Rückschlag in Kalifornien

Zu Zeiten von George W. Bush galt Kalifornien als ökologischer Hoffnungsträger. Denn dort setzte man zahlreiche umweltpolitische Maßnahmen um, die von der Zentralregierung in Washington blockiert wurden. Das Gesetz, welches den Schadstoffausstoß bei Pkw begrenzte, wurde zum Vorbild für ähnliche Regelungen in anderen US-Bundesstaaten.

Ein Kernstück der kalifornischen Umweltgesetzgebung wurde jetzt gerichtlich außer Kraft gesetzt: der zwei Jahren eingeführte »Low-Carbon-Fuel-Standard«, der den CO2-Ausstoß bis 2020 um zehn Prozent senken sollte. Die US-Ölkonzerne und Ethanolhersteller aus mehreren Bundesstaaten hatten eine Klage wegen Benachteiligung eingereicht und damit Erfolg.

Der juristische Hebel war ein Detail in dem Umweltgesetz. Weil die Berechnung des CO2-Ausstoßes der Kraftstoffe auch die Transportkosten beinhalte, hätten Firmen in Kalifornien einen Heimvorteil gegenüber der Konkurrenz aus anderen Bundesstaaten, wurde moniert. Damit verstoße Kalifornien gegen eine Klausel, die es US-Bundesstaaten verbietet, Unternehmen außerhalb ihrer Grenzen gegenüber solchen aus dem eigenen Bundesstaat zu diskriminieren.

Energieexperten zufolge hat das Gesetz aus ökologischer Sicht gewirkt, weil es Firmen in anderen Bundesstaaten beeinflusste. Sie hätten ebenfalls ökologische Kriterien anwenden können, um der Benachteiligung zu entgehen. Das hätte aber unter Umständen zu einer vorübergehenden Schmä᠆lerung der Profite geführt. Daher beschritten die Konzerne den Rechtsweg und hatten vorerst Erfolg. Die kalifornische Regierung will demnächst aber die Umweltverordnung gerichtsfest verändern. Allerdings dürfte es auch dagegen wieder Klagen der Konzerne geben. Denn das Torpedieren dieser Gesetze hat für sie einen wichtigen Effekt. Wenn Kalifornien nämlich seine umweltpolitische Vorreiterrolle nicht mehr ausfüllen kann, kommen andere Bundesländer gar nicht erst in Versuchung, ähnliche Gesetze zu erlassen. Nur wenn die Profitmarge stimmt, ist für diese Kapitalfraktionen die Welt in Ordnung.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/215026.rueckschlag-in-kalifornien.html
Peter Nowak

Energieland ist überall

Ein Film durchkreuzt die Greenwashing-Strategie des Vattenfall-Konzerns
Für viele Brandenburger ist es eine frohe Botschaft. Der Energieversorger Vattenfall begräbt seine Pläne für die unterirdische CO2-Speicherung (CCS) in dem Bundesland. Eine Pilotanlage in Jänschwalde wird nicht gebaut. Der Auseinandersetzung um CCS widmet sich der erstmals auf der DOK Leipzig gezeigte Film »Energieland«.

Über ein Jahr lang hat die Filmemacherin Johanna Ickert und ihr Team Vattenfall-Mitarbeiter, Politiker und Aktivisten der Protestbewegung begleitet. Treffen der Bürgerinitiativen und die Organisierung von Demonstrationen wechseln im Film mit Vattenfall-Mitarbeiterkonferenzen, Informations-Veranstaltungen, Medienstammtischen und PR-Kampagnen für die Speichertechnik. Es sind die alltäglichen Auseinandersetzungen und Episoden, die Ickert in den Mittelpunkt ihres Films stellt.
Für die Regiestudentin der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ geht es dabei um die zentralen Fragen, welchen Stellenwert Demokratie und Bürgerbeteiligung bei der Gestaltung der Energiewende haben. Dabei thematisiert sie erfreulicherweise auch die Produktionsbedingungen des Film. Der Anstoß kam ironischerweise vom Vattenfall-Konzern.. Er trat an die Hochschule Konrad Wolf mit der Anfrage heran, ob die Studierenden Interesse an der Produktion eines Imagefilms zur Problematik der C02-Speicherung hätten. Damit hoffte das Unternehmen die Akzeptanzprobleme zu überwinden, mit denen es in der Brandenburger Region zu kämpfen hat. Für Ickert, die keinen Hehl aus ihrer kritischen Haltung gegenüber Vattenfall und der C02-Speicherung.macht, war dieser Vorstoß eine besondere Herausforderung.
„Mich interessierte der Kooperationsvorschlag Vattenfalls insbesondere in Hinblick auf die Greenwashing-Strategien dieses Konzerns in Zeiten eines berechtigterweise erhöhten Image- und Glaubwürdigkeitsproblems“, erklärt die Filmemacherin gegenüber nd Sie unterbreitete den Konzern einen Vorschlag, auf dessen Grundlage der Film schließlich produziert wurde. „Wir schlugen Vattenfall vor, einen Dokumentarfilm zu realisieren, der beide Seiten gleichermaßen portraitiert und frei von Einflüssen des Konzerns entsteht“. Grundvoraussetzung für das Filmprojekt sei gewesen. dass es keinerlei Form der Zensur oder der Vorabnahme gibt. Nur auf dieser Basis sei des für das Filmteam möglich gewesen, mit den Kritikern von Vattenfall in Kontakt zu treten. Umgekehrt hätte die Crew aber auch nie eine Vertrauensbasis mit den Vattenfall-Mitarbeitern herstellen können, wenn es die Vereinbarung mit dem Unternehmen nicht gegeben hätte. .
Damit macht das Filmteam auch deutlich, dass es durchaus möglich ist, Greenwashing-Strategien der Konzerne zu durchkreuzen und setzt Maßstäbe für eine sozialkritische Medienarbeit. Der Film ist weiterhin aktuell, auch wenn in Brandenburg zunächst die CO2-Speicherung ausgesetzt ist. Mittlerweile gibt es Bemühungen, die hier nicht durchsetzbare Technologie in Länder des globalen Südens zu exportieren. Verträge mit verschiedenen afrikanischen Ländern sind im Gespräch. Wenn im Film aus dem Off das Quietschen der Kohle-Förderbänder von Jänschwalde mit Bilder eines nachts taghell erleuchteten Berlin zu sehen sind, sollte auch mitbedacht werden, dass demnächst in der Sahara und anderen Regionen für die Energie der ersten Welt gesorgt wird. Vielleicht gibt es Gelegenheit darüber zu diskutieren, wenn der Film demnächst auf Brandenburg-Tour geht.Start ist am 12.1. im Filmmuseum Potsdam.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/213085.energieland-ist-ueberall.html
Peter Nowak

