Ausnahmezustand und Austerität


Bei der »Blockupy«-Demonstration in Frankfurt wurden die Grundrechte von Tausenden Demonstranten missachtet.

Ein Zeichen wollten die »Blockupy«-Aktivisten mit ihren Aktionstagen am Wochenende setzen. Man wollte zeigen, dass sich auch in Deutschland, dem Kernland der in vielen europäischen Ländern bekämpften Austeritätspolitik, Protest gegen diese regt. Am Ende ging aber ein anderes Zeichen von der deutschen Wirtschaftsmetropole Frankfurt aus. In der Stadt wurde von Politik und Polizei ein Ausnahmezustand inszeniert, bei dem gerichtliche Urteile, die die vom »Blockupy«-Bündnis angemeldete Demoroute bestätigt hatten, ebenso ignoriert wurden wie die Grundrechte von Tausenden Demonstranten.

Die Demonstration war knapp einen Kilometer gelaufen, als der antikapitalistische Block, in dem vor allem Unterstützer der Interventionistischen Linken und des Bündnisses »Ums Ganze« versammelt waren, eingekesselt und durch den Einsatz von Pfefferspray und Knüppeln vom Rest der Demonstration isoliert wurde. Stundenlang wurden die Betroffenen nicht vom Platz gelassen und anschließend oft mit rabiater Polizeigewalt zur Personalienkontrolle abgeführt. Die monatelang vorbereitete Demonstration wurde von der Polizei unterbunden. Die Begründung von Polizei und hessischer Landesregierung, in dem eingekesselten Block hätten sich potentiell gewaltbereite Demonstranten befunden, die Sonnenbrillen trugen und einige zu lang geratene Transparente mit sich führten, überzeugte nicht einmal die konservative FAZ, die im vorigen Jahr noch die Repressalien der Polizei gegen die »Blockupy«-Tage begrüßt hatte.

Schon zwei Tage zuvor hatte die Polizei die Menschenrechte von zahlreichen Flüchtlingen missachtet. Als die Polizei Busse mit anreisenden »Blockupy«-Unterstützer kontrollierte, wurden ihnen Repressalien angedroht, sollten sie sich an der Demonstration beteiligen. Denn sie hatten damit die ihnen aufgezwungene Residenzpflicht missachtet, die ihre Bewegungsfreiheit erheblich einschränkt und gegen die sie auch in Frankfurt protestieren wollten. Zahlreiche Flüchtlinge entschieden sich angesichts der Drohungen zur Rückreise nach Berlin. Damit wurde die Schwäche der Demonstranten deutlich, die diese rassistische Spaltung nicht verhindern konnten.

Dass es dagegen keine Spaltung in sogenannte gewaltfreie und autonome Demonstranten gegeben hat, ist ein Erfolg, der bei einem so heterogenen Bündnis, das von Gewerkschaftsgruppen bis zum »Ums Ganze«-Bündnis reicht, nicht selbstverständlich ist. Damit wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass das Bündnis auch im kommenden Jahr zur Eröffnung der neuen Zentrale der Europäischen Zentralbank europaweit gegen die Austeritätspolitik und den Ausnahmezustand mobilisiert.

Schließlich gehört die Politik des Ausnahmezustands ebenso zur europäischen Norm wie die Austeritätspolitik. Vor allem in der europäischen Peripherie ist ihre Durchsetzung mit einem Abbau von bürgerlichen Rechten verbunden. So wurden in Griechenland in den vergangenen Monaten gleich dreimal Streiks verboten und in Spanien sitzen Gewerkschafter im Gefängnis, die sich als Streikposten an Protesten beteiligt hatten. Eine europäische Antwort darauf im Kernland der Austeritätspolitik im kommenden Jahr wäre tatsächlich ein Zeichen.

http://jungle-world.com/artikel/2013/23/47828.html

Peter Nowak

Widerstand gegen Bebauung


Initiative fordert Stopp der Planungen für das Freudenberg-Areal


Noch ist die riesige Fläche des Freudenberg-Areals am Friedrichshainer Traveplatz leer. Doch das soll sich bald ändern. Unterdessen sorgen die Bebauungspläne bei den Nachbarn für Widerstand.

Die Ideenwerkstatt Freudenberg-Areal, in der sich mehr als 50 Anwohner zusammengeschlossen haben, fordert einen Stopp der bisherigen Planungen, die der Investor Bauwert bereits Anfang Mai im Rathaus Friedrichshain-Kreuzberg vorstellte. In dem Papier werden 13 Forderungen der Anwohner aufgeführt, auf die in den Neuplanungen eingegangen worden sei. Während ein Großteil der Einwände, wie die Errichtung eines Bürgerhauses, die Schaffung von Kinderspielflächen, Restaurants und Geschäften auf dem Areal unstrittig sind, hat sich der Streit an zwei zentralen Fragen entzündet. »Die Baumasse ist nicht reduziert, sondern gegenüber der vorherigen Planung sogar noch erweitert worden und die vorgesehenen Grünflächen sind weiterhin völlig unzureichend«, moniert Anwohner Sven Moritz. Sofort nachdem die Bebauungspläne auf dem 26 000 Quadratmeter großen Gelände der ehemaligen Autozubehörfabrik Freudenberg zwischen Boxhagener Straße und Weserstraße veröffentlicht wurden, waren die dichte Bebauung und die fehlenden Grünflächen zentrale Kritikpunkte. Zudem wird aus der Initiative die geringe Zahl der Wohnungen mit sozialverträglichen Mieten moniert.

Mit den veränderten Bauplänen seien nicht nur die Erwartungen der Nachbarn enttäuscht worden. Auch die Ergebnisse der drei Runden Tische, die im April von der Mieterberatungsgesellschaft ASUM mit allen Beteiligten durchgeführt wurden, seien in die neuen Planungen an entscheidenden Punkten nicht eingeflossen, kritisiert Moritz. »Dass Grünflächen und Schulen im Bezirk fehlen, ist unstrittig. Jetzt stellt sich die Frage, wie Bezirk und Senat damit umgehen«, sagt Maren Schulze, die für die ASUM die Runden Tische durchführte. Diese Frage stelle sich nicht nur an einen Investor, sondern an die Politik: Schließlich würden auch bei der geplanten Bebauung des RAW-Geländes erneut Diskussionen über die fehlenden Grünflächen und die hohe Bebauungsdichte laut werden, ist sich Schulze sicher.

Der Bürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne), kann manche Verlautbarungen der Anwohnerinitiative nicht nachvollziehen. Vor allem dass in deren Presseerklärungen die Bebauungspläne des Freudenberg-Areals als »Blockmonster« bezeichnet werden, ärgert ihn. »Hier handelt es sich um einen soliden Städtebau, der sich gut in die Umgebung einfügt«, betont Schulz. Er sieht in dem veränderten Entwurf der Bebauungspläne einen guten Kompromiss. »Wenn man mehr will, muss man die Grundstücke aufkaufen.« Doch der Staatssekretär für Stadtentwicklung, Ephraim Gothe (SPD), habe mehrmals deutlich gemacht, dass das Land Berlin keine Grundstücke kauft, verweist Schulz auf die Verantwortung des Senats. Zudem beklagt der Bezirksbürgermeister das Fehlen eines Wohnungsbauförderungsprogramms für private Investoren.

