„Vages Versprechen“

Die Berliner Senatorin für Integration, Dilek Kolat (SPD), hat behauptet, eine Einigung mit den Flüchtlingen erzielt zu haben, die am Oranienplatz und in einer Schule in Kreuzberg um ihr Bleiberecht kämpfen. Martina Mauer ist Sprecherin des Berliner Flüchtlingsrats und widerspricht dieser Darstellung. Das Gespräch wurde am 20. März geführt.

Small Talk von Peter Nowak


Warum sprechen Sie von einer Scheineinigung?

Weil anders als vom Senat dargestellt nur ein Teil der Flüchtlinge dem Papier zustimmt. Das derzeit vorliegende Angebot des Berliner Senats lässt viele Frage offen. Daher ist auch nicht für alle beteiligten Flüchtlingsgruppen erkennbar, ob das Angebot auch für sie eine Lösung ist.

Welche unterschiedlichen Flüchtlingsgruppen sind betroffen?

Fünf Gruppen waren in der Verhandlungsdelegation mit Kolat vertreten. Die Lampedusa-Flüchtlinge, die in Deutschland noch nicht registriert sind, sollen nach dem Angebot Duldungsbescheinigungen erhalten, wobei deren Geltungsdauer noch unklar ist. Doch das ist nur eine Minderheit der Flüchtlinge. Für alle Flüchtlinge, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt und eine Wohnsitzauflage für andere Bundesländer haben, ist das Angebot nur ein vages Versprechen. Das gilt auch für die Flüchtlinge mit Duldungsstatus und Wohnsitzauflage in anderen Bundesländern und für Geflüchtete, die wegen der Dublin-Verordnung Abschiebeverfügungen in andere EU-Länder haben.

Ist es nicht problematisch, wenn die Gruppe der Geflüchteten so aufgespalten wird?

Ihre ursprüngliche Forderung war ein generelles Bleiberecht für alle. Das war politisch nicht durchsetzbar. Deshalb ging es darum, zumindest für jede Gruppe eine akzeptable Lösung zu finden. Das leistet das vorliegende Angebot jedoch nicht.

Was soll mit der besetzten Gerhard-Hauptmann-Schule geschehen?

Die Senatsverwaltung fordert jetzt neben der Räumung des Oranienplatzes de facto auch die Räumung der Gerhard-Hauptmann-Schule, obwohl die Delegation es ausdrücklich abgelehnt hat, die Verhandlungen auf die Zukunft der besetzten Schule auszuweiten.

Wie kann es zu einer Lösung kommen?

Die Gespräche zwischen den Flüchtlingen und dem Senat müssen fortgesetzt werden. Die jetzt vom Senat präsentierte Scheineinigung ist in dieser Hinsicht kontraproduktiv, weil sie die Flüchtlinge spaltet und dazu dienen könnte, medial und in der Öffentlichkeit eine polizeiliche Räumung vorzubereiten.

http://jungle-world.com/artikel/2014/13/49577.html

Interview: Peter Nowak