Service für Wohnungslose bedroht

SOZIALES Die Straßenzeitung „Querkopf“ hat eine Kündigung erhalten – und stellt sich dagegen quer

Man darf Werner Schneidewind einen Querkopf nennen. Der Erwerbslosenaktivist legt sich mit den Behörden und Jobcentern an. „Macht euch unabhängig von Sozialämtern. Es ist leichter, als ihr glaubt“, steht auch in der Straßenzeitung Querkopf, für die Schneidewind arbeitet.

Er ist nicht nur Mitglied des „Querkopf“-Vereins, er betreut auch die Vereinsräume in der Blücherstraße 37. Plakate zeugen von den vielfältigen politischen Aktivitäten dort. Der Kampf gegen Ämterwillkür gehört ebenso dazu wie der Umweltschutz oder der Einsatz für eine Legalisierung von Drogen. Jetzt ist der Standort bedroht.

Wenn Schneidewind derzeit einen kleinen Klapptisch vor dem Verein aufstellt, auf dem dann neben der aktuellen Querkopf-Ausgabe auch Comics und Flugblätter zu finden sind, erkundigen sich viele NachbarInnen oft über den neuesten Stand der Auseinandersetzung mit der Hausverwaltung. Die Immobilienfirma Bearm GmbH hatte dem Verein die Räume, die er 2001 gemietet hat, zum 31. März dieses Jahres gekündigt.

Doch die Querköpfe holten nicht den Umzugswagen, sondern formulierten einen Solidaritätsaufruf unter der Überschrift: „Man will uns aus dem Kiez vertreiben“. Seitdem erreichten die Bearm GmbH zahlreiche Protestschreiben. Auch Anne Allex vom „Arbeitskreis Marginalisierte gestern und heute“ fordert die Rücknahme der Kündigung. „Der Querkopf ist eine der am längsten in Berlin erscheinenden Wohnungslosenzeitungen. Sie bietet in ihrer Zeitung einen Service für Wohnungslose an, in dem sie Beschlüsse der Politik, neue Gesetzesregelungen, Gerichtsurteile mitteilt und Beratungsstellen und Anlaufstellen empfiehlt“, heißt es in ihrem Schreiben. Ein Verlust der Räume würde die Arbeit gefährden, befürchtet Allex.

Schließlich ist der Verein Anlaufpunkt für viele Menschen, die sich durch den Verkauf der Zeitung etwas dazuverdienen. Zudem dienen die Räume auch als Depot für Gegenstände aus Haushaltsauflösungen, ein Zuverdienst für die Erwerbslosen.

Einen persönlichen Erfolg hat Schneidewind gegenüber den Bearm-Geschäftsführer schon errungen. Der habe ihm im März prophezeit, dass die Vereinsräume in sechs Monaten leer sein werden. Bisher ist aber noch nicht einmal ein Gerichtstermin zu einer möglichen Räumung benannt worden. Eine Mitarbeiterin der Bearm GmbH erklärte gegenüber der taz, ihre Firma gebe in der Angelegenheit keine Auskünfte.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2014%2F08%2F07%2Fa0212&cHash=b81bac59ea9b6ba3040c6262959b1b1f

Peter Nowak

Mietrebellen vor Kirche unerwünscht

Es sollte eine Premiere werden. Am heutigen Donnerstag wollte die Initiative »Hände weg vom Wedding« ab 19 Uhr den Film »Mietrebellen« erstmals unter freiem Himmel zeigen. Die Dokumentation über die Mieterbewegung in Berlin läuft derzeit recht erfolgreich in den Kinos. Auch der Auftritt eines Hip-Hop-Musikers war geplant.

Doch aus dem Vorhaben wird wohl nichts. »Aus Gründen der politischen Neutralität darf die Veranstaltung auf dem Platz nicht stattfinden«, erklärt Sebastian Bergmann von der Nazareth-Kirchengemeinde. Die Kirche ist zuständig, weil ein Teil des Leopoldplatzes 2006 in ihr Eigentum überging.

»Ein öffentlicher Platz wird privatisiert, und dann soll dort das Demonstrationsrecht nicht mehr gelten«, kritisiert Anna Dorn von »Hände weg vom Wedding«. Die Stadtteilinitiative will nun mit einer einstweiligen Verfügung die Kundgebung doch noch kurzfristig durchsetzen. Dorn verweist in diesem Zusammenhang auf das »Fraport-Urteil« des Bundesverfassungsgerichts von 2011. Die Karlsruher Richter erklärten damals, dass auch privatisierte Orte wie Flughäfen, Bahnhöfe oder Malls öffentliche Foren seien, in denen eine unmittelbare Grundrechtsbindung gelte, so dass Demonstrationen nicht ohne Weiteres verboten werden können. In einem Brief an die Kirchengemeinde forderten unterdessen auch die Regisseure von »Mietrebellen«, das Verbot aufzuheben.

Anwohner berichten unterdessen, dass seit der Privatisierung einiges anders sei auf dem Leopoldplatz: So seien einkommensschwache Menschen dort generell nicht mehr erwünscht – auch dagegen soll protestiert werden.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/941626.mietrebellen-vor-kirche-unerwuenscht.html

Peter Nowak

Selbsthilfe-Zeitung für Arbeits- und Obdachlose ist bedroht

Vermieter kündigte dem »Querkopf«-Magazin aus Kreuzberg die Räumlichkeiten, das Redaktionskollektiv will aber nicht weichen

Für viele Erwerbslose bieten selbstorganisierte Straßenzeitungen ein kleines zusätzliches Einkommen. In Kreuzberg ist der »Querkopf« als eine solche helfende Zeitung selbst in Schwierigkeiten.

»Kein Ort für Nazis« oder »Marx neu entdecken« steht auf zwei der zahlreichen Aufkleber, die eine Tür in der Blücherstraße 37 in Berlin-Kreuzberg schmücken. Wenn sie offen ist, gibt sie den Blick auf einen kleinen Raum mit vielen Büchern, Postern und Plakaten frei. Es ist der Vereins- und Redaktionsraum des »Querkopfs«, einer Publikation, deren Name Programm ist. »Berliner Arbeits-Obdachlosen, Selbsthilfe-Mitmachzeitung« lautet der sperrige Untertitel, der an Zeiten erinnert, als manche Linke möglichst viele politische Positionen schon im Titel unterbringen wollten.

Vereinsmitglied Werner Schneidewind dürfte die Bezeichnung »Querkopf« als Kompliment empfinden. »Sich gegen die Willkür der Mächtigen zur Wehr zu setzen«, bezeichnet er als ein wichtiges Anliegen. Schneidewind betont auch, dass er sich nicht einschüchtern lässt und besonders wütend wird, wenn der Druck von außen steigt. Vor einigen Jahren haben mutmaßlich Neonazis mehrmals die Scheiben des Ladens eingeworfen und die Fassade mit rechten Parolen beschmiert. »Wir haben es überstanden«, sagt Schneidewind. Doch seit einigen Monaten ist die Zeitung erneut bedroht. Im Herbst des vergangenen Jahres hat die Immobilienfirma Bearm GmbH, die das Gebäude verwaltet, dem Verein gekündigt. Bereis zum 31. März dieses Jahres sollten die Räume »besenrein« übergeben sein. Doch Schneidewind hat den Termin ignoriert und einen Solidaritätsappell gestartet: »Sie wollen uns aus dem Kiez vertreiben«, heißt es darin. Erste Reaktionen gab es inzwischen – sogar bundesweit. So hat der »Arbeitskreis GewerkschafterInnen Aachen« von der Bearm GmbH die Rücknahme der Kündigung gefordert.

