Dürfen sich Soldaten im Ausland wohlfühlen?

Friedenspartei und Linkspartei stritten sich über die Frage, ob man nur den Abzug oder zuvor auch eine Flatrate für Soldaten im Auslandseinsatz fordern soll

Am vergangenen Donnerstag stand die Situation der deutschen Soldaten im Auslandseinsatz auf der Tagesordnung des Bundestages. Eine Allparteienkoalition beklagte deren hohe Belastung und setze sich für eine bessere Kommunikation mit der Heimat ein. Union, FDP, SPD und Grüne hatten einen gemeinsamen Antrag dazu eingebracht.

Die Linkspartei formulierte ihre Forderungen in einen eigenen Antrag und handelte sich heftigen Streit mit ihren Bündnispartnern in der Friedensbewegung ein. Denn die Partei, die immer einen sofortigen Abzug der Soldaten fordert, will ihnen den Aufenthalt bis dahin auch so angenehm wie möglich zu machen und hat die übrigen Parteien dabei sogar noch überboten.

Während das große Parteienbündnis den Soldaten kostenloses Telefonieren in die Heimat ermöglicht und das Verteidigungsministerium zur Vorlage eines Finanzierungsvorschlags für die kostenfreie Nutzung des Internets durch die Soldaten auffordert, ist die Linkspartei ein klein wenig radikaler Sie fordert kostenloses Internet rund um die Uhr für die Soldaten und außerdem ausreichend Steckplätze für Laptops in den Unterkünften.

„Schneller surfen im Kriegseinsatz“, lautete der Kommentar von Frank Brendle von der Deutschen Friedensgesellschaft/Vereinigte Kriegsdienstgegner. Er steht mit seiner Kritik nicht allein. Der politische Sprecher der DFG/VK Monty Schädel schrieb in einem offenen Brief an die Linke: „Wer den Afghanistaneinsatz beenden will, sollte nicht bemüht sein, den Soldaten den Einsatz auch noch angenehm zu machen.“ Für Schädel verliert die Linkspartei mit dem Antrag ihren selbstgesetzten Anspruch, die einzige Antikriegspartei im deutschen Parlament zu sein. Für ihn verträgt sich eine „Wohlfühlpolitik für die Soldaten“ nicht mit der Sorge um die Opfer des Krieges. Er sieht es auch nicht als Aufgabe einer Antikriegspartei an, möglichen Traumata der Soldaten durch freies Telefonieren entgegenzuwirken. Für Schädel ist die afghanische Bevölkerung mit und ohne Flatrate der Ansprechpartner für eine Antikriegspolitik.

Durch freies Internet zum Kriegsgegner?

Der Bundestagsabgeordnete der Linken Wolfgang Gehrcke begründet seine Zustimmung zu dem Antrag mit der Hoffnung, dass damit die Soldaten kritikfähiger würden. „Soldaten kann man am besten auf Krieg ausrichten, wenn sie kaserniert sind und möglichst wenig Kontakt zum zivilen Leben haben. Je mehr Luft an die Mumie Bundeswehr herankommt, desto eher zerfällt sie; und das ist zumindest meine Absicht.

Gehrckes Parteifreundin Christine Buchholz formuliert in ihrer Begründung für den Antrag sogar ein „Recht, ungestört über den Krieg reden zu dürfen“. Warum aber Soldaten, die sich freiwillig für einen Job bei der Bundeswehr entscheiden, ausgerechnet durch ausgiebiges Surfen im Internet zu Kriegsgegnern werden sollen, wird nicht erläutert. Können dadurch nicht auch die Einsatzbereitschaft und Motivation der Soldaten erhöht werden, wie es die Antragssteller von Union bis zu den Gründen formulieren und Kriegsgegner wie Schädel, Brendle und andere Akteure der Antikriegsbewegung befürchten?

Auch in der Linkspartei war die Initiative nicht unumstritten. In der Ablehnung sind sich Bundestagsabgeordnete wie die zur Parteilinken zählende Ulla Jelpke mit den als Realopolitiker formierenden Bundestagsabgeordneten Raju Sharma und Halina Wawzyniak einig. In einer gemeinsamen Erklärung schreiben sie: „Vom Grundsatz her würden wir die Gewährleistung kostenloser Telekommunikations-Dienstleistungen als Grundrecht durchaus begrüßen – aber wenn, dann muss man damit bei jenen anfangen, die bereits jetzt eine Existenz unterhalb der Armutsgrenze fristen müssen. Soldaten, die 110 Euro Auslandsverwendungszulage pro Tag erhalten, gehören nicht dazu“, so die Meinung von 12 linken Bundestagsabgeordneten.
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Peter Nowak