Berlusconi am Ende?

Ob die Schlappe für Italiens Rechte bei den Kommunalwahlen zum schnellen Sturz Berlusconis führt, ist aber weiterhin offen

Zum Test für die italienische Rechtsregierung hatte der italienische Ministerpräsident Berlusconi die Kommunalwahl erklärt, deren zweite Runde am 30. Mai zu Ende gegangen ist. Die Rechtsregierung hat den Test ganz eindeutig nicht bestanden, wie schon kurz nach der Schließung der Wahllokale deutlich wurde. Der schon bei der ersten Runde der Kommunalwahlen am 15. und 16. Mai deutlich gewordene Trend hat sich fortgesetzt.

Die Parteien der Rechtsregierung wurden abgestraft. Das wurde besonders an den Wahlergebnissen in Mailand und Neapel deutlich. Diese beiden Städte waren schon vor den Wahlen zu Symbolen für die Stimmung in der politischen Bevölkerung erklärt worden. In beiden Städten haben die Kandidaten der Rechtskoalition deutlich verloren. In Neapel bleibt der Kandidat der Mitte an der Macht.

Besonders schmerzlich dürfte für Berlusconi die Niederlage in seiner Heimatstadt und langjährigen Hochburg Mailand sein. Dort war der Ministerpräsident selber als Listenführer seiner Partei aufgetreten. Nachdem sich bei der ersten Runde der Kommunalwahlen die Niederlage für die Rechte abgezeichnet hat, versuchten Berlusconi und sein Umfeld die Niederlage mit einer Zuflucht zu extrem rechter Rhetorik noch abzuwenden. Bei einem Sieg der Linken würde Mailand rote Fahnen schwenkenden Zigeunern und Muslimen überlassen, verfiel Berlusconi in einen Duktus, die man eigentlich nur noch bei der äußersten Rechten erwartet hatte. Das Ergebnis, ein Erfolg des Linkskandidaten zeigte, dass ein solcher rassistischer Brachialwahlkampf nicht zum Erfolg führt.

Keine Aufbruchsstimmung bei den Berlusconi-Gegnern

 Die geringe Wahlbeteiligung machte aber auch deutlich, dass bei aller Ablehnung von Berlusconi von einer Aufbruchsstimmung seiner Gegner nicht die Rede sein kann. Das liegt auch daran, dass mehrere Mitte-Linksregierungen, die im vergangenen Jahrzehnt die Berlusconi-Ära unterbrochen hatten, keinen grundlegenden Politikwechsel einleiten konnten. Zudem konnte sich die Opposition bisher weder auf gemeinsame Ziele noch Kandidaturen einigen.

Daher bleibt abzuwarten, ob bei aller Berlusconi-Dämmerung die Zeit des Rechtsaußenpolitikers schon endgültig abgelaufen ist. Sicher ist allerdings, dass Berlusconi nicht mehr auf die schweigende Mehrheit in Italien zählen kann. Wie schnell seine Ära zu Ende geht, wird auch von der Positionierung der rassistischen Lega Nord abhängen, die in den letzten Monaten nach seinem Zerwürfnis mit Fini zu dessen engsten Bündnispartner gehörte. Sie konnte von dieser Liaison aber nicht mehr profitieren und schon gibt es dort Stimmen, von Berlusconi abzurücken.

Bereits die erste Berlusconi-Regierung wurde durch die Lega-Nord gestürzt. Gerade die momentane Schwäche der Lega Nord könnte dem Ministerpräsidenten jetzt aber einen Zeitgewinn bescheren. Wer bei Neuwahlen um den Wiedereinzug ins Parlament fürchten muss, ist nicht so schnell bereit, das alte Parlament aufzulösen. Da auch die Mitte-Links-Opposition auf schnelle Neuwahlen noch gar nicht vorbereitet ist, obwohl sie diese immer wieder fordert, könnte die Berlusconi-Dämmerung noch einige Zeit andauern.
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Peter Nowak

Erfolg für holländische Islamkritiker

Für die modernisierte Variante der extremen Rechten könnte Geert Wilders zur neuen Leitfigur werden
Kommunalwahlen in Holland finden normalerweise wenig internationale Aufmerksamkeit. Doch bei den Gemeinderatswahlen am vergangenen Mittwoch war das anders. Dafür sorgte eine Partei, die nur in zwei Städten kandierte. Die islamkritische Partij voor de Vrijheid des ehemaligen Rechtsliberalen Geert Wilders trat in Den Haag und Almere an. Am holländischen Regierungssitz kam sie mit 18 Prozent auf den zweiten Platz. In dem in der Nähe von Amsterdam gelegenen Almere wurde sie mit 21,6% sogar stärkste Partei. Damit wurde deutlich, dass die rechtspopulistische Partei nicht nur die Diskurse in Holland bestimmen, sondern auch Wahlen gewinnen kann.

Ein juristisches Verfahren wegen Aufstachelung zum Hass und Beleidigung von Moslems, das gegen Wilders angestrengt wurde, hat seiner Popularität keineswegs geschadet, wie das Wahlergebnis zeigt.

Es hat auch deshalb besondere Bedeutung, weil die Regierungskoalition in Holland am Streit um den Afghanistaneinsatz zerbrochen ist und daher Neuwahlen anstehen. Auch dann dürfte die Rechtspartei punkten. Allerdings könnte ein zu großer Erfolg die neue Partei schnell an ihre Grenzen bringen. Der Politikwissenschaftler Hanco Jürgens erinnerte in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk an die kurzlebige Liste Pim Fortuyn, die sich nach dem Tod ihres Namensgebers und des folgenden Regierungseintritts schnell zerstritten hat. Dass sich eine populistische Formation auch ohne den Tod ihres Anführers zerlegen kann, zeigt das Beispiel der Schillpartei, die ein kurzlebiges Hamburger Phänomen war.

Der Erfolg der holländischen Rechtspopulisten ist allerdings nicht nur ein regionales Phänomen. In verschiedenen europäischen Ländern wollen Politikstrategen mit massiver Islamkritik, Ablehnung von Migranten und Aversionen gegen die EU eine modernisierte Variante der extremen Rechten kreieren, die auch Wahlen gewinnen kann. Vor mehr als einem Jahrzehnt war für sie der österreichische Rechtspopulist Jörg Haider das große politische Vorbild. Doch sein Ansehen war in den rechten Kreisen schon vor dessen Tod ramponiert. Nun dürfte Geert Wilders zumindest zeitweise zum neuen Stern am rechten Horizont avancieren.

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Peter Nowak