Die Anwohnerinitiative moniert, dass sich Kommunalpolitik und Senat gegenseitig die Verantwortung zuschieben. Sie will weiter in der Nachbarschaft mit Flugblättern und Stadtteilspaziergängen gegen die Bebauungspläne mobilisieren.

www.neues-deutschland.de/artikel/823163.widerstand-gegen-bebauung.html

Peter Nowak

Dokument einer skrupellosen Entmietung

Mietermanagement, dieser technokratische Begriff umschreibt die Praxis der Vertreibung von Mietern aus ihren Wohnungen, wenn sie Investitionsinteressen der Eigentümer im Weg sind. Viel ist über diese Methoden schon geschrieben worden, Jetzt werden sie in dem 52minütigen Film „Betongold“ eindringlich dokumentiert. Darin beschreibt die Regisseurin Katrin Rothe die Geschichte ihrer eigenen Vertreibung. Die Grimme-Preisträgerin war Mieterin in der Bergstraße 62, eines der Häuser in Berlin-Mitte, die lange Zeit unsaniert waren. Es ist der Film, in dem Filmemacher die Geschichte ihrer eigenen Vertreibung dokumentieren. Bereits 2010 hatte ein Filmteam in Lychener 64 (http://sinafilm.de/lychener-64-berlin-prenzlauer-berg/) die Entmietung dieses Hauses in Prenzlauer Berg dargestellt. „Betongold“ setzt dort an, wo die Bewohner erfahren haben,, dass das Haus an die Inter Group Immobilien verkauft wurde, eine für Luxusmodernisierungen bekannte Firma. Die Mieter schließen sich zusammen, holen sich juristische Informationen und machen deutlich, dass sie in dem Haus wohnen bleiben wollen. Einige beginnen sich auch politisch zu engagieren. Im Film zeigt mehrere Ausschnitte, wo bei stadtpolitischen Protesten der letzten Monate das von Rothe gebastelte Schild „Bergtraße 62“ mitgeführt wurde.

„Für rigides Vorgehen gegen Bestandsmieter bekannt“

Doch das Mietermanagement der Inter Group und ihres Geschäftsführers Sascha Klupp zeigt bald Wirkung. Mehrmals wöchentlich werden Kaufinteressenten durch die Wohnungen geschleust. Als Rothe auf ihrem Recht besteht, die Personalien der Menschen sehen zu wollen, die ihre Wohnung spazieren, eskaliert die Situation. Die Maklerin verbietet ihr, mit den Interessen auch nur zu sprechen. Selbst ein unaufgeräumtes Schlafzimmer wertet sie als Störung der Verkaufsgespräche und droht damit, dass die Mieterin die Kosten tragen muss. Hinzu kommen von aufdringlichen Kaufinteressenten, die fast rund um die Uhr auf Rothes Handy-Mailbox anrufen. Für die Mieterin artet diese aufdringliche Art der Kontaktaufnahme immer mehr in Telefonterror auf. Als Meldungen vom Brandanschlag auf die Wohnung eines Mieteraktivisten in der Gleimstraße 52 bekannt werden, bekommt auch sie Angst. Schließlich ging dieses ebenfalls von der Inter Group gekaufte Haus als „teuerste Luxussanierung im Prenzlauer Berg“ durch die Medien. Die Onlinezeitung Prenzlberger Stimme kommentierte den Umgang der Inter Group mit Mietern der von ihr erworbenen Häuser:
„Das Verhältnis zwischen Eigentümer und Mieter wurde nicht zuletzt durch die Person eines Mitarbeiters des Eigentümers belastet, der sowohl in der Gleimstraße 52, als auch bei eigenen Projekten für sein rigides Vorgehen gegen Bestandsmieter bekannt ist.“
Tatsächlich zeigten diese Metholden auch in der Bergstraße 64 bald Wirkung. Das Haus leerte sich immer mehr. Auch Rothe verließ schließlich mit einer Abfindung von 50000 Euro
die Wohnung. In der mit dem Eigentümer geschlossenen Vereinbarung musste sie sich verpflichten, die von ihr betreute Homepage, die über die Entmietung des Hauses informierte, zu löschen. Nun hat sie mit dem Film ein Medium gefunden, indem sie eindringlich dokumentiert, was in Berlin und vielen anderen Städten tagtäglich praktiziert wird.

aus: Mieterecho-Online

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/betongold.html
Peter Nowak
Link zum Film: http://www.karotoons.de/betongold.html

Aktivisten kritisieren Justiz als parteiisch

MIETER-PROTESTE GEGEN RICHTERINNEN-VORTRAG

„Zwangsräumung beginnt hier“ steht auf dem Transparent, mit dem rund 20 MieteraktivistInnen am Mittwochnachmittag an aufgeregten Angestellten vorbei das Hotel Esplanade betraten. In einem Konferenzraum veranstaltet der Bundesverband freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e. V. (BfW) am Mittwochnachmittag ein Seminar zum neuen Mietrecht, auf dem „praktische Hinweise für die tägliche Arbeit“ vermittelt werden sollen.

Hauptreferentin ist die Vorsitzende Richterin des Landgerichts, Regine Paschke. Gerade als sie den neuen Kündigungsgrund „Mietverzug der Kaution“ erläutert, unterbrechen die BesucherInnen von der Berliner Kampagne gegen Zwangsräumungen das Seminar. Eine Sprecherin erklärt, dass in dem Seminar vermittelt werden soll, wie Kündigungen möglichst problemlos ablaufen sollen. Das neue Mietrecht sei eine Waffe in den Händen der Hausbesitzer gegen Millionen MieterInnen.

Prozess um Calvinstraße

Auch gegenüber der taz äußert Bündnis-Aktivistin Sarah Walter später Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz. So sei Richterin Paschke in den letzten Jahren mehrmals bei Seminaren der BfW und als Autorin der Zeitschrift Grundeigentum hervorgetreten. Für Walter ist es deshalb nur folgerichtig, dass Paschke in Mietrechtsprozessen eigentümerInnenfreundliche Urteile gefällt habe. So habe sie in einem Prozess von MieterInnen der Calvinstraße 21 Mietminderungen während der Sanierungsarbeiten für unzulässig erklärt. Selbst eine Mieterin, deren Fenster durch einen ungenehmigten Anbau verdeckt wurde, sei kein Recht auf Mietminderung zugestanden worden. Die Richterin wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F05%2F31%2Fa0133&cHash=14d44b7b200fe2464f93517f20aea6eb

Peter Nowak

Jenseits der ausgetretenen Pfade

KUNST Die Berliner Fotografin Laura Melin setzt sich in einer Ausstellung mit dem kurzen Hype des Kunststandorts Heidestraße zwischen Hamburger Bahnhof und Hauptbahnhof auseinander

Noch vor fünf Jahren galt die Heidestraße in der Kunstszene als unverbrauchter Geheimtipp. Im Niemandsland zwischen Hauptbahnhof und dem Kunststandort Hamburger Bahnhof standen damals vor allem Autoreparaturwerkstätten und Lagerhallen – und der Club Tape.

