Vom Existenzgeld zum Bürgergeld

Veranstaltung in Berlin: Auch dieses Konzept kann neoliberal vereinnahmt werden
Das Existenzgeld – ein linkes Konzept? Diese Frage diskutierten kürzlich Erwerbslosenaktivisten und Wissenschaftler in Berlin. Ergebnis: Neoliberale Vordenker und Politiker haben die Idee längst für ihre Zwecke umgedeutet.
Zunächst skizzierte die Berliner Erwerbslosenaktivistin Anne Allex die über 30-jährige Geschichte der Existenzgeldforderung: In den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wollten in Westdeutschland vor allem Grüne und unabhängige Erwerbslosengruppen damit den Zwang zur Lohnarbeit aufbrechen. In Zeiten von Wirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit wurde das Existenzgeld dann zunehmend als Instrument für eine Gesellschaft, der die Lohnarbeit langsam ausgeht, angepriesen.

 
 
Doch die aktuelle ökonomische Entwicklung mache deutlich, dass vor allem die tariflich bezahlten Arbeitsplätze verschwänden und durch schlechter bezahlte Jobs ersetzt würden, kritisierte Allex. Als aktuelles Beispiel führte sie das vom Bundesarbeitsministerium seit Monaten propagierte Konzept der Bürgerarbeit an: Für ein Bürgergeld von 900 Euro monatlich müssen Erwerbslose dabei 30 Stunden in der Woche Laub fegen, alte Menschen oder Kinder betreuen. Für Allex ist dieses Konzept ein Beispiel dafür, wie mit Elementen aus der Existenzgeldforderung neoliberale Realpolitik betrieben wird.

Als weitere Beispiele führte die Aktivistin Konzepte des wirtschaftsliberalen Ökonomen Thomas Straubhaar und des ehemaligen thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus (CDU) an. Sie propagierten Bürgergeldkonzepte mit einem so niedrigen Auszahlungsbetrag, dass er einen Zuverdienst erforderlich gemacht hätte. Damit wäre eine weitere Zunahme des Niedriglohnsektors verbunden gewesen.

Allex kritisierte, dass die Befürworter des Existenzgeldes auf die Abwicklung des Sozialstaates im Zeichen von Hartz IV keine Antwort gefunden hätten. Stattdessen habe man das eigene Konzept lediglich in bedingungsloses Grundeinkommen umbenannt. Allex betonte aber, trotz dieser Kritik weiterhin für ein bedingungsloses Grundeinkommen einzutreten, von dem man leben kann. Unter den aktuell diskutierten Konzepten sei das von der BAG Grundeinkommen bei der LINKEN entwickelte Modell die realistischste Variante. Dort wird von einen monatlichen Betrag von 950 Euro plus Wohngeld und 

Krankenversicherungsbeitrag ausgegangen.

Michael Klockmann vom Netzwerk Grundeinkommen begründete sein Engagement zu diesem Thema mit seinem eigenen Klasseninteresse. Als prekärer Selbstständiger würde ihm das Grundeinkommen mehr Zeit für Tätigkeiten verschaffen, die ihm Spaß machen, ohne allerdings Lohn abzuwerfen. Er vertritt die These, dass ein bedingungsloses Existenzgeld, das nicht an einen Job gebunden ist, auch nicht neoliberal vereinnahmt werden kann. Klockmann tritt auch dafür ein, dass das Existenzgeld alle Menschen erhalten sollen, die in Deutschland leben, räumt aber ein, dass ein solches vom Staatsbürgerrecht entkoppeltes Existenzgeld auch innerhalb des Netzwerkes Grundeinkommen umstritten ist.

Eine grundsätzliche Kritik an allen Existenzgeldkonzepten formulierte der Politologe Detlef Georgia Schultze auf der Veranstaltung. Sie alle würden die Frage nicht beantworten, wer unter welchen Bedingungen die Waren produziert, die mit dem Geld gekauft werden sollen. Eine Entkoppelung des Einkommens von der Produktion hält Schulze deshalb für den falschen Weg. Allerdings unterstützt auch er die in der Erwerbslosenbewegung seit Jahren propagierte Forderung: Von Arbeit muss man leben können, ohne Arbeit auch.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/179085.vom-existenzgeld-zum-buergergeld.html

Peter Nowak

Brandenburg steigt aus Polizeiausbildung für Afghanistan aus

Andere Länder könnten folgen
Als erstes Bundesland hat die von der SPD und der Linkspartei gestellte Landesregierung des Bundesland Brandenburg angekündigt, künftig keine Polizisten mehr als Ausbilder nach Afghanistan zu schicken. Der Brandenburgische Innenminister Reiner Speer begründete die Entscheidung mit Sicherheitsbedenken.

Dabei stützt sich das Ministerium auf eine Erklärung, die Bundesaußenminister Westerwelle zu Afghanistan abgegeben hat. Er hatte u.a. ausgeführt: „Die Intensität der mit Waffengewalt ausgetragenen Auseinandersetzung mit Aufständischen und deren militärische Organisation führen uns zu der Bewertung, die Einsatzsituation von ISAF auch im Norden Afghanistans als bewaffneten Konflikt im Sinne des Humanitären Völkerrechts zu qualifizieren.“

Für den Brandenburgischen Innenminister ist diese Situation mit einem Krieg gleichzusetzen. An einem Krieg beteiligen sich brandenburgische Polizisten nicht, sie haben vielmehr „ausschließlich einen zivilen Aufbauauftrag“, so Speer.

Andere Länder könnten folgen

Materiell hat der Rückzug der Brandenburgischen Polizei auf das Trainingsprogramm keine großen Auswirkungen. Das Bundesland hat seit 2002 lediglich 15 Beamte entsandt. Allerdings könnten andere Bundesländer dem Beispiel aus Brandenburg folgen. Dann wäre die Beteiligung Deutschlands an der Polizeiausbildung infrage gestellt.

Den Hauptanteil bei der Polizeiausbildung übernehmen mittlerweile private Sicherheitsfirmen aus den USA. Diese Tendenz könnte sich durch einen Rückzug Deutschlands verstärken. Ob diese Entwicklung im Sinne der Antikriegsbewegung ist, die schon lange den Rückzug aus Afghanistan fordert, muss bezweifelt werden. Denn die Bundeswehr beteiligt sich dann weiterhin an auch mit Waffengewalt ausgetragenen Auseinandersetzungen. Das Ausbildungsprogramm hingegen soll dazu beitragen, dass die Polizei in Afghanistan mit Grundsätzen vertraut gemacht wird, wie sie in Ländern wie Deutschland üblich sind.

Der Schritt der Landesregierung dürfte vor allem bei der Basis der Linken auf Zustimmung stoßen. Aber auch die Innenminister der SPD haben schon im Februar vorgeschlagen, die Ausbildung der Polizisten von Afghanistan in sichere Länder zu verlegen sind damit aber bei den Kollegen aus anderen Parteien auf taube Ohren gestoßen.

In großen Teilen der Bevölkerung ist der Afghanistaneinsatz unpopulär. Dass dafür nicht unbedingt pazifistische Motive ausschlagend sind, zeigte sich daran, dass die Bundeswehr mehrheitlich von der gleichen Bevölkerung positiv bewertet wird.
 

http://www.heise.de/tp/blogs/8/148321
Peter Nowak

Sarrazin – schädlich für das deutsche Image?

