Geflüchtete werden besonders oft Opfer von Übergriffen und Polizeigewalt. Eine Berliner Initiative dokumentiert solche Fälle seit fast 30 Jahren.

Tödliche Folgen der Abschottung

Eigentlich hegt Elke Schmidt von der Antirassistischen Initiative Berlin schon seit dem ersten Bericht von 1993 die Hoffnung, dass ihre Arbeit irgendwann überflüssig wird, wenn es keine Flüchtlingspolitik mit tödlichen Folgen mehr gibt. Aber solange das nicht passiert, werde sie mit ihren Mit­streiter*in­nen die Dokumentationsarbeit fortsetzen, stellt sie klar. Die Sichtung für die nächste Ausgabe habe schon begonnen.

Immer wieder werden Geflüchtete in Deutschland bei Polizeieinsätzen verletzt oder getötet. Das dokumentiert die in Berlin ansässige „Antirassistische Initiative“ seit 1993 jedes Jahr im Report „Bundesdeutsche Flüchtlingspolitik und ihre tödlichen Folgen“. Dessen neueste, 29. Ausgabe ist nun erschienen. Sie umfasst viele Fälle, die entweder nie besonders bekannt wurden oder längst vergessen sind.Demnach ereignete sich ein gravierender Fall mit tödlichen Folgen am 3. Oktober 2021 im niedersächsischen Harsefeld im Landkreis Stade: Vier Po­li­zei­be­am­t*in­nen feuerten dreizehnmal auf Kamal Ibrahim. Der Mann aus dem Sudan war …

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Dokumentation zeigt Gefährdung Geflüchteter in Deutschland durch Polizeieinsätze

In Gefahr auch noch nach der Ankunft

In der Dokumentation steckt aufwändige Recherchearbeit, wie Elke Schmidt gegenüber »nd« berichtet. Zeitungen werden ausgewertet, Politiker*innen kontaktiert und gebeten, Anfragen zu den Todesumständen von Geflüchteten zu stellen. Es sind vor allem Politiker*innen der Linkspartei und der Grünen, die das auch tun und damit wichtige Aufklärungsarbeit leisten.

Insgesamt 13 Schüsse gaben vier Polizeibeamte am 3. Oktober 2021 im niedersächsischen Harsefeld auf Kamal Ibrahim in dessen Unterkunft ab. Elf davon trafen den Geflüchteten. Doch niemand musste sich dafür vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Stade stellte die Ermittlungen gegen die Polizist*innen ein. Zur Begründung hieß es, alle Schüsse seien »für die angegriffenen Polizeibeamten als Notwehr und für einen aus der angrenzenden Küche schießenden Polizeibeamten als sog. Nothilfe gerechtfertigt« gewesen. Und weiter: »Es war den Polizeibeamten in der konkreten Situation nicht zuzumuten, den Angriff auf eine andere Weise abzuwehren.« Ob die Beamten wirklich in Gefahr waren, ist zweifelhaft, ebenso, ob Kamal Ibrahim sie wirklich angegriffen hat. Obwohl wenige Tage nach seinem Tod in Stade …

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