Für kurze Zeit wurde das Areal in der Heidestraße 46-52 ein Magnet für die Kunstszene und ihre Galerien, der sich aber beim Publikum nicht durchsetzte. Diesem Ausbruch der Szene aus den ausgetretenen Galeriepfaden hat die Fotografin Lara Melin, die sich in ihren Arbeiten kritisch mit Stadtentwicklung auseinandersetzt, ihre Ausstellung „Ode an einen Schandfleck“ gewidmet. Die Ausstellung ist auf ihrer Webseite und noch bis Donnerstag im Berliner Salon für Fotokunst zu sehen.

Neben den Fotos hat Melin Zitate aus Presseartikeln, Erklärungen von PolitikerInnen und Statements von GaleristInnen platziert, die den kurzen Hype des Kunststandorts Heidestraße und das schnelle Ende mancher hochfliegenden Pläne dokumentieren. Noch im Herbst 2006 schwärmte Anne Haun Elfremides auf Artnet vom „zukünftigen Galeriezentrum wie Phönix aus dem Märkischen Sand“.

Sieben Jahre später überwiegt die Tristesse: „Es regnet, die Gegend ist ohnehin schrecklich trostlos“, schreibt Gabriele Walde in der Morgenpost im November 2012. Da waren schon mehrere der angesagten Galerien wieder weggezogen. Die Zeiten der Heidestraße seien „vorbei“, resümiert der Designer Werner Aisslinger im Februar 2013 schließlich.

Während die Kunst verschwindet, sorgen nun die seit Jahren dort ansässigen Handwerksbetriebe und Logistikfirmen, aber auch das neu hinzugezogene Modelabel Darkland für Leben. Diesen Firmen widmet Melin in ihren Fotoarbeiten viel Aufmerksamkeit. Wenn es nach dem Masterplan des Senats geht, sollen auch sie bald vom Heideareal verschwinden, nur die alten Fabrikgebäude sollen erhalten bleiben.

Lara Melin versteht ihre Arbeit auch als stadtpolitische Intervention, wenn sie den mit der städtebaulichen Aufwertung einhergehenden Verlust der Nischen bedauert. „Wo in den neu gebauten Quartieren wird in Zukunft noch Platz dafür sein“, lautet eine der Fragen, die die BesucherInnen aus der Ausstellung mitnehmen.

www.lara-melin.de

Lara Melin: »Heidestraße 46-52 – Ode an einen Schandfleck«
bis 25. Mai 2013
Berliner Salon für Fotokunst, Kulturhaus Schöneberg
Kyffhäuserstraße 23, 10781 Berlin
Mi 14 – 19 Uhr, Do 12 – 17 Uhr

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F05%2F22%2Fa0142&cHash=e26c044f867b2d83bea65947095cc1d1

Peter Nowak

Zwangsräumung steht ins Haus

MIETRECHT Weil eine schwer kranke Mieterin aufgrund eines Formfehlers in der Mieterhöhung nicht zahlt, will die Degewo sie räumen lassen. Prozess vertagt

In Schöneberg könnte es bald zur Zwangsräumung einer schwer kranken Frau kommen. Angelika L. war am Mittwoch mit Beatmungsgerät und Pflegerin zur Verhandlung vor dem Schöneberger Amtsgericht erschienen. L.s Vermieterin, die Wohnungsbaugesellschaft Degewo, verlangt die Räumung der Wohnung, weil L. mit der Miete im Verzug ist. Zum Urteil kam es nicht: Das Gericht vertagte den Fall, um Auskünfte einzuholen.

„Die Mietschulden waren so hoch, dass wir den juristischen Weg gehen mussten“, erklärte Degewo-Sprecher Lutz Ackermann gegenüber der taz. Die Auseinandersetzung mit L. habe sich mehrere Jahre hingezogen, mittlerweile hätten sich hohe Mietschulden angehäuft.

Laut L. entstanden die Mietschulden wegen der unwirksamen Ankündigung einer Mieterhöhung durch die Degewo: Weil dort nicht erwähnt worden sei, dass das Unternehmen für eine Modernisierung Fördermittel von der staatlichen KfW-Bank erhalten hatte, habe ein Gericht bei einem Nachbarn die Mieterhöhung wegen des Formfehlers für unwirksam erklärt. Der Degewo-Sprecher bezeichnet diese Darstellung als „komplett falsch“.

Fehler unwahrscheinlich

Laut Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft kommt es häufiger vor, dass Mieterhöhungen durch Formfehler unwirksam werden. Die Vermieter müssten dann eine korrigierte Mieterhöhung verschicken. Dass eine große Wohnungsbaugesellschaft wie die Degewo einen solchen kostenträchtigen Fehler begingen, hält Oellerich für unwahrscheinlich.

Angelika L. und ihr Lebensgefährte wollen die Wohnung nicht freiwillig räumen – auch wenn das Gericht zu ihren Ungunsten entscheidet. Sie haben das Bündnis gegen Zwangsräumungen um Unterstützung gebeten, falls sich der Gerichtsvollzieher ankündigen sollte. Bündnis-Aktivist David Schuster sieht das als Zeichen, dass der Widerstand gegen Räumungen auch außerhalb linker Zusammenhänge wächst. Für eine Unterstützung sei nun entscheidend, welchen Weg die MieterInnen gehen wollen. An einer Eskalation habe man kein Interesse. Oft versuche das Bündnis mit den MieterInnen Lösungen zu finden, um eine Räumung zu verhindern.

Nachdem vor einigen Wochen die schwer kranke Rosemarie F. kurz nach der Zwangsräumung gestorben war, hatten MieterInneninitiativen ein Räumungsmoratorium für SeniorInnen und Kranke gefordert. Die Diskussion ist jedoch schnell wieder versandet.
taz
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2013%2F05%2F17%2Fa0151&cHash=7cfb9692d210a36228184e1a97da67cd

Peter Nowak

Droht neue Zwangsräumung einer schwerkranken Mieterin?


In Schöneberg könnte es bald eine neue Räumung einer schwerkranken Mieterin geben.

Angelika L. war am Mittwoch mit einem Beatmungsgerät und einer Pflegerin bei der Verhandlung vor dem Schöneburger Amtsgericht erschienen. Das Gericht hat sich vertagt, weil es weitere Auskünfte einholen will. Die Vermieterin von L., die Wohnungsbaugesellschaft DeGeWo, verlangt die Räumung der Wohnung, weil Angelika L. mit der Miete im Verzug ist. „Die Mietschulden sind inzwischen so hoch, dass wir den juristischen Weg gehen mussten“, erklärte der Pressesprecher der DeGeWo Lutz Ackermann. Die Auseinandersetzung mit der Mieterin habe sich schon mehrere Jahre hingezogen.
Angelika L. erklärte, die Mietschulden seien wegen der unwirksamen Ankündigung einer Mieterhöhung durch die DeGeWo entstanden. Weil dort nicht erwähnt worden sei, dass die DeGeWo für eine Modernisierung Fördermittel von der KfW-Bank erhalten hat, habe ein Gericht bei ihrem Nachbarn entschieden, dass diese Mieterhöhung wegen des Formfehlers unwirksam sei. Daher habe auch die diese Mieterhöhung ignoriert. Diese Darstellung der Mieterin Angelika L. bezeichnet Lutz Ackermann von der DeGeWo als komplett falsch und nicht nachvollziehbar.