Die Deutsche Bundesbank bittet den Bundespräsidenten um die Entlassung von Sarrazin

Neben seiner SPD-Mitgliedschaft könnte der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin wegen der Veröffentlichung seines Buches „Deutschland schafft sich ab“ (Sozialdarwinismus wird hoffähig) und den nachfolgenden Diskussionen jetzt auch seinen Posten bei der Deutschen Bundesbank los sein.

„Der Vorstand der Deutschen Bundesbank hat heute einstimmig beschlossen, beim Bundespräsidenten die Abberufung von Dr. Thilo Sarrazin als Mitglied des Vorstandes zu beantragen. Der ‚Corporate Governance‘-Beauftragte der Deutschen Bundesbank, Professor Dr. Uwe Schneider, unterstützt diesen Antrag uneingeschränkt“, heißt es in einer knappen Mitteilung der Bundesbank.

Die Nachricht kam nicht überraschend. Schon in der Donnerstagsausgabe der Berliner Zeitung war die Entscheidung zum Rausschmiss vermeldet worden. Dass die offiziell noch um einen Tag verschoben wurde, liegt an dem komplizierten Prozedere. Anders als normale Arbeitnehmer können Bankvorstandsmitglieder nur durch den Bundespräsidenten entlassen werden. Es ist wahrscheinlich, dass Wulff dem Antrag auf Abberufung von Sarrazin nachkommt. Schließlich hatte er in einem Radiointerview erklärt: „Ich glaube, dass jetzt der Vorstand der Deutschen Bundesbank schon einiges tun kann, damit die Diskussion Deutschland nicht schadet – vor allem auch international“.

Damit hat er auch den Grund für die zunehmende Schelte genannt, die Sarrazin in den letzten Tagen von allen Seiten trifft. Neben verschiedenen Regierungsmitgliedern hat sich auch Bundeskanzlerin Merkel in den Chor der Sarrazin-Kritiker eingereiht. Sarrazin hat es seinen Gegnern auch leicht gemacht. Zunächst wollte er ein Juden-Gen in der wissenschaftlichen Debatte ausgemacht haben, dann legte er sich mit den Publizisten Michel Friedmann wegen eines kritischen Interviews an.

Rechter Lafontaine?

Je mehr Sarrazin vom Mainstream ausgegrenzt wird, desto mehr Lob bekommt er von rechts. Die Wochenzeitung Junge Freiheit feiert ihn als Tabubrecher. Das Blatt lancierte auch eine Umfrage, ob Sarrazin eine neue rechte Partei gründen solle.

Die Junge Freiheit bastelt seit Jahren an Parteigründungsprozessen rechts von der CDU, aber möglichst ohne NS-Bezug. In Berlin stehen gleich mehrere rechte Formationen bereit, im nächsten Jahr zur Wahl des Abgeordnetenhauses zu kandieren. Neben der Pro-Deutschlandbewegung könnte auch der aus der CDU ausgetretene Islamgegner Rene Stadtkewitz mit einer eigenen Formation antreten, wenn er nun wegen der Einladung des holländischen Islamgegners Geert Wilders auch aus der CDU-Fraktion ausgeschlossen wird (Keine Tea-Party-Bewegung in Deutschland). Manche hoffen nun, dass der politikerfahrene Sarrazin die Rolle von Oskar Lafontaine von rechts übernimmt. Der hatte mit seiner Kandidatur die zerstrittenen Formationen links von der SPD zur Einigung gedrängt. Sarrazin, so hoffen seine Fans, könnte dasselbe mit den ebenso zerstrittenen Rechten versuchen (NPD und pro Deutschland werben um Thilo Sarrazin).

http://www.heise.de/tp/blogs/8/148307

Peter Nowak

Mit Marx für die Unimaut?

Die Einführung der Studiengebühren hat sich bewährt und trägt zur Verbesserungen der Lehr- und Studienbedingungen an den Hochschulen bei. Zu diesem wenig überraschenden Fazit kommt ein 257-seitiger »Bericht zur Evaluation der Studienbeiträge«, den das niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur veröffentlichte. Überraschender ist schon, dass in dem Bericht mit einem Marx-Zitat auch der linke Theoriegeber als Anhänger der Unimaut reklamiert wird. »Wenn höhere Unterrichtsanstalten unentgeltlich sind, so heißt das faktisch nur, den höheren Klassen ihre Erziehungskosten aus dem allgemeinen Steuersäckel zu bestreiten«.

Die Autoren des Berichts geben das Zitat von Marx allerdings sinnentstellend wieder, den dieser hat sich in seiner »Kritik des Gothaer Programm« 1875 lediglich gegen unentgeltliche Unterrichtsanstalten für die höheren sozialen Klassen gewandt.

Die Argumentation der Studienbefürworter macht aber deutlich, dass sie sich keineswegs in der Defensive sehen. So weist der Evaluationsbericht darauf hin, dass durch die Gebühren mehr Personal eingestellt und zusätzliche Lehr- und Lernmittel angeschafft worden sind. In der Tat verbessern in einem unterfinanzierten Bildungssystem zusätzliche Gelder die Lern- und Lehrbedingungen. Entscheidend aber ist, dass diese Unterfinanzierung politisch gewollt ist. Wird das ausgeblendet, besteht die Gefahr, dass die Unimaut als am Ende als kleineres Übel hingenommen wird.

Solche Tendenzen zeichnen sich bei Studierenden in Bayern ab, die derzeit darüber debattieren, ob statt 500 auch 300 Euro ausreichen, um den Lehrbetrieb aufrecht zu erhalten. Hier wird aus einer Sachzwanglogik heraus akzeptiert, dass der Student Kunde ist und für seine Bildung selbst aufkommen muss. Es wäre höchste Zeit, dass Bundesländer, die keine Studiengebühren erheben, deutlich machen, dass die Finanzierung von Bildung eine gesellschaftliche Aufgabe ist, die ohne zusätzliche Gebühren gewährleistet werden kann.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/178809.mit-marx-fuer-die-unimaut.html

Peter Nowak

Neuer Niedriglohnsektor

Gewerkschaften kritisieren Freiwilligendienst

Mit der Wehrpflicht würde auch der Zivildienst abgeschafft. Nicht nur die Gewerkschaften befürchten eine Ausweitung des Niedriglohnsektors.
 

Sollte sich das Bundesverteidigungsministerium mit seinen Plänen zur Aussetzung der Wehrpflicht durchsetzen, wäre auch der Zivildienst in der alten Form nicht mehr zu halten. Die vom Familienministerium erarbeiteten Pläne für einen Freiwilligendienst könnten zu einer Ausweitung des Niedriglohnsektors führen, so die Befürchtung der Gewerkschaften.

»Wenn die Wehrpflicht ausgesetzt wird, halten wir nichts davon, dass die Zivil- und Freiwilligendienste im Sinne von Familienministerin Kristina Schröder weitergeführt werden. Die entstehende personelle Lücke sollte durch reguläre, tariflich bezahlte und sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschlossen werden«, erklärt der ver.di-Pressesprecher Jan Jurczyk gegenüber ND.

»Die Pläne des Familienministeriums, einen sogenannten ›freiwilligen zusätzlichen Zivildienst‹ einzuführen, stoßen bei ver.di und der Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer (Zentralstelle KDV) auf strikte Ablehnung«, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung. Schon der jetzige Einsatz von Zivis diene oft mehr dem Profit der Betriebsinhaber oder Aktionäre als dem Gemeinwohl, kritisieren beide Organisationen. Die Zivis werden überwiegend im Bereich Pflege- und Betreuungsdienste, für die ver.di zuständig ist, eingesetzt. Ein wesentlich kleinerer Anteil ist im gärtnerischen und landschaftspflegerischen Bereich beschäftigt oder übernimmt Reinigungs- und Hausmeistertätigkeiten.