Für den Verein Querkopf wäre ein Verlust der Kreuzberger Vereinsräume, die er im Jahr 2001 bezogen hat, existenzbedrohend. Schließlich finden dort nicht nur die monatlichen Redaktionssitzungen von sechs Mitarbeitern statt. Der Verein ist vor allem eine Anlaufstelle für die viel zahlreicheren Verkäufer der Zeitung. Die Hälfte des Preises von 1,50 Euro geht an sie. »Ab Mitte des Monats, wenn das ALG-II aufgebraucht ist, wächst die Zahl der Menschen, die sich mit dem Zeitungsverkauf ein Zubrot verdienen«, sagt Schneidewind.

Außerdem dienen die Vereinsräume als Lager für zahlreiche Gegenstände, die bei Wohnungsauflösungen gesammelt wurden und auf Kunden warten. Der Verkauf ist eine der Möglichkeiten, wie sich aktive Erwerbslose Verdienstmöglichkeiten schaffen und dabei möglichst unabhängig vom Jobcenter bleiben können. Das ist Schneidewind und seinen Mitstreitern ein wichtiges Anlegen. Daher ist für sie der Kampf um den Verbleib der Räume in der Blücherstraße auch mit der Frage verbunden, ob für einkommensschwache Projekte und Menschen noch Platz in Kreuzberg ist.

Auch aus der Nachbarschaft gibt es freundliche Ermunterung für die »Querköpfe«. Häufig bleiben Anwohner stehen und erkundigen sich nach dem aktuellen Stand in der Auseinandersetzung, wenn Schneidewind seinen kleinen Klapptisch vor der Vereinslokalität aufstellt. Dort werden neben dem aktuellen »Querkopf«, auch Comics angeboten, die Geschichten aus linker Perspektive erzählen. »Auch andere Mieter haben Probleme mit der Hausverwaltung«, sagt ein Anwohner.

Den juristischen Auseinandersetzungen um die Kündigung sieht Schneidewind aber gelassen entgegen. »Das kann sich noch Jahre hinziehen«, gibt er sich optimistisch. Der Geschäftsführer der Bearm GmbH Frank Emuth habe ihm im März angekündigt, in sechs Monaten werde er die Räume leer haben. Emuth war gegenüber »nd« zu einer Stellungnahme ebenso wenig bereit wie andere Mitarbeiter der Bearm GmbH.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/941356.selbsthilfe-zeitung-fuer-arbeits-und-obdachlose-ist-bedroht.html?sstr=Querkopf

Peter Nowak

Gentrifzierungsbremse M99

Linker Infoladen in Kreuzberg soll ausziehen / Unterstützung

Gegen die angekündigte Räumung des M99 regt sich Protest. Eine erste Räumungsfrist verstrich am Freitag ereignislos.

Antifa-Fahnen, und Banner mit der Aufschrift »Flüchtlinge willkommen«. In dem »Gemischtladen mit Revolutionsbedarf« M99 in der Manteuffelstraße bekommt man ein Bild vom rebellischen Kreuzberg der späten 80er Jahre. Doch wie lange noch? Am Freitag sollte der Ladenbetreiber Hans Georg Lindenau die Räume besenrein an die Hausverwaltung übergeben. So stand es in einem Schreiben, dass dem Geschäftsführer  der Hausverwaltung  am Donnerstag übergeben hatte. Der Ladenbesitzer mobilisierte in wenigen Stunden Freunde und Aktivisten des Bündnisses »Zwangsräumung verhindern«. Um zwölf Uhr waren rund 25 Personen um den Laden versammelt, doch der Geschäftsführer  ließ sich nicht blicken. Nach rund 30 Minuten hielt Lindenau eine kurze Ansprache, in der er sich für die Unterstützung bedankte und betonte, dass er auch weiterhin dafür kämpfen will, dass er den Laden erhalten kann.

»Lindenau ist eine Gentrifizierungsbremse und das ist auch gut so«, begründete ein Nachbar, der zur Kundgebung kam, seine Unterstützung. Tatsächlich haben auch in der Manteuffelstraße viele Spielsalons und Restaurants aufgemacht. Auch das Haus Manteuffelstraße 99 hat in den letzten Jahren schon mehrmals den Besitzer gewechselt. Lindenau erklärte, er würde sich über einen erneuten Eigentümerwechsel freuen. Doch noch ist völlig unklar, wie die  aktuellen Verwaltung weiter vorgehen wird. Das »nd« erhielt auf Nachfrage keine Auskunft zum Haus in der Nummer 99.

Lindenaus Anwalt Burkhard Draeger hat sie aufgefordert, einen Prozessbevollmächtigen zu benennen, falls sie die Kündigung mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen will. »Ich halte die Kündigung unter keinem rechtlichen Aspekt begründet«, erklärte der Jurist.

Am Freitagmittag verabschiedete sich Lindenau mit den Worten von seien Unterstützern: »Ich danke Euch für Eure Solidarität und ich hoffe, Ihr kommt, wenn ich wieder Hilfe brauche«. Dieser Fall kann schnell eintreten. Schließlich liegt Lindenau nicht nur mit den Vermietern sondern auch mit dem Ordnungsamt und anderen Behörden im Clinch. Stein des Anstoßes ist eine »Freebox«, die er an der Vorderseite des Ladens eingerichtet hat. Dort legen Anwohner Bücher, Kleidung oder auch Lebensmittel hin, die Interessierte kostenlos mitnehmen können. Obwohl dabei kein Geld fließt, bekam Lindenau einen Strafbefehl wegen Nutzung der Straße für gewerbliche Zwecke. Für den Ladenbetreiber und seine Unterstützer ist es ein Beweis mehr, dass solidarische Projekte aus Kreuzberg verdrängt werden sollen, um der Kommerzkultur Platz zu machen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/940473.gentrifzierungsbremse-m99.html

Peter Nowak

Versorgung der Antifa gefährdet

KIEZLEGENDE Dem Revoluzzerladen M99 wurde gekündigt

„Ich mache hier eine Kundgebung, weil ich heute um 12 Uhr aus meinen Laden geräumt werden soll“, ruft Hans-Georg „HG“ Lindenau mit lauter Stimme. Der Betreiber des „Gemischtladens mit Revolutionsbedarf M99“ in der Manteuffelstraße 99 in Kreuzberg sitzt in seinem Rollstuhl, an dem ein Protestplakat befestigt ist. Um ihn herum stehen an diesem Freitagmittag etwa 25 Menschen, die mit ihm Räumung verhindern wollen.

Tatsächlich hat der Geschäftsführer der Hausverwaltung,  die für die Manteuffelstraße 99 zuständig ist, Lindenau in einem Schreiben aufgefordert, die Räume „geräumt und besenrein, mit allen Schlüsseln für das Objekt“ zu übergeben. In dem Schreiben bezieht sich die GmbH auf die fristlose Kündigung vom 19. Juli 2014.

