Peter Nowak über die Forderung nach einer NS-Gedenkstätte auf dem Gelände des Flugplatzes Tegel
Der „Hölle am Columbiadamm“ war in den ersten Jahren des NS-Regimes zum Inbegriff des braunen Terrors geworden. In der Emigrantenpresse jener Zeit waren häufig Berichte über Folterungen im ersten Berliner SS-Gefängnis im Columbiahaus zu finden. Das Hausgefängnis der Geheimen Staatspolizei war im Juli 1933 errichtet worden. Im Februar 1934 war die Zahl auf über 450 Gefangenen gestiegen. Zu den zeitweiligen Insassen gehörten die Kommunisten Werner Seelenbinder, Erich Honecker, John Scher und Ernst Thälmann, die Schriftsteller Kurt Hiller, Armin T. Wegener und der demokratische Jurist Hans Litten. Für den Terror war die neuaufgestellte SS-Wachtruppe Oranienburg-Columbia, die später in SS-Wachverband Brandenburg umbenannt wurde, zuständig. Mehrere spätere SS-Kommandeure haben im Columbiahaus ihr Handwerkszeug gelernt.
Das KZ musste 1936 dem NS-Airport Tempelhof weichen. Ab 1938 schufteten auf dem Areal Tausende Zwangsarbeiter für die deutsche Luftrüstung. Die Popularität des Flughafen Tempelhofs steigerte sich nach 1945 noch. Im beginnenden Kalten Krieg wurde der Flughafen Tempelhof zum Inbegriff des Überlebenswillens des „freien Berlins“. Schließlich landeten auf dem Flugfeld die legendären Rosinenbomber, mit denen Westberlin der sowjetischen Blockade trotzte. Jetzt konnte man es den Russen doch noch zeigen, wenn man schon nicht verhindert hatte, dass Rotarmisten die Hakenkreuzfahne vom Reichstag entfernten. In diesem Frontstadtklima war kein Platz für eine Erinnerung an das KZ-Columbiahaus. Daran hat sich auch heute nicht viel geändert.
Ein Erinnerungs- und Gedenkort für die Opfer des Columbiahauses und die Zwangsarbeiter ist in den aktuellen Bebauungsplänen nicht vorgesehen. Schließlich hat die international hochgelobte Gedenkrepublik Deutschland dafür spezielle Orte. So wurde in die Topographie des Terrors, dem Dokumentationszentrum für den NS-Terror, nach der Neugestaltung auch ein Stück der Berliner Mauer als in Stein gehauene Bekräftigung integriert, dass Deutschland am 8.November 89 befreit wurde.
Als am 8. Mai 2010 das Areal des abgewickelten Tempelhofer Flughafens für die Berliner Bevölkerung geöffnet wurde, wollte eine kleine Initiative den KZ-Insassen und den Zwangsarbeitern gedenken, die auf dem Gelände gelitten haben. Sie hatten mit Behinderungen durch die Anmeldungsbehörden und Desinteresse auch der Öffentlichkeit zu kämpfen.
Derweil schwadronieren Kolumnisten in verschiedenen Zeitungen über die grenzenlose Weite am ehemaligen Flughafen. Manchmal treffen sie unfreiwillig ins Schwarze, wie Ingo Arend, der im „Freitag nach einen Tempelhofbesuch ins Schwärmen kam. „ Vergiss die Stadt, den Kiez und den Tod. Vor dir liegen 389 Hektar öffentliches Grün. Unfassbar“.
aus Monatszeitung Konkret 8/2010
http://www.konkret-verlage.de/kvv/in.php?text=&jahr=2010&mon=08
Peter Nowak