Dass an der polnisch-belarussischen Grenze weiterhin eine unbekannte Zahl von Geflüchteten der mittlerweile winterlichen Witterung trotzt, findet in der Öffentlichkeit aktuell nur noch wenig Beachtung. Auch deshalb gibt es in Berlin eine Unterstützungskampagne für diese Menschen, die vor allem von AktivistInnen der außerparlamentarischen Linken getragen wird. Die Initiative dazu hat die Gruppe postkom ergriffen, die sich …
„Isomatten für Geflüchtete“ weiterlesenSchlagwort: Frontex
»Frontex kann nicht reformiert werden«
Vergangene Woche hat die EU-Kommission einen Gesetzentwurf vorgelegt, der vorsieht, die Befugnisse der europäischen Grenzschutzagentur Frontex zu erweitern, die zudem besser ausgerüstet und personell verstärkt werden soll. Über die europäische Flüchtlingsabwehr und die Rolle von Frontex sprach die Jungle World mit Harald Glöde. Er ist Mitbegründer und langjähriger Mitarbeiter der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration (FFM). 2007 gründete er mit anderen die Initiative Borderline Europe – Menschenrechte ohne Grenzen e.V.
Lange Jahre wurde die europäische Grenzschutzagentur Frontex von Antirassisten kritisiert. In der letzten Zeit ist das in den Hintergrund getreten. Was war der Grund?
Es stimmt, dass Frontex im »Sommer der Migration« in der Öffentlichkeit wenig wahrgenommen wurde. Das liegt aber schlicht daran, dass sie bei den jüngsten Flüchtlingsbewegungen, insbesondere auf der Balkan-Route, bislang keine Rolle gespielt hat.
In neueren Berichten über Frontex wurde öfter die Lebensrettung von Geflüchteten thematisiert. Ist das nur Propaganda oder gab es in dieser Hinsicht Verbesserungen?
Dieser Versuch einer Imageverbesserung ist schon älter. Bei der Neuverhandlung des Frontex-Mandats 2011 wurden dort ein Menschenrechtsbeauftragter und ein sogenanntes Konsultativforum installiert, das Frontex in Menschenrechtsfragen beraten soll. In dieser Zeit hat der Chef der Abteilung Joint Operations, Klaus Rösler, öfter betont, dass seine Organisation Leben rette. Doch das widerspricht anderen Äußerungen von Frontex-Verantwortlichen, die beispielsweise betonten, dass bei der Operation Triton das eindeutige Mandat und damit die Priorität von Frontex bei der Sicherung der Grenzen liegt. Grenzsicherung heißt aber im Klartext Abschottung und Flüchtlingsabwehr.
Mehrere Nichtregierungsorganisationen beraten mittlerweile Frontex. Wäre auch Borderline Europe bereit, in einem dieser Gremien mitzuarbeiten?
Nein, wir würden uns daran nicht beteiligen. Für uns ist Frontex eine Organisation, deren Kernaufgabe die Abschottung und der Ausbau der Flüchtlingsabwehr ist. Sie kann nicht reformiert werden.
Nun soll nach den Plänen der EU Frontex umgebaut werden und mehr Macht bekommen. Was ist geplant?
Nach dem Vorschlag der EU-Kommission soll Frontex in eine Europäische Agentur für Grenz- und Küstenschutz umgewandelt werden. Frontex’ Auftrag wird es dann sein, die Arbeit von etwa 300 verschiedenen militärischen und zivilen Organisationen, die in der EU im Küstenschutz aktiv sind und oft nebeneinanderher arbeiten, zu koordinieren. Sie soll dann auch kontrollieren, ob die Außengrenzenstaaten der EU fähig sind, ihre Grenzen zu sichern. Um dies dauerhaft gewährleisten zu können, ist der Aufbau eines Analysezentrums zur Beobachtung der Flüchtlingsbewegungen in die EU vorgesehen. Die Abschottungsmaßnahmen der einzelnen Staaten sollen durch regelmäßige »Stresstests« kontrolliert werden. Außerdem soll im Rahmen dieser neuen Agentur ein »Rückführungsbüro« eingerichtet werden, das die Mitgliedstaaten bei der Abschiebung von Flüchtlingen unterstützen soll. Dieses Büro soll auch die Vollmacht erhalten, ohne Anforderung des betreffenden Mitgliedstaates tätig zu werden.