»In privatisierten Einrichtungen haben Zivildienstleistende nichts zu suchen. Mit den Gewinnen, die in diesem Bereich gemacht werden, können auch reguläre Arbeitskräfte eingestellt werden«, sagte der Vorsitzende der Zentralstelle KDV, Werner Glenewinkel. Auch ver.di-Chef Frank Bsirske findet klare Worte: »Es ist ein Skandal, wenn gerade mühsam ein Mindestlohn von 8,50 Euro im Westen und 7,50 Euro im Osten für Pflegehilfskräfte eingeführt wurde, nun aber die Bundesregierung hingeht, um mehr als 30 000 Hilfskräfte für 3,75 Euro pro Stunde zu beschäftigen.« Zivis sollen nach seiner Ansicht nur in gemeinnützigen und öffentlichen Einrichtungen, nicht aber in gewinnorientierten Betrieben eingesetzt werden. Er kündigte an, dass die Betriebs- und Personalräte verstärkt auf deren arbeitsmarktneutralen Einsatz achten werden. Konflikte mit einigen Wohlfahrtsverbänden wären programmiert. Sie wollen den Sold von rund 360 Euro monatlich nicht erhöhen, wenn aus den Zivildienstleistenden Freiwillige werden. Das spart Millionen von Euro, schafft aber einen faktischen Stundenlohn von rund 3,75 Euro.

»Die Gewerkschaftsjugend fordert, für den Sozialbereich sozialversicherungspflichtige, tarifvertraglich geregelte Arbeitsplätze und Freiwilligendienste zu schaffen und Zwangsdienste jeder Art abzuschaffen«, betont auch der politische Referent der DGB-Jugend Florian Haggenmiller. Allerdings spricht er sich für eine schrittweise Umwandlung aus. »Wir wissen aber, dass die Zivildienstleistenden derzeit eine tragende Säule bei gesellschaftlichen Aufgaben sind. Im Gesundheits- und Pflegebereich beispielsweise würde bei einem sofortigen Wegfall eine spürbare Lücke entstehen.« Und die Befürchtungen scheinen begründet. Die Umwandlung von Zivistellen »in reguläre Arbeitskräfte steht für uns nicht zur Debatte«, erklärte die Caritas-Sprecherin Claudia Beck gegenüber ND. Wegen des Rückgangs der Zivis in den letzten Jahren werden viele ihrer Tätigkeiten von Freiwilligen übernommen. In dem Bereich der Gartenarbeit würden Zivildienststellen durch Arbeitsplätze im Billigbereich ersetzt.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/178847.neuer-niedriglohnsektor.html

Peter Nowak

Protest gegen deutschen „Tatort Kurdistan“

ANTIKRIEGSTAG Kreuzberger Bündnis macht auf dem Heinrichplatz eine bunte Veranstaltung gegen deutsche Rüstungsexporte in die Türkei. Antikriegsbewegung sucht neue Mitstreiter und Aktionsformen

Am internationalen Weltfriedenstag am 1. September will ein Bündnis auf den Heinrichplatz in Kreuzberg gegen deutsche Waffenexporte in die Türkei protestieren. Auf der Kundgebung, die von 16 Uhr bis 22 Uhr geht und unter dem Motto „Tatort Kurdistan“ steht, sollen unter anderem die Bundestagsabgeordnete der Linken Ulla Jelpke sowie VertreterInnen des Bündnisses „Freiheit für Mumia Abu Jamal“ und der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Berlin-Brandenburg (DFG-VK) sprechen. Die kulturellen Darbietungen reichen von vom Liedermacher Detlef K. über den Rapper Jenz Steiner, den Reggaemusiker Ganjaman bis zur Punkcombo Yok. „Wir haben auf diese Vielfalt großen Wert gelebt“, sagte der Sprecher des Berliner Kurdistan-Solidaritätskomitees, Nick Brauns.

Die Kampagne „Tatort Kurdistan“ hat am 8. Mai mit einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor begonnen und soll mit Veranstaltungen in verschiedenen Städten am Mittwoch einen Beitrag zum Weltfriedenstag leisten. „In Kurdistan wird Krieg mit Waffen und finanzieller Unterstützung aus Deutschland geführt. Auf der Protestkundgebung soll die Rolle deutscher Unternehmen und der Bundesregierung in dem Krieg gegen die kurdische Bevölkerung in der Türkei sichtbar gemacht werden“, zieht Brauns den Zusammenhang zum Antikriegstag.

Die Aktion soll auch der Antikriegsbewegung, die in den letzten Jahren kaum neue MitstreiterInnen und Aktionsformen gefunden hat, Impulse geben. Zu den UnterstützerInnen der gehören neben Antifagruppen und dem Projekt Avanti – Undogmatische Linke auch linke Kreuzberger Veranstaltungsorte wie das SO 36, der Buchladen oh21 sowie zahlreiche Kreuzberger Kneipen. PETER NOWAK

 Die Kundgebung „Tatort Kurdistan“ findet am 1. September von 16 bis 22 Uhr auf dem Heinrichplatz statt. Das Programm findet man unter http://tatort-kurdistan.blog.de

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F08%2F31%2Fa0148

Peter Nowak

Landtag von Schleswig-Holstein auf gesetzwidriger Grundlage gewählt

Die schwarz-gelbe Regierung muss nach Weisung des Landesverfassungsgerichts ein neues Wahlgesetz verabschieden und Neuwahlen spätestens 2012 durchführen

Spätestens bis 30.September 2012 muss der Landtag von Schleswig-Holstein neu gewählt werden. Bis Mai 2011 muss ein neues Wahlgesetz verabschiedet werden, auf dessen Grundlage die Wahlen ablaufen sollen. Das hat das Landesverfassungsgericht von Schleswig-Holstein heute entschieden.

Das Gericht hatte über ein Normenkontrollverfahren von den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband zu befinden. Die beiden Parteien hatten sich gegen die Auslegung des Wahlgesetzes durch die CDU/FDP-Landesregierung gewandt. Obwohl die Regierungsparteien ca. 27.000 Stimmen weniger als Grüne, SPD, Linke und SSW erhalten hatten, kam Schwarz-Gelb auf eine Parlamentsmehrheit von einem Sitz. Grund sind die 11 Überhangmandate, die wegen der vielen Direktmandate der CDU angefallen waren. Wegen unterschiedlicher Auslegungen des Wahlgesetzes bekamen die Oppositionsparteien dafür lediglich 8 Ausgleichsmandate. Nur weil 3 Mandate nicht ausgeglichen wurden, konnte sich die konservativ-liberale Regierung auf die knappe Mehrheit stützen. Statt wie vorgesehen 69 hat der Schleswig-Holsteinische Landtag jetzt 95 Sitze.

Das Gericht zog den Wahltermin vor, „um den Bestand des auf verfassungswidriger Grundlage gewählten Landtags nicht länger als erforderlich andauern zu lassen“. Eine sofortige Auflösung des Landtages wurde verworfen, weil erst das neue Wahlgesetz verabschiedet werden muss.

Das Gericht stützt sich auf Art. 10 Absatz 2 der Schleswig-Holsteinischen Landesverfassung. Danach soll eine Erhöhung der Abgeordnetenzahl durch Überhang- und Ausgleichsmandate so weit wie möglich verhindert werden.

