»Der Erreger« zirkuliert in der linken Subkultur. Trotz mancher Fehleinschätzungen lohnt sich die Lektüre

Gegen die Sterilisierung des Lebens

»Der Erreger« hat einen Querschnitt dieser Beiträge dokumentiert. Sie sind lesenswert, selbst wenn man mit den politischen Prämissen der Autor*innen nicht übereinstimmt. Schließlich regen die Texte zu Kritik und Widerspruch an. Er kann für 5 Euro bestellt werden über dererreger@posteo.de

Im August vergangenen Jahres sorgte ein Bild für Diskussionen: Es zeigt Menschen, die sich in Kleinstfahrzeugen mit Glaskapsel ohne Kontakt zu ihren ebenfalls in einer Kapsel befindlichen Mitmenschen fortbewegen. »Leben im Jahr 2022« wurde es kommentiert. Schnell stellte sich heraus, dass es sich um ein Bild des italienischen Comic-Zeichners Walter Molino aus dem Jahr 1962 handelt, das isolierte Monaden im kapitalistischen Alltag zeigt. Dieses Motiv haben die Herausgeber*innen von »Der Erreger« zum Titelblatt ihrer …

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Wie der Ex-Grüne Thomas Ebermann für die Corona-Maßnahmen argumentiert und die Herausgeber von "Der Erreger" dagegen. Können sie noch miteinander streiten?

Beyond Corona: Und wenn die Normalität gar nicht gut war?

Sie sollten gegeneinander argumentieren, streiten und polemisieren. Das wäre auch ein Zeichen der Hoffnung, dass Menschen, die teilweise über Jahre gemeinsam gegen die realen Deutschen Verhältnisse angeschrieben haben, sich zumindest noch etwas zu sagen haben, wenn sie in einer wichtigen Frage zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen kommen.

Corona hat den Alltag selbst in Zeiten mit relativ niedrigen Inzidenzen weiter voll im Griff. Das Cuba-Solidaritätsfest der traditionalistischen Linken in Berlin wurde als geschlossene Veranstaltung begangen, obwohl es bis 2019 auf einem großen Parkgelände stattgefunden hatte, wo die Ansteckungsgefahr nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen gering sein müsste. Auch von einer Rückkehr zur Normalität bei Konzerten und Musik kann keineswegs die Rede sein. Der Entertainer Helge Schneider sagte weitere Konzerte unter Corona-Bedingungen ab. Konzerte von Nena hingegen wurden von den Veranstaltern abgesagt, nachdem sie ….

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Robin De Greef analysiert die Proteste der Delivery Riders – von Peter Nowak und Torsten Bewernitz

Alle Macht den Rädern

Robin De Greef, Riders United! Arbeitskämpfe bei Essenslieferdiensten in der Gig-Economy, Das Beispiel Berlin, Die Buchmacherei, Berlin 2020, 143 Seiten, 10 Euro, ISBN: 978-3-9822036-5-2 

Wir werden gerade Zeug:innen eines Prozesses, in dem Unternehmen wie Uber, Deliveroo and Amazon Turk arbeitsrechtlichen Schutz umgehen und das unternehmerische Risiko durch Scheinselbständigkeit, „Gig Economy“, Plattform- und Crowd Arbeit auf die Schultern von Arbeiter:innen abladen. Das Phänomen „Lieferdienste“ ist nur ein Beispiel für die Entstehung einer prekär organisierten Plattform-Ökonomie, in der die Daten relevanter sind als die letztliche Ware, die auf einem eingehegten Online-Marktplatz, dem oft einzigen „Kapital“, das die Start-Ups hier einbringen, angeboten werden. Arbeitsmittel, vor allem die notwendigen Smartphones und Apps, werden von den Arbeiter:innen mitgebracht (siehe auch express 10 und 11/2019). Der Göttinger Soziologe Robin De Greef zeigt in seinem Ende 2020 im Verlag Die Buchmacherei erschienen Buch „Riders unite!“ einführend die …

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Oder sollen wir jetzt bei jeden größeren Event nur noch an Tod und Verderben denken? Ein Zwischenruf

Haben wir unter Corona vergessen, dass es ein Leben vor dem Tod gibt?