Handelt es sich dabei um mehr als um die bessere Koordinierung der bisherigen Frontex-Arbeit?
Eine qualitative Neuerung an dem Plan der EU-Kommission ist die Forderung nach einer Truppe von mindestens 1 500 Grenzbeamten, die innerhalb weniger Tage einsatzbereit sein sollen. Es ist auch die Möglichkeit vorgesehen, diese Truppe in EU-Mitgliedsländern einsetzen zu können, ohne dass die betroffenen Länder zustimmen. Das Prinzip der Freiwilligkeit, auf dem das Agieren der Grenzschutzagentur bisher beruht, empfindet die EU-Kommission als entscheidenden Mangel. Ob sie einen Frontex-Einsatz überhaupt benötigen und in welchem Umfang sie Personal und Ausrüstung für Einsätze bereitstellen, entscheiden die Mitgliedstaaten nämlich bislang selbst. Im Fokus stehen sicherlich Italien und vor allem Griechenland, die nach Auffassung der Kommission beim Schutz der EU-Außengrenze versagen.
Soll damit verhindert werden, dass eine europäische Regierung die Flüchtlingsrechte ernster als die EU nimmt und nicht nur auf Abschreckung zielt? Solche Forderungen standen sowohl im Programm der griechischen Partei Syriza als auch dem von Podemos in Spanien und anderer linker Parteien.
Es ist offensichtlich, dass diese Pläne auf Griechenland zielen.
Was soll sich ändern?
Mit der Drohung des direkten Eingreifens der EU und der damit verbundenen Verletzung der Souveränität soll auf die betreffenden sogenannten Risikoländer, wozu Griechenland nach diesen Vorstellungen gehört, größerer Druck ausgeübt werden, damit sie ihre Grenzen stärker abschotten. Wie weit die Vorstellungen der EU-Kommission hierbei reichen, zeigt das folgende Zitat aus ihrem Papier: »Die Entscheidungen der Agentur sind für die Mitgliedstaaten bindend.« Die Kommission könne selbständig Anordnungen treffen, »einschließlich der Entsendung europäischer Grenz- und Küstenschutzteams«, wenn die Maßnahmen nicht innerhalb der gesetzten Frist umgesetzt werden. Die Kommission will dafür eine »stehende Truppe« mit 1 500 Grenzschützern aufstellen, die über die nötige Ausstattung an Fahrzeugen und sonstiger Ausrüstung verfügt.
In Griechenland hat die sogenannte Troika aus EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank auf wirtschaftlichem Gebiet in die Souveränität des Landes eingegriffen. Passiert Ähnliches durch die geplante Stärkung von Frontex nun auf dem Gebiet der Flüchtlingspolitik?
Die mächtigen Kernstaaten der EU verschaffen sich damit Eingriffsrechte in die Souveränität anderer EU-Mitgliedstaaten, hier den Staaten an den EU-Außengrenzen, die ja auch schon im Zuge der Finanzkrise gezwungen wurden, die Vorgaben aus Brüssel umzusetzen. Insofern gibt es durchaus Parallelen zwischen den aktuellen Bestrebungen zur Stärkung von Frontex und dem Verhalten der EU in der Finanzkrise.
Regt sich gegen diese Pläne Protest?
