Protest gegen Armee

BUNDESWEHR Initiativen demonstrieren heute Vormittag gegen die neue Berliner RSU-Truppe

„Bundeswehr und RSU-Kräfte wegtreten“ heißt das Motto einer Demonstration, die am heutigen Freitag um 10 Uhr vor der Julius-Leber-Kaserne am Kurt-Schuhmacher-Platz stattfinden wird. Angemeldet wurde sie von dem NoWar-Bündnis aus Berliner AntimilitaristInnen.

Zeitgleich werden in der Kaserne die Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte (RSU) für Berlin aufgestellt. Über sie war in der Öffentlichkeit bisher wenig bekannt. „Zu den Aufgaben gehören der Heimatschutz, Wach- und Sicherungsaufgaben zum Schutz von militärischen Anlagen und Einrichtungen“, heißt es auf der Homepage der RSU-Kräfte. Diese Maßnahme ist Teil der Umstrukturierung der Bundeswehr. Diese Einheiten einzurichten ist Ländersache. In vielen Bundesländern ist sie weitgehend unbemerkt vollzogen worden.

Antimilitaristische Proteste dagegen gab es nur in Essen, Hamburg und am vergangenen Wochenende in Dresden, wo die sächsische RSU-Brigade aufgestellt wurde. „Die organisierten Heimatschützer tragen zur Militarisierung der Gesellschaft bei. Deswegen rufen wir auf zum Protest gegen die Aufstellung“, sagte Paula Weber vom NoWar-Bündnis. Sie verweist darauf, dass sich in der Julius-Leber-Kaserne auch die Berliner Landesstelle des Reservistenverbandes befindet.

Unterstützung bekommen die AntimilitaristInnen von der Linkspartei. „Mit den RSU-Kräften sollen zivile Organisationen der Katastrophenhilfe wie das Deutsche Rote Kreuz mit der Bundeswehr zusammengeführt werden. Das lehnen wir ab“, erklärte die Europaparlamentarierin Sabine Lösing. Von der Bundeswehr gab es keine Stellungnahme zu der Kritik.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2013%2F11%2F22%2Fa0152&cHash=acc67fc7ee3fa3aaa71c1e670643434c

Peter Nowak

Mission Heimatschutz

Im Zuge der Neuausrichtung der Bundeswehr werden in sämtlichen Regionen der Republik Reservistenverbände aufgestellt.

Unter der Überschrift »Heimatschutz wird gestärkt« verkündete die Reservistenzeitung Heimat mobil: »Der Bundeswehrstandort Lüneburg wird demnächst Heimat für eine neue Truppe werden.« Zum 1. Juli wurde dort eine Einheit der sogenannten Regionalen Sicherungs- und Unterstützungskräfte (RSUKr) neu aufgestellt.

Diese Maßnahme ist Teil der Umstrukturierung der Bundeswehr, die bereits seit mehreren Jahren stattfindet. Seit 2007 wurden in jedem Bundesland, in jedem Regierungsbezirk, in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt sogenannte Landes-, Bezirks-, und Verbindungskommandos installiert. Die Bezirks- und Kreisverbindungskommandos werden jeweils durch zwölf Reservisten gebildet. In den über 400 Landkreisen der Bundesrepublik stehen damit über 4 000 Reservisten unter dem Kommando von Reserveoffizieren.

Regelmäßig übernehmen diese Kommandos die Anleitung von zivilen Organisationen wie dem Roten Kreuz, der Feuerwehr oder dem Technischen Hilfswerk. Katastrophenschutzübungen stehen dabei häufig im Vordergrund. Die Hochwasserlage in einigen Bundesländern war ein Beispiel dafür. Auf diese Weise wird die Akzeptanz der Bevölkerung für den Einsatz solcher Verbände erhöht. Wenn alle Deutschen aufgerufen sind, mit anzupacken und bekannte Neonazis von Kommunalpolitikern für ihre Beteiligung am Dammschutz ausgezeichnet werden, kommen auch Verbände gut an, die den Heimatschutz stärken wollen. Über den ersten RSUKr-Einsatz in Thüringen schwärmte ein Beteiligter auf der Internetseite rsu-kraefte.blogspot.com: »Nach tagelangem Einsatz an der Hochwasserfront sind viele Helfer des Katastrophenschutzes von THW und Feuerwehren erschöpft. Deshalb stehen auch Reservisten bereit, um abzulösen.« In der Reservistenzeitschrift Loyal wird allerdings klargestellt, dass sich die neuen Einheiten nicht als Katastrophenhelfer sehen: »Statt sich wie bisher in Feuerbekämpfung, ABC-Schutz oder Flugabwehr zu üben, steht für die RSUKr wieder der klassische militärische Auftrag im Mittelpunkt.«

Dieser Aspekt der Reform der Bundeswehr ist bisher von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt geblieben. Die Restbestände der deutschen Friedensbewegung, die immer dann mobilisierungsfähig sind, wenn es um die Militärpolitik der USA geht, haben das Thema bisher verschlafen. Doch bei der Aufstellung der RSU-Verbände in Essen gab es Mitte Juni erstmals Proteste. Etwa 50 Personen beteiligten sich an einer Kundgebung vor der Zeche Zollverein. In einem Aufruf, den unter anderem Gewerkschafter und die Bochumer Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN BdA) unterzeichneten, werden die RSU-Kräfte als »neue Freikorps« bezeichnet. Es wird daran erinnert, dass in der Weimarer Republik solche Einheiten Streiks und Arbeiteraufstände niederschlugen. Der antimilitaristische Aktivist Michael Wildmoser verweist gegenüber der Jungle World auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Einsatz der Bundeswehr auch im Innern erlaubt. Auf dieser Grundlage hätten sich die RSUKr konstituiert. Zudem habe eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Fraktion der Linkspartei im Bundestag deutlich gemacht, dass ein Einsatz der RSUKr gegen Arbeitskämpfe und Demonstrationen nicht ausgeschlossen sei.

Wildmoser sieht die Aktivitäten gegen die RSU-Aufstellung im Zusammenhang mit einer neuen Antimilitarismusbewegung, die in den vergangenen Jahren entstanden sei und Karl Liebknechts Devise »Der Hauptfeind steht im eigenen Land« ernst nehme. Er verweist auf Proteste unter dem Motto »Bundeswehr wegtreten«, die sich gegen Veranstaltungen in Jobcentern wenden, bei denen jungen Erwerbslosen die Bundeswehr als Jobalternative nahegebracht wird.

Für Proteste gegen die RSUKr wird es in der nächsten Zeit noch Gelegenheit geben. Im August sollen Einheiten in der Havel-Kaserne in Potsdam, in Sachsen-Anhalt in der Stadt Burg und in Wiesbaden in den Dienst gestellt werden.

http://jungle-world.com/artikel/2013/27/48014.html

Peter Nowak