Vor Dauerwahlkampf in Kiel?

Kaum war das Urteil bekannt, begann der Streit um den Wahltermin. Die Regierungsparteien favorisieren offiziell mit Verweis auf eine gründliche Vorbereitung, aber sicher auch wegen ihrer momentan schlechten Umfrageergebnisse und unklarer Personalentscheidungen einen späten Termin. SSW und Grüne nannten das Urteil einen „Triumph der Demokratie“ und fordern schnelle Neuwahlen.

„Die vom Gericht gewählte Frist für Neuwahlen bis 2012 ist viel zu lang. Es ist zu befürchten, dass die kommenden zwei Jahre zum Dauerwahlkampf gemacht werden und so dem Land eine Hängepartie bevorsteht“, so die Landesvorsitzenden der Grünen Schleswig-Holstein Marlene Löhr. Ihre Einschätzung teilen auch andere politische Beobachter. Vor allem den anstehenden Doppelhaushalt und die durch die Schuldenbremse anstehenden Sparbeschlüsse dürften nach deren Ansicht in den Dauerwahlkampf gezogen werden, der mit dem Urteilspruch begonnen hat. Allerdings ist zu fragen, was daran vom demokratischen Standpunkt aus kritikwürdig wäre. Der Gesetzgeber muss dann bei den Entscheidungen berücksichtigen, dass die Wähler nicht erst dann abstimmen können, wenn die unbeliebten Beschlüsse fast vergessen oder als unabwendbar akzeptiert worden sind.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/148286

Peter Nowak

Die Punktierungen haben wehgetan

HEIMKIND Bruno Schleinstein wurde durch Filme Werner Herzogs bekannt. Seine Vita, durch jahrzehntelange Aufenthalte in Anstalten geprägt, war wenig bekannt – bis er sich für die Geschichte der „Asozialen“ engagierte

Ein Gefühl der Heimatlosigkeit begleitete den Künstler Bruno Schleinstein von frühester Kindheit an. 1932 wurde er in Berlin-Friedrichshain geboren. Schon im Alter von drei Jahren wurde er in ein Heim eingewiesen, weil er als uneheliches Kind einer Prostituierten geboren worden war. Allein dieser Umstand machte ihn in den Kategorien der Zeit zu einem „Asozialen“.

Solchermaßen bereits als Kind stigmatisiert, brachte er die nächsten 23 Jahre in verschiedenen Heimen, psychiatrischen Kliniken und sogenannten Besserungsanstalten zu. Die „Stunde null“ änderte daran nicht alles. Die Wittendorfer Kliniken in Reinickendorf, die Städtische Nervenklinik Wiesengrund und die Claszeile 57 in Zehlendorf waren Stationen seiner Odyssee durch Anstalten und Heime.

Viel hat er über diese ihn prägende Zeit nicht preisgegeben. Doch in dem Wenigen, was er über sich in der dritten Person erzählte, werden seine Gefühle umso deutlicher: „Der Bruno wurde nie besucht“, lautete einer seiner Sätze. Oder: „Die Punktierungen haben dem Bruno wehgetan.“ Damit kommentierte er die Experimente, die Ärzte und Psychiater im Nationalsozialismus an den Insassen von Wiesengrund vornahmen.

„Bruno hat oft die Verbindung zwischen Zuchthaus, Arbeitshaus und Friedhof gezogen“, sagt Anne Allex. Die Erwerbslosenaktivistin und Mitbegründerin des Arbeitskreises „Marginalisierte – gestern und heute“ hat Schleinstein vor mehr als zwei Jahren kennengelernt. „Ein Mitstreiter konnte ihn dafür gewinnen, bei Veranstaltungen aufzutreten, die dem Gedenken der im Nationalsozialismus als asozial verfolgten Menschen gewidmet sind.“ Die AG Marginalisierte will dazu beitragen, dass das Schicksal dieser auch in der linken Geschichtsschreibung weitgehend ausgeblendeten Personengruppe dem Vergessen entrissen wird.

Arbeitshaus Rummelsburg

Auf der Vernissage einer von dem Arbeitskreis organisierten Ausstellung über Wohnungslose im Nationalsozialismus hat Schleinstein im Januar 2008 seine Lieder gesungen. Auch vor dem ehemaligen Berliner Arbeitshaus in Rummelsburg ist Schleinstein im selben Jahr zweimal aufgetreten. Das Arbeitshaus war 1879 gegründet worden. Im kaiserlichen Berlin diente es als Strafanstalt für Leute, die der „Bettelei“ bezichtigt wurden. Im Nationalsozialismus wurde die Anlage zum „Städtischen Arbeits- und Bewahrungshaus Berlin-Lichtenberg“ umgebaut. Unter Beteiligung der Kriminalpolizei wurden am 13. Juni 1938 im Rahmen der Aktion „Arbeitsscheu Reich“ in ganz Deutschland mehr als 10.000 Personen als „Asoziale“ in Konzentrationslager verschleppt. Einer der Ausgangsorte dieser Aktion war das Arbeitshaus in Rummelsburg.

Begleitet von seinem Akkordeon, sang Schleinstein hier nun seine Lieder von Verfolgung und der Sehnsucht nach Freiheit. Vor sich hatte er verschiedene Glocken mit unterschiedlichen Tönen arrangiert, die er im Takt der Musik läutete. Besonders gern trug er das Lied „Die Gedanken sind frei“ vor. „Er betonte jede Silbe und legte Wert darauf, das Lied mit all seinen Strophen zu singen“, erinnert sich Anne Allex.

In dem von der Berliner Filmemacherin Andrea Behrendt erst in diesem Jahr gedrehten Film „arbeitsscheu – abnormal -asozial“ – Zur Geschichte der Berliner Arbeitshäuser“ findet sich nicht nur ein Ausschnitt von Schleinsteins Auftritt vor dem ehemaligen Arbeitshaus in Rummelsburg. Die Filmemacherin konnte ihm Statements entlocken. „Die Armen sind die Sklaven der Reichen, und die Reichen, wer weiß, was die im Keller oder sonst wo versteckt haben“, erzählt Schleinstein. Die Erfahrungen mit seiner Umwelt fasst er in die Worte: „Die Leute nehmen mich nicht für voll, weil ich anders aussehe.“ In die Kritik hat er auch Filmemacher wie Werner Herzog einbezogen, der sich in den 70er Jahren mit seinem Kaspar-Hauser-Film als Entdecker des Künstlers Bruno S. feiern ließ. „Bruno ist doch nur ein Wegwerfartikel“, war sein Kommentar zu dieser Zusammenarbeit Jahre später.

Auch über den Tod hat Schleinstein in Behrendts Doku philosophiert und die höchst originelle Ansicht beigesteuert: „Wenn die Toten singen könnten, würden sie sagen, ich bin ein Star, holt mich hier raus.“ Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass Schleinstein, der am 10. August im Alter von 78 Jahren gestorben ist, seinen Körper für Forschungszwecke an die Charité verkauft hat. Er, der so viele Jahre eingesperrt war, wollte zumindest nach dem Tod nicht wieder auf jemand warten, der ihn rausholt.

Begleitet von seinem Akkordeon, sang Schleinstein hier seine Lieder von Verfolgung und Freiheit

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ku&dig=2010%2F08%2F28%2Fa0205&cHash=801116a25b

Peter Nowak

Wie staatsfern darf oder soll der Zivildienst sein?

