Da ist die Schweizer Historikerin Brigitte Studer eine lobenswerte Ausnahme. In ihrer im Suhrkamp-Verlag veröffentlichten über 600seitigen Geschichte der Komintern nimmt sie die Protagonist*innen ernst. „Weshalb engagieren sich Menschen als internationale Berufs revolutionäre, selbst auf die Gefahr hin, ihr Leben dabei zu verlieren? Weshalb wählten sie ein unsicheres, nomadisches Leben? Weshalb stürzten sie ihr ganzes Selbst in ein Leben für die Komintern?“ Diese Fragen …
„Reisende der Weltrevolution“ weiterlesen Studer Brigitte, Reisende der Weltrevolution. Eine Globalgeschichte der Kommunistischen Internationale, Suhrkamp Taschenbuch, 2021, 30 Euro, ISBN 9783518299296
Reisende der Weltrevolution
Spätestens seit 1989 sind wir mit einer Flut von Schriften konfrontiert, die die Oktoberrevolution und alles, was damit zusammenhängt, als von Beginn an falsch und verbrecherisch abqualifizieren. Da wird den Protagonist*innen jenes globalen sozialistischen Aufbruchs höchstens noch als mildernde Umstände zugute gehalten, dass sie Idealist*innen waren, die aber die Realität nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Besonders in der Kritik steht die Kommunistische Internationale (Komintern), die in der Regel immer mit dem Zusatz „von Moskau“ oder gleich „von Stalin gesteuert“ versehen wird. Das reicht für die meisten der heutigen Autor*innen, um sich damit nicht weiter befassen zu müssen. Die Beweggründe der vielen Menschen, die in der Komintern und ihrem Umfeld aktiv gewesen sind, werden dann meistens ignoriert.