Mieter/innen in Bewegung

Über 180 Initiativen beteiligen sich an Aktionstagen gegen Verdrängung und an Mieter/innendemo am Samstag in Berlin

Für einige Minuten war die vielbefahrene Kreuzung Mehringdamm/Ecke Wilhelmstraße am 4. April ab 19 Uhr dicht. Ca. 30 Aktivist/innen besetzten die Fahrbahn und entfalteten Plakate mit der Aufschrift „Baustopp – Luxusbau CG-Gruppe – Menschen vor Profite“.Der Flashmob richtete sich gegen die CG-Gruppe. Bei der Aktion stand erstmals nicht nur das CG-Projekt im Friedrichshainer Nordkiez in der Rigaer Straße 71-73 in der Kritik, sondern auch der X-Berg-Tower, der ehemalige Postturm in unmittelbarer Nähe zum U-Bahnhof Möckernbrücke. Auch dort plant die CG-Gruppe Lofts für Gutverdienende. Die Fahrbahnblockade war Teil der berlinweiten Aktionstage gegen Verdrängung und Mietenwahnsinn. Seit dem 4. April organisieren in fast jeden Berliner Stadtteil MieterInnen Aktionen der unterschiedlichen Art. Dazu zählen Straßenblockaden ebenso wie Kiezspaziergänge oder Go-Ins zu berüchtigten Immobilienfirmen. So organisierte das Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ am 5. April eine kurzzeitige Blockade vor dem Sitz der Martina Schade Hausverwaltung in der Kantstraße 99 in Berlin-Charlottenburg. Sie ist verantwortlich für einen über zweijährigen Kampf gegen eine Wohngemeinschaft in der Dubliner Straße 8 in Berlin-Wedding. Der mehrjährige Prozess der Verdrängung von Mieter/innen und die Rolle der Justiz sind in der Doku-Soap „Verdrängt in Berlin“ dokumentiert. Für den 25. April hat sich der Gerichtvollzieher angekündigt und will die Zwangsräumung vollziehen. Die betroffenen Mieter/innen wollen nicht freiwillig gehen. Die Stadtteilinitiative „Hände weg vom Wedding“ unterstützt sie dabei und ruft zur Kundgebung vor der Dubliner Straße 8 auf.

Die Mieter/innen im Stadtteil unterstützen
Viele Initiativen nutzten die Aktionstage, um Mieter/innen über ihre Rechte zu informieren. Dazu gehört die vor einigen Monaten gegründete „Solidarische Aktion Neukölln“. Sie will Mieter/innen beim Kampf gegen Verdrängung unterstützen. Begleitaktionen zu Vermieter/innen gehören ebenso zu den Aktionsformen wie Widerstand gegen Entmietung von Häusern. Über 180 Initiativen unterstützen die Aktionstage. Dazu gehört auch die Berliner MieterGemeinschaft. Sie organisiert am 10. April zwischen 15 und 18 Uhr unter dem Motto „Spiel, Spannung, Mietenpolitik!!!“ an der Kottbusser Brücke in Kreuzberg eine Informationsaktion zur Mietendemonstration, die am kommenden Samstag den 14. April um 14 Uhr am Potsdamer Platz startet. Die Abschlusskundgebung findet in der Goebenstraße/Ecke Potsdamer Straße statt. Die Route hat Symbolwert: “Wir beginnen da, wo die Stadt vollständig kapitalisiert ist und gehen zum Sozialen Wohnungsbau“, heißt es im Aufruf. Auf der Route wird auch auf verschiedene Hausverwaltungen hingewiesen, die sich an Verdrängung und Entmietung beteiligen.

Landespolitik bleibt von Kritik weitgehend verschont
Auch die Bundeszentrale der SPD liegt auf der Route, dort soll die Rolle dieser Partei bei der Zerschlagung des sozialen Wohnungsbaus thematisiert werden. Der Schwerpunkt der Kritik liegt allerdings bei der Bundespolitik. Der im Demoaufruf geforderte „radikale Kurswechsel in der Wohnungs- und Mietenpolitik“ richtet sich ebenfalls auf der Bundesebene. Dabei sollte aber die Verantwortung sämtlicher in Berlin verantwortlichen Senate und die sie tragenden Parteien nicht unter den Tisch fallen. So ist beispielsweise für die Baugenehmigung der CG-Gruppe in Friedrichshain sowohl der Bezirk, als auch der Berliner Senat verantwortlich. Bei einem Go-In am 28. Februar im Rathaus Friedrichshain/Kreuzberg haben Mieter/innenaktivist/innen für ca. 20 Minuten die BVV-Sitzung unterbrochen, um auf den fortdauernden Ausverkauf des Stadtteils und die Verantwortung auch der BVV zu erinnern. Es wäre zu wünschen, dass auch auf der Demonstration am Samstag diese Verantwortung der Berliner Politik thematisiert wird.

https://www.bmgev.de/mieterecho/mieterecho-online/mietendemo-14418.html
aus: MieterEcho online 10.04.2018