Energieland, Regie Johanna Ickert, Deutschland 2011, 78 Minuten

Mediale Abstumpfung

»Eine neue Hiobsbotschaft aus Japan: Im Reaktor 2 des havarierten AKW Fukushima-1 gibt es Anzeichen für eine erneute Kernspaltung«. Das ist nicht etwa eine Meldung vom März, sondern von Anfang November dieses Jahres. Damit war das Atomkraftwerk für kurze Zeit wieder auf den vorderen Seiten der Zeitungen. Doch ansonsten hätte man in den letzten Wochen den Eindruck haben können, der Gau habe gar nicht stattgefunden. Die vierfache Reaktorhavarie im fernen Japan war aus der öffentlichen Diskussion weitgehend verschwunden. Mit dem Ausstiegsbeschluss war in Deutschland der Höhepunkt der AKW-Debatte erreicht. Danach ging das Interesse rapide zurück.

Dabei hatten Wissenschaftler schon im März erklärt, dass die Reaktoren noch lange nicht unter Kontrolle und deshalb unvorgesehene chemische und physikalische Prozesse bis zu weiteren Kernschmelzen jederzeit möglich sind. Mittlerweile wurde auch bekannt, dass die Menge der ausgetretenen Radioaktivität bisher eher zu niedrig als zu hoch eingeschätzt wurde. Große Aufmerksamkeit erreichten diese Meldungen dann aber nicht mehr.

Das ist auch eine Folge der Berichterstattung vom Frühjahr dieses Jahres. Wochenlange Sondersendungen und immer aktuelle Liverticker vermittelten in den seltensten Fällen konkrete Informationen. Viel zu oft wurde wegen der unklaren Nachrichtenlage auf Spekulationen und Mutmaßungen zurückgegriffen. Alle möglichen Katastrophenszenarien wurden in den schwärzesten Farben ausgemalt. Manche Japan-Korrespondenten hatten im März eilig ihre Koffer gepackt und das Land verlassen. Die Dauernachrichten mit mäßigem Informationswert sorgten bei vielen Medienkonsumenten bald für Übersättigung und Überforderung. Anfangs hielt die Furcht vor den möglichen Auswirkungen des Gaus viele Menschen vor dem Bildschirm, doch spätestens in der zweiten Woche wurde vielerorts weggeschaltet, wenn wieder eine Sendung zu Fukushima angekündigt wurde.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/210481.mediale-abstumpfung.html

Peter Nowak

Alles streng wissenschaftlich

Die Bundesregierung hat eine Expertenkommission ernannt, die die Energiewende wissenschaftlich begleiten soll. Aufgabe dieses vierköpfigen Gremiums ist die Überprüfung, ob die Energiewende »dem Ziel einer umweltschonenden, zuverlässigen und bezahlbaren Energieversorgung gerecht wird«, so Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).

Dieses Gremium hätte wohl kaum Aufmerksamkeit bekommen, wenn sich nicht an der Person des Vorsitzenden ein Streit entzündet hätte. Für Umweltorganisationen ist der Volkswirt Andreas Löschel zu industrienah. Regine Günther von der Umweltstiftung WWF wird in der Berliner »tageszeitung« zitiert: »Es ist höchst problematisch, wenn die Regierung jemanden zum Leiter einer Expertenkommission beruft, der zeitgleich solche Kriterien im Auftrag einer Interessenpartei entwickelt.«

Damit bezieht sie sich auf die Arbeitsgruppe »Konzept für ein Monitoring der energiepolitischen Zielerreichung«, die Löschel am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim leitete. Dabei wurden 25 Prüfsteine entwickelt und begleitend mit Politikern, Wissenschaftlern und Vertretern von Umweltverbänden diskutiert. Auftraggeber des Konzepts war der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Die Kritiker monieren, dass Löschel hier Kriterien entwickelt habe, die er nun als Leiter der Monitoringstelle anwende. Für Löschel geht es um eine »rein wissenschaftliche, unabhängige Arbeit«.

Nun ist es gerade in der Wirtschaftsforschung so eine Sache mit der unpolitischen Wissenschaft. Zumal bei einem Mann, der laut seiner wissenschaftlichen Vita Stipendiat der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung war und von der Körber-Stiftung den Deutschen Studienpreis für eine Diplomarbeit bekam, die »rein wissenschaftlich« die Zukunft der Alterssicherung in der kapitalgedeckten Rentenversicherung fand.

Ein Mann wie Löschel als Kontrolleur dürfte sicherstellen helfen, dass sich die Industrie keine Sorgen machen muss. Zumal der Bundeswirtschaftsminister voll und ganz hinter ihm steht.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/209542.alles-streng-wissenschaftlich.html

Peter Nowak

Vergiftetes Klima

Umwelt-Rollback in Nordamerika

Die US-Umweltbewegung zählte bei den letzten Präsidentenwahlen zu den Unterstützern von Obama. Alles sei besser als Bush, lautete die Devise. Schließlich hatte der das Kyoto-Protokoll als Gefahr für die US-Wirtschaft abgelehnt und in seinem Beraterstab Interessenvertreter der Ölkonzerne und Leugner des globalen Klimawandels versammelt. Da war Obamas Bekenntnis zu einen internationalen Abkommen zur Erreichung von Klimaschutzzielen eine Hoffnung. Doch davon ist wenig geblieben.
Kinderrechte kennen keine Herkunft

Erst vor wenigen Wochen stellte der US-Präsident seine eigene Umweltschutzbehörde EPA bloß. Die hatte ein Bündel von Maßnahmen zur Reduzierung des Smogs ausgearbeitet. 12 000 Todesfälle infolge von durch Smog verursachten Herz- und Lungenkrankheiten sollten dadurch verhindert werden. Damit könne man volkswirtschaftlich Gesundheitskosten von bis zu 100 Milliarden Dollar einsparen, argumentierte die Leiterin der EPA, Lisa Jackson. Doch für die Berater des Präsidenten wogen die Warnrufe der mächtigen Energielobby schwerer. Die sprachen von Zusatzkosten von bis zu 90 Milliarden Dollar, wenn sie durch die Regelungen notwendige Investitionen in den Umweltschutz tätigen müssten, und drohten mit dem Abbau von Arbeitsplätzen.