Ja, den wird es mit Sicherheit geben. Zum einen werden sicherlich die Staaten, die diese Angriffe auf ihre Souveränität befürchten müssen, sich dagegen zur Wehr setzen und auch im EU-Parlament, das diesen Plänen noch zustimmen muss, wird sich sicherlich Widerstand regen. Zu befürchten ist aber auch, dass hierzu nationalistische Diskurse initiiert werden, die rechten Gruppen weiteren Auftrieb geben könnten. Zum anderen werden natürlich auch Flüchtlings-, Bürgerrechts- und Menschenrechtsorganisationen gegen diese Verschärfung der Abschottung protestieren und Widerstand organisieren.
Noch handelt es sich um einen Plan der EU-Kommission. Wie realistisch ist dessen Umsetzung?
Noch ist vieles unklar. Die entsprechenden Verordnungen oder Richtlinien müssen erst noch entworfen und diskutiert werden, was einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Es gibt mehrere Momente, die in dieser Zeit eine wichtige Rolle spielen werden. Da sind zum einen die weitere Entwicklung der Flüchtlingsbewegungen, zum anderen das Ausmaß zivilgesellschaftlichen Widerstands gegen diese Stärkung von Frontex. Letztlich wird auch der Ausgang anderer EU-weit geführter Debatten, wie beispielsweise die Austrittsdrohung Großbritanniens, die Diskussion um den EU-weiten Verteilungsschlüssel von Flüchtlingen, die Frage des TTIP-Abkommens, Auswirkungen auf diese Auseinandersetzungen haben. Es wäre sehr zu wünschen, dass die breite Willkommensbewegung in Deutschland sich stärker an den zivilgesellschaftlichen Aktivitäten und Protesten gegen diese Verschärfungen der EU-Flüchtlingspolitik beteiligt.
Einige zivilgesellschaftliche Initiativen wie Sea-Watch widmen sich der Flüchtlingsrettung im Mittelmeer. Müsste das Engagement angesichts dieser Pläne nicht verstärkt werden?
Die Ausweitung der Rettung von Flüchtlingen ist natürlich absolut notwendig angesichts der etwa 3 500 Menschen, die in diesem Jahr im Mittelmeer ertrunken sind. Meiner Meinung nach muss diese Seenotrettung aber verbunden werden mit der Forderung nach legalen Zugangsmöglichkeiten und einem Ende der Abschottungspolitik, die die Ursache für diese vielen Todesfälle ist. Das praktizieren ja zum Beispiel bereits Sea-Watch und das Alarmtelefon von Watch the Med.
http://jungle-world.com/artikel/2015/52/53233.html
Interview: Peter Nowak
Anti-Frontex-Tage in Warschau
In den nächsten Tagen machen sich Antirassisten aus ganz Europa auf den Weg nach Warschau. Sie wollen sich an den Anti-Frontex-Tagen beteiligen, die vom 19.- bis 22. Mai 2015 in der polnischen Hauptstadt stattfinden sollen. Damit wollen die Aktivisten die Feier zum zehnten Geburtstag von Frontex konterkarieren, zu dem am 21. Mai Politiker aus ganz Europa nach Warschau kommen. In den letzten Jahren waren Anti-Frontex-Proteste in Warschau meist klein und fanden wenig Aufmerksamkeit. Das hat sich in diesem Jahr geändert. Der Widerstand gegen den Frontex-Geburtstag hat in den letzten Wochen in ganz Europa größere Unterstützung erfahren. Auch in Deutschland gab In zahlreichen Städten gut besuchte Vorbereitungstreffen für die Warschauer Aktionstage. Dabei wurde die Verantwortung von Frontex für die Toten im Mittelmeer betont, die in den letzten Wochen für Schlagzeilen gesorgt und den Protest gegen in Warschau den Mobilisierungsschub gegeben haben.
aus Neues Deutschland, 195.2015
http://migracja.noblogs.org/deutsch/
Peter Nowak
Wird das Sterben im Mittelmeer verhindert?
