Eine vollfunktionsfähige Sauna, Gymnastik- und Freizeiträume zur freien Nutzung im Keller. Für die Mieter/innen des Hauskomplexes Leipziger Straße 54 - 58 ist das seit fast 40 Jahren Realität.

Mietertreffpunkte in Leipziger Straße sollen verschwinden

In einem Schreiben unterstützen 12 Berliner Mieterbeiräte den Erhalt der bedrohten Räumlichkeiten. Sie äußern die Befürchtung, dass mit der drohenden Schließung „ein beispielhaftes Projekt der Mietkultur“ verloren gehen könnte. „So gehen neben dem Verlust für die Mieter/innen des Wohnobjektes auch für die anderen Mieterbeiräte der WBM bisher bestehende Möglichkeiten zur Nutzung des großen Versammlungsraumes verloren“, heißt es in dem Schreiben.

Davon träumen viele Mieter/innen: Eine vollfunktionsfähige Sauna, Gymnastik- und Freizeiträume zur freien Nutzung im Keller. Für die Mieter/innen des Hauskomplexes Leipziger Straße 54 – 58 ist das seit fast 40 Jahren Realität. Doch damit könnte am 30. Juni Schluss sein. Die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) hat die Mieter/innen aufgefordert, bis zum …

„Mietertreffpunkte in Leipziger Straße sollen verschwinden“ weiterlesen

Kampflieder gegen Häuserdämmung

MIETEN BewohnerInnen von Gewobag-Häusern in Prenzlauer Berg machen gegen Sanierung mobil

Vor den Häusern Knaackstraße 60–68 in Prenzlauer Berg wurde es am Samstagmittag laut. Rund 20 Menschen bildeten eine Kette und sangen: „Und drum geht es los, unsere Mieter-Polonaise –mit langer Nese, in Richtung Gewobag.“ Und kämpferischer: „Das ist unser Haus, schmeiß doch endlich Gewobag und Konsortenzum Fenster raus!“  Seit die Wohnungsbaugesellschaft den knapp 80 Parteien die energetische Modernisierung ankündigte, sind die BewohnerInnen alarmiert. „Wir haben Versammlungen abgehalten und MieterInnen anderer Gewobag-Häuser getroffen. Nun wollen wir mit dem Protestfrühstück informieren“, erklärte Bewohnerin Elke Coners. Auf einem Infotisch konnte man einen Würfel betrachten: „Das ist der Dämmstoff, mit dem die Gewobag sanieren will“, meint ein Mieter. Neben befürchteten Mieterhöhungen bezweifeln die MieterInnen den ökologischen Nutzen der Dämmung und verweisen auf Brandgefahr. Noch sind sie optimistisch. Der Mieter eines Gewobag-Hauses in Prenzlauer Berg berichtete unter Applaus, wie er sich erfolgreich juristisch gegen die Sanierung wehrte. Das Gericht verlangte von dem Unternehmen eine deutliche Absenkung der Modernisierungszulage.  Nachdem die Linke die Gewobag per BVV-Antrag zur Rücknahme der Modernisierungsankündigung in der Knaackstraße aufgefordert hat, will die SPD am Mittwoch ebenfalls einen ähnlichen Antrag einbringen.

aus Taz vom 27.6.2016
Peter Nowak

Home Office ist Grund für Kündigung

Unternehmenssitz in den eigenen vier Wänden: Gewobag geht gegen Mieter vor

Wohnungsmieter werfen der Gewobag vor, für Vertragskündigungen gezielt danach zu suchen, wer im Home Office arbeitet. Grundlage ist ein Gerichtsurteil des BGH. Mieterverbände empfehlen, sich beraten zu lassen.

Viele Wohnungen stehen leer in der Schönhauser Allee 103 im Berliner Stadtteil Pankow. Seit drei Jahren ist das Haus im Besitz der Wohnungsbaugesellschaft Gewobag. »Mittlerweile sind von 32 Wohnungen nur noch acht bewohnt«, erklärt Christoph Baumgarten. Er gehört zu den Mietern, die bleiben wollen. Für seinen Onlinehandel hat er jetzt extra einen Büroplatz gemietet. Bisher hat er Bestellungen von zu Hause über seinen Computer erledigt. Die Gewobag hat ihn wegen gewerblicher Nutzung seiner Wohnung abgemahnt und hatte vor Gericht Erfolg. Auch Baumgartens Wohnungsnachbar Frank Volm wurde wegen gewerblicher Nutzung seiner Wohnung abgemahnt. Er betreibt einen Reparaturservice und hat zu Hause auf seinen Computer gelegentlich Rechnungen geschrieben. Dem Vermieter wurde die Heimarbeit bekannt, weil sie auf Internetseiten gelistet war. Baumgarten hatte auf seiner Internetseite seine Wohnadresse als Unternehmenssitz angegeben. Volms Reparaturservice war mit seiner Wohnadresse ohne sein Wissen auf Internetportalen zu finden.

