Ein Furz bei einer Personenkontrolle in der Rigaer Straße sorgt für Nachwehen. Abgeordneter Sebastian Schlüssenburg (Linke) ließ die Kosten errechnen
Viel Spott zogen sich die Justizbehörden zu, nachdem bekannt geworden war, dass Christopher S. einen Strafbefehl von 900 Euro erhalten hatte, weil er bei einer Personenkontrolle in der Rigaer Straße in der Nähe einer Polizistin einen Furz gelassen hatte. Nicht die Beamtin, son dern der Einsatzleiter stellte eine Anzeige. Für Christopher S. ging die Angelegenheit glimpflich aus. Das Berliner Amtsgericht stellte das Verfahren ein. Viel Wind um nichts, lautete der kurze Kommentar einer Prozessbesucherin. Doch umsonst war die Justizposse keineswegs.
Sebastian Schlüsselburg, Mitglied der Linken im Abgeordnetenhaus wollte vom Senat wis sen, wie hoch der Zeitaufwand und die Kosten für die Ermittlungen im Furz-Verfahren war.
In ihrer Antwort listete Martina Gerlach, Staatssekretärin für Justiz und Verbraucherschutz, auf, dass 23 Dienstkräfte mit einem Zeitaufwand von 17 Stun den und 13 Minuten mit der Bearbeitung des Falls beschäftigt waren. Die Zeit setze sich „zusammen aus den polizeilichen Maßnahmen vor Ort, der späteren Sachbearbeitung und dem zeitlichen Aufwand für die richterliche Vorladung“.
Die MitarbeiterInnen von Schlüsselburg errechneten aus diesen Angaben Kosten in Höhe von lediglich 87,25 Euro. „In die ser Rechnung werden die Arbeitsaufwendungen der Mitar beiterInnen von Gericht und Staatsanwaltschaft nicht mit einbezogen“, erklärte Schlüsselburg gegenüber der taz. Auch die Kosten des nach 20 Minuten mit einer Einstellung beendeten Gerichtsprozesses Anfang September und des Leipziger Anwalts von Christopher S., die die Staatskasse trägt, konnten nicht berücksichtigt werden.
„Wir haben wirklich andere Probleme in Berlin und könnten das Geld für den Ausbau von Prävention und juristischer Verfolgung von Islamismus ver wenden“, kritisierte Schlüsselburg den Verfolgungseifer.
Derweil gehen im Gefahren gebiet der Rigaer Straße die um strittenen und kostenintensiven Polizeimaßnahmen weiter. So rückte vor weniger Tagen die Polizei mit Feuerwehr und Beweissicherungstrupp an, um ein Transparent von der Fassade der Rigaer Straße 94 zu entfernen, weil es das Logo der linken On lineplattform indymedia zeigte. Doch auch nach dem Verbot von indymedialinksunten ist das Zeigen des Symbols bisher nicht strafbar.
aus Taz: 13.10.2017
Peter Nowak