Auch ein Pipelineprojekt mit dem Namen Keystone XL, das Öl von Kanada quer durch die USA zum Golf von Mexiko transportieren soll, mobilisiert die Umweltschützer gegen die Regierung. Sie befürchten dadurch eine Erhöhung der Treibhausgase. Auch in Kanada, das zu Bush-Zeiten immer als Modell eines umweltbewussten Landes galt, ist diese Politik umkämpft. Bei den internationalen Klimakonferenzen hätten kanadische Politiker immer große Versprechungen abgegeben, umgesetzt worden sei aber wenig, moniert die Tageszeitung »Globe and Mail« aus Toronto. Die konservative Regierung verabschiedet sich zunehmend von der internationalen Klimapolitik und bindenden Reduktionszielen für CO2.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/207551.vergiftetes-klima.html  

Peter Nowak

Energiekonzerne und Erneuerbare – kritische Bedingungen?

Ist es schwieriger, die Energiekonzerne zu kritisieren, wenn sie statt in Atomkraftwerke in erneuerbare Energien investieren? Diese Befürchtung äußert Peter Schüren von der Bildungsgemeinschaft SALZ e.V.

Die linke Denkfabrik beteiligt sich an der Vorbereitung eines Kongresses, der den Machtmissbrauch der Energiekonzerne in die Öffentlichkeit bringen will. Vorbild ist das Bankentribunal von Attac im letzten Jahr in Berlin. Vor einigen Tagen gab es ein erstes bundesweites Vorbereitungstreffen in Hamm in Nordrhein-Westfalen, wo noch immer die Ruine eines nie in Betrieb genommenen Hochtemperaturreaktors von einer verfehlten Energiepolitik zeugt, an der Politik und Konzerne gleichermaßen beteiligt waren. Im Oktober soll der Vorschlag eines Tribunals über E.on und Co. im Attac-Koordinierungsrat diskutiert werden. Bis darin sollen noch andere Kooperationspartner gewonnen werden. Es muss sich zeigen, ob es auch gelingt, Gewerkschaften mit ins Boot zu holen, wo immer noch mancher den Atomausstieg als Arbeitsplatzkiller sieht. Auf dem geplanten Kongress sollen die Arbeitsbedingungen der im Energiesektor Beschäftigten ebenso eine Rolle spielen, wie der Umgang mit den Kunden. Tatsächlich gibt es auch ohne AKW genügend Gründe, die Profitlogik infrage zustellen, die in der Energiewirtschaft wie an anderen Branchen prägend ist. In der Vergangenheit hatten Kampagnen gegen einzelne Konzerne wie Siemens oder Vattenfall nie die Mobilisierungskraft entwickelt, die die AKW-Gegner beim Widerstand gegen Aufbereitungsanlagen und Castortransporte erreichten. Nicht zuletzt diese Protestaktionen haben die Kosten für den Weiterbetrieb der AKW so hoch getrieben, dass das Geschäft mit der erneuerbaren Energie heute durchaus genauso profitabel ist. Es wird sich zeigen, ob es auf einem Kongress gelingt, neue Hebel zu finden, die Profitlogik der Energiekonzerne zu durchbrechen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/206473.kritische-bedingungen.html

Peter Nowak

Protest gegen neue Tagebaue und CO2-Speicher

BEWEGUNG Zum Abschluss des Klimacamps fordern die Teilnehmer eine Zukunft ohne Kohle

BERLIN taz „Kohle ist Rückschritt“, skandierten rund 250 DemonstrantInnen, die am Samstag in Cottbus den Ausstieg Deutschlands aus der Kohleenergie forderten. Auf der Abschlusskundgebung rief Hardy Feldmann von den Ostbrandenburgischen Initiativen gegen die unterirdische Speicherung von Kohlenstoffdioxid dazu auf, diese „unverantwortliche, das Grundwasser gefährdende Technologie“ komplett zu stoppen. Beim sogenannten CCS-Verfahren wird das bei der Verstromung von Kohle anfallende CO2 abgeschieden und in unterirdische Lager gepresst. Dies ist umstritten, weil Experten bezweifeln, dass das Gas tatsächlich im Boden verbleibt.

Gegen weitere Kohletagebaue sprach sich Pfarrer Mathias Berndt aus. Seine Pfarrgemeinde Atterwasch bei Guben soll nach den Plänen von Vattenfall der Kohle weichen. Berndt gehört zu den lokalen Motoren des Widerstands. Dorota Schewior vom polnischen Widerstand gegen Braunkohle plädierte für eine länderübergreifende Kooperation gegen die Kohleenergie.

Vattenfall im Visier

Die Demonstration bildete den Abschluss eines einwöchigen Klimacamps in Jänschwalde bei Cottbus, das die TeilnehmerInnen unmittelbar am dortigen Kohlekraftwerk des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall aufgeschlagen hatten. In den Arbeitsgruppen ging es vor allem um die Risiken der CCS- und allgemein der Kohletechnologie für das Klima und die Auswirkungen auf Umwelt und Menschen.

Alternative Energien

Sebastian Zoepp von dem alternativen Reiseveranstalter Spreescouts zeigte den CampbesucherInnen auf einer Ökotour, dass die Region auch ohne Vattenfall eine Zukunft hat: Der Besuch einer Biogasanlage, die in dem Örtchen Gastrose mit dem Kot einer Geflügelzucht betrieben wird, stand ebenso auf dem Plan wie der einer Solaranlage in der Heidelandschaft des ehemaligen sowjetischen Truppenübungsplatzes Lieberose.

