Im Fall des früheren RAF-Mitglieds häufen sich Besuchsverbote und Ordnungsstrafen gegen Unterstützer

Fall Daniela Klette: »Der deutsche Herbst hat nie aufgehört«

Wolfgang Lettow vom Gefangeneninfo fühlt sich durch dieses Vorgehen an die späten 1970er Jahre in der BRD erinnert: Beim damaligen »Deutschen Herbst« seien nicht nur die Rechte der Gefangenen und ihrer Besucher*innen eingeschränkt worden. Linke seien auch verfolgt worden, nur weil sie den Staat kritisierten. »Der Deutsche Herbst hat nie aufgehört«, meint Lettow. Das habe sich nach der Verhaftung von Klette gezeigt.

»Daniela Klette hatte im Untergrund Kontakt zu Top-Terrorist Christian Klar«, so lautete am Wochenende eine Schlagzeile von »Bild«. Das Boulevardblatt bezog sich auf einen Bericht in der aktuellen Ausgabe des »Spiegel«. Dort wird allerdings wesentlich vorsichtiger formuliert: »Ermittler sind davon überzeugt, dass die Ex-RAF-Terroristin in der Illegalität Kontakt zu einem Kopf der früheren zweiten RAF-Generation hatte.« Hier wird deutlich, dass es sich um reine Vermutungen handelt, die sich darauf stützen, dass Klar nach seiner Freilassung 2008 in Berlin-Kreuzberg gewohnt hat. In dem Stadtteil wurde am 22. Februar 2024 Daniela Klette verhaftet. Laut den Ermittlungsbehörden lebte Klar zeitweise nur 1,5 Kilometer entfernt von Klettes Wohnung. Es sei »lebensnah« anzunehmen, dass Klar Angaben zu Klettes jüngsten Lebensverhältnissen machen könne, zitiert der »Spiegel« Ermittler.

Daher könnte Klar bald eine Zeugenvorladung von der Polizei bekommen. Nach Klettes Verhaftung haben schon andere ehemalige Mitglieder der linken Stadtguerilla RAF (Rote Armee Fraktion) und langjährige politische Gefangene solche Vorladungen bekommen, unter ihnen Karlheinz Dellwo, Gabriele Rollnick und Günther Sonnenberg.

Die Bremer Krankenschwester Ariane Müller wurde am 25. Oktober vom Bundeskriminalamt über ihre Beziehungen zu Daniela Klette befragt und verweigerte die Aussage. Deshalb sollte sie bis zum 31. Januar ein Ordnungsgeld von 500 Euro zahlen. Müller hat ein Besuchsverbot bei Klette. Im März 2024 wurde die Intensivkrankenschwester und Betriebsrätin am Klinikum Bremen-Mitte nach 50 Jahren Arbeit freigestellt, weil sie als Privatperson eine Solidaritätskundgebung für Kette vor der JVA Vechta angemeldet hatte, wo das mutmaßliche frühere RAF-Mitglied inhaftiert ist.

Eine in Hamburg lebende Frau, die anonym bleiben will, soll 1000 Euro Ordnungsgeld zahlen, weil sie Aussagen zu Klette verweigerte. Sollte sie nicht zahlen, drohen ihr zehn Tage Beugehaft. Das Solidaritätskomitee für Daniela Klette benennt in einer Pressemitteilung zahlreiche Besuchsverbote. Briefe kämen teilweise erst zwölf Wochen nach dem Absenden an, was eine Kommunikation sehr erschwere.

»Mit den Vorladungen und auch mit den Besuchsverboten sollen Leute abgeschreckt werden, Besuchsanträge zu stellen und Daniela Klette zu schreiben«, moniert das Solidaritätskomitee. Dies kritisiert auch Wolfgang Lettow, der sich im Netzwerk »Freiheit für alle politischen Gefangenen« engagiert: »Wenn Briefe wochenlang brauchen, wenn dann noch Beilagen wie Zeitungsausschnitte oder Flugblätter verboten sind, soll eine politische Auseinandersetzung zwischen drinnen und draußen verhindert werden.«

Lettow fühlt sich durch dieses Vorgehen an die späten 1970er Jahre in der BRD erinnert: Beim damaligen »Deutschen Herbst« seien nicht nur die Rechte der Gefangenen und ihrer Besucher*innen eingeschränkt worden. Linke seien auch verfolgt worden, nur weil sie den Staat kritisierten. »Der Deutsche Herbst hat nie aufgehört«, meint Lettow. Das habe sich nach der Verhaftung von Klette gezeigt.