Während aktuell die Trauer groß ist, wird schon am neuen Feindbild Schlepper gearbeitet
„Stoppen Sie das Massensterben im Mittelmeer“ – Diese Sprechchöre waren heute mehrere Stunden vor dem Kanzleramt in Berlin zu hören. Amnestie International hat vor dem EU-Gipfel zu Protesten aufgerufen [1]. Mit den Sprechchören, die mehrmals wiederholt wurden, erinnerte die Kundgebung an Aktionen der kurzlebigen Occupy-Bewegung und ihr offenes Mikrophon. Wesentlich zorniger waren die Demonstranten, die am Mittwochabend in Berlins Mitte stattgefunden [2] hat.
Dort war der Operationsleiter der Grenzschutzorganisation Frontex, Klaus Rösler, von der Schwarzkopfstiftung [3] zu einem Vortag zum Thema „Wie funktioniert die Europäische Grenzsicherung“ eingeladen worden. Die Veranstaltung war sicher schon vor Monaten geplant. Doch dass es die Stiftung angesichts des Massensterbens nicht fertigbrachte, die Fragestellung zu ändern und die Veranstaltung unter die Frage „Wie können wir das Sterben im Mittelmeer beenden?“ stellte, ist kein Zynismus, sondern sagt viel über die Grundlagen des bürgerlichen Staates.
Auf Sonntagsreden wird Menschlichkeit geheuchelt, ansonsten dominiert das übliche Politikgeschäft. Die Demonstranten wollten sich damit nicht abfinden und bewarfen Klaus Rösler mit Marmelade [4]. Sie haben Ernst genommen, was die Schwarzkopfstiftung auf ihrer Veranstaltung formuliert: „Die Schwarzkopf-Stiftung möchte junge Menschen ermutigen, eigene Positionen zu drängenden europäischen Fragen zu entwickeln.“
Eine halbe Minute verordneter Antirassismus
Die engagierten jungen Menschen, die nicht einsehen wollen, dass an Europas Küsten Menschen sterben müssen, wurden von Polizisten mit Pfefferspray daran gehindert, die Räume der Stiftung zu betreten. Daher ist auch nicht klar, ob vor der Veranstaltung mit Rösler eine Gedenkminute für die Toten im Mittelmeer abgehalten wurde. Am Sonntag musste eine solche Minute des Gedenkens in der Talk-Sendung von Günther Jauch [5] durch einen engagierten Teilnehmer förmlich erzwungen werden [6].
Nachher ließen es sich manche konservativen Medien nicht nehmen, den Mann zu kritisieren, dass er nicht auf die Gefühle derer Rücksicht genommen hat, die überhaupt nicht um die Toten trauern, das vor einem Millionenpublikum im Fernsehen aber auch nicht so deutlich sagen wollten. Wenn man nun in der Sendung gesehen hat, wie selbst Roger Köppel, nachdem er in der Sendung die Stichpunkte für die Pegida-Demonstranten gegeben hatte, zumindest knapp 30 Sekunden stillstehen musste, kann den von einem engagierten Bürger verordneten Antirassismus durchaus etwas abgewinnen.
Allerdings ersetzt ein solches Trauerbekunden nicht die Frage, wie eine Alternative in der Flüchtlingspolitik aussehen kann, die den Menschen, die sich aktuell auf den Weg nach Europa machen, nützlich sein kann. Die Forderung „Fähren statt Frontex“, die bei den Protesten gegen Rösler auf Schildern getragen wurden, kamen da einer Antwort noch am Nächsten.
Push Back Frontex
Bereits vor zwei Monaten vorher stand dort schon einmal eine kleine Gruppe von Demonstranten, die anlässlich des Polizeikongresses „Gegen die neue Dimension des Sterbenlassens auf See“ protestierten [7] . Hier zeigten sich also die Menschen, die nicht erst die Meldung vom ca. 1.000 ertrunkenen Geflüchteten brauchten, um gegen die Festung Europa auf die Straße zu gehen. Seit 23 Jahren dokumentiert [8] eine kleine Gruppe von Antirassisten in Berlin, ohne jegliche finanzielle Unterstützung, die Gewalt, die gegen Geflüchtete [9] ausgeübt wird .