Die Ausbreitung der Niedriglohnzone könnte unter der Ägide der Staatsferne besser gelingen

Bei der Diskussion über die Zukunft der Wehrpflicht tritt zunehmend eine sich darin anschließende Frage in den Vordergrund. Wie soll der Zivildienst ersetzt werden? Schließlich ist die Arbeit der Zivildienstleistenden vor allem im sozialen Bereich nicht mehr wegzudenken. Am 1. August 2010 waren in Deutschland insgesamt 48.913 Zivildienstleistende tätig. Insgesamt waren seit April 1961 zweieinhalb Millionen junge Männer als Zivildienstleistende tätig. In diesem Jahr trat in Westdeutschland das Zivildienstgesetz in Kraft.
   

Die mögliche Aussetzung der Wehrpflicht hat dazu geführt, dass mit einer gewissen Hektik Alternativen zum Zivildienst erarbeitet werden. Dabei stehen sich zwei Modelle gegenüber: der vom Bundesfamilienministerium favorisierte staatlich organisierte, freiwillige Zivildienst und ein von den sozialen Trägern organisierter sogenannter staatsferner Zivildienst, wie er vom Deutschen Roten Kreuz, der Diakonie, der Caritas und der Arbeiterwohlfahrt befürwortet wird.

„Unabdingbare Voraussetzung dafür, dass wir genügend Freiwillige gewinnen und funktionierende Strukturen erhalten können, ist aber eine klare Bundeszuständigkeit, eine auskömmliche Finanzausstattung und die Öffnung des freiwilligen Zivildienstes für Männer und Frauen“, heißt es in der Erklärung des Ministeriums, das dort deutlich macht, dass es die Koordination übernehmen will. Dieser Sichtweise hat sich auf Seiten der Sozialverbände lediglich der Paritätische Wohlfahrtsverband angeschlossen. „Neben dem Ausbau des Freiwilligen Sozialen Jahres kann auch der von Bundesfamilienministerin Schröder angeregte freiwillige Zivildienst eine attraktive Möglichkeit der Kompensation darstellen“, so eine Pressemitteilung des Paritätischen. Doch ist er aber in der weit verzweigten Szene der sozialen Träger solitär. Die wollen nämlich die Richtlinienkompetenz nicht an das Ministerium abgeben und pochen auf ihre Eigenständigkeit.

Gegen die Verstaatlichung des Zivildienstes

Kerstin Griese, die im Vorstand des Diakonischen Werks der EKD für die Sozialpolitik zuständig ist, sieht die Gefahr, dass das „bisher erfolgreich bestehende Freiwillige Jahr durch die Planungen der Ministerin unterlaufen“ werden könnte. „Dies darf nicht passieren. Das Freiwillige Soziale Jahr muss ausgebaut und finanziell ebenso ausgestattet werden wie ein möglicher freiwilliger Zivildienst“, fordert die Diakonie.

Auch die AWO lehnt einen staatlich organisierten Zivildienst entschieden ab. Die Caritas ist derselben Meinung: „Es sei nicht sinnvoll, neben den subsidiär organisierten Jugendfreiwilligendiensten staatliche Zivildienststrukturen als unnötige Parallelstruktur auszubauen.“ Der deutsche Kulturrat warnt vor einer „Verstaatlichung“ des Zivildienstes und bringt das eigentliche Anliegen der sozialen Träger gut auf den Punkt: „Es kann nicht sein, dass Jugendliche und junge Erwachsene den freien Trägern vom Staat abgeworben werden. In diesem Fall belebt Konkurrenz ganz sicher nicht das Geschäft.“

Diskussion um die Staatsferne

Hier wird mehr als in dem sehr freigiebig verwendeten Begriff „staatsfern“ deutlich, worum es den sozialen Trägern bei ihrer Kritik an den Plänen der Politik geht. Wie die Pin-AG die Deutsche Post so sehen sie eine staatliche Zivildienstagentur schlicht als Konkurrenz beim Kampf um Stellen und Gelder. Denn die Freiwilligen Dienste sind ein lukratives Geschäft, gerade weil die davon betroffenen Personen so wenig Lohn bekommen.

Der Begriff „staatsfern“, der jetzt gerne in der Diskussion verwandt wird, kann nicht verdecken, dass gerade die nicht staatlich organisierten freiwilligen Dienste im Sinne des Staatsinteresses zielführender sein können als eine Koordination durch die Politik. Denn Menschen sind eher bereit für wenig Geld zu arbeiten, wenn dafür soziale Träger und nicht staatliche Stellen verantwortlich sind. In der langen Debatte über die Bedeutung der Zivilgesellschaft wurde darauf schon oft hingewiesen. Dabei wurde auch das Missverständnis korrigiert, dass sich wohl noch in den Köpfen mancher konservativer Politiker gehalten hat und auch bei den Plänen des Bundesfamilienministers Pate gestanden haben dürfte.

Die von den sozialen Trägern für sich reklamierte Staatsferne hat nichts mit Kritik an den Zielen des Staats zu tun. Sie pochen nur auf eine im neoliberalen Staat selbstverständliche Arbeitsteilung. Schließlich ist schwer einzusehen, warum in einer Zeit, in der die Privatisierung zum Allheilmittel erklärt wird und selbst auf das Militär und das Gefängniswesen ausgedehnt wird, ausgerechnet beim Zivildienst der Staat die Koordination beansprucht.

Ausbreitung der Niedriglohnzone

Bei der Debatte um die Staatsferne wird verdeckt, dass sich die sozialen Träger mit der Politik darin einig sind, dass die Ausweitung des Niedriglohnsektors vor allem im sozialen Bereich selbstverständlich ist. Dabei sind die Auswirkungen auf die Lohn- und Arbeitsbedingungen gerade im Bereich der sozialen Dienste vorauszusehen. Der Druck auf die Löhne wird steigen, wenn die Freiwilligen mit den regulären Arbeitskräften konkurrieren.

Daher wäre aus einer gewerkschaftlichen Perspektive die Frage angebracht, warum diese Formen der Beschäftigung nicht in sozialpflichtige, tariflich bezahlte Jobs umgewandelt werden sollen. Diese Frage wird von der Dienstleistungsgewerkschaft verdi schon länger gestellt.

„Es ist ein Skandal, wenn gerade mühsam ein Mindestlohn von 8,50 Euro im Westen und 7,50 Euro im Osten für Pflegehilfskräfte eingeführt wurde, nun aber die Bundesregierung hingeht, um mehr als 30.000 Hilfskräfte für 3,75 Euro pro Stunde zu beschäftigen“, erklärte der verdi-Vorsitzende Frank Bsirske. Es ist gut möglich, dass sich ein solcher Niedriglohnsektor besser unter Federführung der freien Träger durchsetzen lässt, als wenn die Politik die Federführung beansprucht.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33196/1.html

Peter Nowak

Protest gegen Neonazis

LINKE Antifas demonstrieren am Samstag in Weißensee gegen zunehmende Aktionen der rechtsextremen Szene. Teile der Route von der Polizei verboten

Die Polizei hat einen Teil der Route einer für Samstag in Weißensee geplanten Antifa-Demonstration verboten. Sie wird von dem Bündnis „Kein Kiez für Nazis“ organisiert, in dem Antifagruppen, Jugendeinrichtungen, Stadtteilinitiativen und die Linkspartei Pankow vertreten sind. Sie wollen gegen die Zunahme rechter Aktivitäten in Weißensee protestierten. Besonders das Kulturprojekt Kubiz und der Jugendclub Bunte Kuh waren mehrmals Ziel rechter Provokationen (taz berichtete).

