befriedigung ist unveräußerliches Menschenrecht.

Wäre es nicht für einen von Islamisten verfolgten Geflüchteten ein Schutz, wenn er nicht wieder mit Islamisten in einer Unterkunft zusammen leben muss?

Hagen Berndt: Diese Frage legt nahe, dass alle Muslime Islamisten wären. Islamismus ist eine politische Ideologie, die sich der Religion bedient, um Macht auszuüben. Gerade viele muslimische Flüchtlinge aus Syrien fliehen auch vor der Gewalt der Islamisten. Eine nach Religionszugehörigkeit getrennte Unterbringung nähme die Bedürfnisse vieler Flüchtlinge nicht ernst, sich von Ideologien abzugrenzen, die in den Konflikten ihrer Herkunftsregionen zu Gewalt, Unterdrückung, Vertreibung und Krieg führen. Sie würde diese Menschen mit dem Segen unseres Staates erst den Islamisten ausliefern.

Es gibt Versuche von in Deutschland lebenden Islamisten, Geflüchtete zu werben. Wie soll damit umgegangen werden?

Hagen Berndt: Berichte der Sicherheitsbehörden zeigen, dass diese Versuche nicht sehr erfolgreich sind. Es wäre auch erstaunlich, wenn Menschen, die vor dem Wahnsinn im Nahen Osten geflohen sind, sich hier dafür erwärmen könnten. Das Mobilisierungspotenzial für Islamisten liegt vielmehr in sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen und unter entsprechend ideologisierten Studenten.

http://www.heise.de/tp/druck/mb/artikel/46/46291/1.html

Links

[1]

http://ello.co/stellungnahme_fluechtlingspolitik

[2]

http://www.hagenberndt.de/

[3]

http://www.forumzfd.de/

[4]

http://www.forumzfd.de/Stellungnahme_Fluechtlinge