Die neu aktualisierte Fassung ist vor wenigen Tagen erschienen. Dort wird auch der langwierige Kampf von Überlebenden eines Bootsunglücks im Mittelmeer im letzten Jahr dokumentiert. Die Menschen wollten zu Verwandten nach Berlin und sollten wegen der Dublin II-Regelungen in Italien bleiben, weil es das Land war, über das sie zuerst europäischen Boden betreten haben. Erst mit Unterstützung von Pro Asyl konnten die Menschen dann zu ihren Verwandten nach Deutschland einreisen.
Neues Feindbild Schlepper
Pro Asyl listet, wie viele andere zivilgesellschaftliche Organisationen, Maßnahmen [10] auf, die das Massensterben im Mittelmeer stoppen könnten. Es wird heute sicher einige kosmetische Maßnahmen geben, die signalisieren sollen, dass sich Europa auch dem Leben von Geflüchteten verpflichtet fühlt. Doch zentral ist für die Politiker eine ganz andere Frage. Sie wollen neue Anstrengungen unternehmen, die Festung Europa noch sicherer zu machen und die Festungsbewohner erst gar nicht den Gewissensqualen und moralischen Skrupeln auszusetzen.
Die Geflüchteten sollen nicht mehr vor aller Augen im Mittelmeer sterben, sondern möglichst ohne Öffentlichkeit in Afrika. Daher wird „der Schleuser“ zum Feindbild erklärt, der schließlich dafür sorgt, dass die Menschen überhaupt aufs Meer kommen. Nun soll die Bekämpfung der Schleuser einen ähnlichen Rang wie die Piratenbekämpfung bekommen. Ganz offen werden verschiedene Maßnahmen diskutiert, unter anderem die Zerstörung von angeblichen Schleuserbooten.
Dass dabei viele Menschen umkommen werden, Fischer und Geflüchtete, ist in dem Konzept schon inbegriffen. Hier suchen europäische Mächte wieder einmal ein neues militärisches Betätigungsfeld. Die Kriminalisierung des Schleußers ist die zentrale ideologische Mobilisierung in der neuen Runde des Kampfs gegen die Migration. Zu bestimmten Zeiten beispielsweise bis 1989 im Kalten Krieg wurden die jetzt stigmatisierten Schleuser als Fluchthelfer zu Helden erklärt.
Mit Kanonenbooten gegen Migranten
Derweil melden sich auf der rechten Seite des politischen Spektrums diejenigen zu Wort, die auch öffentlich keine Trauer über die Toten im Mittelmeer heucheln. Darunter gibt es diejenigen, die die Menschen gleich im Meer als Abschreckung sterben lassen wollen. In der britischen Boulevardzeitung The Sun hat die ultrarechte Kommentatorin Katie Hopkins offen geschrieben, was auch schon Politiker der damals noch mitregierenden Lega Nord gefordert haben:
Weil Hopkins die Geflüchteten auch als Kakerlaken bezeichnete, ist die Empörung [11] in Großbritannien groß [12]. In Deutschland schlagen die Rechten eher das Modell Australien vor. Dort werden Geflüchtete entweder auf einsame Inseln deportiert oder in ihre Herkunftsländer zurückverfrachtet. Diesen Vorschlägen hat sich auch Geert Wilders angeschlossen, der bei vielen europäischen Rechten großes Ansehen genießt und kürzlich in Dresden auf einer Pegida-Demonstration auftrat.