Zum Widerstand entschlossen

Angelika L. und ihr Lebensgefährte wollen die Auseinandersetzung mit der DeGeWo fortsetzen und sind entschlossen, die Wohnung nicht freiwillig zu räumen, auch wenn das Gericht der DeGeWo Recht geben sollte Die Mieter haben mittlerweile das Bündnis gegen Zwangsräumungen um Unterstützung gebeten. Es hat in den vergangenen Monaten in mehreren Fällen am Tag der Räumung mit Blockaden und Kundgebungen vor Ort protestiert. Bisher gelangen Verzögerungen und eine große öffentliche Aufmerksamkeit für die Thematik der Zwangsräumungen. Bündnis-Aktivist David Schuster sieht es sehr positiv, dass sich wie im Fall von Angelika L. auch Mieter zum Widerstand bereit sind, die bisher politisch nicht aktiv waren. Zu den Ursachen der Mietschulden könne und wolle das Bündnis keine Stellung nehmen, betonte Schuster. Das sei auch nicht die Aufgabe des Bündnisses. Für die Unterstützung gegen Räumungen sei nur entscheidend, welchen Weg die MieterInnen gehen wollen. An einer Eskalation habe man aber kein Interesse. Oft versuche das Bündnis gemeinsam mit den MieterInnen Lösungen zu finden, um eine Räumungen zu verhindern.

Räumungsmoratorium für Schwerkranke nie diskutiert

Ob es im Fall von Angelika L. noch Kompromissmöglichkeiten gibt, ließ auch der DeGeWo-Sprecher Ackermann offen. Nachdem vor einigen Wochen die schwerkranke Rosemarie F. zwei Tage nach einer Zwangsräumung in einer Notunterkunft gestorben war, hatten Politiker aller Parteien verbal große Betroffenheit geäußert. Doch nach einigen Tagen war das Thema aus den Medien verschwunden. Ein Räumungsmoratorium zumindest für Schwerkranke, das von verschiedenen Initiativen gefordert wurde, ist nie ernsthaft diskutiert worden.

aus: Mieterecho online
http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/zwangsraeumung-degewo.html
Peter Nowak

Präzedenzfall für die DeGeWo?

Räumungsklage: Mieterhöhnung nach Modernisierung wegen Formfehler abgelehnt

Der Gerichtstermin am Schöneberger Amtsgericht am Mittwochmorgen war kurz. Ein Routinefall, wie es sie in Berlin tagtäglich gibt. Es ging um die Räumungsklage der schwerkranken Angelika L., die mit einer Krankenschwester und einem Beatmungsgerät im Gerichtssaal erschienen war. Die Wohnungsgesellschaft DeGeWo wirft ihr vor, die Mieterhöhung nach einer Modernisierung trotz Ankündigung ignoriert zu haben und fordert die Räumung der Wohnung. In der ersten Instanz wurde der Klage stattgegeben und die Mieterin zur Räumung aufgefordert. Die Entscheidung in der zweiten Instanz steht noch aus.

Frau L. bezeichnete die Mieterhöhung wegen eines Formfehlers als ungültig. Daher sei sie berechtigt gewesen, die erhöhte Miete nicht zu zahlen. Die DeGeWo habe für die Modernisierung Kredite der KfW-Bank erhalten und diese Förderung in der Ankündigung der Mieterhöhung nach der Modernisierung nicht bekannt gemacht. Aus diesem Grund habe ein Nachbar von L., der ebenso die Mieterhöhung verweigerte, vor Gericht Recht bekommen. Weil die Mieterhöhung fehlerhaft begründet gewesen sei, müsse er die erhöhte Miete nicht zahlen, so das Gericht.

Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft betont gegenüber »nd«, es komme häufiger vor, dass Mieterhöhungen wegen Formfehlern unwirksam sind. Das habe zur Konsequenz, dass die Wohnungsbaugesellschaften eine neue korrigierte Mieterhöhung schicken müssen. Dass große Wohnungsbaugesellschaften wie die DeGeWo einen so entscheidenden Fehler machen und die Förderung durch die KfW zu erwähnen vergessen, sieht allerdings auch Oellerich als einen Ausnahmefall an. Normalerweise arbeiten solche Unternehmen sehr professionell und sind darauf bedacht, solche Fehler zu vermeiden, die ihnen nur Geld kosten, berichtet Oellerich aus der Alltagspraxis der Mietergemeinschaft.

Auch Juristen, die sich häufig mit Mietstreitigen befassen, bestätigten gegenüber »nd«, dass Gerichte wegen fehlende oder unvollständiger Angaben zu Fördermitteln eine Mieterhöhung für unwirksam erklärt haben.

Der Pressesprecher der Berliner DeGeWo, Lutz Ackermann erklärte, ihm sei der Fall erst durch die Presseanfrage bekannt geworden. Man recherchiere zur Zeit im Haus intensiv und erarbeite dann eine Stellungnahme. Die lag jedoch bis Redaktionsschluss noch nicht vor.

Sehr interessiert beobachtet die Angelegenheit auch eine Mieterinitiative, an die sich Angelika L. gewandt hatte. Ihrer Meinung nach könnte die Angelegenheit größere Kreise ziehen.

»Möglicherweise haben alle Bewohner von DeGeWo-Häusern, die die gleiche Ankündigung einer Mieterhöhung nach der Modernisierung ohne den Verweis auf die KfW-Förderung bekommen haben, die Möglichkeit, die erhöhte Miete zurückzufordern«, erklärt David Kaufmann von der Mieterinitiative. Er betont allerdings, dass sich Betroffene an Mieterorganisationen wenden und juristisch beraten lassen sollen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/821609.praezedenzfall-fuer-die-degewo.html

Peter Nowak

KONFLIKT IN FRIEDRICHSHAIN


AnwohnerInnen monieren Neuplanung für das „Freudenberg-Areal“

Der Streit über die Bebauung des Freudenberg-Areals im südlichen Teil von Friedrichshain wird schärfer. Die Ideenwerkstatt Freudenberg-Areal, in der sich rund 50 AnwohnerInnen zusammengeschlossen haben, fordert einen Stopp der Planungen, die der Investor Bauwert am 8. Mai im Rathaus Friedrichshain-Kreuzberg vorstellte.

In einem jetzt vorgelegten Papier benennen die AnwohnerInnen 13 Forderungen, auf die aus Sicht von Bauwert in den Neuplanungen eingegangen worden sei. Ein Großteil der Einwände – wie die Errichtung eines Bürgerhauses, die Schaffung von Kinderspielflächen, Restaurants und Geschäften auf dem Areal – ist unstrittig, Differenzen gibt es an zwei zentralen Fragen: Die Baumasse sei nicht reduziert, sondern gegenüber der Erstplanung noch erweitert worden, und die vorgesehenen Grünflächen seien weiter völlig unzureichend, moniert Sven Moritz von der Ideenwerkstatt.

Zu dicht, zu wenig Grün

Sofort nachdem die Bebauungspläne auf dem 26.000 Quadratmeter großen Gelände der ehemaligen Autozubehörfabrik Freudenberg zwischen Boxhagener und Weserstraße bekannt geworden waren, wurden die dichte Bebauung und die fehlenden Grünflächen von AnwohnerInnen bemängelt.