Aus Protest gegen die Kohlepolitik der brandenburgischen Landesregierung besetzten die AktivistInnen für einige Stunden Parteibüros von SPD und Linken in Cottbus und Potsdam.

Zum Abschluss des Camps verabredeten lokale Initiativen die weitere Agenda für den Kampf gegen die Kohletagebaue und die CCS-Verstromung. Camp-Mitorganisator Daniel Häfner von Robin Wood Cottbus sieht in dieser Vernetzungsarbeit einen wichtigen Erfolg des Camps.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=wu&dig=2011%2F08%2F15%2Fa0076&cHash=44c275ce70

Peter Nowak

Wie weiter mit den Castoren?

Kein Transport ist auch keine Lösung

Der im November dieses Jahres angekündigte Castortransport aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben dürfte entgegen offiziellen Ankündigungen wohl doch nicht die letzte atomare Fracht nach Niedersachsen sein. Vor einigen Tagen erklärte der Sprecher der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS) Jürgen Auer, dass ab 2014 mehrere Castortransporte mit hochradioaktivem Müll aus Großbritannien nach Gorleben geplant sind.

Düpiert muss sich der niedersächsische Ministerpräsident David McAllister (CDU) fühlen. Hatte der doch vollmundig erklärt, der Transport in diesem November werde in absehbarer Zeit der letzte ins Wendland sein. Das Kalkül des konservativen Politikers, der in der Union bis vor wenigen Monaten zu den Hardlinern in Sachen AKW galt, ist klar. Er wollte den Atomkraftgegnern den Wind aus den Segeln nehmen. Denn warum viel Energie für den Protest aufwenden, wenn es doch der letzte Transport ist? Mit Zustimmung zu der Atommülltour kann heute kein Politiker Wählerstimmen gewinnen. Zumal die Castorgegner immer wieder an McAllisters Vorgängers und Parteifreund Ernst Albrecht erinnern können, der unter Missachtung demokratischer Regeln dafür sorgte, dass Gorleben als Atomklo ausgewählt wurde.

Auf die mangelnde Eignung von Gorleben hat inzwischen nicht nur die Anti-AKW-Bewegung hingewiesen. Doch die grundsätzliche Ablehnung jeglicher Atommülltransporte nach und durch Deutschland sollten die Initiativen überdenken. Ohne sie würde deutscher Atommüll dem Ausland aufgebürdet. Viele AKW-Gegner haben immer betont, dass ein AKW-Ausstieg der erste Schritt zur Vermeidung von weiterem Müll ist. Auch wenn die AKW-Gegner selbst keine Verantwortung für die Entstehung des strahlenden Mülls tragen, sollten sie sich nicht mit einer generellen Ablehnung jedes Transports aus der Verantwortung für eine für eine möglichst sichere Lösung des Müllproblems entlassen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/204430.wie-weiter-mit-den-castoren.html

Peter Nowak

Campen gegen Kohle

Umweltschützer zelten in Brandenburg für einen Ausstieg aus der Kohlekraft. Dort ist man geteilter Meinung: Der Energiekonzern Vattenfall bietet Arbeitsplätze und Geld

Es kommt nicht oft vor, dass Büros von SPD und Linkspartei blockiert werden. Von Umweltschützern. Gestern aber waren die SPD-Räume in Cottbus und die Linken-Geschäftsstelle in Potsdam nicht zugänglich. Aktivisten des Klimacamps haben die Büros besetzt – aus Protest gegen die Kohlepolitik der rot-roten Landesregierung in Brandenburg. Diese unterstützt unter anderem die umstrittene CCS-Technik zur unterirdischen Verpressung von Kohlendioxid. Im Wahlkampf hatte sich die Linkspartei noch dagegen ausgesprochen.
Die Besetzungen blieben freidlich, Anzeigen wegen Hausfriedensbruch sind ausgeblieben. Erfolgreich war die Überzeugungsarbeit aber nicht. Aktivist Tadzio Müller sagt, bei der SPD sei man auf eine „Betonfraktion“ gestoßen, sie wolle weiter an der Kohlepolitik festhalten.

Klimakiller Nummer Eins

Wie die aussieht, kann man im brandenburgischen Jänschwalde beobachten. Dicker weißer Rauch steigt dort auf aus den Schornsteinen des Kohlekraftwerks. Die rund 150 Camper, die sich seit dem Wochenende auf einer Wiese in dem Ort niedergelassen haben, haben die rauchenden Schornsteine ständig im Blick. Wenn es nach ihnen ginge, würden die Schornsteine bald nicht mehr rauchen. Die Umweltschützer sind aus ganz Deutschland und den osteuropäischen Nachbarstaaten in das Revier gekommen, um der Kohleförderung den Kampf anzusagen. 



„Braunkohle ist Klimakiller Nummer Eins. Das Festhalten daran blockiert eine Energiewende, die sozialverträglich und demokratisch zu gestalten ist“, sagt die Berliner Umweltaktivistin Stefanie Groll, eine der Organisatorinnen des Klimacamps. Wenn sie aus dem Zelt steigt, kann sie durch den Rauch des Kohlekraftwerks auch einige Windräder sehen. Denn schon längst haben die Manager von Vattenfall erkannt, dass sich auch mit erneuerbarer Energie Geld verdienen lässt. Doch das Braunkohlewerk ist eindeutig rentabler. Schließlich wird die Braunkohle auf vielfältige Weise staatlich subventioniert – wie auch lange Zeit der Bau von Atomkraftwerken.

„Schwedische Gefahr“



In der Region gilt Vattenfall als wichtiger Investor und wird daher von der Politik gehätschelt. Doch in dem kleinen Ort Atterwasch bei Guben ist man auf den schwedischen Konzern nicht gut zu sprechen. Pfarrer Mathias Berndt redet von einer „zweiten schwedischen Gefahr für das Dorf“. Im Dreißigjährigen Krieg eroberten schwedische Truppen das Dorf, dabei wurde es zerstört. Jetzt könnte ein schwedischer Staatskonzern für das Ende von Atterwasch sorgen.

