Schön bunt, aber …

Gewerkschaftsfeind: Polnische Beschäftigte lehnen sich gegen ihren chinesischen Arbeitgeber auf
Weil ihr Arbeitgeber gewerkschaftliche Organisation verhindern will und Leute feuert, sind polnische Beschäftigte in Europa auf Tour, um für Solidarität zu werben.

„Solidarität ist gefragt“, lautet der Titel eines Aufrufs, mit dem die anarchosyndikalistische Freie Arbeiterunion (FAU) zur Unterstützung von 25 polnischen Beschäftigten mobilisiert. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Frauen, die in der polnischen Sonderwirtschaftszone Tarnobrzeg für den chinesischen Technologiekonzern Chung Hong Fernsehgeräte zusammenschraubten. Dafür sollten sie monatlich nur umgerechnet 350 Euro monatlich verdienen und das in einem Land, in dem sich die Lebenshaltungskosten dem westeuropäischen Niveau annähern. Zudem klagten die Beschäftigten über lange Anfahrtswege von mehr als einer Stunde. Die insgesamt 14 polnischen Sonderwirtschaftszonen werden in Gegend mit hoher Arbeitslosigkeit eingerichtet. Doch ein Teil der Beschäftigten von Chung Hong wollte die schlechten Arbeitsbedingungen nicht hinnehmen und organisierte sich in der libertären Gewerkschaft Arbeiterinitiative (Inicjatywa Pracownicza). Der Konzern reagierte mit Repression. Zunächst wurde ein Gewerkschaftsaktivist entlassen. Als sie sich dagegen mit einen Streik wehrten, wurden am 10. Juli 2012 weitere vierundzwanzig Beschäftigte fristlos gekündigt. Sie versuchen auf juristischen Wege gegen die Entlassungen vorzugehen. Doch noch ist kein Gerichtstermin angesetzt. Die Betroffenen seien durch die Kündigung in einer schwierigen sozialen Situation, weil sich das zuständige Arbeitsamt auf dem Standpunkt stellt, die Beschäftigten hätten durch ihre gewerkschaftliche Tätigkeit ihre Entlassung selber verschuldet und ihnen die finanziellen Leistungen gekürzt, begründet der Berliner FAU-Sekreätr Andreas Förster den Solidaritätsaufruf gegenüber nd. Trotzdem haben sich die Gekündigten bisher allen Spaltungsversuchen widersetzt. Chung Hong wollte einige der Entlassenen wieder einstellen, doch die beharren auf ihrer Forderung, dass sämtliche Kündigungen zurück genommen werden müssen.

In den letzten Wochen gab es in verschiedenen europäischen Ländern Solidaritätsaktionen mit den Entlassenen, unter anderem in Großbritannien, Norwegen und Deutschland. Ende August protestierten ca. 20 Unterstützer vor der IFA-Elektronikmesse in Berlin. Der Ort wurde ausgewählt, weil Chung Hong ein wichtiger Zuliefererbetrieb für den weltweit bekannten südkoreanischen Elektronikkonzern LG (Lifes Good) ist, der zentral auf der IFA vertreten ist“, erklärt Förster.
Die Aktionen sind auch Suchprozesse. Denn die Frage, wie kann eine effektive Solidarität mit gemaßregelten Beschäftigten in einer hochgradig globalisierten Ökonomie aussehen kann, ist nach wie vor offen. In dem konkreten Fall hindert ein chinesischer Konzern polnische Beschäftigte, die begehrte Konsumartikel wie Fernsehgeräte und Smartphons auch für den Markt in Deutschland produzieren, an gewerkschaftlicher Organisierung. Förster hat auch das Bild des kritischen Konsumenten vor Augen, wenn er betont, dass es wichtig sei, bei den Käufern in Deutschland an dem konkreten Beispiel die Arbeitsbedingungen verdeutlichen, unter denen die so begehrten elektronischen Geräte produziert werden.

https://www.neues-deutschland.de/artikel/237827.schoen-bunt-aber.html

Peter Nowak

Solidarität: Neue Technik-alte Ausbeutung

Gegen miese Arbeitsbedingungen bei IT-Konzernen demonstriert die anarchosyndikalistische Gewerkschaft FAU vor der IFA

„Arbeiter sind keine Maschinen“ und „Wiedereinstellung bei Chung Hong“, hieß es auf Flyern, die 20 AktivistInnen der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft Freie Arbeiterunion (FAU) am vergangenen Samstag am Eingang der IFA-Elektronikmesse verteilten. Sie informierten die BesucherInnen über gewerkschaftsfeindliche Praktiken des chinesischen Konzerns Chung Hong in der polnischen Sonderwirtschaftszone Tarnobrzeg.

Dort wurden vor einigen Wochen 25 ArbeiterInnen entlassen, die sich gegen schlechte Arbeitsbedingungen zur Wehr gesetzt und eine Gewerkschaftsgruppe gegründet hatten. Die Messe sei Ort der Aktion, weil Chung Hong ein wichtiger Zuliefererbetrieb für den weltweit bekannten Konzern LT-Electronis sei, „der zentral auf der IFA vertreten ist“, so FAU-Sekretär Andreas Förster.
Die kleine Gewerkschaft hat einen Solidaritätsaufruf zur Unterstützung der Entlassenen initiiert, nachdem sie kürzlich gemeinsam mit dem „AK Geschichte sozialer Bewegungen“ einige der Gekündigten ins Berliner Haus der Demokratie eingeladen hatte. Dort gaben sie einen Einblick in die Arbeitsbedingungen der mittlerweile 14 polnischen Sonderwirtschaftszonen. So zahlte Chung Hong 350 Euro Monatslohn in einem Land, in dem sich die Lebenshaltungskosten westeuropäischem Standard annähern. Auch berichteten die Beschäftigten über Anfahrtswege von oft mehr als einer Stunde. Als die Überstundenzuschläge abgeschafft wurden, organisierte ein Teil der Beschäftigten sich in der libertären Gewerkschaft „Arbeiterinitiative“ (Inicjatywa Pracownicza). Nach der Entlassung eines Aktivisten organisierten sie einen Solidaritätsstreik, Chung Hong reagierte mit der Massenkündigung.

Mit der IFA-Aktion habe man „den BesucherInnen an einem aktuellen Beispiel die Arbeitsbedingungen vor Augen geführt, unter denen die so begehrten Smartphones und andere elektronische Geräte produziert werden“, so Förster. Zudem geht es um die konkrete Unterstützung der polnischen KollegInnen, die nach ihrer Kündigung auch Probleme mit dem Arbeitsamt bekommen haben. Das kürzte ihnen mit der Begründung, sie hätten ihre Erwerbslosigkeit selber verschuldet, das Arbeitslosengeld. Trotz ihrer prekären Situation halten sie an der Forderung nach einer gemeinsamen Wiedereinstellung fest. Angebote von Chung Hong, einzelne KollegInnen wieder einzustellen, lehnten sie ab.
Kontodaten: Kontoinhaber: Allgemeines Syndikat Berlin
Kontonummer: 3703001711, Bankleitzahl: 16050000 (Mittelbrandenburgische Sparkasse)

http://www.taz.de/Solidaritaet/!100853/

Peter Nowak