Mit den veränderten Bauplänen seien nun nicht nur die Erwartungen der NachbarInnen enttäuscht worden. Auch die Ergebnisse der drei runden Tische, die im April von der Mieterberatungsgesellschaft Asum mit allen Beteiligten durchgeführt wurden, seien an entscheidenden Punkten nicht umgesetzt worden, moniert Moritz.

„Dass Grünflächen und Schulen im Bezirk fehlen, ist unstrittig. Jetzt stellt sich die Frage, wie Bezirk und Senat damit umgehen“, so Maren Schulze, die für die Asum die runden Tische durchführte, zur taz. Diese Frage stelle sich nicht nur an einen Investor, sondern an die Politik. Schließlich würden auch bei der geplanten Bebauung des RAW-Tempels erneut Debatten über fehlende Grünflächen und hohe Bebauungsdichte laut.

Welche Antwort die Politik gibt, könnte schon bald deutlich werden: Am 22. Mai sollen die neuen Bebauungspläne des Freudenberg-Areals in der BVV diskutiert werden. „Wir werden mit vielen AnwohnerInnen vor Ort sein“, erklärt Sven Moritz für die Ideenwerkstatt.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F05%2F14%2Fa0128&cHash=b6461f931909686de7e77c33345a15e9

Peter Nowak

Schneller räumen

Seit diesem Monat gilt das neue Mietrecht, mit dem die schwarz-gelbe Bundesregierung Immobilienbesitzer für die »Energiewende« begeistern möchte. Von den Änderungen profitieren die Vermieter, die Rechte von Mietern wurden stark eingeschränkt.

Am 1. Mai sind Gesetze in Kraft getreten, die die Rechtsposition von Millionen Mietern verschlechtern. So können Mieter bei Umbaumaßnahmen in den ersten drei Monaten die Miete nicht mehr mindern, wenn es sich um eine »energetische Modernisierung« handelt. Nach dem neuen Mietrecht umfasst eine energetische Sanierung »alle Maßnahmen, die zur Einsparung von nicht erneuerbarer Primär- oder Endenergie in Bezug auf die Mietsache beitragen«.

Kündigt der Vermieter solche Maßnahmen an, kann der Mieter sie auch nicht mehr, wie es bislang möglich war, mit dem Einwand einer nicht zumutbaren wirtschaftlichen Härte verhindern. Der Mieter muss die energetische Modernisierung dulden und hat erst später im Mieterhöhungsverfahren die Möglichkeit, auf die »wirtschaftliche Härte« zu verweisen, allerdings muss er diese beim Vermieter schon zuvor schriftlich angemeldet haben. Für den Vermieter hingegen werden durch die von der schwarz-gelben Bundesregierung beschlossene Mietrechtsreform die formalen Anforderungen gesenkt, die er bei der Begründung von Modernisierungsmaßnahmen einhalten muss.

Besonders betroffen sind von diesem eigentümerfreundlichen Mietrecht arme Menschen, denen durch die Neuregelung ohnehin schon minimale Schutzrechte genommen werden. In der Praxis hat sich auch in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass Investoren Mittel, Wege und Juristen fanden, um Mieter, die sie als »Profitbremse« betrachten, zum Auszug zu bewegen. Das wird in Zukunft noch einfacher sein. Die energetische Sanierung lohnt sich also für die Investoren und die an der Modernisierung beteiligten Firmen.

Anders als das Adjektiv »energetisch« nahelegt, ist der Nutzen für den Klimaschutz dabei zweifelhaft. So gelangt eine Studie der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu dem Ergebnis, dass sich die zusätzlichen finanziellen Aufwendungen für den Neubau energiesparender Wohngebäude unter Umweltweltaspekten nicht rentieren. Die Investitionen ließen sich »nicht allein aus den eingesparten Energiekosten finanzieren«. Steffi Schmidt* ist von diesem Ergebnis nicht überrascht. Sie wohnt in einer energetisch modernisierten Wohnung in Berlin. Nach der Sanierung ist die Miete für ihre Wohnung um über 20 Prozent gestiegen, die Energiekosten sind allerdings nicht gesunken.

Solche Erfahrungen bewegen Mieter mittlerweile zum Widerstand gegen eine energetische Sanierung. Bekannt wurde beispielsweise die nach Straßen benannte Initiative »Fulda/Weichsel«, in der sich Mieter eines Häuserkomplexes im Berliner Bezirk Neukölln seit Monaten gegen einen Sanierungsplan wehren, der ihnen neue Fenster, eine Außendämmung, neue Abwasser- und Heizanlagen und bis zu 89 Prozent höhere Mieten bescheren sollte. Ein Großteil der Mieter hatte die Wohnungen bereits in Eigenregie umweltbewusst gestaltet. Über die Geschichte ihres Widerstands und die ersten Erfolge wird die Initiative auch auf dem Kunstevent »48 Stunden Neukölln«, das Mitte Juni stattfinden soll, informieren.

Die Initiative kooperiert mit der »Berliner Mietergemeinschaft«, die das neue Mietrecht als Sieg der jahrelangen Lobbyarbeit von Hausbesitzer- und Investorengruppen wertet. Joachim Oellerich von der Mietergemeinschaft bezeichnet die Reform gegenüber der Jungle World als »einen fundamentalen Einschnitt in die Rechte die Mieter«. Die energetische Sanierung werde so zur Handhabe für Mieterhöhungen, ohne dass die Wohnqualität steige. Weil viele Hauseigentümer hier nur eine weitere Möglichkeit zur Wertsteigerung ihres Eigentums sähen, werde nicht selten Dämmmaterial verwendet, das gesundheitsschädliche Folgen haben könne. Zudem warnten Fachpublikationen für energetische Sanierung, die »Schnäppchenmentalität« der Sanierer gefährde den Brandschutz.

Darüber hinaus kritisiert Oellerich, dass mit dem Verweis auf sogenannte Mietnomaden bei der Reform des Mietrechts die Rechte von Mietern geschleift wurden. »Den Mietnomaden gibt es nicht. Das ist ein Konstrukt.« Als Mietnomaden werden von Verbänden der Hauseigentümer Personen bezeichnet, die angeblich in eine Wohnung einziehen, ohne die entsprechende Miete zu entrichten, und nach Aufdeckung in die nächste Mietwohnung ziehen, ohne die Schulden beglichen zu haben. Medien wie Spiegel und Zeit zeigten mit Artikeln wie »Der Feind im Haus« und »Miettouristen – Schrecken der Haubesitzer« viel Verständnis für die Sorgen der geplagten Investoren.

Der Gesetzgeber hat im neuen Mietrecht die Möglichkeit einer vorläufigen Kündigung per einstweiliger Verfügung festgeschrieben. Offiziell wurde diese Regelung eingeführt, um Mietnomaden leichter kündigen zu können. Die Regelung greift jedoch auch, wenn Mieter beispielsweise bei umstrittenen Mieterhöhungen im Forderungsrückstand sind. Klagt ein Eigentümer wegen nicht bezahlter Mieten auf Räumung, muss der Bewohner den strittigen Betrag bis zum Urteilsspruch auf einem Sonderkonto hinterlegen. Ist er dazu nicht in der Lage, kann der Eigentümer die Wohnung künftig im Eilverfahren räumen lassen. Sollten sich die Forderungen des Vermieters vor Gericht später als unberechtigt herausstellen, ist der Mieter trotzdem seine Wohnung los.