Sie ist der Höhepunkt einer langen Auseinandersetzung zwischen Lindenau und verschiedenen Hausverwaltungen und Eigentümern. Während jene das Haus sanieren und teuer vermietet wollen, kämpft Lindenau für den Erhalt des Ladens. Dort finden sich Antifafahnen, T-Shirts mit Politmotiven und linke Broschüren.

Streit geht wohl weiter

Als auch nach einer Stunde weder Geschäftsführer noch ein Bevollmächtigter der Hausverwaltung  auftaucht, zerstreuen sich die Demonstranten. Lindenau kündigt jedoch an, er werde wohl auch in Zukunft Solidarität brauchen. Denn: „Eine juristische Auseinandersetzung ist wahrscheinlich.“ Die Kündigung „war unter keinem denkbaren rechtlichen Aspekt begründet“, erklärt sein Rechtsanwalt. Gegenüber der taz war die Hausverwaltung  zu keiner Auskunft bereit.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2014%2F07%2F26%2Fa0226&cHash=acf890f23f4cfb929d1f868563a7fc88

Peter Nowak

Hinter dem Finanzamt liegt der Strand

Stadtpolitische Gruppen und Mieterinitiativen fordern bezahlbaren Wohnraum auf dem ehemaligen  Dragonergelände

Bisher findet man auf dem Areal hinter dem Finanzamt Kreuzberg/Friedrichshain vor allem Parkplätze und  Autowerkstätten. Doch das könnte sich bald ändern. Denn schon längst hat die Auseinandersetzung über die Zukunft des 4,7 Hektar großen ehemaligen Kasernengeländes begonnen. Das Dragoner-Areal ist im Besitz der  Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die es meistbietend verkaufen will. 2012 schien sie damit schon am Ziel.   Die ABR German Real Estate AG hatte es für 21 Millionen Euro erworben und wollte teure  Eigentumswohnungen sowie Gebäude für Baugruppen dort errichten. Im Februar 2014 trat der Investor vom Kauf zurück und nun soll es erneut höchstbietend verkauft werden. Bis zum 31.    Juli können sich noch Kaufwillige  melden. Das Interesse ist vorhanden, wie sich am Mittwochmittag zeigte. Ca. 40 potentielle Käufer trafen sich dort mit Bezirkspolitikern im Rathaus Kreuzberg. Dort machte ihnen Stadtrat Panhoff allerdings auch klar, dass indem Bezirk auch Mieter und soziale Initiativen ein Faktor sind.

Kommunaler Wohnungsbau statt Baugruppen
Die hatten sich am Mittwochmittag nur wenige Meter entfernt am Eingang zum ehemaligen Kasernengelände zum symbolischen Baubeginn getroffen. Karton wurden aufgestapelt auf  denen Forderungen nach einer Stadt für alle zu finden waren. Auf einem Transparent stand die Parole: „Hier vernichtet der Bund bezahlbaren Wohnraum“.   Ihre Hauptkritik richtet sich gegen  die BImA, die nach der Pleite mit der German Real Estate erneut auf das Höchstangebot besteht.
„Da wo Land und Bund 100% Zugriff haben, sollten sie nicht nach Marktbedingungen agieren, an die Stelle des Marktes sollten Modelle für einen neuen kommunalen Wohnungsbau treten. 100% wirklich soziale Mieten und eine ausgebaute Mietermitbestimmung sind nur zwei Kriterien die hier ein Rolle spielen sollten, „ betonte Elisabeth Voss von der Initiative „Stadt von unten“. Ihr Mitstreiter   Andreas Krüger sekundiert ihr: „Wir müssen soviel Druck aufbauen, dass die BImA ihre Vorstellungen nicht mehr durchsetzen kann“.    Der stadtpolitische Aktivist Enrico Schönberg hat ganz klare Forderungen:  „Als erster Schritt muss der Verkaufsprozess gestoppt werden. Dann müssen die Spielregeln geändert werden.“ Das Ziel sollen soziale Mietwohnungen sein, die dauerhaft abgesichert sind. Auch für dauerhafte preiswerte Ateliers soll es in der Modellsiedlung Platz geben.
Der Vereins Upstall Kreuzberg hat schon Konzepte für einen sozialen Wohnungsbau auf dem Gelände entwickelt.  Diese Pläne sollen mit Interessierten weiter diskutiert werden. Am 26.  Juli wird es dazu Gelegenheit geben. Dann planen Mieter- und Stadtteilaktivisten ab 15 Uhr auf dem Dragonergelände  eine mehrstündige Kundgebung. Dann wird sich zeigen, ob es den Initiativen gelingt, ein Faktor zu werden, der Einfluss  auf die Zukunft des Geländes nimmt. Ein Erfolg könnte auch Auswirkungen auf andere Projekte haben. Schließlich ist es in der Öffentlichkeit schwer vermittelbar, dass in Zeiten,  in denen alle   von einer Mietbremse reden, eine bundeseigene Einrichtung kräftig an der Mietschraube dreht.

MieterEcho online 17.07.2014

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/dragoner-areal.html

Peter Nowak

Falsche Bauarbeiter, echte Ziele

WOHNUNGSBAU Noch bis Ende Juli können Kaufinteressenten für das staatseigene Dragonergelände Angebote abgeben. Ein Bündnis fordert, dass auch kapitalschwache Investoren eine Chance kriegen

Der Bauhelm sitzt auf dem Kopf, ein Zollstock steckt in der Hosentasche des Overalls. Auf den ersten Blick sieht der Mann, der am Dienstagmittag gegen 13 Uhr an der Kreuzung Mehringdamm/Obentrautstraße in Kreuzberg die Straße absperrt, wie ein echter Bauarbeiter aus. Doch warum schichtet er Kartons statt Gitter auf der Straße auf? Spätestens als einige andere Menschen Plakate mit der Aufschrift „Eine Stadt für Alle“ und „Bund vernichtet Wohnraum“ hochhalten, wird klar, dass es sich um eine Protestaktion handelt.

Mit dem symbolischen Baubeginn machen AktivistInnen des Bündnisses „Berlin von unten“ deutlich, dass sie über die künftige Nutzung des ehemaligen Dragonergeländes mitten in Kreuzberg mitentscheiden wollen. Dabei handelt es sich um ein rund 4,7 Hektar großes ehemaliges Kasernengelände hinter dem Bezirksrathaus am Mehringdamm.

Hier wird nur geparkt

Derzeit befinden sich auf dem Gelände hauptsächlich Parkplätze und Autowerkstätten. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), der das Grundstück gehört, will es zum Höchstpreis veräußern. Bis zum 31. Juli sollen sich KaufinteressentInnen melden.

Doch die stadtpolitischen Gruppen, die sich am Mittwochmittag auf dem Areal versammelt haben, fordern ein Verkaufsmoratorium, bis die Rahmenbedingungen geändert sind. Enrico Schönberg vom Bündnis „Stadt von unten“ kritisiert, dass die Bima das Gelände trotz des Rückzugs eines früheren Investors weiterhin zum Höchstpreis veräußern will. Damit beteilige sich eine bundeseigene Einrichtung an der „Vertreibung von einkommensschwachen MieterInnen aus den innenstadtnahen Kiezen“, so Schönberg. „Auf einem Gelände, auf dem Land und Bund 100 Prozent Zugriff haben, sollten sie nicht nach Marktbedingungen agieren, sondern Raum für einen neuen kommunalen Wohnungsbau öffnen“, verlangt auch Elisabeth Voss, ebenfalls vom Bündnis.