Solche Positionen sind in allen europäischen Ländern am Wachsen. Wenn auf einem EU-Gebäude am Pariser Platz in Berlin auch der Spruch prangt – „Willkommen im Europäischen Haus“ – so sind damit längst nur die Bewohner der Festung Europas gemeint. Nicht alle wollen das aber so deutlich sagen.
http://www.heise.de/tp/news/Wird-das-Sterben-im-Mittelmeer-verhindert-2618958.html
Peter Nowak
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Keine Geburtstagsgrüße für Frontex
Das Bündnis „Freiheit statt Angst“ weist auf die Totalüberwachung von Flüchtlingen hin
Am 26. Oktober 2004 wurde Frontex [1] aus der Taufe gehoben. Die Organisation mit Sitz in Warschau soll die Außengrenzen der Festung Europa vor Flüchtlingen schützen. Knapp 200 Menschen erinnerten am vergangenen Samstag mit einer Kundgebung an dieses Datum. „10 Jahre Frontex – kein Grund zum Feiern“ [2], lautete das Motto. Aufgerufen hatte das Bündnis „Freiheit statt Angst“ [3], das in den letzten Jahren schwerpunktmäßig zum Thema Überwachung gearbeitet hat.
Gläserne Migranten
Das Bündnis erinnerte daran, dass Frontex Teil einer europäischen Sicherheitsstruktur ist, die für die lückenlose Überwachung von Geflüchteten auf verschiedenen Ebenen steht. So gibt es Dateien, in denen die Fingerabdrücke [4] von Menschen gespeichert sind, die die Grenzen passieren. In einer anderen Datei sind alle Menschen gespeichert, denen vorgeworfen wird, sich ohne gültige Papiere im EU-Raum aufgehalten zu haben. Auch Menschen, die Gäste aus dem globalen Süden einladen [5], sind in einer eigenen Datei gespeichert, was schon lange auf Kritik [6] stößt.
Wie die gesammelten Daten zur Repression der Geflüchteten bis hin zur Abschiebung genutzt werden, wurde in den letzten Wochen in Berlin und an anderen Städten immer wieder deutlich. An der Kundgebung beteiligte sich auch eine Gruppe Geflüchteter, die ihre Unterkünfte in Berlin verlassen müssen und nicht wissen, wo sie unterkommen sollen. Sie hatten zuvor bereits eine Demonstration vom Oranienplatz, der lange Zeit das Zentrum des Flüchtlingswiderstands war, zur Schule in der Ohlauer Straße gemacht, wo die dort lebenden Flüchtlinge erneut zur Räumung aufgefordert worden sind.
Anders als noch im Sommer ist die Zahl der Unterstützer geschrumpft, die sich direkt vor der Schule mit den Geflüchteten solidarisieren. Doch auf anderer Ebene wächst die Unterstützung für die Menschen. So hat in einer Gemeinsamen Stellungnahme [7] neben Flüchtlingsorganisationen auch Berliner Kultureinrichtung den Berliner Senat aufgefordert, die mit den Flüchtlingen am Oranienplatz geschlossenen Vereinbarungen einzuhalten. Auch die Kundgebung der Überwachungsgegner kann als Ausweitung der Unterstützer gewertet werden. Sie haben damit deutlich gemacht, dass es Menschen gibt, die heute schon besonders von ständiger Ausforschung betroffen sind. Geflüchtete gehören dazu.
http://www.heise.de/tp/news/Keine-Geburtstagsgruesse-fuer-Frontex-2435382.html
Peter Nowak
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Wenn Flucht zum Delikt wird
Heute hat eine EU-weite Kontrolle von Menschen ohne Papiere begonnen
In verschiedenen Bahnhöfen sind in diesen Tagen Plakate zu finden. Dort werden Menschen ohne gültige Dokumente aufgefordert, derzeit besonders vorsichtig zu sein und Bahnen, Autobahnen und Flughäfen möglichst zu meiden. Denn am 13.Otkober ist eine EU-weite Polizeiaktion gegen Migranten angelaufen.