Mittlerweile regt sich auch Protest dagegen, dass sich mehr als 25 Jahre nach der Auflösung der RAF an den Reflexen von rechter Boulevardpresse und Ermittlungsbehörden wenig geändert hat, wie es heißt. Zum Jahrestag von Klettes Verhaftung rufen Solidaritätsgruppen am 22. Februar zu einer Solidaritätskundgebung auf dem Berliner Oranienplatz auf. Am 15. März ist eine weitere Kundgebung vor der JVA Vechta geplant. Peter Nowak

Staatsanwaltschaft will im November Anklage gegen die mutmaßliche frühere RAF-Terroristin erheben. Ak­ti­vis­t*in­nen protestieren gegen Zeugenbefragung.

Anklage gegen Daniela Klette erwartet

Parallel zur Vernehmung hat die Gruppe „Solidarität mit Daniela Klette“ eine Kundgebung unter dem Motto „Weg mit den Zeu­g*in­nen­vor­la­dung von Polizei BKA und Staatsanwaltschaft Verden“ angemeldet. Sie soll am Freitag um 11.30 Uhr vor dem Polizeirevier in der Friesenstraße 16 beginnen.

Eigentlich sind Zeu­g*in­nen­be­fra­gun­gen in Polizeirevieren alltägliche Routine. Doch die Vorladung von Ariane Müller findet in der linken Solidaritätsbewegung große Aufmerksamkeit. Müller soll …

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Ariane Müller fordert Grundrechte der Gefangenen Daniela Klette ein. Dafür wurde sie vom BKA vorgeladen

Kriminalisiert wegen Solidaritätsarbeit für Daniela Klette

Am 18. Oktober soll sie in den Räumen der Politischen Polizei in Berlin von Beamt*innen des Bundeskriminalamts (BKA) als Zeugin befragt werden. Müller, die mit ihren Anwalt Adrian Wendel dort erscheinen wird, hat angekündigt, dass sie keine Aussagen machen wird. Parallel zu der Befragung hat das Komitee »Solidarität mit Daniela Klette« am 18.10 ab 9.30 Uhr eine Kundgebung vor dem BKA-Standort in der Friesenstraße 6 angemeldet. Sie steht unter dem Motto »Weg mit den Zeug*innenvorladungen durch BKA und Bundesanwaltschaft Verden«.

»Die Suche nach einem Standort für den größten Prozess in der Geschichte des Landgerichts Verden konkretisiert sich weiter«, hieß es kürzlich in der »Vechtaer Kreiszeitung«, dem Lokalblatt der kleinen niedersächsischen Stadt. In der dortigen Justizvollzugsanstalt (JVA) ist Daniela Klette inhaftiert, die Ende Februar 2024 in Berlin verhaftet wurde. Sie wird von der Justiz beschuldigt, …

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„Freiheit für alle politischen Gefangene“, riefen am 14. April ca. 40 Menschen vor der Haftanstalt für Frauen in Vechta.

Nach der Verhaftung von Daniela Klette geht es auch um Aneignung linker Geschichte

In den nächsten Wochen sind Informationsveranstaltungen zu Daniela Klette und der langen Geschichte des Kampfes gegen Isolationshaft geplant, darunter am 10. Mai im Centro Sociale in Hamburg. Dort wird es auch um die Geschichte der Isolationshaft gehen, die in den 1970er Jahren nicht nur radikale Linke sondern auch Linksliberale beschäftigte, aber heute kaum noch bekannt ist.