Betroffen sind auch hier arme Mieter, die nicht die Möglichkeit haben, beliebig Geld auf einem Sonderkonto zu hinterlegen. Dadurch könnte die Zahl der Räumungen in Zukunft noch steigen. Ob sich der Widerstand dagegen über Berlin hinaus ausweitet, ist offen. Schließlich sorgt allein die Drohung mit einer vereinfachten Räumung bei vielen Mietern für Angst und Verunsicherung.

http://jungle-world.com/artikel/2013/19/47657.html

Peter Nowak

Über Tote etwas Schlechtes

Was war die Ursache des Todes einer Ber­liner Rentnerin nach einer Räumung? Manche Medien sehen die Schuld auch bei der Verstorbenen.

Eine personelle Folge hatte der Tod von Rosemarie F. doch noch. Die 67jährige Rentnerin war zwei Tage nach einer Räumung in einer Notunterkunft in Berlin gestorben (Jungle World 16/13). Kurz darauf twitterte Alexander Morlang, Abgeordneter der Piratenpartei im Berliner Abgeordnetenhaus: »Sozialdemokratie ist tödlich. Danke, liebe Verräter!«

Er wollte offenbar auf die Rolle der SPD bei der Abwicklung des sozialen Wohnungsbaus in Berlin hinweisen, hatte dabei jedoch vergessen, dass die SPD immer einen hilfreichen Koalitionspartner für die Abwicklung hatte, darunter auch die PDS. Das Abgeordnetenhaus ließ Morlangs Äußerung nicht durchgehen. Er musste als Vorsitzender des Ausschusses für Informationsfreiheit, digitale Verwaltung und Datenschutz im Berliner Abgeordnetenhaus zurücktreten. Er dürfte der einzige Politiker sein, der wegen des Todes der Rentnerin zumindest vorübergehend einen Nachteil für seine Karriere hinnehmen muss.

Die Berichterstattung mancher Medien wird wahrscheinlich keiner Karriere schaden. Wenige Tage nach dem Tod von Rosemarie F. gaben sie die Betroffenheit auf und machten sich auf die Ursachensuche. Dabei geriet die Rentnerin selbst ins Visier. So wurden Bilder ihrer nicht besonders aufgeräumten Wohnung vom Tagesspiegel veröffentlicht, als sei es ein Kündigungsgrund, wenn eine Wohnung nicht aussieht, wie ein Musterbeispiel aus dem Ikea-Katalog. Zudem wurde Rosemarie F. in der taz vorgeworfen, nicht mit den Behörden kooperiert zu haben, obwohl doch die Wohnungseigentümer mit der Einschaltung des Sozialpsychologischen Dienstes guten Willen gezeigt hätten.

Doch damit war eine Institution eingeschaltet worden, die höchstwahrscheinlich darauf hingewirkt hätte, dass Rosemarie F. auch gegen ihren Willen ihre Wohnung verlassen hätte. Die Kritik in verschiedenen Medien, die Rentnerin habe sich nicht um behördliche Belange gekümmert, lässt sich zuspitzen: Rosemarie F. hat nicht kooperativ an ihrer Räumung mitgewirkt.

Dabei hat sich F. eindeutig für Widerstand gegen die Räumung entschieden. Sie hat Ärzte aufgesucht, die ihr in einem Attest bestätigten, dass die Räumung eine große gesundheitliche Gefahr darstellt. Zudem hat F. gemeinsam mit Mitgliedern des Bündnisses »Zwangsräumung verhindern« in Gesprächen mit dem zuständigen So­zialstadtrat die Zusage ausgehandelt, dass das Amt sowohl die Mietschulden sofort an die Eigentümer überweisen, als auch eine zukünftige pünktliche Überweisung der Miete garantieren werde. Doch die Eigentümer pochten auf den Räumungstitel.

Der Videojournalist Matthias Coers hat daher kein Verständnis dafür, dass F. nun eine Mitschuld an ihrem Tod vorgeworfen wird, weil sie nicht an ihrer Räumung mitgewirkt habe. »Rosemarie hat im Gegenteil selbstbestimmt und vital reagiert. Sie ist eigenständig zu den Mietenprotesten am Kottbusser Tor gekommen und hat mit dem Räumungsbescheid in der Hand das Gespräch mit Menschen gesucht, die ihre Situation verstehen wollten und nicht sie als Problem ansahen«, betont Coers, der mit der Frau ein Interview führte. Dort sagte sie: »Ich bin ein Opfer von Zwangsumzügen.«

Dass sie den gesellschaftlichen Kontext der Räumung sehr wohl wahrnahm, zeigt sich für Coers schon daran, dass die Rentnerin sich noch Anfang April an dem Protest gegen eine Räumung von Mietern in Berlin-Neukölln beteiligt hat. Das bestätigt auch Grischa Dallmer, in dessen Wohngemeinschaft Rosemarie F. unmittelbar nach ihrer Räumung Unterschlupf fand. »Ihr Zustand war am ersten Tag nach der Räumung in erster Linie durch Erschöpfung gekennzeichnet. Sie konnte nur langsam Treppen steigen und es fröstelte ihr. Sie hatte aber ihre Situation vollkommen klar begriffen und stellte diese in Gesprächen in einen gesellschaftlichen Kontext«, sagt er der Jungle World.

Dass Behörden, Eigentümer und Medien aus Rosemarie F. einen Fall für den Sozialpsychologischen Dienst gemacht haben, könnte auch daran liegen, dass sie, wie andere widerständige Seniorinnen und Senioren, nicht in das Klischee der linken Chaoten passte. Dass ältere Menschen zu Protesten fähig sind, hat sich gerade in den vergangenen Monaten in Berlin gezeigt: an den Besetzern des Seniorenzentrums Stille Straße in Pankow und den »Palisadenpanthern«, die sich gegen drastische Mieterhöhung wehren.
http://jungle-world.com/artikel/2013/17/47579.html
Peter Nowak

Spazieren gegen Rendite

Stadtteilinitiative in Friedrichshain will Widerstand gegen Mietervertreibung organisieren

Die Baustellen sind in der Rigaer Straße in Friedrichshain nicht zu übersehen und zu überhören. »Doch für wen werden diese Wohnungen gebaut«, fragt Heinz Steinle (Name geändert). Der Aktivist der Stadtteilinitiative »Keine Rendite mit der Miete« verweist auf die Schilder, auf denen Käufer für die neu errichteten Eigentumswohnungen gesucht werden.

Menschen mit geringen Einkommen können sich eine Wohnung im »Green Village« (Grünes Dorf) bestimmt nicht leisten, das auf dem Areal der Rigaer Straße 18/19 errichtet wird. Als die Sanus-AG das Projekt mit den 142 Eigentumswohnungen auf der Expo-Real vorstellte, wurde der vermögenden Klientel ein Wohnungskauf mit dem Hinweis auf die Tiefgaragen schmackhaft gemacht.

