Italien: Master im Straßenkampf

Die Jagd nach dem Schwarzen Block

Wenige Tage nach den Massenprotesten gegen Banken und Krise in Italien, an denen sich auch militante Akteure beteiligt hatten, gehen Polizei und Militär im ganzen Land mit Razzien gegen linke Einrichtungen vor. Dabei seien Gasmasken, Skimützen und andere von Randalieren getragene Ausrüstung beschlagnahmt worden, meldete die Nachrichtenagentur Ansa. Sechs Personen seien festgenommen worden. Razzien hätten unter anderem in Florenz, Palermo und Ancona stattgefunden, erklärte ein Sprecher des italienischen Innenministeriums einenm Fernsehsender.

Der Anlass ist das Auftreten eines angeblichen Schwarzen Blocks, der vor allem in Rom für hohe Sachschäden und Verwirrung unter der Masse der Demonstranten sorgte. Deshalb wird auch in der außerparlamentarischen Linken sehr kontrovers über das Auftreten dieses sogenannten Schwarzen Blockes diskutiert.

In diesen Kreisen wird spekuliert, ob die Ausschreitungen von staatlichen Stellen bewusst gefördert worden sein könnten, um die Oppositionsbewegung zu diskreditieren. Schon 2001 bei den massiven militanten Auseinandersetzungen gegen die G8-Proteste von Genua wurden solche Beschuldigungen gegen staatliche Stellen und die Berlusconi-Regierung erhoben.

Geschwätziger Black-Block-Aktivist oder Provokateur?

Nachdem sich in der Zeitung La Repubblica angebliche Teilnehmer des Black Blocks interviewen ließen und erklärten, sich mehr als ein Jahr auf die Auseinandersetzungen vorbereitet zu haben, wachsen die Zweifel an den Urhebern der Auseinandersetzungen noch. Schließlich wurden die Proteste vom Samstag kurzfristig vorbereitet und gemeinhin meiden Aktivisten des Schwarzen Blocks die Medien. Auch die Antworten des 30-jährigen, prekär Beschäftigten klingen wie bestellt. So versucht er auch die Demonstranten, die sich von den Ausschreitungen distanziert haben, mit in Haftung zu nehmen.

„Wir haben uns nicht versteckt, die Demonstranten geben vor, uns nicht zu kennen, aber sie wissen genau, wer wir sind und was wir vorhatten. Genauso, wie es die Bullen gewusst haben. Wir haben öffentlich bekannt gemacht, dass der 15. Oktober unser Tag sein wird. Jetzt wird so getan, als hätte man davon nichts gewusst, aber das ist ein Märchen. Man kann es auch so sehen: Jetzt müssen sich die Demonstranten endlich öffentlich auf eine Seite schlagen. Ich wiederhole: Alle wussten über unseren Plan Bescheid.“

Auch die Behauptung des angeblichen Militanten, in Griechenland den Master in Straßenkampf gemacht zu haben, passt doch nur zu gut in die Propaganda der Regierung, die schon vor mehr als 10 Jahren vor Extremisten aus ganz Europa gewarnt hat.

Letzte Manöver des Berlusconi-Regimes?

Tatsächlich hat sich in Italien eine neue Massenbewegung gebildet, die mehr von dem Wunsch getragen wird, dass das Berlusconi-Regime ein Ende hat, als von der internationalen Krise. Auch wenn die Regierung vor wenigen Tagen noch einmal knapp eine Vertrauensabstimmung gewonnen und damit den öffentlichen Widerstand verstärkte, so gelten die Tage der Regierung als gezählt.

Selbst in den eigenen Reihen gibt es Absatzbewegungen. Da es Berlusconi und seinen engsten Mitarbeitern eigentlich nur noch darum geht, ihre Straffreiheit zu behalten, wollen sie ihren Sturz mit allen Mitteln hinausschieben. Wenn sie jetzt mit Razzien gegen ihre entschiedenen Gegner vorgeht und mit dem Ruf nach Recht und Ordnung ihre Anhänger um sich zu scharen versucht, könnte die Berlusconi-Regierung ihr Ende vielleicht doch noch etwas hinausschieben.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/150652

Peter Nowak