Beide Mieter werfen der Gewobag vor, gezielte Internetrecherche zu betreiben, um Abmahn- und Kündigungsgründe zu finden. Ein Sprecher der Gewobag wies den Vorwurf zurück, dass dafür extra Anwälte beauftragt worden seien. »Unsere Mitarbeiter haben festgestellt, dass die Mieter ihre Wohnung als Unternehmenssitz im Internet bewerben«, erklärte er.

Das juristische Vorgehen des Unternehmens machte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Juli 2013 möglich (BGH vom 31. Juli 2013 – VIII ZR 149/13Ö). »Bei geschäftlichen Aktivitäten freiberuflicher oder gewerblicher Art, die nach Außen in Erscheinung treten, liegt eine Nutzung vor, die der Vermieter einer Wohnung ohne entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht dulden muss«, urteilte das Gericht. Damit wich es von der bisherigen Rechtssprechung ab, die Heimarbeit in einer Wohnung erlaubte, wenn kein Kundenbetrieb stattfand und keine Mitarbeiter beschäftigt waren.

Kritisiert wird das Urteil von Mieterverbänden und Anwälten: »Der BGH hat den Vermietern damit in unverantwortlicher Weise einen neuen Hebel in die Hand gegeben, um unliebsame Mieter loszuwerden«, erklärte der Fachanwalt für Mietrecht Christoph Müller. Die Gewobag bestreitet, dass sie Mieter vertreiben will.

Doch auffällig ist, dass eine weitere Mieterin eines Gewobag-Hauses ihre Wohnung wegen Heimarbeit zu verlieren droht. Martina Lannatewitz wohnt seit 30 Jahren in einer Dreizimmerwohnung in der Raumerstraße 11. Sie ging an die Öffentlichkeit, als bekannt wurde, dass ihre Wohnung nach einer Modernisierung statt 284 Euro kalt 632 Euro kosten sollte. Eine Mietsteigerung von 120 Prozent konnte sie sich nicht leisten. Lannatewitz wurde ebenfalls wegen ihrer Heimarbeit für eine Agentur abgemahnt. Weil sie mit ihrer Wohna-dresse weiterhin im Internet zu finden war, hat die Gewobag jetzt Räumungsklage eingereicht. Fachanwalt Müller rät daher, eine Abmahnung auf keinen Fall zu ignorieren. Mieterverbände empfehlen Betroffenen, sich rechtzeitig beraten zu lassen. Auch die Politik wäre in diesem Fall gefragt. Schließlich nimmt die Zahl der Menschen zu, die von zu Hause aus arbeiten. Viele können sich die Miete für einen getrennten Arbeitsplatz gar nicht leisten. Zudem würde eine verstärke Anmietung von Arbeitsplätzen das Wohnungsproblem nur verschärfen. Schließlich ist die Vermietung von Büros, die nur zeitweise benutzt werden, für viele Hauseigentümer attraktiver als die Vermietung von Wohnungen.

Peter Nowak

Wenn Heimarbeit zum Kündigungsgrund wird

Der Bundesgerichtshof hat mit einer veränderten Rechtsprechung die Kündigung von Mietern erleichtert, die von zu Hause aus arbeiten