Martin Sonnenburg vom Bündnis „Kein Kiez für Nazis“ macht die Freien Nationalisten Berlin Mitte (FNBM) dafür verantwortlich. Diese erstmals im April 2010 aufgetretene Gruppierung macht gegen Dönerläden, türkische Kulturvereine und linke Einrichtungen mobil.

„Wir haben das Bündnis mit den Gruppen im Stadtteil gesucht“, sagte Sonnenburg der taz. Deshalb sei er erstaunt gewesen, dass der CDU-Ortsvorsitzende von Weißensee, Dirk Stettner, in einem Brief an die Polizei warnte, die Antifa-Demonstration könne gewalttätige Demonstranten anziehen und die TeilnehmerInnen des Weißenseer Blumenfestes gefährden, das ebenfalls am Wochenende stattfindet. „Das gewalttätige Potenzial wird nicht erst durch eine Demo angezogen, sondern war mit einigen Ausnahmen immer beim Fest präsent“, meint Sonnenburg. Dort habe es vor einigen Jahren Probleme mit Personen aus der rechten Szene gegeben, was den VeranstalterInnen bewusst sei.

„Während eines Familienfestes mit 150.000 Besuchern sind politische Demonstrationen aus Rücksicht auf die Familien und Kinder einfach fehl am Platze – es gibt ausreichend viele andere Wochenenden“, erklärt Stettner gegenüber der taz.

 Demo am Samstag, 14 Uhr. Start an der Ecke Mahler-/Bizetstraße

PETER NOWAK

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2010%2F08%2F27%2Fa0143&cHash=05b1c88d20

Streit um Filterstäube

Kritiker befürchten, dass Saalekreis zur zentralen Giftmülldeponie wird

Der Streit um die Verfüllung von hochgiftigen Filterstäuben in die Grube Teutschenthal im Saalekreis spitzt sich zu. Der Grubenbetreiber GTS will 2011 jährlich 80 000 Tonnen Filterstäube als Stützmaterial in der Grube einlagern.
Die Kritiker des Projektes befürchten, dass die Gifte aus den Filterstäuben auch ins Grundwasser gelangen könnten. Auftrieb erhalten sie, nachdem das Landesamt für Geologie und Bergwesen im Rahmen der 

Überprüfungen der Dickstoffversatzanlage in Teutschenthal Verstöße gegen immissionsschutzrechtliche, abfallrechtliche und bergrechtliche Genehmigungen vorgeworfen hat. „Die GTS hat Abfälle von Müllverbrennungsanlagen verwandt, die für die Verfüllung in der   Dickstoffversatzanlage nicht zugelassen waren“, heißt es in einer Pressemitteilung des zuständigen Ministeriums für Arbeit und Wirtschaft aus Sachsen-Anhalt. In einer Stellungnahme räumt die GTS „formale Verstöße“ ein.  „Die Art der Verbringung nach Untertage war in dieser Form nicht behördlich genehmigt.“ Gleichzeitig moniert der Grubenbetreiber eine Vorverurteilung durch das Ministerium. Aus juristischen Gründen könne man  über die beiden  Presserklärungen hinaus zu  den Vorgängen keine weiteren Angaben machen, erklärte die Pressesprecherin des  Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit von  Sachsen-Anhalt Petra Penning gegenüber ND.
 
Zentrale Giftmülldeponie im Halle-Saale-Kreis  
 
Zudem  beklagt der Grubenbetreiber, dass das  LAGB den  Erörterungstermin für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren in Angersdorf abgesetzt habe. In der in unmittelbarer Nähe zu Teutschenthal liegenden Grube ist eine weitere Deponie für Müllrückstände geplant.    Umweltverbände hingegen befürchten, dass nach Klärung der staatsanwaltlichen Ermittlungen das Verfahren  wieder aufgenommen und die Genehmigung erteilt wird. Der Halle-Saale-Kreis könnte zu einer zentralen Giftmülldeponie werden, warnen sie. Klaus Koch vom Hamburger Umweltnetzwerk hält die Sorgen  für begründet. „Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR sollen  die Deponien angelegt werden, die vor Jahren in Westdeutschland durch Bürgerinitiativen erfolgreich verhindert worden sind.“  Allein in Sachsen-Anhalt ist die Errichtung von bis zu 40 weiteren Gruben im Gespräch.  Das Umweltnetzwerk hat im Auftrag der Gemeine Angersdorf eine gutachterliche Stellungnahme erarbeitet.       „Der Genehmigungsantrag der Firma GTS für die geplante Dickstoffanlage in Angersdorf ist in der vorliegenden Form nicht genehmigungsfähig“, heißt es in der  ND vorliegenden Stellungnahme. Die Gutachter halten vor der Erteilung einer Genehmigung eine  Umweltverträglichkeitsprüfung für erforderlich
da in der Anlage „gefährliche Abfälle gehandhabt werden“. Da ein Teil der Filterstäube eine hohe Schwermetallkonzentration aufweise, unterliege die Anlage nach Ansicht der Gutachter auch der Störfallverordnung.  

Monopol bei der Einlagerung?

Im Gespräch mit ND widerspricht Koch  der Auffassung von Jörg Friedrich vom Umweltbundesamt. Der hatte erklärt, dass Deutschland in „Bezug auf Salzbergwerke über ein geologisch bedingtes Monopol verfügt“. Es gäbe auch in Frankreich aktive Gruben, so Koch. Friedrich hatte auch erklärt, dass die Stäube dauerhaft aus der Biosphäre verbannt werden, was nur im Salzgestein möglich ist

https://www.neues-deutschland.de/artikel/177999.streit-um-filterstaeube.html?sstr=Filterstäube

Peter Nowak

 

 

Unternehmen Bundeswehr

Die von Guttenberg vorgeschlagene Reform zur Modernisierung der Bundeswehr, hat nichts mit Forderungen aus der Friedensbewegung zu tun
Eine Überraschung waren sie nicht mehr, die Reformpläne für die Bundeswehr, die Verteidigungsminister Guttenberg am 23. August den Militärexperten der die Bundesregierung stellenden Parteien vorstellte. Er will die Wehrpflicht aussetzen und die Bundeswehr um ein Drittel verkleinern. Die Truppe soll nach diesen Plänen in den nächsten Jahren von derzeit 252.000 um fast 90.000 Soldaten schrumpfen. Am Ende sollen 163.500 Soldaten übrig bleiben. Dafür soll die Zahl der Freiwilligen erhöht werden.
   

Diese Pläne einer grundlegenden Strukturreform der Bundeswehr werden seit Wochen in den Medien diskutiert.

In der Debatte werden immer wieder unterschiedliche Elemente der Bundeswehrreform besonders hervorgehoben. So nannte Guttenberg in einer Rede beim „Parlament der Wehrpflichtigen“ die dramatische finanzielle Lage des Bundeshaushaltes einen Weckruf für die Reform der Bundeswehr. Der CDU/CSU-Obmann im Verteidigungsausschuss des Bundestags Henning Otte setzte im Gespräch mit dem Deutschlandfunk hingegen die Akzente für die Notwendigkeit der Bundeswehrreform ganz anders. Er betont die veränderte militärpolitische Lage, die für die Reform maßgeblich sei.