Seit einigen Monaten haben es die Bewohner schwarz auf weiß, das Örtchen soll dem Kohleabbau weichen. Dabei hatten sie noch vor Jahren gedacht, was im rund 20 Kilometer entfernten Horno passiert ist, habe mit ihren Dorf nichts zutun. Die Verantwortlichen von Vattenfall haben sich ausgerechnet, dass in Atterwasch nicht viel Widerstand zu erwarten sei. Auch Berndt meint: „Atterwasch ist ein Altersheim. Die jungen Leute gehen dorthin, wo es Arbeit gibt.“

Ostereier in der Kohlegrube

Aber in den zur Großgemeinde Schenkendöbern zusammengeschlossenen Nachbardörfern, die ebenfalls der Kohle weichen sollen, regt sich Protest. Der Pfarrer ist einer der Köpfe der regionalen Bewegung gegen die Abbaggerung. Zahlreiche Transparente am Pfarrhaus und der Kirche zeugen von diesem Engagement. „Wollt ihr Eure Ostereier künftig in eine Kohlegrube legen?“, heißt es auf einem. 

Stolz berichtet Berndt, wie es ihm und seinen Mitstreitern gelungen ist, im Gemeindekirchenrat von Schenkendöbern eine Resolution zu verabschieden, in der ein Wechsel des Stromanbieters gefordert wird. Im Kirchenrat Jänschwalde wurde ein gleichlautender Antrag abgelehnt, dort wollte man Vattenfall nicht brüskieren.

Vattenfall als Sponsor

Dabei geht es nicht nur um die Arbeitsplätze. Im Zeiten der knappen Kassen wurde die finanzielle Förderung der sozialen Infrastruktur in vielen Kommunen deutlich reduziert. Mittlerweile ist Vattenfall ein wichtiger Sponsor in der Region, Vereine und soziale Einrichtungen sind auf ihn angewiesen. Dass schafft Abhängigkeiten und Zwänge. Deshalb werden die Umweltcamper in der Region auch nicht nur mit offenen Armen empfangen.

Selbst Vattenfall-Kritiker Berndt bleibt auf Distanz. Schon Wochen vor Beginn des Camps wurde im Internet über Blockaden der Zufahrten zum Kohlekraftwerk diskutiert. Aus Sicht von Berndt sind solche Aktionen nicht vermittelbar. Als ihm bei einer Debatte in seiner kleinen Dorfkirche entgegengehalten wird, dass solche Aktionen des zivilen Ungehorsams seit Jahren ins Arsenal des christlichen Widerstands gehören, scheint er doch nachdenklich zu werden.

Es geht auch anders

Die meisten Bewohner des strukturschwachen Gebietes haben aber ganz andere Fragen. Was wird aus der Region ohne Vattenfall? Sebastian Zoepp vom alternativen Reiseveranstalter „Spreescouts“ will Besuchern auf seinen Touren zeigen, dass die Region auch ohne den schwedischen Kohlekonzern eine Zukunft hat. Eine Tour mit den Teilnehmern des Klimacamps führt zur Biogasanlage, die der Bürgermeister des Örtchen Gastrose aufgebaut hat. Genutzt wird der Kot seiner Tiere, vor allem der Schweine und Hühner.

Auf dem Gelände des ehemaligen sowjetischen Truppenübungsplatzes Lieberose wurde vor zwei Jahren ein Solarpark in Betrieb genommen. Auf einer Fläche von über 200 Fußballfeldern sind 700.000 Dünnschichtmodule aufgebaut. Sie wurden zum größten Teil von der Firma First Solar aus Frankfurt/Oder produziert. In den Verträgen ist geregelt, dass die Betreiberfirma Juwi für die umweltfreundliche Entsorgung sämtlicher ausrangierter Module sorgt. Rund um die Anlage nisten in der kargen Heidelandschaft wieder seltene Vögel, die vom Militär vertrieben worden waren.

Für die Umweltschützer hat sich der Besuch gelohnt. Jetzt können sie auf Alternativen verweisen, wenn sie gefragt werden, was aus der Region ohne die Kohle und ohne Vattenfall werden soll. Am Samstag dürften sie häufiger mit dieser Frage konfrontiert werden. Dann endet das Klimacamp mit einer Demonstration unter dem Motto „Unsere Energie ist nicht eure Kohle“. Start ist um 13 Uhr am Cottbuser Hauptbahnhof.
Infos zum Camp gibt es unter
http://www.lausitzcamp.info

http://www.freitag.de/politik/1132-campen-gegen-kohle

Peter Nowak

Führt der AKW-Ausstieg in die Krise?

Das Management des Energiekonzerns E.ON hat gestern einen massiven Stellenabbau angekündigt

Der Konzernvorstand von E.ON erklärte, dass 11000 der 79000 Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Der Grund ist ein wirtschaftlicher Einbruch, der sich auch in Zahlen ausdrücken lässt.

„Im Zeitraum April bis Juni mussten wir mit einem bereinigten Konzernüberschuss von minus 382 Millionen Euro erstmals in der Unternehmensgeschichte von E.on einen Quartalsverlust ausweisen“, erläuterte der Chef des E.ON-Konzerns Johannes Teyssen im Halbjahresbericht. Er sprach von einem „dramatisch verschlechterten Ergebnis“. Künftiges Wachstum verspricht sich der Manager an den außereuropäischen Märkten wie Brasilien, Indien und die Türkei.

Die Dienstleistungsgewerkschaft verdi hat bereits Widerstand gegen die Konzernpläne angekündigt. In einer Pressemitteilung beklagt die Gewerkschaft, dass die Krise überproportional auf den Rücken der Beschäftigten“ ausgetragen werde. Besonders die Informationspolitik des Konzerns steht in der Kritik von verdi-Bayern. Die schlechten Wirtschaftsnachrichten seien schon über Medien wie Süddeutsche Zeitung und Spiegel verbreitet worden, ohne dass mit den Beschäftigten und den Betriebsräten auch nur gesprochen wurde, bemängeln die Gewerkschafter.