Käufer für Eigentumswohnungen werden auch für die Anfang der 50er Jahre von der DDR errichteten Bauten in der Frankfurter Allee 5 – 17 gesucht. »Wohnen im Baudenkmal« lauten die Werbeplakate. Viele Wohnungen stehen dort derzeit leer. Die noch verbliebenen Mieter, die teilweise seit Jahrzehnten dort wohnen, befürchten die Verdrängung. Vor einigen Monaten haben sie in den Häusern einen Mieterrat gegründet und auch schon mehrere öffentliche Veranstaltungen organisiert. »In vielen Häusern in Friedrichshain regt sich Widerstand gegen die drohende Verdrängung. Aber oft kämpft noch jedes Haus für sich allein«, berichtet Steinle.

Die Stadtteilinitiative »Keine Rendite mit der Miete« will diesen Zustand ändern. Als ersten Schritt organisierte sie am Mittwochabend einen Stadtteilspaziergang zu Orten des Mieterwiderstands in Friedrichshain. In den letzten Monaten hatten solche Spaziergänge in den Stadtteilen Neukölln und Kreuzberg zur stärkeren Kooperation der dortigen Mieter und Abstimmung ihrer Proteste geführt.

Wenn auch die Eigentümer unterschiedlich sind, so sehen die Aktivisten das Grundproblem in dem Versuch, möglichst viel Rendite aus den Wohnungen zu ziehen. Die Mieter bleiben dort oft auf der Strecke. So sind in der Boxhagener Straße 33 die letzten Mieter ausgezogen. Monatelang hatten sie mit Transparenten gegen die Luxusmodernisierung des Hauses protestiert. Als die ersten Bäume im Hof im Frühjahr letzten Jahres gefällt werden sollten, organisierten sie sogar gemeinsam mit Unterstützern eine kurze Blockade.

Weiteres Renditeobjekt ist die Boxhagener Straße 26, wo sich die Mieter ebenfalls gegen die Umwandlung in Eigentumswohnungen wehren. Auch vor diesem Haus wollten die Spaziergänger gestern Abend auf ihrer Tour Halt machen. Danach sollte es zu weiteren Häusern rund um den Boxhagener Platz gehen, in denen sich die Rendite für die Eigentümer massiv erhöht hat. Ein Beispiel nennt eine Mitarbeiterin des Mieterladens in der Kreutziger Straße, eine Anlaufstelle für Bewohner, die sich über ihre Rechte informieren und juristisch beraten lassen wollen. Danach wird eine 97 Quadratmeter große Wohnung in der Boxhagener Straße, die bisher 675 Euro kostete, seit 1. April für eine Miete von 1600 Euro angeboten, nachdem der langjährige Mieter ausgezogen war. Bei solchen Steigerungen finden Vermieter immer Gründe, Mieter loszuwerden. Der Stadteilspaziergang will ihre Selbstorganisierung stärken.

Infos und weitere Termine auf mietenstoppfriedrichshain.blogsport.de
http://www.neues-deutschland.de/artikel/819832.spazieren-gegen-rendite.html

Peter Nowak

Mieter/innen und Kneipe ziehen an einem Strang

Manchen Mieter/innen ist ein Restaurant im Haus als Quelle vielfältiger Geräusche ein Ärgernis. Die Mieter/innen der Christinenstraße 1 aber sind froh, dass sie mit dem BAIZ einen Schankraum im Haus haben, der viele Freunde hat. Seit sie wissen, dass ihr Haus zum Spekulationsobjekt geworden ist, mobilisieren die Gäste des BAIZ im Netz und auf der Straße dagegen und die Mieter freuen sich.

Sie waren genauso wie die Lokalbetreiber überrascht, als sie erfuhren, dass das Haus im Herbst 2012 den Besitzer gewechselt hat. Das Gebäude wurde an die Zelos Properties GmbH verkauft. Durch Eigenrecherche stießen die Mieter auf personelle Überschneidungen mit der im Zusammenhang mit Schrottimmobilien ins Gerede gekommenen Grüezi Real Estate AG. Das Unternehmen war vom Berliner Landgericht im Dezember 2012 zur Rückabwicklung eines Eigentumswohnungsverkauf und der Zahlung von Schadenersatz verurteilt worden. Die Grüezi hat nach Ansicht des Gerichts eine Eigentumswohnung „sittenwidrig überteuert“ veräußert. Die Firma hatte den Vorwurf unter Hinweis auf eines von ihr beauftragten „Gutachtens“ bestritten. Das Landgericht bezeichnet das „Gutachten“ als offensichtlich wertlosen „Bericht“.

Zelos wirbt auf ihrer Homepage mit einer „ausgeprägten Kulturszene“ in der Umgehung der Christinenstraße und lukrative Käufer der Eigentumswohnungen anzulocken. Für das Haus selber wird allerdings eine kulturelle und gastronomische Weiternutzung kategorisch ausgeschlossen. Stattdessen ist nach ihren Vorstellungen ein weiteres Büroprojekt geplant. Damit ist eine Zielgruppe angesprochen, die in angesagte Szenebezirke zieht, aber auf keinen Fall einen Club oder ein Restaurant in der Nachbarschaft haben will. Aber nicht nur die Kneipe, auch die bisherigen Mieter/innen, sind in den Plänen der Zelos GmbH nicht vorgesehen. Auf ihrer Homepage wird das Haus als „Altbau aus der Jahrhundertwende“ in exklusiver Umgebung beworben. Adidas und Soho House sollen „das hohe Niveau der Nachbarschaft“ garantieren, mit dem Zelos vermögende potentielle Käufer gewinnen will.
Doch noch geben die Mieter/innen und die BAIZ-Betreiber nicht auf und sie suchen die Öffentlichkeit. So haben sie haben unter
baiz.krassnix.de/wp-content/uploads/2013/03/mieterh%C3%B6hungsbeispiele.pdf Beispiele für die Entwicklung der Miete nach der Modernisierungsankündigung ins Netz gesellt. Danach würde sich eine Grundmiete von 200 Euro auf 558, 98 Euro gleich um 278,99 % erhöhen. Die aktuellen Bewohner hoffen auf die solidarische Nachbarschaft, die zu den Kunden des BAIZ gehört, das mit seinen niedrigen Getränkepreisen heute in der Gegend eine Ausnahme ist. “Wenn wir es gemeinsam mit dem BAIZ nicht schaffen, hier im Haus zu bleiben“, schaffen wir es alleine erst recht nicht“, bringt ein Mieter die Stimmung in dem Haus zum Ausdruck. Mindestens einmal in der Woche fungiert ein Raum der Kneipe mittlerweile als Aktionszentrum. Ideen gibt es viele. In der nächsten Zeit werde man einiges von den Mieter/innen der Christinenstraße hören, kündigen sie an. Neuigkeiten finden sich auf der Homepage unter:

baiz.krassnix.de/category/von-uns/
http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/baiz.html
Peter Nowak

Lernen aus den Krisen der anderen


MIETEN Eine Veranstaltungsreihe beleuchtet das Thema „Wohnen in der Krise“ international

Von Spanien lernen heißt vielleicht siegen lernen: Wenn heute in den Räumen der Beratungsstelle der Berliner MieterInnengemeinschaft Eduard Baches aus Spanien über die dortigen MieterInnenproteste berichtet, dürfte das Interesse groß sein. Baches ist Aktivist der Plattform der Hypothekenbetroffenen, die eine Aktionsform bekannt gemacht hat, die sich in der letzten Zeit auch in Berlin verbreitet: der Widerstand gegen Zwangsräumungen von MieterInnen.