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 Die Bundeswehr ist ausgerichtet an einer Lage, wie wir sie vor 20 Jahren hatten. Unser Ziel muss aber sein, dass wir gewappnet sind für die Herausforderungen zukünftig. Was kann das sein? Das kann sein natürlich die Landesverteidigung, das ist die Terrorbekämpfung, das ist Katastrophenhilfe und das ist auch Hilfe bei zerfallenden Staaten, um somit auch die Sicherheit unseres eigenen Landes stabilisieren zu können.
Henning Otte

Danach wäre die Bundeswehrreform keinesfalls ein erster Schritt zur Abschaffung, was zwar sowieso niemand glaubt, sondern deutlich eine Möglichkeit, die Bundeswehr im Hinblick auf die militärpolitischen Interessen des deutschen Staates effizienter zu machen.

Wann tritt der Bedarfsfall ein?

Dabei ist es interessant, dass die Wehrpflicht ausgesetzt, nicht aber abgeschafft werden soll. „Wir behalten die Wehrpflicht bei und können sie bei Bedarfsfall wieder reaktivieren, aber reagieren mit einer Aussetzung jetzt darauf, dass wir die Menschen freiwillig gewinnen wollen, dass wir sie nach ihren Fähigkeiten einsetzen und auch gewinnen wollen zum Beispiel als freiwillig länger Dienende, die somit auch im Einsatz im Ausland ihren Dienst tun können“, erklärt Otte.

Dabei ergibt sich sofort die Frage, wann der Bedarfsfall eintritt, bei dem die Wehrpflicht wieder reaktiviert wird? Geht die Politik allen Beteuerungen zum Trotz, dass wir seit 20 Jahren nur von Freunden umgeben sind, davon aus, dass doch auch an Deutschlands Grenzen kriegerische Konflikte wieder möglich sind? Oder wird dann bei einer möglichen Notstandssituation entgegen gegenwärtigen verfassungsrechtlichen Grundsätzen ein Eingreifen der Bundeswehr auch im Innern nicht ausgeschlossen?

Die wesentliche Aussage aber lautet, dass für die aktuell von der Politik formulierten militärpolitischen Ziele motivierte Freiwillige zielführender seien, als durch die Wehrpflicht gezogene Rekruten. Dass die Motivation durchaus auch wirtschaftlicher Natur sein kann, zeigte Ottes Antwort auf die Frage, was getan werden müsse, um die Bundeswehr attraktiver zu machen.
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 Das wird die Herausforderung auch sein für die Politik, dass die Bundeswehr ein Arbeitgeber ist, wo sich die Menschen für interessieren, wo sie bereit sind, ihre Arbeit einzubringen, ihre Fähigkeiten einzubringen.
Henning Otte

Schon heute wird die Bundeswehr als Arbeitgeber behandelt, der junge Erwerbslose auch mittels Veranstaltungen im Jobcenter von seinen Vorteilen überzeugen will.

Unterschiedliche Einschätzungen in der Antikriegsbewegung

Weil in der Debatte um die Bundeswehrreform einzelne Elemente oft isoliert dargestellt werden, entsteht schnell ein verzerrtes Bild. So wurde durch die Stichworte vorläufige Abschaffung der Wehrpflicht und Verkleinerung der Bundeswehr der Eindruck erweckt, als würde nun der CSU-Politiker Guttenberg umsetzen, wofür Bundeswehrkritiker seit Jahren gekämpft haben.

Diesen Eindruck erwecken auch manche Organisationen, die im weitesten Feld der Antikriegsbewegung zugerechnet werden können. So erklärt der Leiter der Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen Peter Tobiassen in einem Interview zur Aussetzung der Wehrplicht:
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 Für uns war das nur eine Frage der Zeit, und wir sehen jetzt, dass unsere bisherigen Argumente aufgegriffen werden. Wenn inzwischen 23 von 28 Nato-Ländern die Wehrpflicht abgeschafft haben, dann scheint das wirklich die vernünftigere Lösung zu sein. Deutschland ist sozusagen der letzte Hort der Wehrpflicht, in dem einige kalte Krieger immer noch an ihr festhalten, weil sie Massenarmeen für nötig halten.
Peter Tobiassen

Die Zentralstelle berät das Ministerium bei der Umstrukturierung der Bundeswehr.

Realitätsnäher vom Standpunkt der Antikriegsbewegung argumentiert der politische Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Monty Schädel. Auf die Frage, ob Guttenberg für seine Bundeswehrpläne Lob von der Friedensbewegung bekommen soll, antwortet er:
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 Auf keinen Fall. Wenn er die Bundeswehr interventionsfähiger macht, ist das für uns kein Grund, Orden zu verteilen. Würde er sie auflösen und tatsächlich abrüsten, bekäme er sie en masse! Was der Kriegsminister macht, ist eine Umrüstung, um in anderen Ländern mit Freiwilligen besser intervenieren zu können.
Monty Schädel

Allerdings würde die Umsetzung der Bundeswehrreform für die Arbeit der Antikriegsbewegung auch eine Zäsur bedeuten. Denn die obligatorische Wehrpflicht für junge Männer war ein Ansatzpunkt für die Kritik, auch wenn dieser Punkt schon in den letzten Jahren an Bedeutung verloren hatte. Zudem dürfte auch die weitere Diskussion über die Alternative für den Zivildienst interessant sein. Denn dafür sind keine regulär bezahlten Arbeitsplätze, sondern ist die Ausweitung der Freiwilligenarbeit im Gespräch, wobei ausdrücklich auch junge Frauen mit einbezogen werden sollen. Hier könnte sich in Zukunft ein neuer Null- oder Niedriglohnsektor im sozialen Bereich entwickeln.

Diese Fragen werden allerdings für die Frage, wie es mit der Bundeswehrreform weitergeht, nicht an erster Stelle gehen. Vielmehr wird die Diskussion vor allem innerhalb der Unionsparteien hier maßgeblich. Einigen Unionspolitiker fällt es schwer, sich von der Wehrpflicht zu verabschieden, die die Union in den fünfziger Jahren eingeführt hat.

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/33/33175/1.html

Peter Nowak

Grenzenlose Weite

Peter Nowak über die Forderung nach einer NS-Gedenkstätte auf dem Gelände des Flugplatzes Tegel

Der  „Hölle am  Columbiadamm“ war in den ersten Jahren des NS-Regimes  zum Inbegriff des braunen Terrors geworden. In  der Emigrantenpresse  jener Zeit waren häufig Berichte über Folterungen im ersten  Berliner SS-Gefängnis im Columbiahaus zu finden. Das  Hausgefängnis der Geheimen Staatspolizei  war im Juli 1933  errichtet worden.  Im Februar 1934 war  die Zahl auf über  450 Gefangenen gestiegen. Zu den zeitweiligen Insassen gehörten die Kommunisten Werner Seelenbinder, Erich Honecker, John Scher und Ernst Thälmann, die Schriftsteller Kurt Hiller,  Armin T. Wegener  und  der demokratische Jurist Hans Litten. Für den Terror  war die neuaufgestellte SS-Wachtruppe Oranienburg-Columbia, die später in SS-Wachverband Brandenburg umbenannt wurde, zuständig. Mehrere spätere SS-Kommandeure haben im Columbiahaus ihr Handwerkszeug gelernt.