Ideen entwickelt

Bei den Protesten waren auch Mitglieder des Vereins Upstall Kreuzberg da, die Konzepte für einen sozialen Wohnungsbau auf dem Gelände entwickeln. Darüber soll am 26. Juli mit InteressentInnen diskutiert werden. An diesem Tag planen die stadtpolitischen AktivistInnen ab 15 Uhr auf dem Dragonergelände eine Kundgebung unter dem Motto „Hinter dem Finanzamt liegt der Strand“.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2014%2F07%2F17%2Fa0192&cHash=7a6286f125e13e63b2102dff15cb300c

Peter Nowak

Verweilen zwischen Konsumtempeln

Diskussionsrunde im Abgeordnetenhaus widmet sich Gestaltungskonzepten für den Alexanderplatz

Der zentrale Raum zwischen Alex und Spree befindet sich ständig im Wandel. Zeit für eine Diskussion um Zukunft und Visionen für diesen in mehrfacher Hinsicht zentralen Ort Berlins.

Der Kalte Krieg zwischen Ost und West wurde auch in der Architektur geführt. Für den bekannten westdeutschen Architekten Joachim Schürmann begann Asien am Berliner Alexanderplatz. Seine Äußerung wurde am Montagabend auf einer Diskussionsveranstaltung im Berliner Abgeordnetenhaus mehrmals zitiert. Dorthin hatte die Linksfraktion zur Diskussionsveranstaltung unter dem Motto »Neues Denken vom Alex bis Spree« eingeladen.

Für den ehemaligen Berliner Kultursenator Thomas Flierl und die Linksparteiabgeordnete Carola Blum, die beide aus Ostberlin kommen, ist der Platz eine große Freifläche im Stadtraum. Für die Westberlinerin und Grüne Abgeordnete Antje Kapek ist die erste Erinnerung an den großen Platz in Ostberlin weniger schön. Sie lernte den Platz im Alter von 13 Jahren kennen, als sie mit ihrem Vater kurz nach der Maueröffnung in Ostberlin besuchte. Als Fraktionsvorsitzende ihrer Partei im Abgeordnetenhaus plädiert Kapek dafür, in die Planung über die Zukunft des Platzes sämtliche Interessengruppen einzubeziehen. Damit ist sie sich mit der Linkspartei einig. Ihr sei es besonders wichtig, die Menschen, die dort wohnen und die sich häufig dort aufhalten in den Mittelpunkt zu stellen, betont die stadtpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus Katrin Lompscher. Es sei eine besondere Qualität dieses Platzes, dass dort Menschen ohne Konsumzwang ihre Freizeit verbringen können. Das soll nach den Vorstellungen der Linken auch so bleiben.

Daher wendet sich die Partei auch gegen Pläne, die DDR-Geschichte am Alexanderplatz zu tilgen und dafür Anleihen an ein imaginiertes Berlin von vor 100 Jahren zu nehmen. Tatsächlich versuchen verschiedene Interessengruppen, auf die Gestaltung des Alexanderplatzes mit Konzepten Einfluss zu nehmen, die zum Ziel hätten, dass Menschen mit wenig Einkommen vom Platz vertrieben werden. Nach diesen Plänen soll sich der Platz ganz auf die Interessen der Touristen ausrichten. Johanna Schlack vom Fachbereich für Architektur an der TU Berlin sieht die konservativen Konzepte für den Alexanderplatz im Kontext der Berliner Stadtpolitik. Schon als der Palast der Republik abgerissen wurde, habe sie befürchtet, dass auch am Alexanderplatz bald die Abrissbagger rollen.

Den vor allem jungen Menschen mit wenig Geld, die ihren Lebensmittelpunkt am Alexanderplatz haben, widmete kürzlich die Galerie Haus am Lützowpark eine viel beachtete Fotoausstellung. Diese Menschen waren leider bei der Diskussion nicht vertreten. Dabei geht es auch um ihre Zukunft, wenn über die Perspektiven des Platzes gesprochen wird.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/937821.verweilen-zwischen-konsumtempeln.html

Peter Nowak

Wohnen statt Zitronen

Der Wohnraum für Menschen mit niedrigen Einkünften wird überall in Deutschland knapper. Eine Berliner Initiative hat deshalb ein Konzept für einen neuen so­zialen Wohnungsbau ausgearbeitet.

Deutschland rückt zusammen – so könnte man das Ergebnis einer Studie über das Wohnungsangebot für einkommensarme Familien zusammenfassen, die die Sozialwissenschaftler Timo Heyn, Reiner Braun und Jan Grade kürzlich im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung veröffentlichten. Gestützt auf eine Untersuchung in den 100 einwohnerreichsten Städten Deutschlands kommen die Wissenschaftler zu dem Resultat, dass immer mehr Menschen wegen niedriger Einkommen und zu hoher Mieten gezwungen sind, in kleineren Wohnungen zu leben.

»Rückzug aufs Hochbett« betitelte die Taz einen Bericht über die Studie. Diese machte auch deutlich, wie wenig die statistischen Daten über die Lebenswirklichkeit vieler Menschen aussagen. Im Durchschnitt stehen in Deutschland pro Person 42,7 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung. Doch in diesen Angaben bleibt die soziale Ungleichheit unberücksichtigt. Während Menschen mit hohen Einkommen in großzügigen Lofts häufig eine Wohnfläche in dreistelliger Quadratmeterzahl nutzen, sind immer mehr Menschen mit niedrigen Löhnen und Einkommen zum Zwangskuscheln gezwungen.

In Großstädten wie Berlin ist schon längst offensichtlich, dass der derzeitige Wohnungsbestand nicht mehr ausreicht. Doch welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind, ist auch bei Gruppen umstritten, die sich gegen Räumungen und für erschwingliche Mietwohnungen engagieren. Das wurde jüngst anlässlich des erfolgreichen Volksbegehrens »100 % Tempelhof« deutlich. Während die Senatspläne zur Umgestaltung des ehemaligen Flug­hafen­areals weitgehend auf Ablehnung stießen, setzten sich nur wenige aus der außerparlamentarischen Linken mit den Forderungen nach einer weitgehend naturbelassenen Fläche kritisch auseinander.

