Bundeswehr-Geböbnis: mit Pomp und Demo

MILITÄR Zum ersten Mal seit drei Jahren rufen Kritiker des Bundeswehr-Gelöbnisses zum Protest
Mit viel Pomp wird die Bundeswehr auch am diesjährigen 20. Juli ihr Gelöbnis im Bendlerblock in Tiergarten zelebrieren. Allerdings melden sich zum ersten Mal seit drei Jahren auch die KritikerInnen wieder zu Wort: Bereits um 17 Uhr ruft das „Berliner Bündnis gegen Krieg und Militarisierung“ ab Heinrich-Heine-Platz zu einer Demo unter dem Motto „Krieg beginnt hier – Widerstand auch“ auf.

Die Demo führt an verschiedenen Orten vorbei, die mit Krieg und Rüstung zu tun, so Bündnissprecherin Alina Meyer. Dazu soll neben den Sitzen des Bundesverbands der Deutschen Industrie und dem Auswärtigen Amt auch das Jobcenter Kreuzberg gehören. In der Nähe soll mit einer Rede darauf hingewiesen werden, dass die Bundeswehr nach der Abschaffung der Wehrpflicht dazu übergeht, in Jobcentern für Berufe bei der Armee zu werben.

Mit der Demo knüpft das Bündnis an die 1990er Jahre an, als die Proteste gegen das Gelöbnis noch einen wichtigeren Stellenwert in der linken Terminplanung hatten. Mehrere tausend Menschen hatten sich damals daran beteiligt. Mit der Zeit ging die Anzahl der TeilnehmerInnen jedoch massiv zurück.

„Wir wissen, was wir wollen – nämlich der heroischen Selbstinszenierung der Bundeswehr entgegentreten“, sagt diesmal jedoch Frank Brendle vom Büro für antimilitaristische Maßnahmen. Das Büro wird am Abend des 20. Juli am Kreuzberger Heinrichplatz eine satirische Videokundgebung veranstalten. Unter dem Motto „Spott und Hohn der Bundeswehr“ werden satirische Filmschnipsel zum Thema Militär unter anderem mit Charlie Chaplin, Monty Python sowie Erich Mühsam geboten – jeweils vertont von der Punkband Slime.

„Auch wenn der Protest gegen das Gelöbnis momentan keine Massen anzieht, kann das für uns kein Grund sein, unsere Anti-Kriegs-Positionen in der Öffentlichkeit nicht deutlich zu artikulieren“, betont Alina Meyer vom Demo-Bündnis.
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/
?ressort=bl&dig=2012%2F07%2F13%2Fa0195&cHash=7006de1829
Peter Nowak

Bundeswehr durch Satireflyer bedroht?

Berliner LKA durchsucht Räume antimilitaristischer Gruppen
„Feste feiern, wie sie fallen“, lautet die Überschrift. Darunter findet man eine männliche Person in Bundeswehruniform und Tiermaske. In seinem Rücken ist unverkennbar das Ehrenmal für die gefallenen Soldaten zu erkennen. Diese von antimilitaristischen Gruppen produzierten Satireflyer haben in den vergangenen Tagen zu zwei Polizeirazzien in Berlin geführt.

Letzte Woche war der Buchladen Schwarze Risse und am letzten Montag ein Internetserver betroffen. Dort wurde neben den Serverräumen auch die Privatwohnung eines Mitarbeiters durchsucht. Während die schon beschlagnahmten Computer im Serverraum auf Beschluss der Staatsanwaltschaft wieder zurückgegeben wurden, ohne dass Daten kopiert wurden, beschlagnahmten Beamte in der Wohnung zwei Computer.

Das Berliner LKA begründete die Suche nach den Verantwortlichen für den Flyer mit der Verletzung des Sicherheitsgefühls der Bundeswehrsoldaten im Ausland und ihrer Angehörigen. Die Flyer seien geeignet, „den im Ausland stationierten Soldaten der Bundeswehr ein Lebensrecht abzusprechen und durch den Aufruf zum Feiern auch das Sicherheitsgefühl der Bundeswehrangehörigen und deren Familien stark zu beeinflussen“.

Der politische Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Monty Schädel hingegen sieht im Gespräch mit Telepolis die Razzien im Zusammenhang mit der verstärkten Debatte über den Afghanistan-Einsatz nach dem Tod von Bundeswehrsoldaten:

„Es ist ein Skandal, dass Kritiker des Kriegseinsatzes mit staatlicher Repression konfrontiert werden, während gleichzeitig die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen den für das ‚Kundus-Bombardement‘ verantwortlichen Oberst Klein eingestellt werden.“

Er verweist darauf, dass die Satireaktion durch die antimilitaristischen Gruppen bereits beendet war und schon vor Monaten mehrere von Bundeswehrverbänden angestrengte Klagen gegen den Satireflyer eingestellt worden sind. Deswegen sieht Schädel in den jüngsten Razzien den Versuch, antimilitaristische Zusammenhänge auszuforschen.

Auch liberale Kolumnisten warnen davor, dass Kriegsgegner mit der steigenden Zahl gefallener deutscher Soldaten verstärkt unter Druck gesetzt werden könnten. So sagte etwa der konservative Bundeswehr-Professor Michael Wolfssohn, dass Kriegskritiker unfreiwillig das Geschäft der Taliban betreiben könnten, weil diese Opposition in den Heimatländern der Soldaten als Argumente für ihren Widerstand verwenden könnten.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/147518

Peter Nowak