Die Texte der Broschüre "Der Erreger" sind in einem Sound verfasst, den Leser von ideologiekritischen Publikationen der letzten Jahrzehnte kennen. Auch wenn man mit vielen politischen Implikationen, die eher zwischen den Zeilen der Texte zu erkennen sind, nicht übereinstimmt, kann man den Erreger als Gegenstimme lesen, in einer Zeit, in der manche bei einem Fußball-Event gleich den Tod im Stadtion sitzen sehen.

„Fußball-EM: Der Tod sitzt auf den Rängen“, überschrieb Arno Kleinebeckel kürzlich einen Telepolis-Beitrag. Die Metapher lässt sofort an das Bild vom Sensenmann aufkommen, das für eine Zeit charakteristisch war, in der die Erde im Grunde ein Jammertal war. Selbst bei kurzfristigen Vergnügungen lauerte …

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Jann Marc Rouillan, Aus der Erinnerung, die antifranquistischen Revolten der 1970er-Jahre, Edition Ciamarron, 300 Seiten.

Rekonstruktion linker Geschichte

Jann Marc Rouillan, Mitbegründer der französischen Action Directe, beschreibt in seinem Buch seine Politisierung vom jungen militanten Schüler bis zum Antiimperialisten. Er erzählt seine politische Geschichte mit allen Fehlern und Irrtümern, stellenweise fehlt Selbstkritik.

«Liberez Jann Marc Rouillan». Diese Parole konnte man im Herbst 2020 in französischen und auch manchen Schweizer Städten lesen. Damals drohte dem Mitbegründer der französischen Guerillagruppe Action Directe (AD) erneut Gefängnis. Er war bereits von 1987 bis 2012 wegen verschiedener militanter Aktionen inhaftiert. Vor zwei Jahren wurde er …

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Matthias Gerhard über die Probleme der internationalen Delegation im Irak

»Friedensaktivitäten werden kriminalisiert«

Matthias Gerhard ist 32 Jahre alt und bei der antimilitaristischen Initiative »Rheinmetall entwaffnen« aktiv. Diese richtet sich unter anderem gegen die Rüstungsexporte der Bundesrepublik, die nicht selten in die Krisen- und Kriegsgebiete dieser Welt gehen, unter anderem in die Türkei. Kürzlich nahm Gerhard an der Delegation4Peace in Südkurdistan teil. Mit ihm sprach Peter Nowak.

Sie waren kürzlich mit einer Friedensdelegation in Südkurdistan unterwegs. Von wem ging die Initiative dafür aus?

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Reicht es im Kapitalismus, einfach nur die Polizei abzuschaffen? Das diskutiert die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift »Cilip«

Polizeikritik, aber richtig

»Cilip« liefert in den acht Beiträgen zum Schwerpunktthema gute Argumente dafür, dass eine Polizeikritik, die nichts vom Kapitalismus wissen will, nur zu Umgruppierungen bei den repressiven Staatsapparaten führt, zu denen der marxistische Philosoph Louis Althusser schon in den 70er Jahren neben Polizei und Armee auch Schule, Universitäten und Sozialindustrie zählte.