Viele Klingelschilder sind ohne Namen in der Schönhauser Allee 103 im Berliner Stadtteil Pankow. Das Haus wechselte in den letzten Jahren mehrmals seinen Besitzer. Seit 3 Jahren gehört es der Wohnungsbaugesellschaft Gewobag. „ Schon kurz danach wurde die Mieterberatung Prenzlauer Berg bei uns im Haus aktiv. Die wurden bald nur noch Entmietungsberatung genannt, berichtet ein Bewohner gegenüber MieterEcho Online. Er schildert den Ablauf so: „Der Vortrag in den Räumen der Mieterberatung Prenzlauer Berg war sehr ernüchternd. Zunächst wurde uns mitgeteilt, dass uns der Milieuschutz ohnehin nicht helfen würde, da alle Maßnahmen innerhalb der Möglichkeiten der Modernisierungsmaßnahmen ausgereizt wurden. Dann begann das bekannte Programm: Druck, viele ungebetene Telefonate und immer wieder Drohungen, dass das Sozialplanverfahren eingestellt werden würde, wenn die Mieter nicht unterschreiben.“
Mittlerweile sind von 32 Mietparteien noch 8 übrig. Gegen die Verbliebenen nutzt die Gewobag nun aller rechtlichen Mittel. Zwei wurden abgemahnt, weil sie von ihrer Wohnung aus Computerarbeiten erledigen. Der Mieter Christoph Baumgarten betreibt einen Online-Handel mit Akkus. Sein Hauptlager hat er in Köln. Von seiner Wohnung bearbeitet er Bestellungen am Computer. Auf seiner Internetseite hatte er als Firmensitz die Schönhauser Allee 102 angegeben. Das war für die Gewobag ein Grund für eine Abmahnung wegen unerlaubter gewerkschaftlicher Nutzung. Baumgartens Nachbar Frank Volm wurde abgemahnt, weil er als Kleinunternehmer einen Reparaturservice betreibt und von seiner Wohnung gelegentlich Rechnungen ausstellt. Ohne sein Wissen sei er auf Portalen wie “Meine Stadt“ mit seiner Wohnadresse aufgeführt worden. Die Mieter werfen der Gewobag Bespitzelung vor. Das Unternehmen weist den Vorwurf zurück, dass über die Mieter eine Internetrecherche durchgeführt wurde. „Unsere Mitarbeiter haben festgestellt, dass die Mieter ihre Wohnung als Unternehmenssitz im Internet bewerben“, heißt es dort. Sie spricht von Zweckentfremdung einer Wohnung. Dass aber würde voraussetzen, dass die Wohnung ausschließlich zu gewerblichen Zwecken genutzt wird. Doch Frank Volm und Christoph Baumgarten können nachweisen, dass sie dort wohnen. Das kann auch Martina Lannatewitz nachweisen Sie lebt seit 30 Jahren in einer Dreizimmerwohnung in der Raumerstraße 11. Auch dieses Haus gehört der Gewobag. Nach einer Modernsierung sollte die Miete bei Frau Lannatewitz um über 120 Prozent von 284 Euro kalt auf 632 Euro steigen. Die Mieterin wehrte sich und ging an die Öffentlichkeit. Weil die Gewobag herausgefunden hat, dass auch Frau Lannatewitz für eine Agentur von ihrem Computer arbeitet, wurde sie ebenfalls wegen gewerblicher Nutzung abgemahnt. Weil die Mieterin weiterhin mit ihrer Privatadresse im Internet zu finden ist, hat die Gewobag mittlerweile eine Räumungsklage eingeleitet.

Vermieterfreundliche Rechtssprechung

Dabei nutzt die Gewobag eine vermieterfreundliche Rechtssprechung bei der Frage der gewerblichen Tätigkeit in der eigenen Wohnung. Bisher fanden die Gerichte eine berufliche Nutzung unproblematisch, solange man keine Mitarbeiter beschäftigt und keine Kunden empfängt. Im Jahr 2013 hielt der Bundesgerichtshof die Kündigung eines Mieters für berechtigt, der in seiner Wohnung einen Hausmeisterservice betrieb (BGH vom 31. Juli 2013 –VIII ZR 149/13Ö). „Bei geschäftlichen Aktivitäten, freiberuflicher oder gewerblicher Art, die nach Außen in Erscheinung treten, liegt eine Nutzung vor, die die der Vermieter einer Wohnung ohne entsprechende Vereinbarung grundsätzlich nicht dulden muss“, urteilte der BGH. Eine solche rechtliche Verschlechterung der Mieter, zu einer Zeit, in der die Zahl der Berufe, die vom häuslichen PC erledigt werden wächst, ist unverständlich. Die Gewobag ist sicher nicht der einzige Haubesitzer, der die rechtlichen Möglichkeiten, die ihm hier in die Hand gegeben wurden, ausgiebig ausnutzt.

http://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/heimarbeit-als-kuendigungsgrund.html
Peter Nowak