Der Wirtschaftswissenschafter Birger Scholz war eine Ausnahme. »Sonderlich fortschrittlich war die deutsche Romantik nie. Größenteils war sie reaktionär und auf jeden Fall ziemlich apolitisch und eskapistisch. Als die Industrialisierung die feudalen Verhältnisse hinwegfegte, träumten sich die Romantiker an ferne Sehnsuchtsorte, dorthin, wo die Zitronen blühen. Im Jahr 2014 blühen in Berlin die Zitronen auf dem Tempelhofer Feld«, schrieb er in der Sozialistischen Zeitung. Sein Wunsch, das große Bündnis zur Verhinderung des Baus neuer Wohnungen aus »Piraten, Linkspartei, Grünen, Linksradikalen und neuroman­tischen Mittelschichten« möge beim Volksbegehren eine Niederlage davontragen, hat sich bekanntlich nicht erfüllt. Scholz gehört nun mit Gewerkschaftern, Sozialaktivisten, Mitarbeitern der Berliner Mietergemeinschaft und Wissenschaftlern zu den Erstunterzeichnern der Initiative Neuer Kommunaler Wohnungsbau (INKW), die ein Konzept für einen kommunalen Wohnungsbau erarbeitet hat, der vollständig aus öffentlichen Geldern finanziert werden soll. Ziel ist der Bau neuer Wohnungen mit erschwinglichem Mietpreis durch die Schaffung von öffent­lichem Eigentum.

»Im Gegensatz zu den Konzepten des Senats wollen wir keine Subventionen für private Eigentümer, damit die Miete für eine begrenzte Zeit erträglich bleibt. Darüber hinaus schlagen wir einen Umbau der Wohnungsbaugesellschaften vor, von der bisherigen privatrechtlichen Form hin zu Anstalten öffentlichen Rechts, damit sie nicht profitorientiert, sondern gemeinwohlorientiert arbeiten«, sagt Rouzbeh Taheri, Sprecher der INKW, der Jungle World. Die Beteiligung privater Unternehmen soll nach diesem Konzept ausgeschlossen sein. Das ist für Taheri auch eine Konsequenz aus dem Westberliner Korruptionssumpf der siebziger und achtziger Jahre, der den sozialen Wohnungsbau lange diskreditiert hat. »Die Korruption und die Misswirtschaft im sozialen Wohnungsbau wurde durch die Vermischung öffentlicher und privater Unternehmen erleichtert«, so der INKW-Sprecher, der die basisdemokratischen Elemente seines Konzepts betont. »Wir möchten eine starke Stellung und Mitbestimmung der Mieter in den Aufsichtsgremien der städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Nur die Kontrolle durch die Betroffenen kann Korruption verhindern«, erklärt Taheri optimistisch.

Er betont auch, dass das Konzept keine Rückkehr zum Plattenbau der sechziger und siebziger Jahre bedeute. Der damalige soziale Wohnungsbau sei vor allem durch den Bau von Großsiedlungen für eine Gesellschaft bestimmt gewesen, in der Normalarbeitsverhältnisse in der fordistischen Massenproduktion vorherrschten. »Diese Verhältnisse haben sich grundlegend geändert. Wir wollen Wohnungen, die den heutigen Bedürfnissen Rechnung tragen: Gebäude mit unterschiedlich großen Einheiten, umbaufähige Wohnungen, Einheiten für die verschiedenen Generationen, Bauabschnitte, die sich in die vorhandenen Stadtstrukturen einfügen«, sagt Taheri.

Auch der Regisseur des zurzeit in vielen Kinos gezeigten Films »Mietrebellen«, Matthias Coers, gehört zu den Erstunterzeichnern der INKW-Initiative. Für seine Unterstützung war entscheidend, dass bei der architektonischen Gestaltung der Neubauten den individuellen Bedürfnissen der Menschen Rechnung getragen werden soll. Dass Teile der stadt- und mieterpolitischen Gruppen den Neubau von Wohnungen mit dem Argument ablehnen, es müsse eine Bevölkerungsverdichtung verhindert werden, hält Coers für kurzsichtig. Er hofft, dass das Konzept der INKW hier eine Debatte anregt, die den Wohnungsneubau und den Erhalt bestehender Bauten verbindet.

Das ist auch das Ziel des Stadtsoziologen Andrej Holm, der das Konzept ebenfalls unterstützt. »Ob die neue Initiative einen Beitrag zur Stärkung der Mieterbewegung leisten kann, wird wesentlich davon abhängen, ob es den Initiatoren gelingt, die auch in den Protestbewegungen diskutierte Gegenüberstellung von Neubau und Bestand zu überwinden. So schön eine Vorstellung eines starken und sozialisierten öffentlichen Wohnungsbaus auch ist, ohne wirksame Strategien, die Mietsteigerungen auch im Bestand aufzuhalten, wird er keine Wirkung entfalten«, sagt Holm der Jungle World.

Von den im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien unterstützt bisher nur die Piratenpartei das Konzept. Von der Linkspartei, die sich in der Opposition wieder an manche sozialpolitischen Inhalte erinnert, die sie als Teil der Regierung vergessen hatte, hätte sich Taheri zumindest eine Reaktion auf das Konzept erwartet. Schließlich seien alle Oppositionsparteien angeschrieben worden. Die für den Wohnungsbau zuständige Abgeordnete der Linkspartei, Kathrin Lompscher, sagte dagegen, es habe vor der Veröffentlichung des Aufrufs keine Kontaktaufnahme der INKW mit ihrer Partei gegeben. Bei der Problemanalyse und den Zielen sei man sich in vielem einig, aber es gebe keine vollständige Übereinstimmung zwischen den Auffassungen ihrer Partei und dem ­INKW-Konzept. Über eine Unterstützung werde in den Gremien der Partei zurzeit diskutiert.

http://jungle-world.com/artikel/2014/26/50106.html

Peter Nowak

Mieter schicken Kreuzberger Rathausmitarbeiter in den Urlaub

„Mieten runter“ und „Kiez statt Profitwahnsinn“, lautete die Parolen auf den Transparenten, mit denen am 24. Juni mehr als 50 Mieter aus Kreuzberg mit einem Go-In im Rathaus des Stadtteils in der Yorkstraße   ihren Kommunalpolitikern  auf die Pelle rückten.

Zu ihren zentralen  Forderungen  gehörten  ein  berlinweiter  Umwandlungsstopp von Miet- in Eigentumswohnungen, ein sofortiges  und ausnahmsloses Umwandlungsverbot in allen Milieuschutzgebieten, die  Aufnahme aller von Verdrängung besonders stark betroffenen Innenstadtgebiete in die soziale  Erhaltungsverordnung und die Rekommunalisierung des privaten Wohnungs- und Mietshausbestandes durch die Einführung des berlinweiten Vorkaufsrechts eines nicht profitorientierten kommunalen Trägers.
Als besonderes Präsent an die Sachbearbeiter im Rathaus verteilten sie  eine für ein Jahr geltende Beurlaubung bei vollem Lohnausgleich. „Wir wollen damit deutlich machen, dass sich unsere Kritik nicht gegen die Sachbearbeiter sondern gegen die Politiker richtet,  erklärt Mieterin   Kerstin Coltrin.  Den Sachbearbeitern sei nicht zuzumuten, weiterhin gegen ihr Gewissen ausführender Arm in der Verdrängung langjähriger Mieter zu sein, so Coltrin. Die Freude bei den Beschenkten hielt sich allerdings in Grenzen. Sie reagierten überwiegend reserviert auf die Ausführungen der Mieter, in denen sie darlegten, dass  auch die  Sachbearbeiter auf ihrem Arbeitsplatz einer enormen psychischen Belastung ausgesetzt seien, da sie auf der einen Seite hautnah mit den Sorgen und Ängsten der Mieter  konfrontiert  sind und auf der anderen Seite von Investoren  massiv unter Druck gesetzt würden.    Der Grund für die Zurückhaltung des Rathauspersonals  mag auch darin liegen, dass die Mieter ihnen empfahlen, die Reisekosten bei Berlin Aspire Real Estate, Taekker oder BIMA einzutreiben. „Sie haben  sich viel zu lange auf Kosten der Mieter bereichert“, kritisierte der Mieter Johannes Spock, der ebenfalls an der Rathausaktion teilnahm. Die Namen dieser Firmen und Institutionen werden immer wieder genannt, wenn es um die Vertreibung von einkommensschwachen Mietern geht“, betont Spock.