Allerdings bleiben die verdi-Erklärungen in der Logik vieler ähnlicher Statements, in denen mit harten Worten für eine Standortpolitik getrommelt wird. So wirft verdi-Bayern den Politikern vor, sich zu wenig für den Industriestandort Bayern einzusetzen. Zudem wird „die politisch verordnete Stilllegung aller bayerischen Kernkraftorte bis 2022“ beklagt. Management und Gewerkschaft sind sich also in der Diagnose einig, dass ein zentraler Grund für die aktuelle Krise der beschlossene Atomausstieg ist. Eigentlich wird dieser Schritt mittlerweile von den Gewerkschaftsspitzen geteilt und politisch vertreten. Allerdings gibt es vor allem bei verdi noch immer einen großen Streit um diese Frage. Viele Beschäftigte der Kernkraftbranche und ihre gewerkschaftlichen Vertreter sehnen sich aber nach den Zeiten zurück, als sie mit Gewerkschaftsfahnen für mehr Atomstrom auf die Straße gegangen sind.

Dass neben E.ON auch die Energiekonzerne RWE und Vattenfall Gewinneinbrüche zu verzeichnen haben, wird in wirtschaftsfreundlichen Medien als ökonomische Folge des AKW-Ausstiegs bezeichnet.

In einem Kommentar benennt das Handelsblatt allerdings auch die Verantwortung der Konzerne für ihre aktuelle Situatio:.

„Erneuerbare Energien? Ein Geschäft für Spinner. Dezentrale Versorgung? Eine Idee für Träumer. So tickten sie lange Zeit, die Manager in den Konzernzentralen. Sich von den komfortablen Rahmenbedingungen zu verabschieden fiel ihnen schwer. Auf jede Veränderung reagierten sie unwirsch, meist mit einem Protestbrief an den jeweiligen Amtsinhaber im Kanzleramt.“

Damit wird die jahrelange Kritik von Umweltgruppen bestätigt, die Konzernen wie EON schon lange vorwerfen, sich zu lange auf die hochsubventionierte Atomkraftnutzung verlassen zu haben, weil sie hohe Profite sicherte. Manche Konzernvertreter und Betriebsratsfürsten trauern dieser sie für sie guten alten Zeit jetzt nach.

http://www.heise.de/tp/blogs/2/150293

Peter Nowak

Von der Anti-AKW- zur Anti-Kohle-Bewegung

Klimacamps und der Widerstand gegen die Kohleförderung
  
Was macht die Umweltbewegung in Deutschland, nachdem der AKW-Ausstieg nun beschlossene Sache ist? Diese Frage ist berechtigt. Hatte sich doch in den letzten Monaten gezeigt, wie schnell der neue Aktivismus der Anti-AKW-Bewegung an Grenzen gestoßen ist.

Mit einer Brockdorf-Blockade wollte ein Teil der Anti-AKW-Bewegung Anfang Juni deutlich machen, dass sie auch nach dem Ausstiegsbeschluss handlungsfähig bleibt. Doch der Beweis ist nicht gelungen. Es gab Streit in der Vorbereitungsgruppe. Schließlich blieb es bei einer symbolischen Blockade. Das ernüchterte manche Aktivisten, die die Massenaktionen nach dem japanischen Atomunfall als Wille großer Teile der Bevölkerung interpretierten, den Ausstieg in die eigenen Hände zu nehmen.

Der Kampf gegen die Kohleförderung

Weil es weiter Castortransporte ins Wendland geben wird, dürfte die AKW-Bewegung zumindest an dieser Front weiter aktiv bleiben. Allerdings muss sich zeigen, ob die Unterstützung für die Proteste nach den Ausstiegsbeschlüssen weiter so groß sein wird wie bisher. Nun versuchen Klimaaktivisten auch andere Themenfelder zu bearbeiten. So rückt der Kampf gegen die Kohleförderung zunehmend in den Mittelpunkt. Schon in den letzten Jahren wuchs die Zahl der Bürgerinitiativen, die sich durchaus auch erfolgreich gegen den Bau von Kohlekraftwerken wandten.

Schon vor 4 Jahren warnte die konservative Welt vor dem Erfolg einer Anti-Kohle-Bewegung. Nach dem AKW-Ausstieg könnte die Verbindung zwischen regionalen Initiativen, die sich gegen die Kohleförderung wenden und langjährigen Anti-AKW-Aktivisten Realität werden.

Klimacamps

Gleich in zwei Klimacamps wird sie in den nächsten Wochen praktisch erprobt. In Jänschwalde bei Cottbus startet heute ein [http//:www.lausitzcamp.info Klima- und Energiecamp]. Eine Woche lang wollen sich die Umweltaktivisten vernetzen, Erfahrungen austauschen und gemeinsam Aktionen vorbereiten. Das Camp endet am kommenden Samstag mit einer Demonstration gegen die Kohleförderung in Cottbus.

Ende August soll dann ein internationales [http//:www.klimacamp2011.de Klimacamp] im rheinischen Braunkohlerevier am Tagebau Hambach bei Köln dabei helfen, „vielfältigen Widerstand gegen den Energiekonzern RWE und den mit Abstand größten Braunkohlekomplex Europas“ zu organisieren, wie es im Aufruf heißt.

Neue Initiativen im Oderbruch

Gemeinsam mit örtlichen Bürgerinitiativen wenden sich die Aktivisten in beiden Camps gegen den Aufschluss neuer Tagebaue, den Bau weiterer Kohlekraftwerke sowie die unterirdische Speicherung von Kohlenstoffdioxid, Carbon Capture and Storage (CCS). Dagegen ist in den letzten Jahren in vielen Regionen Brandenburgs vor allem im dünn besiedelten Oderbruch östlich von Berlin eine rege Protestkultur gewachsen, was sogar viele Umweltaktivisten aus Berlin überrascht hat.

