Mampf und Kampf in Kölner City

Seit vorigem Samstag können Passanten im Kölner Stadtteil Ehrenfeld eine besondere Aktionsform bestaunen, die »Kampfbaustelle«. Mit Zelten, Bänken, Tischen und viel Informationsmaterial hat die Initiative „Kölner Erwerbslose in Aktion“ (KEA) ein  Protestcamp  im Inneren  Grüngürtel zwischen der Venloer und Vogelsanger Straße aufgebaut. Es  soll erst am Abend des 3. Oktober abgebaut werden. Für fünf Tage hat die parteiunabhängige Erwerbslosenorganisation ein umfangreiches Programm vorbereitet, das aus theoretischen Veranstaltungen kombiniert mit praktischen Aktionen besteht.  Begonnen haben die Aktionstage am Samstag mit der Teilnahme der organisierten Erwerbslosen auf der  Kölner Mietendemonstration, die unter dem Motto „Keine Profite mit der Miete“ stand. Am Sonntag gab es im Camp eine Diskussionsveranstaltung zur Situation von neu in Köln ankommenden Migranten aus Bulgarien und Rumänien. Dabei wurde auch die in den Medien als Arbeiterstrich diffamierte Praxis von Wanderarbeitern aus Osteuropa thematisiert werden,  ihre Arbeitskraft auf der Straße und auf Plätzen anzubieten. Unternehmer fahren mit dem Auto vorbei und bieten für einige Stunden schlecht bezahlte Arbeit meist ohne Sozialversicherung an.  „Vielfach schüren lokale Medien ein Gefühl von Bedrohung und Konkurrenz, statt die Arbeits- und Lebensbedingungen von Arbeitsmigranten zu verbessern“, kritisieren die KEA-Aktivisten.    Am Montag wurde über Möglichkeiten einer widerspenstigen Praxis von Erwerbslosen an Arbeitsagenturen und Jobcentern diskutiert.      Am Dienstag ging es dann auch hier  um die Praxis.  Erwerbslose organisierten in einem Kölner Jobcenter einen Zahltag. Dabei handelt es sich um eine Aktionsform, die Erwerbslose  und ihre Unterstützer 2007 entwickelt haben, um gemeinsam das Auszahlen von verweigertem Arbeitslosengeld am Amt durchzusetzen.  „Wir erläutern die Rechtslage und gehen erst, wenn die Sache geklärt ist. Mitunter hat einer der Betroffenen zusätzlich ein Wohnungsproblem: Das erledigen wir gleich mit, wenn wir schon mal dabei sind“, erklärte eine KEA-Aktivistin,  die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will.  Am 2. Oktober geht es auf der Kampfbaustelle um das Recht auf Wohnen für Alle. Mit einer Aktion soll gegen steigende Mieten protestiert werden. Die Organisatoren der Protesttage legen Wert auf die Feststellung, dass es  auf dem Camp nicht nur um die politische Diskussion geht. “ Das Zusammenleben auf der Baustelle, das gemeinsame Essen und Feiern sowie die solidarische Alltagsarbeit auf dem Camp haben die gleiche Wichtigkeit wie das Diskutieren, Vorbereiten und Durchführen von Aktionen, heißt es in der Einladung zum Camp. „Wir wollen keine alten und auch keine neuen Hierarchien, die auch dadurch entstehen, dass Aktivitäten, die angeblich „politisch“ sind oder „die Revolution vorbereiten“ ganz oben angeordnet und Reproduktionsarbeit und persönliche Angelegenheiten, wie Gefühlsbeziehungen und Sinnlichkeit für nachrangig erklärt werden“, erklärt eine Aktivistin.

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Peter Nowak