Obdachlosenmagazin droht Zwangsräumung

Viele der am  Go-IN beteiligten Mieter kommen aus Kreuzberg und haben aktuelle Beispiele für die Vertreibungspolitik parat, von der neben Mieter auch nichtkommerzielle Projekte betroffen sind. So droht die Obdachlosenzeitung Querkopf ihre Redaktionsräume in der Blücherstraße 37 zu verlieren, in denen sie seit 2001 arbeitete. Zum 31.  März sollte sie die Räume verlassen. Eine Zwangsräumung soll jetzt gerichtlich durchgesetzt werden.  Da aber die  Kündigung an  ein Vorstandsmitglied des Querkopf geschickt wurde, das bereits vor  2 Jahren verstorben ist, dürfte das Zwangsräumungsbegehren gerichtlich zurück gewiesen werden und der Querkopf kann zumindest vorerst die Redaktionsräume behalten.  „Doch wir brauchen klare gesetzliche Regelungen, um solche Kündigungen zu verhindern“, begründete  Kerstin  Coltrin ihr Go-in ins Rathaus. Enttäuscht sind die Mieter über das völlige Ignorieren der Aktion durch die Medien.  „Für die scheinen Mieterproteste keine Konjunktur mehr zu haben, für uns schon“, so Johannes Spock.

aus:  MieterEcho online 26.06.2014

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/go-in-rathaus-kreuzberg.html

Peter Nowak

Das Erbe der Nachwendezeit erhalten

HAUSPROJEKT Die MieterInnen der Brunnenstraße 6/7 in Mitte kämpfen um neue, langfristige Verträge

Eines der letzten großen Hausprojekt aus der Nachwendezeit kämpft um seine Zukunft. „Wir bleiben alle – gegen Zwangsräumung und Vertreibung“: Solche Aufrufe kann man derzeit an den Wänden zum Eingang der Brunnenstraße 6/7 lesen. Seit einigen Wochen mobilisiert der „Verein zur Erhaltung der Brunnenstr. 6/7“ in eigener Sache: Es drohe eine kalte Räumung des Hausprojekts, hieß es kürzlich in einer Pressemitteilung des Vereins.

Grund ist ein Schreiben, der Eigentümerfirma Gawehn Grundstücks GmbH, in dem den BewohnerInnen zum 1. Mai Mieterhöhungen von 15 Prozent angekündigt worden wurden. Der Gebäudekomplex war bereits im Jahr 1990 besetzt worden. Am runden Tisch wurden damals sehr günstige Mieten ausgehandelt. Doch der Vertrag ist nun ausgelaufen.

„Für viele MieterInnen wäre die angekündigte Erhöhung finanziell nicht tragbar gewesen“, erklärte Brunnenstraßen-Bewohnerin Petra Lange gegenüber der taz. Daher sei man an die Öffentlichkeit gegangen. Die Mobilisierung hatte Erfolg, wie sich am Montagabend zeigte. Rund 50 Unterstützerinnen des Hausprojekts trafen sich mit Transparenten vor dem Rathaus Mitte. Sie begleiteten die BewohnerInnen der Brunnenstraße 6/7 und ihre AnwältInnen zur zweiten Verhandlungsrunde mit der Gawehn GmbH. Ergebnis: Die 15-prozentige Mieterhöhung ist vom Tisch.

Streit über Laufzeit

Doch vor allem über die Laufzeiten eines neuen Vertrags gehen die Vorstellungen von MieterInnen und EigentümerInnen weit auseinander. Während die Gawehn den Vertrag auf lediglich acht Jahre befristen will, fordern die MieterInnen eine dreißigjährige Laufzeit.

Im Gespräch mit der taz gibt sich der Geschäftsführer der Gawehn-Grundstücksverwaltung Uwe Heiland optimistisch, dass es trotzdem zu einer baldigen Vereinbarung mit den MieterInnen kommen wird. Er wolle ein „langfristiges Gemeinschaftswohnen zu sozialverträglichen Preisen in dem Gebäude“ garantieren. „Wir sind dabei auf einen guten Weg“, erklärte Uwe Heiland.

Ziemlich optimistisch

Auch Bewohnerin Petra Lange äußerte sich zufrieden vor allem über die kurzfristige Unterstützung. „Wir haben gezeigt, dass wir unsere Interessen am Verhandlungstisch, auf der Straße oder vor Gericht vertreten können.“ Für die nächste Verhandlungsrunde erwartet sie allerdings ein weiteres Entgegenkommen der Eigentümer. Denn: „Deren aktuellen Vorschläge sind noch nicht sozialverträglich.“

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bt&dig=2014%2F06%2F26%2Fa0197&cHash=2770348089bb8eee656f291810f6072b

Peter Nowak

Allmende soll weichen

Ein Kreuzberger migrantischer Verein muss seinen Sitz für profitablere Verwertung räumen

Die Räumungsfrist läuft. Doch mangels bezahlbarer neuer Büroräume ist der migrantische Verein Allmende bereit, seine jetzigen Räume zu besetzen – und es auf eine Räumung ankommen zu lassen.

»Herzlich willkommen zur Allmende« stand auf einer Tafel im Versammlungsraum des migrantischen Vereins in Kreuzberg. So freundlich wurden die mehr als 30 Menschen begrüßt, die sich Anfang dieser Woche in den Räumen des Vereins Allmende versammelt hatten. Neben Mitgliedern waren es Nachbarn und Aktivisten der Bündnisse »Zwangsräumungen verhindern« und »Kotti & Co«. Gemeinsam haben sie beratschlagt, wie die Verdrängung von Allmende aus ihrem Domizil in Kreuzberg verhindern werden kann. Bereits zum 1. Januar 2013 hätten die Räume verlassen werden müssen, weil der Hausbesitzer Diego Gross den Mietvertrag nicht verlängert hatte.

»2006 haben wir die Räume bezogen und hatten ein gutes Verhältnis mit dem Besitzer. Daher waren wir überrascht, als wir von ihm erfuhren, dass er die Räume anderweitig vermieten will und eine profitablere Verwertung anstrebt«, erklärt Ahmed Beyazkaya vom Allmende-Vorstand. Bislang hat der Verein noch eine Frist von einigen Monaten. Die Räumungsklage des Hausbesitzers soll am 29. Oktober 2014 verhandelt werden. Große Hoffnungen auf einen juristischen Erfolg machen sich die Allmende-Aktivisten indes nicht, weil es sich um einen leicht kündbaren Gewerbemietvertrag handelt.