Ob der Widerstand gegen die Kohle ähnlich wie die Ablehnung der AKW gesellschaftlich hegemonial werden kann, ist noch völlig offen. Die Diskussion der Kohlegegner mit den Gewerkschaften, die Arbeitsverluste fürchten, steht bei dieser Frage noch völlig am Anfang. Aber das war bei der AKW-Frage vor 20 Jahren nicht anders.

http://www.heise.de/tp/blogs/2/150272

Peter Nowak

Zelten im Revier für ein lebenswertes Klima

BEWEGUNG Die Energiewende wird nie klimafreundlich, wenn weiter Kohle gefördert wird, meinen Umweltschützer. Mit Klimacamps und Infotouren wollen sie protestieren, aber auch Alternativen zeigen

Nachdem der Ausstieg aus der Atomkraft absehbar ist, widmet sich die Umweltbewegung verstärkt dem Kampf gegen die umweltschädliche Kohleförderung. In den nächsten Wochen wird es gleich zwei Klimacamps in Kohlefördergebieten geben. Am 7. August werden UmweltaktivistInnen in Jänschwalde bei Cottbus in unmittelbarer Nähe des dortigen Kohlekraftwerks ihre Zelte aufbauen. Knapp drei Wochen später, am 26. August, geht es im Tagebaugebiet Hambach bei Köln weiter.

„Braunkohle ist ein Klimakiller Nummer eins. Das Festhalten daran blockiert eine Energiewende, die sozialverträglich und demokratisch zu gestalten ist“, erklärt Stefanie Groll vom Umweltbündnis gegenstromberlin, die an der Vorbereitung des Camps in Jänschwalde beteiligt ist.

Aktionen für alle

Der Energiekonzern Vattenfall will das Kohlekraftwerk bis 2015 zu einem Pilotprojekt für das CCS-Verfahren ausbauen. Diese Methode der Abscheidung und Verpressung von Kohlenstoff, gegen die sich in vielen Brandenburger Gemeinden Widerstand regt, wird bei den Debatten der UmweltaktivistInnen eine wichtige Rolle spielen.

„Das Camp soll ein Ort der Diskussion, der Vernetzung und des Protests sein“, sagt Daniel Häfner von Robin Wood Cottbus. Die Aktionen seien so angelegt, dass „die 18-jährige Punkerin ebenso teilnehmen kann wie die 80-jährige Bäuerin“.

Am ersten Camptag startet auch eine von der Umweltgruppe Cottbus organisierte Bustour, die über Lausitzer Dörfer, die vom Abbaggern bedroht sind, zum Solarkraftwerk Lieberose führt. Damit sollen den TeilnehmerInnen sowohl die Folgen der Braunkohleförderung als auch die Alternativen vor Augen geführt werden. Weitere Veranstaltungen widmen sich dem Austausch mit UmweltaktivistInnen aus Polen und Weißrussland.

Abschlussdemo

Zum Abschluss ist am 13. August eine Demonstration unter dem Motto „Unsere Energie ist nicht Eure Kohle“ geplant, die um 14 Uhr am Cottbusser Hauptbahnhof startet. Zwei Tage später beginnt eine Klimaradtour, die den Jänschwalder Protest mit dem im rheinischen Braunkohlerevier verbindet.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=wu&dig=2011%2F08%2F06%2Fa0176&cHash=c48e9b59a1

Peter Nowak

Radeln für die Umwelt

Etappen der Tour de Natur durch Brandenburg
»Für eine nachhaltige Verkehrspolitik und Lebensweise«, lautet das Motto auf einem weißen Transparent, mit dem zirka 120 Radfahrer zurzeit auf Brandenburgs Straßen für Aufmerksamkeit sorgen. Das ist auch das Ziel der Tour de Natur, die  vom Hamburg nach Berlin führt.  Am  23. Juli ist die Umwelttour in Hamburg gestartet und wird am 6. August in Berlin beendet.    „Wir wollen  entspanntes Radfahren mit politischem Engagement zu verkehrs-, energie- und friedenspolitischen Themen verbinden“, beschreibt Susanne Timm vom Organisationsteam das Ziel des Projekts. 
Sie betont, dass jeder mitmachen kann, der ein Rad und etwas Zeit hat.  In Sachsen-Anhalt waren es vor allem Aktivisten von Bürgerinitiativen, die den Politradlern Gesellschaft geleistet haben.  So begleitete die Bürgerinitiative  Lüchow-Dannenberg, die Aktivisten   nach Gorleben.  Hier ging der „Staffelstab“ in Form eines Protest-T-Shirts an die BI „Kein CO2-Endlager in der Altmark“, die die Tour de Natur mit Trommelwirbel empfing. Das Kohlekraftwerk Arneburg stand ebenso auf der Protestagenda  wie   die Coblitz-Letzinger Heide. Dort protestierten die Ökoradler  gemeinsam mit Aktivisten der Bürgerinitiative Offene Heide gegen die militärische Nutzung des Geländes.
 
Auf der ersten Etappe der Tour durch Brandenburg stand der Besuch verschiedener Alternativprojekte auf dem Programm, die sich mit ökologischem Anbau und erneuerbarer Energie befassen. Im Gespräch mit ND zeigte sich Susanne Timm erfreut über die große Zahl solcher  Projekte in dem Bundesland.  Kritisch äußerte sie  zu der Verkehrsinfrastruktur in Brandenburg So gäbe es in manchen Regionen zu wenige Bahnangebote. Am Mittwoch wurden an der  Planebrücke in Brandenburg/Havel darauf aufmerksam gemacht, dass dort für Radfahrer eine hohe Unfallgefahr besteht. Es gab Exkursionen zu einem Flüchtlingsheim  und einen Solarpark. Heute  radeln die Aktivisten nach Potsdam.  Dort wird der Brandenburg-Teil de Umwelttour um 20 Uhr mit einem kostenlosen Freiluftkonzert des Musikers Heinz Ratz am Neuen Garten 64 beendet.  
Der Liedermachter verbindet mit seiner Band „Strom und Wasser“ seit Jahren Kultur mit politischen Themen. Im Rahmen seiner „Tour der 1000 Brücken“ ist Ratz drei Monate vor verschiedenen Flüchtlingsheimen in der ganzen Republik     aufgetreten. Damit wollte  er  Öffentlichkeit für die Situation der Heimbewohner schaffen und ihre Forderungen nach menschenwürdiger Unterbringung unterstützen.      
In beteiligt sich die Umwelttour am 6.August  um 12.15 Uhr an einer Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt gegen  jegliche Nutzung von Atomtechnologien.  

https://www.neues-deutschland.de/artikel/203664.radeln-fuer-die-umwelt.html

Peter Nowak

Anti-Kohle nach Anti-AKW?