Vor über einen Jahr gingen auch in Deutschland Tausende Menschen gegen rassistische Polizeigewalt auf die Straße. Die Massenproteste, an der sich vor allem junge migrantische Menschen beteiligten, waren von der »Black Lives Matter«-Bewegung in den USA inspiriert. Wenig bekannt ist dagegen, dass es auch in der BRD, ausgehend von dem Aufbruch nach 1968, eine Geschichte der linken Polizeikritik gibt. Dafür steht die Ende der 70er Jahre gegründete Zeitschrift »Cilip«, die bis heute …

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Small Talk mit Christoph Koth über die Unterschriftensammlung von »Deutsche Wohnen und Co. enteignen«

»Viele Menschen ohne deutschen Pass unterstützen unser Volksbegehren«

Bis zum 25. Juni muss die Initiative »Deutsche Wohnen und Co. enteignen« 175.000 Unterschriften für ihr Volksbegehren ­gesammelt haben. Die Jungle World sprach mit Christoph Koth, der sich in der Initiative engagiert, über den aktuellen Stand.

In den vergangenen Wochen gab es immer wieder optimistische Stellungnahmen von »Deutsche Wohnen und Co. enteignen«. Vor kurzem fehlten aber noch 10.000 Unterschriften – ist das kein Grund zur Besorgnis?

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Proletariar*innen auf zwei Rädern

Riders Unite!

Wer mit offenen Augen durch die Städte geht, wird schnell erkennen, dass die Lieferdienste zu den Gewinner*innen der Corona- Pandemie gehören. Doch wie immer im Kapitalismus profitieren die Besitzer*innen und nicht die Beschäftigten der Firmen. Ganz im Gegenteil! Der Gewinn beruht auf vielen schlecht bezahlten Jobs. Dagegen wehren sich seit mehreren Jahren die Beschäftigten verschiedener europäischer Länder und der USA auch gewerkschaftlich. In Berlin wurde 2016 mit Unterstützung der Basisbewegung Freie Arbeiter*innen Union (FAU) die Deliver- union gegründet, die schnell ein mediales Echo fand

„Den Forderungen der Riders wurde Legitimität eingeräumt und die FAU-Berlin überwiegend positiv dargestellt, während die Lieferdienste eher skeptisch betrachtet wurden“, schreibt der Göttinger Soziologe Robin De Greef in seinen Buch „Riders Unite!“. Es liefert einen knappen aber informativen Blick auf einen Organisationsprozess, der auch für viele der Betroffenen überraschend kam. „Manche sagen, dass wir die Unorganisierbaren organisieren. Also das sind Leute, die keinen Treffpunkt haben, sie haben kaum Möglichkeiten miteinander zu kommunizieren; ihre Schichten sind unregelmäßig und es gibt Fluktuation“, erklärte 2018 ein Mitglied der Deliverunion- Kampagne. Das Label war zum Motto dieses Organisationsprozess der Proletarier*innen auf zwei Rädern geworden. De Greef geht auf die Besonderheiten der Gig-Economy ein, zu der auch die Kurierdienste gehören. Gig-Economy bezeichnet einen Teil des Arbeitsmarktes, bei dem …

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Robin de Greef, Autor, im Gespräch über die gewerkschaftliche Organisation von Fahrradkurieren

»Die Organisierung hat an Schwung verloren«

De Greef Robin geboren 1992, studiert "Arbeit in Betrieb und Gesellschaft" an der Georg-August-Universität Göttingen, arbeitet als wissenschaftliche Hilfskraft am Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) sowie freiberuflich im Bereich "Hörfund und Medienpädagogik". Er ist seit 2018 in der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft FAU aktiv. Riders United! Arbeitskämpfe bei Essenslieferdiensten in der Gig-Economy, Das Beispiel Berlin, Die Buchmacherei, Berlin 2020, 143 Seiten, 10 Euro, ISBN: 978-3-9822036-5-2

Was hat Sie an dem Thema »Arbeitskämpfe bei Essenslieferdiensten« so interessiert, dass Sie erst Ihre Bachelorarbeit und dann noch ein Buch zum Thema geschrieben haben?