Schon zum zweiten Mal in wenigen Wochen fand im kleinen Städtchen in Niedersachsen eine kleine Kundgebung statt. Der Grund: Seit einigen Wochen ist Daniel Klette dort inhaftiert, der von der Justiz neben verschiedenen Straftaten die Mitgliedschaft in der RAF vorgeworfen wird. Obwohl sich die Organisation schon vor 26 Jahren aufgelöst hat, ist Klette …

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Vor Gefängnis in Vechta forderten rund 40 Menschen die Freilassung von Daniela Klette

Erneute Soli-Demo für RAF-Veteranin

Unter den Teilnehmer*innen waren etliche Menschen, die sich seit Jahrzehnten für politische Gefangene einsetzen, so wie Wolfgang Lettow, Herausgeber der Zeitschrift »Gefangeneninfo«. Fritz Storim las ein selbstgeschriebenes Gedicht vor. Er war Ende der 80er Jahre selbst mehrere Jahre inhaftiert, weil er presserechtlich für die autonome Zeitung »Sabot« verantwortlich gemacht wurde.

Es war bereits die zweite  …

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Sanktion verstossen gegen Arbeitsrecht

Bremen: Wenn die Anmeldung einer Kundgebung zum Jobverlust führt

Politik Es waren knapp 50 Menschen, die am 17. März vor der Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta „Freiheit für alle politischen Gefangenen“ riefen. Die Polizei konstatierte einen friedlichen Verlauf.

Selbst der Verkehr verlief störungsfrei. Trotzdem kostete die kleine Manifestion im beschaulichen Vechta, wo Kirchen und Gefängnisse zumindest architektonisch eine Symbiose eingehen, der Anmelderin der Kundgebung den Job. Denn in der JVA Vechta ist das mutmassliche ehemalige RAF-Mitglied Daniela Klette inhaftiert. So wurde die Kundgebung in vielen Medien als Unterstützung für die RAF bezeichnet, einer Organisation, die es seit 26 Jahren gar nicht mehr gibt. Dass hatte schon Folgen für die Anmelderin Ariane Müller. Der langjährigen Krankenschwester wurde …

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Demo mit knapp 50 Teilnehmern wird bundesweit zum Aufreger. Ging es ernsthaft um Solidarität mit der RAF, oder wird hier ein Popanz aufgebaut? Ein Kommentar.

Feindbild Linksextremismus: Aufgelöste RAF macht weiter Furore

Es wäre nicht nur eine Aufgabe von Linken, sondern auch von Bürgerrechtsgruppen und Liberalen, sich dagegen zu wehren, dass 26 Jahre nach der Auflösung der RAF der Deutsche Herbst zurückkehrt. Welche Folgen das hat, zeigt sich auch am Sonntag in Vechta. Ein Mann sagte, dass "die Terroristen", wenn es nach ihm ginge, auf dem elektrischen Stuhl landen würden. Todesstrafe für die RAF-Mitglieder – das war auch eine oft geäußerte Forderung von "Volkes Stimme" im deutschen Herbst 1977.

Die meisten Linken, die im bürgerlichen Spektrum als „radikal“ durchgehen, würden sich momentan nicht als sehr wirkmächtig einschätzen. Viele von ihnen kämpfen angesichts der politischen Großwetterlage eher mit Ohnmachtsgefühlen. Gemessen daran reagieren Staatsapparate und bürgerliche Parteien auf sie …

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CDU mobilisiert 120 Teilnehmer gegen linken Protest vor Frauengefängnis

Deutscher Herbst in Vechta

Viele Teilnehmer*innen der linken Kundgebung reagierten mit Unverständnis auf die Vorwürfe, es handele sich bei ihrem Protest um Solidarität für die RAF. »Diese Organisation gibt es seit 26 Jahren nicht mehr« betonte ein Redner. Die Klimaaktivistin Hanna Poddigschilderte, dass sie wegen einer antimilitaristischen Blockadeaktion ebenfalls kurz in Vechta inhaftiert war. Sie wolle mit der Teilnahme an der Kundgebung den Gefangenen Grüße übermitteln.

Es waren knapp 50 Menschen, die am Sonntagnachmittag vor der Justizvollzugsanstalt (JVA) für Frauen in Vechta »Freiheit für alle politischen Gefangenen« riefen. Die Versammlung hatte im Vorfeld für Wirbel gesorgt: In dem Gefängnis zwischen Osnabrück und Bremen ist …

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