Peter Nowak

Verdrängt in Berlin

In einer Mieter-Soap wird der Kampf einer Weddinger WG dokumentiert

Daily Soaps gehören bei vielenMenschen zur Unterhaltung. Doch die Daily Soap „Verdrängt in Berlin“, die mittlerweile in 31 Folgen im Internet veröffentlicht ist, soll nicht zur Zerstreuung beitragen. Dort wird der mehrjährige Kampf einer Berliner Wohngemeinschaft um ihre Rechte als MieterInnen dokumentiert. „Im April 2010 zogen vier Studierende in einen Altbau in der Dubliner Straße im Wedding ein“, heißt es im ersten Beitrag. In den weiteren Folgen geht es um überhöhte Betriebskosten, um Mängel an der Wohnung und Mietminderungen. Bald verlagerten sich die Auseinandersetzungen auf juristisches Terrain. Mitte Juli 2015 wurde der WG gleich doppelt gekündigt, fristlos und fristgerecht.Die Mieter-Soap schildert akribisch den Kleinkrieg vor Gericht: verlorene Mieterakten, zahlreiche Datenpannen und unverständliche Gerichtsentscheidungen. Im Fall der Mietminderung wurde den Miete- rInnen der Dubliner Straße zwar recht gegeben und ein Urteil der ersten Instanz aufgehoben. Doch wirklich freuen konnten sich die BewohnerInnen über diesen Erfolg nicht. Denn der Richter entschied, dass die vier Personen keine Wohngemeinschaft, sondern eine Personenmehrzahl seien. Sie verlieren damit das Recht, BewohnerInnen ohne die Erlaubnis der Eigentümer zu wechseln. Und weil sie dagegen verstoßen hätten, sollen sie demnächst geräumt werden. Eine sofortige Räumung konnten sie nur durch eine Zahlung von 4.500 Euro abwenden.In der MieterInnen-Soap wird auch über die Solidarität von NachbarInnen und UnterstützerInnen berichtet, die den Kündigungsprozess am Amtsgericht Wedding begleiteten. „Das gab uns Kraft, auch nach der Kündigung und dem jahrelangen kraftaufwendigen Kampf mit den EigentümerInnen nicht aufzugeben“, sagt Florian Seldtner, einer der BewohnerInnen der taz. In den neueren Folgen zeigt die Soap, wie sich die nun juristisch als „Nicht-WG“ klassifizierten MieterInnen auf die drohende Zwangsräumung vorbereiten. Freiwillig werden sie die Wohnung nicht verlassen, betont Seldtner.

Am Freitag wird um 19 Uhr im FAU-Lokal in der Grüntaler Straße 24 mit einer szenischen Lesung aus der Mieter-Soap zur Solidarität bei einer drohenden Räumung aufgerufen.
Hier der Link zu allen Folgen der Mieter_innen-Soap:

http://haendewegvomwedding.blogsport.eu/?page_id=2440

aus: mittwoch, 10. januar 2018 taz

Peter Nowak

Mieter-Soap: Verdrängt aus dem Wedding

Sogenannte Daily-Soaps gehören für viele Menschen zur Unterhaltung.

Doch die Serie »Verdrängt in Berlin«, die mittlerweile 31 Folgen in einem Internet-Blog umfasst, soll nicht nur zur Zerstreuung beitragen. »Wir sind auf die Idee gekommen, unsere Erfahrungen als Mieter in einer Soap zu verarbeiten, um Menschen zu erreichen, die keine langen Artikel darüber lesen würden«, sagt Florian Seldtner. Deshalb geht es in dieser speziellen Soap um den mehrjährigen Kampf einer Wohngemeinschaft für ihre Rechte als Mieter. »Im April 2010 zogen vier Studierende in einen Altbau in der Dubliner Straße im Wedding ein«, heißt es im ersten Beitrag. In den weiteren Folgen geht es um überhöhte Betriebskosten, um Mängel in der Wohnung und Mietminderungen. Bald verlagerten sich die Auseinandersetzungen auf juristisches Terrain. Im Sommer 2015 wurde der WG gleich doppelt gekündigt, fristlos und fristgerecht.

In weiteren Folgen der Soap werden akribisch Situationen vor Gericht geschildert. Da geht es um verlorene Mieterakten und Datenpannen. Aber es wird auch von der Solidarität der Nachbarn berichtet. Nach mehreren Verhandlungen bekamen die Mieter schließlich die Bestätigung, dass ihre Mietminderung rechtens war. Gekündigt werden sie dennoch. Ohne Einwilligung des Eigentümers hätten sie keine neuen Mitbewohner aufnehmen dürfen. Von der Hausverwaltung, die in der Mieter-Soap kritisiert wird, wollte sich niemand äußern.

Peter Nowak

Hier geht es zur Mieter-Soap: Verdrängt in Berlin:

http://haendewegvomwedding.blogsport.eu/?tag=verdraengt-in-berlin