Wer glaubte, der Umweltbewegung könnten nach einem AKW-Ausstieg die Themen ausgehen, hat sich geirrt. Nicht einmal eine Urlaubspause gönnt sich die Bewegung. Vielmehr wollen Umweltaktivisten mit zwei Camps den Focus auf die Umweltbelastungen durch die Kohleförderung richten. In Jänschwalde bei Cottbus startet am 7. August ein Klima- und Energiecamp. Eine Woche lang wollen die Umweltaktivisten Erfahrungen austauschen und gemeinsam Aktionen vorbereiten. Und vom 26. August bis zum 4. September soll dann ein internationales Klimacamp im rheinischen Braunkohlerevier am Tagebau Hambach bei Köln dabei helfen, »vielfältigen Widerstand gegen den Energiekonzern RWE und den mit Abstand größten Braunkohlekomplex Europas« zu organisieren, wie es im Aufruf heißt.

Gemeinsam mit örtlichen Bürgerinitiativen wenden sich die Aktivisten in beiden Camps gegen den Aufschluss neuer Tagebaue, den Bau weiterer Kohlekraftwerke sowie die unterirdische Speicherung von Kohlendioxid (Carbon Capture and Storage – CCS). Dieses Thema dürfte vor allem im ostdeutschen Camp eine große Rolle spielen, wo es konkrete Pläne für die CO2-Lagerung gibt.

Bereits Mitte Juli fanden in Berlin vor der Vattenfall-Zentrale und in Essen vor dem RWE-Sitz Protestkundgebungen statt. Deren Resonanz blieb allerdings bescheiden. Es wird sich zeigen, ob bei den Camps eine Verbreiterung der Proteste gelingt. Die in manchen Diskussionspapieren behauptete Anti-Kohle-Bewegung, die an die Stelle der Anti-AKW-Bewegung tritt, ist jedenfalls noch nicht zu sehen. Die Bewegung wird Geduld und langen Atem brauchen, sonst dürfte sich schnell Enttäuschung einstellen.

Inhaltlich ist die Orientierung auf den Widerstand gegen die Kohleförderung wohlbegründet. Mit dem AKW-Ausstieg droht auch hier eine Renaissance. Wenn die Aktivisten überzeugend verdeutlichen können, dass Kohle keine Alternative zum Atomstrom ist, hat sich ihr Engagement gelohnt.

Informationen im Internet unter: www.lausitzcamp.info

www.klimacamp2011.de

Peter Nowak

http://www.neues-deutschland.de/artikel/203357.anti-kohle-nach-anti-akw.html

Fliegen mit Biokerosin – Greenwashing oder umweltfreundlich?

Am ersten Biospritflug der Welt gibt es aus Nord-Süd und Umweltverbänden Kritik
  
Die Lufthansa hat am 15.Juli ihren weltweit ersten Biospritflug von Frankfurt nach Hamburg bewerkstelligt, der monatelang vorbereitet wurde. Allein für den Test des von der Lufthansa und der deutschen Bundesregierung finanzierten Projekts wurden 800 Tonnen Biokraftstoff benötigt.

Eine finnische Raffinerie bezog dafür pflanzliche Öle aus Asien, Rapsöl aus Europa und nutzte sogar finnische Schlachtabfälle als Biomasse. Der entstehende Biokraftstoff wurde dann zur Hälfte mit Jet A1 gemischt und nach Hamburg verschifft. „Unser Treibstoff ist nachhaltig. Fest steht, dass für Lufthansa-Biokraftstoff kein Regenwald gerodet wird, unsere lizenzierten Lieferanten müssen die Nachhaltigkeit ihrer Prozesse nachweisen“, versichert der Projektleiter Joachim Buse. Die Lufthansa ließ sich wegen ihrer Biokerosintests schon im Vorfeld als Vorreiter der Nachhaltigkeit loben.

Kritik von Umweltverbänden

Viele Nord-Süd-Initiativen und Umweltverbände sind nicht überzeugt. Die Nord-Süd-Organisation Inkota wirft der Lufthansa gar vor, mit dem Biosprit die Landkonflikte in Mosambik anzuheizen. Durch den Anbau des für den Biosprit benötigten Jathrophaflanzen würden Nahrungspflanzen verdrängt, so der Vorwurf der Inkota-Agrarexpertin Evelyn Bahn.

Auch Greenpeace schließt sich dieser Kritik an. Die Organisation sieht das Problem in der steigenden Nachfrage nach Palmöl, das für das Biokerosin verwendet wird. In einer Erklärung heißt es:

„Je höher die Nachfrage, desto größer der Druck, wertvolle Wälder und Wiesen in Ölpalmplantagen umzuwandeln. Das zerstört den Lebensraum gefährdeter Tiere und vernichtet bedrohte Pflanzenarten.“ ,

Der finnische Konzern Neste Oil, von dem die Lufthansa die Biorohstoffe bezieht, stehe ganz oben auf der Liste „der übelsten Unternehmen des Jahres“, so Greenpeace. Für die Organisation gehört Palmöl generell nicht in den Tank. Als Alternative schlägt Greenpeace vor, Biosprit aus Abfällen herzustellen und den Flugverkehr generell stark einzuschränken.

Die Lufthansa räumt ein, dass in der nächsten Zeit maximal 5 bis 10 Prozent ihrer Flüge mit Biosprit getätigt werden können. Allerdings könnte sich der Konzern damit eine neue kaufkräftige Kundschaft sichern, die gegen einen Aufpreis biologisch korrekt fliegen will.

Die von vielen Umweltverbänden propagierte Forderung nach Einschränkung des Flugverkehrs wird wiederum von den NaturFreunden kritisiert. Die Organisation habe sich immer für das Recht auf Mobilität gerade auch für Menschen mit geringen Einkommen eingesetzt, meint Uwe Hiksch vom Vorstand der Naturfreunde, die ihr Eintreten für die Natur nicht mit einer Verzichtsideologie verknüpft.

http://www.heise.de/tp/blogs/2/150151
Peter Nowak