»Zunächst haben wir neue Räume gesucht und dann festgestellt, dass wir keine bezahlbare Alternative finden«, berichtet Allmende-Aktivist Garip Bali. Zudem habe man den Hausbesitzer Gespräche angeboten. Auch eine moderate Mieterhöhung hätte man akzeptiert. Doch Gross sei nicht zur Rücknahme der Kündigung, sondern allenfalls zu einer Verlängerung der Räumungsfrist bereit gewesen. Nachdem der Verein ein Transparent aus dem Fenster gehängt hatte, auf dem auf Deutsch und Türkisch »Allmende bleibt« zu lesen ist, habe er auch dieses Zugeständnis zurückgenommen. »Das war für uns der Zeitpunkt, wo wir uns dazu entschlossen haben, uns politisch gegen die Räumung zu wehren«, erklärt Bali. Nun sei man auch bereit, die Räume zu besetzen und sich notfalls räumen zu lassen.

Nachdem Allmende bereits Nachbarschaftstreffen organisiert hatte, beratschlagten am Montag Initiativen und Nachbarn, vor allem aus Neukölln und Kreuzberg, wie Allmende unterstützt werden könne. Ein Bewohner des Neuköllner Hausprojekts Friedelstraße 54 informierte, dass das Haus kürzlich verkauft worden sei und sich die Bewohner ebenfalls gegen eine mögliche Vertreibung mit anderen Betroffenen koordinieren wollen. Andere Besucher des Treffens wiesen auf die langjährige politische Arbeit von Allmende hin. »In euren Räumen wurden Veranstaltungen gegen Rechtspopulisten und Neonazis vorbereitet. Ihr habt für eine solidarische Gesellschaft gestritten und diese Solidarität wollen wir jetzt zurückgeben, wenn wir euch gegen die Räumung unterstützen«, meint eine Frau. Auch Beyazkaya betont, Allmende habe sich nie als türkischer Kulturverein verstanden. »Wir kämpfen gegen Rassismus und Ausgrenzung in Berlin, wo wir wohnen«, erklärt er im nd-Gespräch. In den nächsten Wochen würden sie für diese Ziele auch in eigener Sache streiten. Hausbesitzer Gross erklärte dem »neuen deutschland«, dass Allmende die Sachlage offenbar falsch darstelle. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, wolle er aber keine Stellungnahme abgeben. Sein Rechtsanwalt Helge Schulz erklärte auf Nachfrage, Allmende habe den Mietvertrag nicht rechtzeitig verlängert. Da die Räume bereits erneut vermietet seien, wäre eine Rücknahme der Kündigung nicht möglich.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/936520.allmende-soll-weichen.html

Peter Nowak

„Dann besetzen wir die Räume“

Solidarität mit Allmende!
Mieter/innen und nichtkommerzielle Projekte wehren sich gegen Vertreibung aus „Kreuzkölln“.

Seit fast 10 Jahre hat der migrantische Verein Allmende seine Räume am  Kottbusser Straße. 22-26. Zum 1.Janaur wurden sie vom Hausbesitzer Diego Gross gekündigt. Versuche die Kündigung zurückzunehmen seien ergebnislos gewesen, berichtet Vereinsmitglied Garip Bali. Dabei hätten sie sogar eine moderate Mieterhöhung akzeptiert. Zunächst habe man versucht,  neue bezahlbare Räume in der Nähe zu bekommen, berichtet Bali. Doch schnell habe man gemerkt, dass es diese Räume nicht gibt.  „Das war für uns der Zeitpunkt, wo  wir uns dazu entschlossen haben, uns politisch gegen die Räumung wehren“, erklärt Bali. Nun sei man auch bereit, die Räume zu besetzen und sich notfalls räumen zu lassen.
Allmende-Vorstandsmitglied Ahmed Beyazkaya  sieht auch eine Parallele zu ihrer poltischen Arbeit in den letzten Jahren. „Wir haben uns gegen Rassismus und soziale Vertreibung  in Berlin gewehrt, wo wir arbeiten und leben. Jetzt sind  wir selber von sozialer Vertreibung betroffen und hoffen auf Solidarität. Ein erstes Treffen von Nachbarn und Initiativen aus Kreuzberg und Neukölln war gut besucht. Anwesend waren auch Delegierte des Bündnisses gegen Zwangsräumungen, aber auch Mieter aus der näheren Umgebung. So berichtete ein Bewohner des Hausprojektes Friedelstraße 54 in Neukölln, dass ihr Haus kürzlich verkauft wurde. Die Mieter/innen  bereiten sich auf eine drohende Vertreibung vor und laden am Nachmittag des  6.Juli zu einem Nachbarschaftstreffen ein. Zudem wollen sich die Bewohner mit anderen von Räumung bedrohten Mietern und Projekten vernetzen.

Wegfall der sozialen Infrastruktur

Sowohl die Friedelstraße als auch Allmend liegen in einer Gegend, die unter dem Stichwort Kreuzkölln in den letzten Jahren eine massive Aufwertung erfahren hat.  Sie wurde als angesagter  Szenebezirk in den Medien gefeiert.   Damit war natürlich auch eine Wertsteigerung der Immobilien verbunden. Eigentümer können dort jetzt eine  wesentlich größere Rendite erzielen als noch vor einem Jahrzehnt. Die Leidtragenden sind neben Mieter/innen mit geringem Einkommen auch nichtkommerzielle Projekte und Vereine wie Allmende. Ein Mitglied der  Initiative „Zwangsräumungen verhindern“ erklärte, man habe anfangs nur von Vertreibung bedrohte Mieter unterstützt. Erst in der letzten Zeit habe ein Umdenken stattgefunden. Wenn Vereine wie Allmende keine bezahlbaren Räume in Kreuzberg und Neukölln mehr finden, bricht auch ein Stück soziale Infrastruktur weg. Daher  werde man auch Allmende und andere nichtkommerzielle Projekte bei ihren Widerstand gegen Vertreibung unterstützen.  Einige Wochen Zeit gibt es noch. Über die Räumungsklage gegen Allmende wird am 29.Oktober 2014 verhandelt. Unabhängig  vom Ausgang hat der Verein bereits seine Position klar gemacht. „Allmende bleibt“, heißt es auf Deutsch und Türkisch auf einem Transparent im Fenster.  Hausbesitzer Gross  erklärte gegenüber MieterEcho, dass Allmende die Sachlage offenbar falsch darstelle. Da es um ein laufendes Verfahren handelt, wolle er aber  keine Stellungnahme abgeben.

aus:

MieterEcho online 18.05.2014

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/allmende.html

Peter Nowak

Solidarität in eigener Sache

MIETE Der Kreuzberger Migrantenverein Allmende, der sich seit 2004 sozial und politisch im Kiez engagiert, soll seine Räumlichkeiten verlassen – und wehrt sich vor Gericht gegen die Kündigung

In den Räumen des Migrantenvereins Allmende in Kreuzberg wurden in den letzten Jahren zahlreiche Solidaritätsaktionen vorbereitet. Kundgebungen gegen Neonazis und RechtspopulistInnen unterschiedlicher Couleur standen besonders im Fokus des „Hauses für alternative Migrationspolitik und Kultur“, wie sich Allmende definiert. Am heutigen Dienstag nun wird es in den Räumen am Kottbusser Damm um Solidarität in eigener Sache gehen: Der Verein wehrt sich gegen die Vertreibung aus seinen Räumen.