Geplant ist sie schon länger [1] unter Federführung von Italien, das den EU-Vorsitz innehält. Beteiligt sind rund 25 EU-Mitgliedstaaten und durch das Schengen-Abkommen assoziierte Staaten. Die Bundespolizei fahndet nach eigenen Angaben vor allem nach illegal eingereisten Personen oder nach solchen, die sich widerrechtlich hier aufhalten. Besonders im Visier: grenzüberschreitende Fernstraßen, internationale Eisenbahnlinien sowie die See- und Flughäfen. In der Vergangenheit haben bereits andere EU-Länder solche „Joint Police Operations“ (gemeinsame Polizeiaktionen) durchgeführt, allerdings von geringer Dauer.
Kritik von Flüchtlingsorganisationen
Schon der Titel der Aktion „Mos Majorum“, was übersetzt „die Sitten der Vorfahren“ heißt, kann als Programm gelten. Die unbedingte Einhaltung von Gesetz und Ordnung nach dem Vorbild des römischen Reiches ist damit gemeint. Menschen ohne gültige Papiere sind in dieser Lesart Gesetzesbrecher, die zu verfolgen sind. Deshalb kritisieren Flüchtlingsorganisationen die Maßnahmen scharf. Der Flüchtlingsrat Baden Württemberg moniert [2]:
Der Arbeitskreis Kritischer Juristen [3] erinnert an den aktuellen politischen Kontext – wo überall in der Menschen aus unterschiedlichen Gründen auf der Flucht sind. Die meisten der Betroffenen kommen allerdings nicht nach Europa. Trotzdem wird angesichts steigender Flüchtlingszahlen hierzulande sofort nach weiteren Restriktionen gerufen. „Wir stellen uns die Frage, was denn unsere westlichen Werte, unser mos majorum eigentlich sein sollen, die es anscheint mit Waffengewalt zu verteidigen gilt“, fragen sich die angehenden Juristen.
Auf Kritik stößt auch, dass bei der Kontrollpraxis mit Methoden des Racial Profiling [4] gearbeitet wird. Die Landesvorsitzende der Grünen Thüringen, Astrid Rothe Beinlich [5], schreibt in einer Pressemitteilung zur Praxis der Kontrollen in Thüringen:
Der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Andrej Hunko sieht in der Kontrollmaßnahme auch ein Untergraben des Schengener Abkommens [6]:
Dass auch die Grenzorganisation Frontex an den Kontrollaktionen beteiligt [7] sind, bestätigt die Kritiker, die in der Aufgabe dieser Organisation vor allem in der Verhinderung von Migration sehen. Dass diese Kontrollen in einer Zeit intensiviert und ausgedehnt werden, in der durchaus auch als Folge der westlichen Politik immer mehr Menschen aus ihrer Heimat flüchten müssen, ist auch ein Signal. Refuges sind in Europa nicht willkommen. Dass Menschen ohne Papiere in den nächsten 2 Wochen im öffentlichen Raum besonders achtsam sein müssen, erschwert ihren sowieso schon schweren Alltag.
Gewerkschaftliche Aktivitäten für Geflüchtete
Eine Willkommenskultur soll so erst gar nicht entstehen. Allerdings gibt es auch im gewerkschaftlichen Spektrum [8] jetzt eine Debatte über antirassistische Initiativen, die vom DGB fordern, es auch papierlosen Geflüchteten zu ermöglichen, Gewerkschaftsmitglieder zu werden.
Ausgelöst wurde die Debatte, nachdem der DGB-Berlin-Brandenburg Anfang Oktober eine Gruppe von Geflüchteten und ihre Unterstützer, die im DGB-Haus einige Räume besetzt hatten, polizeilich räumen [9] ließ. Seitdem reißen die Proteste aus verschiedenen gewerkschaftlichen Untergliederungen und gewerkschaftsnahen Kreisen nicht ab [10].
http://www.heise.de/tp/news/Wenn-Flucht-zum-Delikt-wird-2421260.html
Peter Nowak
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