Solche gegenseitigen Lernprozesse sind ganz im Sinne der Berliner MieterInnengemeinschaft. Die hat mit AktivistInnen anderer Initiativen den Donnerstagskreis gegründet, der die Veranstaltungsreihe „Wohnen in der Krise“ vorbereitet. In unregelmäßigen Abständen werden MieteraktivistInnen aus dem Ausland eingeladen, um die Situation in ihrem Ländern vorzustellen. So berichteten vor einigen Wochen AktivistInnen aus dem polnischen Poznan über das Anwachsen der Containersiedlungen am Stadtrand für zwangsgeräumte Menschen. Warschauer AktivistInnen erzählten von ihrer Kampagne zur Aufklärung der Todesumstände von Jola Brzeska, die sich den Entmietungsplänen ihres Hauseigentümers entgegengestellt hat und am 7. März 2011 verbrannt in einem Wald bei Warschau aufgefunden wurde.

Im Juni soll der MieterInnenwiderstand in Griechenland Thema sein. „Wenn wir über den Tellerrand blicken stellen wir schnell fest, dass der Neoliberalismus die Ursache für die Probleme der MieterInnen in den unterschiedlichen Ländern ist“, erklärt ein Mitveranstalter. Die Veranstaltungsreihe sieht er als ein Angebot zur politischen Bildung. Dazu nutzen die AktivistInnen auch das Internet. Unter www.youtube.com/user/WohneninderKrise stellt die Gruppe bisher unbekannte Filme des internationalen MieterInnenwiderstands mit deutschen Untertiteln ins Netz.
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2013%2F04%2F18%2Fa0141&cHash=82f125dc6b0e55206b29bbfde00a9451

PETER NOWAK
19 Uhr, Beratungsstelle der Berliner MieterInnengemeinschaft, Sonnenallee 101

Tod nach Zwangsräumung

Nach dem Tod einer Berliner Rentnerin, die vor zwei Tagen aus ihrer Wohnung geräumt wurde, ist die Betroffenheit groß. Doch wird sich an der Praxis der Zwangsräumungen etwas ändern?

Am 11.April ist die Berliner Rentnerin R. F. im Alter von 67 Jahren gestorben. Sie musste die letzten Tage in einer Notübernachtung verbringen. Sie war nämlich am 29. März aus ihrer Wohnung in Reinickendorf zwangsweise vertrieben worden. Die Frau bekam eine Rente vom Amt für Grundsicherung und bewohnte eine Eigentumswohnung zur Miete, die regelmäßig direkt vom Amt für Grundsicherung an die wechselnden Eigentümer überwiesen wurde. Durch Krankenhausaufenthalte von Frau F. und Eigentümerwechsel ist die Miete nicht rechtzeitig gezahlt worden. Der Rentnerin wurde gekündigt und die Eigentümer bekamen vor Gericht Recht und besaßen so alle Räumungstitel. So etwas passiert sehr oft in Deutschland und wird in der Regel nicht in der Öffentlichkeit wahrgenommen.

In den letzten Wochen ihres Lebens etwas Solidarität erfahren

Doch in Berlin hat sich mittlerweile ein Bündnis gegen Zwangsumzüge gegründet, das sich mit Blockaden und Protesten engagierte, wenn Mieter gegen ihren Willen auf die Straße geworfen wurden. Auch Frau F. hatte davon erfahren und sich vor einigen Wochen an das Bündnis gewandt. Die Aktivisten haben immerhin einen Räumungsaufschub erreicht. Ein Räumungstermin Ende Februar wurde verschoben.

Doch letztlich ließen sich die Eigentümer nicht von der Räumung abhalten. Ein großes Polizeiaufgebot verhinderte bei der Räumung von Frau F. alle Blockadeversuche. Dabei hat das Bündnis gegen Zwangsumzüge gemeinsam mit der Frau vom Sozialstadtrat von Reinickendorf die Zusage bekommen, dass die Mietschulden vom Amt übernommen werden und das Amt auch für die zukünftige Mietzahlungen garantiert. Die Eigentümer der Wohnung waren weder zu Gesprächen noch zu Kompromissen bereit.

Schließlich wächst ihre Rendite, wenn sie die Rentnerin aus der Wohnung werfen lassen und einen neuen Vertrag mit einer wesentlich höheren Miete durchsetzen. Dann wird dort keine Rentnerin mit Grundsicherung mehr dort wohnen können. Die Räumung wurde auch nicht ausgesetzt, obwohl den Behörden die gesundheitlichen Probleme der Frau bekannt waren. Ein ärztliches Attest hatte erklärt, dass die Aufregung im Zusammenhang mit einer Räumung ihrer Gesundheit abträglich ist. Dass sich diese Prognose so schnell bewahrheiten sollte, sorgte bei den Aktivisten von dem Bündnis gegen Zwangsumzüge für Trauer: „Wir hier trösten uns ein wenig damit, dass R. zu ihrem Lebensende noch ein wenig Solidarität erfahren hat, womit sie in den letzten Jahren sicherlich nicht sehr reich beschenkt war“, schrieben die Mitglieder einer Wohngemeinschaft, in der die Rentnerin nach ihrer Räumung aufgenommen wurde.

Frau F. hatte sich vor ihrer Räumung an Protesten beteiligt, als eine Familie in Neukölln geräumt wurde. Auch einige Politiker haben sich nach dem Tod der Rentnerin betroffen geäußert. So heißt es in einer Pressemitteilung der Grünen Neukölln:

„Der Vollzug von Zwangsräumungen ist in Berlin an der Tagesordnung. Wöchentlich werden Menschen aus ihren Wohnungen gedrängt, wenn mit ihnen keine Rendite zu machen ist. Das Menschenrecht auf eine Wohnung findet dabei keinerlei Beachtung.“

Leider vermisst man in der Erklärung eine Initiative für ein Moratorium für sämtliche Zwangsräumungen. Natürlich werden sofort die Interessenvertreter der Wohnungs- und Hauseigentümer ihre Stimme erheben und sich über den geplanten Eingriff in ihr Eigentumsrecht beschweren und in der Politik wird es Vertreter fast aller Parteien geben, die ihnen beipflichten. Aber eine solche Debatte würde zumindest deutlich machen, dass das Recht auf Rendite für Eigentümer höher steht als das Recht auf eine Wohnung.

In Spanien, wo es seit der Krise eine Fülle von Zwangsräumungen gibt, war die konservative Regierung erst nach zahlreichen Selbstmorden von Betroffenen bereit, ein begrenztes Räumungsmoratorium für besonders Bedürftige zu erlassen. Doch in der Praxis gehen die Räumungen unvermindert weiter.

In Deutschland gibt es bisher noch nicht einmal solche minimalen Bestrebungen, einkommensschwache Menschen vor Obdachlosigkeit zu schützen. Für den 29. April steht eine erneute Zwangsräumung an. Dann soll eine Frau mit ihrer Tochter aus der Wohnung geworfen werden. Die Gegenmobilisierung hat bereits begonnen.
http://www.heise.de/tp/blogs/8/154090
Peter Nowak