Bereits zum 1. Januar 2013 hätte Allmende sein Domizil verlassen müssen, weil Hausbesitzer Diego Gross den Mietvertrag nicht verlängert habe. „2006 haben wir die Räume bezogen und hatten ein gutes Verhältnis mit dem Besitzer. Daher waren wir überrascht, als wir von ihm erfuhren, dass er die Räume anderweitig vermieten will“, sagte Ahmed Beyazkaya aus dem Allmende-Vorstand der taz. „Wir klagen gegen die Kündigung. Für Oktober ist der erste Verhandlungstermin anberaumt.“

Schlechte Chancen

Die Chancen eines rechtlichen Erfolgs werden von JuristInnen allerdings als nicht besonders gut bewertet, weil Vereine leichter kündbar sind als Mietwohnungen. Der Mietvertrag war ein sogenannter Optionsvertrag, der, wenn beide Seiten das möchten, regelmäßig verlängert werden kann.

Trotz allem organisiert Allmende Widerstand. Zu dem Treffen am heutigen Dienstag wurden neben NachbarInnen auch VertreterInnen von Vereinen und nichtkommerziellen Projekten in Kreuzberg und Neukölln eingeladen, die wegen steigender Mieten ebenfalls um ihre Räume fürchten.

Es soll dort um die Vorbereitung praktischen Widerstands gehen. „Wenn wir vor Gericht kein Recht bekommen, werden wir die Räume besetzen und es notfalls auf eine Zwangsräumung ankommen lassen“, kündigte Beyazkaya an.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2014%2F06%2F17%2Fa0148&cHash=db951836b7ebf71d8e7a0ba7b3f60506

Peter Nowak

Soli-Veranstaltung: Heute, 19 Uhr, Allmende e. V., Kottbusser Damm 25-26, Kreuzberg

Bundessozialgericht auf Sarrazin-Kurs

Was sind angemessene Heizkosten?

Die Richter beziehen sich auf das Bundessozialgesetzbuch, in dem festgelegt ist: Der Staat zahlt für Bedürftige die Kosten für Wohnung und Heizung, „soweit diese angemessen sind“. Welcher Betrag in welcher Stadt angemessen ist, legen Länder und Gemeinden fest. Es sei denn, das Bundessozialgericht greift ein wie in Berlin. Dort hatte der christdemokratische Sozialsenator Mario Czaja 2012 eine neue Berechnungsgrundlage für diese Kosten vorgelegt. Demnach sind die Werteim Vergleich zu der linkssozialdemokratischen Vorgängerin im Sozialsenat Carola Bluhm um rund fünf Prozent gestiegen. Die Zahl der Zwangsumzüge sank innerhalb eines Jahres von 1.337 auf 612.

Die von Czaja erlaubten Mietkosten werden aus zwei Bestandteilen berechnet: der Bruttokaltmiete und den Heizkosten. Die Kaltmiete darf bei einer Person 343,50 Euro betragen, bei zwei Personen 412,20 Euro, bei vier Personen 547,40 Euro. Die Heizkosten werden nach der Größe des Hauses und der Heizungsanlage berechnet. Drei Personen in einer Doppelhaushälfte mit Ölheizung dürfen für 137,25 Euro im Monat heizen, die gleichen drei Personen in einem Mehrfamilienhaus mit Gasheizung aber nur für 100,50 Euro.

Wenn Erwerbslose wie die Reichen heizen dürfen

Die Grundlage für diese Werte war der bundesweite Heizspiegel [4], in dem die tatsächlichen Heizkosten von Zehntausenden Wohnungen verglichen und in vier Kategorien aufgeteilt werden. Die sparsamsten zehn Prozent kommen in die Kategorie „niedrig“, die nächsten 40
Prozent in „mittel“, es folgt die genauso große Kategorie „erhöht“, und die teuersten zehn Prozent ergeben die Kategorie „zu hoch“.

Czaja übernahm die Werte aus der Kategorie „zu hoch“ und erlaubte den Hartz-IV-Empfängern und anderen Bedürftigen damit, so teuer zu heizen wie die obersten zehn Prozent der bundesweiten Bevölkerung. Wenn die Betroffenen ihre Heizkosten auf ein Normalmaß reduzieren, können sie das Gesparte für eine höhere Kaltmiete ausgeben.

„Unser Ziel war es, eine rechtssichere Satzungsregelung zu schaffen, um Empfängerinnen und Empfängern von Kosten der Unterkunft und Heizung Flexibilität bei der Wohnungssuche zu ermöglichen und somit auch die Zahl der Umzüge zu reduzieren. Ein weiteres Ziel war es, die Zahl der Gerichtsverfahren zu reduzieren. Dies war auch gelungen“, erklärte [5] der Senator nach dem Urteil. Die für die Betroffenen relativ großzügige Regelung sollte auch möglichen Protesten von Erwerbslosen vorbeugen, die sich in Berlin durchaus nicht alles gefallen lassen und auch gelegentlich Unterstützung suchen [6], wenn sie einen Termin bei ihren Fallmanager haben.

Wenn Richterrecht entscheidet

Nicht nur dieses Urteil sollte einen kritischeren Blick auf die Praxis in Deutschland lenken, dass immer mehr Richter über alles und jedes entscheiden. Erwerbslosengruppen fragen mit Recht, wieso Richter, die in der Regel aus der Mittel- oder Oberschicht kommen und nie in die Kategorie der Hartz-IV-Bezieher fallen, darüber entscheiden, wie die Heizkosten für diese Gruppe gestaltet werden sollen?

Neben sozialpolitischen gibt es hier auch demokratietheoretische Probleme. Anders als Politiker gehen Richter nicht ausallgemeinen Wahlen hervor, sind oft kaum bekannt. Wenn es Empörung über Richterentscheidungen gibt, wird sofort davor gewarnt, die „freie Justiz“ unter Druck zu setzen. Damit soll ein Staatsapparat, dernicht erst bei der Entscheidung zu den Heizkosten massiv in die Politik und das Leben vieler Menschen eingreift, außerhalb der Kritik gestellt werden.

Diese Entscheidung des Bundessozialgerichts reiht sich ein in eine allgemeine Verschärfung der sozialen Lage von Erwerbslosen und Menschen im Niedriglohnbereich. So sind immer mehr Menschen wegen niedriger Löhne und Einkommen und hoher Mietengezwungen, in kleineren Wohnungen zu leben. „Weil die Mietpreise in den Ballungszentren steigen, leben dort immer mehr Familien in zu kleinen Wohnungen. Das erfordert Improvisation“, fasst [7] die Taz die Ergebnisse einer von der Bertelsmann-Stiftung in Auftrag gegebenen Studie [8] zusammen. Gleichzeitig gibt es erste Befürchtungen [9], dass sich die als sozialdemokratische Regulierung der Mietkosten geplante Mietpreisbremse verzögern könnte. Das Urteil des Bundessozialgerichts ist also nur ein Baustein bei der Sarrazinierung der Gesellschaft.

http://www.heise.de/tp/news/Bundessozialgericht-auf-Sarrazin-Kurs-2220198.html

Peter Nowak

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