Das KZ musste 1936 dem NS-Airport Tempelhof weichen.  Ab 1938 schufteten auf dem Areal Tausende Zwangsarbeiter  für  die  deutsche Luftrüstung. Die Popularität des Flughafen Tempelhofs  steigerte sich nach 1945 noch.  Im beginnenden Kalten Krieg wurde der Flughafen Tempelhof zum Inbegriff des Überlebenswillens des „freien Berlins“. Schließlich landeten auf dem  Flugfeld die legendären Rosinenbomber, mit denen Westberlin der sowjetischen Blockade trotzte. Jetzt konnte man es den Russen  doch noch zeigen, wenn man schon nicht verhindert hatte, dass Rotarmisten die Hakenkreuzfahne vom Reichstag entfernten.  In diesem Frontstadtklima war kein  Platz für eine Erinnerung an das KZ-Columbiahaus.        Daran hat sich auch heute nicht viel geändert.

Ein Erinnerungs-  und Gedenkort für die Opfer des Columbiahauses und die Zwangsarbeiter ist in den aktuellen Bebauungsplänen nicht vorgesehen.  Schließlich hat die international hochgelobte Gedenkrepublik Deutschland dafür spezielle Orte. So wurde in  die Topographie des Terrors, dem Dokumentationszentrum für den NS-Terror, nach der Neugestaltung auch ein Stück der Berliner Mauer  als in Stein gehauene Bekräftigung integriert, dass Deutschland am 8.November 89 befreit wurde.   

Als  am 8. Mai 2010 das Areal des abgewickelten Tempelhofer Flughafens für die Berliner Bevölkerung geöffnet wurde, wollte eine  kleine Initiative den KZ-Insassen und den Zwangsarbeitern gedenken, die auf dem Gelände gelitten haben. Sie hatten mit Behinderungen durch die Anmeldungsbehörden und Desinteresse auch der Öffentlichkeit zu kämpfen.

Derweil schwadronieren  Kolumnisten in verschiedenen Zeitungen über die grenzenlose Weite am ehemaligen Flughafen. Manchmal treffen sie unfreiwillig ins Schwarze, wie Ingo Arend, der im „Freitag  nach einen Tempelhofbesuch ins Schwärmen kam.    „ Vergiss die Stadt, den Kiez und den Tod. Vor dir liegen 389 Hektar öffentliches Grün. Unfassbar“.  

aus Monatszeitung Konkret 8/2010

http://www.konkret-verlage.de/kvv/in.php?text=&jahr=2010&mon=08

Peter Nowak

Kampf um Russlands grüne Lunge

Solidaritätskampagne für Umweltschützer

Derzeit bekommen die russischen Behörden aus vielen europäischen Ländern Protestbriefe. Darin wird die Freilassung von Alexej Gaskarow und Maxim Solopow gefordert. Die beiden Männer sind am 29. Juli 2010 unter dem Vorwurf des Landfriedensbruchs in Untersuchungshaft genommen worden. Sollten sie verurteilt werden, drohen ihnen Haftstrafen bis zu sieben Jahren.

Gaskarow und Solopow sollen mit hunderten weiteren Umweltschützern am 28. Juli im Moskauer Vorort Chimki an einer Spontandemonstration gegen die Rodung eines Waldstücks teilgenommen haben. Dabei wurden auch Gebäude der Stadtverwaltung mit Steinen und Feuerwerkskörpern attackiert. Obwohl der Sachschaden gering war, sorgte die Attacke in den russischen Medien für großes Aufsehen und setzte die Behörden unter  Verfolgungsdruck. Nach Ansicht eines russischen Solidaritätskomitees  wurden     Gaskarow und Solopowa verhaftet, weil sie seit Jahren auch öffentlich als Aktivisten der sozialen Bewegung aufgetreten sind. So haben sie sich gegen die Zunahme faschistischer Aktivitäten und die rassistische Diskriminierung von Ausländern in Russland engagiert.

Neue Graswurzelbewegung
Russische Umweltschützer sehen in den Verhaftungen der Männer auch einen Versuch, die wachsende russische Graswurzelbewegung zu disziplinieren. Die andauernden Proteste gegen die Abholzung des Chimki-Waldstücks werden als Beispiel für das neue Selbstbewusstsein von zivilgesellschaftlichen Organisationen interpretiert. Die Bäume sollen einer mautpflichtigen Autobahn zwischen Moskau und St. Petersburg weichen.   Die Waldschützer bekommen zunehmend Unterstützung von Bürgern der russischen Hauptstadt, die für den Erhalt von Moskaus grüner Lunge eintreten.
Die Staatsmacht reagiert mit zunehmender Repression und sorgte damit russlandweit für Schlagzeilen So wurden bei Protesten gegen die Waldabholzung am 23. Juli auch zwei Journalisten festgenommen. Der russische Journalistenverband protestierte gegen die Einschränkung der Pressefreiheit und forderte die Bestrafung der verantwortlichen Milizionäre. Auch  ein Protestcamp, mit dem Umweltschützer aus ganz Russland die Rodung verhindert wollten, war Ende Juli 2010 von ca. 100 Maskierten überfallen worden. Im Anschluss nahm  die Miliz einige der Umweltschützer fest. Durch die Verhaftung von   Gaskarow und Solopowa ist die Auseinandersetzung um das Waldstück auch über Russlands Grenzen hinaus bekannt geworden.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/177817.kampf-um-russlands-gruene-lunge.html?sstr=Russlands|grüne|Lunge

Peter Nowak

Studenten als Kunden?

»Statt Studiengebühren als Köder für die Haushaltsverhandlungen zu missbrauchen, sollten sich die Fraktionen endlich mit der Umsetzung der Gebührenabschaffung beschäftigen. Per Nachtragshaushalt ist das zum Sommersemester 2011 gut möglich«, heißt es in einen offenen Brief, den das »Aktionsbündnis gegen Studiengebühren« Mitte Juli an die Landtagsfraktionen von SPD, Grünen und Linkspartei in NRW adressierte. Die Ungeduld ist verständlich. Schließlich haben die drei Parteien im Wahlkampf die Abschaffung der Unimaut versprochen.

Das parteipolitische Gezerre sorgt auch an vielen Unis für Unmut. Eine mittelfristige Haushaltsplanung sei nicht möglich, wird der Sprecher der Kölner Universität zitiert. An manchen Hochschulen werden Stellenkürzungen angedroht, wenn die Gelder aus den Studiengebühren wegfallen. Dass es dabei nicht nur um fehlende Gelder geht, macht der Präsident der Universität des Saarlandes, Volker Linneweber, deutlich, wenn er ein neues Studentenbewusstsein lobt: »Als zahlende Kunden ihrer Hochschule haben sie es sich längst nicht mehr gefallen lassen, wenn Vorlesungen etwa aus allen Nähten platzten und sie dort keinen Platz mehr fanden.« Hier wird die durch die Unimaut vorangetriebene neoliberale Denkweise auf den Punkt gebracht. Studierende sollen nur als Kunden das Recht haben, sich zu beschweren. Auf der anderen Seite wird auch unter Jungakademikern das Elitedenken stärker, so die Beobachtung des Darmstädter Soziologen Michael Hartmann. Diese Studenten finden es völlig in Ordnung, wenn die Elite mittels Bezahlstudium begrenzt wird. Die Gebührengegner sollten deshalb den Streit nicht nur mit den politischen Parteien, sondern auch mit den Studierenden suchen, die sich als Kunden präsentieren. Sonst könnten sie genau so enttäuscht werden wie viele Anhänger eines längeren gemeinsamen Lernens nach dem Volksentscheid in Hamburg.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/177812.studenten-als-kunden.html

Peter Nowak