Wie rassistisch ist der Bild-Kommentar von Nicolaus Fest selbst?
Der BILD-Kommentar [1]von Nicolaus Festwar kurz aber prägnant. „Islamals Integrationshindernis“ lautet die Überschrift. „Ich brauche keinen importierten Rassismus, und wofür sonst der Islam noch steht, brauche ich auch nicht“, der letzte Satz. Es war eine Abrechnung mit dem Islam und den Migranten islamischen Glaubens.
Die Empörung war vorrausehbar und wohl einkalkuliert. „Was für ein herrlicher Shitstorm?“, freute sich Fest. Auch die nachträgliche Distanzierung der Chefredakteure von Bild und BamS dürften Fest nicht groß tangieren. Schließlich kann er weiter bei Bild schreiben. Wie immer, wenn eine solche Debatte aufbrandet, melden sich auch gleich Politiker mit mehr oder weniger durchdachten Vorschlägen zu Wort.
Politiker fordert Absetzung von Fest
Volker Beck von den Grünen verlangte, Nicolaus Fest solle sich bei allen Muslimen entschuldigen. Dass es Muslime geben kann, die sich von dem Kommentar gar nicht beleidigt fühlen, kommt ihm dabei gar nicht in den Sinn.
SPD-Netzpolitik-Sprecher Jonas Westphal [2] reichen die Distanzierungen aus der Bild-Chefetage nicht. „Nicolaus Fest als BamS-Vize gehört umgehend abgesetzt“, lautet seine Forderung, die merkwürdigerweise kaum auf Resonanz gestoßen ist. Dabei müsste man schon fragen, ob solche Empfehlungen an die Presse zu den Aufgaben eines Politikers gehören.
Gleich mehrere Politiker [3] und Privatpersonen [4]haben Strafanzeige wegen Volksverhetzung gegen Fest gestellt. Dass Fest vor allem von rechtskonservativen für seinen Kommentar verteidigt wird, macht ihn nicht sympathischer.
„Manchmalhat die BILD-Zeitung Recht“
Dazu gehört die Nichtregierungsorganisation Aktion 3. Welt Saar [5] sicher nicht. Schon ein flüchtiger Blick auf ihre Homepage lässt ein vielfältiges Engagement gegen Rassismus erkennen. Wenn diese Organisation eine Pressemeldung [6] zum Streit um Fest mit dem Satz übertitelt „Manchmal hat die Bild-Zeitung recht“, sollte man also deren Argumente auf jeden Fall bedenken.
In der Pressemitteilung wird der Kommentar von Fest unterteilt in eine Islamkritik und rassistische und flüchtlingsfeindliche Aussagen. „Mit dem Islam begründete Menschenrechtsverletzungen sind schreckliche Realität, sie beim Namen zu nennen ist dringend geboten und kein Rassismus“, so Michael Scherer vom Kompetenzzentrum Islamismus der Aktion 3.Welt Saar.
Doch er spart auch nicht mit der Kritik an den rassistischen Teil des Fest-Kommentars. „Wenn Fest mit dem pauschalisierenden Gerede von der überproportionalen Kriminalität muslimischer Jugendlicher kaum verhohlen die Floskel von der ‚Ausländerkriminalität‘ wiederbelebt, und wenn er die Notwendigkeit einer weiteren Einschränkung des Asylrechts suggeriert, bedient er klassische rassistische Ressentiments in der Mitte der Gesellschaft“, erklärt Scherer. Das sei nicht neu, sondern gehöre seit Jahrzehnten zum Repertoire der BILD-Zeitung und anderer. Dabei erinnert Scherer daran, dass auch die SPD, die sich jetzt sehr über Fests Kommentar empört, seit Jahrzehnten am Abbau des Asylrechts beteiligt ist.
Unabhängig von der Frage, ob man alle Einschätzungen der Aktion 3. Welt Saar teilt, werden hier Argumente genutzt statt wohlfeiler Moral. So ist schon auffällig, dass der Kommentar von Fest eine solche Aufregung verursachte, während es kaum negative Reaktionen gab, als Bild einen aktiven Erwerbslosen als Sozialschmarotzer [7] diffamierte oder vor 40 Jahren einen Streik bei Ford als Türkenterror.
Solche und ähnliche Ausfälle sind bei Bild nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Wenn sichnun die Bild-Chefetage wegen Fests Kommentar deswegen entschuldigt, weil die Gefühle der Moslems verletzt worden seien, ist das gerade der verkehrteste Grund. In einer säkularen Gesellschaft muss es das Recht aller Menschen sein, sich über Religionen lustig zu machen, ohne auf die Gefühle der Gläubigen Rücksicht zu nehmen. Dagegen sollte jeder rassistischen und migrantenfeindlichen Äußerung und Handlung entgegentreten werden. Nicht die Islamkritik in Fests Kommentar ist das Problem, sondern sein Versuch, damit eine weitere Verschärfung des Asylrechts abzuleiten und den Rassismus aus der Mitte derdeutschen Gesellschaft, wo er ein fester Bestandteil ist, auszulagern und zum Exportgut zu erklären.
Peter Nowak
http://www.heise.de/tp/news/Ich-brauche-keinen-importierten-Rassismus-2281281.html
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