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Aufgeblättert: »Riders United!« von Robin de Greef

Arbeitskämpfe in der Gig-Economy

Robin De Greef, Riders United! Arbeitskämpfe bei Essenslieferdiensten in der Gig-Economy. Das Beispiel Berlin. Die Buchmacherei. Berlin 2020, 143 Seiten, 10 Euro,

Immer mehr prägen Essenslieferdienste das Straßenbild großer Städte. Unternehmen wie Uber, Deliveroo oder Gorillas (ak 671) laden das unternehmerische Risiko durch Scheinselbstständigkeit auf die Schultern der Beschäftigten ab. Seit mehreren Jahren haben die begonnen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. In Berlin wurde 2016 die Deliverunion gegründet. Der Göttinger Soziologe Robin de Greef hat diesen Organisationsprozess in kompakter Form beschrieben. Er geht zunächst …

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Im Sammelband „Rebellisches Berlin“ geht es um Widerstand und Aufstände, um geglückte und missglückte Revolutionen und Stadtgeschichte von unten

Mehr als 500 Jahre Berliner Unwille

Gruppe Panther & Co. (Hg.): „Rebellisches Berlin. Expeditionen in die untergründige Stadt“. 840 Seiten, 30 Euro. Nächste Lesung am Mittwoch, 16. Juni, 20 Uhr im Buchladen Schwarze Risse, Mehringhof

Einen ganz großen historischen Bogen über mehrere Jahrhunderte zogen die sechs ReferentInnen, die am Sonntagnachmittag am Wagenplatz Lohmühle einen Einblick in das neue Buch „Rebellisches Berlin“ gaben. Darin wird auf mehr als 800 Seiten die Widerstandsgeschichte einer Stadt gezeichnet, die eben nicht bei Kreuzberger Riots beginnt, sondern bereits im 15. Jahrhundert. Denn im Jahr 1440 gab es eine längere Auseinandersetzung zwischen ….

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Eine Replik auf »Die unwahrscheinliche Bewegung« von Harald Rein

»Teil der Kämpfe«

Ein weiteres Aktionsfeld von einkommensarmen Menschen vor allem in den Großstädten ist der Kampf um bezahlbare Wohnungen. Schließlich sind sie besonders von Zwangsräumungen betroffen. Viele sind wohnungs- oder obdachlos. Im Berliner Mieter:innenbündnis sind auch Initiativen wie das „Wohnungsparlament in Gründung“ vertreten.

Über das „ausbleibende Bündnis zwischen Bewegungslinken und Erwerbsloseninitiativen“ schreibt Harald Rein im express 3-4/2021. Schließlich hat Rein schon in seinem Buch „Wenn arme Leute sich nicht mehr fügen“ die Kämpfe von einkommensarmen Menschen in Geschichte und Gegenwart in den Fokus gerückt. Dort hat er auch gut herausgearbeitet, wie ….

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Die Senatsverwaltung für Soziales hat mit einer Kanzlei einen Beratervertrag abgeschlossen. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert das scharf.

Nicht gut beraten

„Volker Rieble macht aus seiner gewerkschaftsfeindlichen Haltung keinen Hehl“, erklärt Jessica Reisner von der Initiative arbeitsunrecht, die GewerkschafterInnen unterstützt. Als Beispiel benennt Reisner einen Aufsatz von Rieble, in dem er unter die Überschrift „Mehr Spaß ohne Tarif“ Tarifverträge als „Krankheit, die man nur schwer wieder los wird“, bezeichnete. Zudem beklage er immer wieder die Übermacht der Gewerkschaften.

 Der Jurist Volker Rieble ist von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales als Berater für tarifrechtliche Fragen ernannt wurden. Das sorgt wiederum für Ärger bei GewerkschafterInnen, die seit langem fordern, dass städtische Aufträge nur noch an tarifgebundene Unternehmen mit Betriebsrat vergeben werden. Der Hintergrund: …

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Kölner Mieteraktivisten kämpfen um leerstehende Häuser, die der Russischen Föderation gehören

Mit Basketballhalle und Kinosaal im Keller

Wir fordern von der Russischen Föderation die sofortige Beendigung des Leerstands

Wohnungsleerstand in Köln protestiert?

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