Das Beste wäre, wenn er bleiben könnte

ABSCHIEBUNG Flüchtlingsaktivist Kaboré soll trotz kritischen Gesundheitszustands abgeschoben werden
Am heutigen Dienstag soll der Flüchtlingsaktivist Abdoul Drammé Kaboré trotz kritischen Gesundheitszustands und einer geplanten Heirat nach Spanien abgeschoben werden. In seinem Herkunftsland Burkina Faso wurde er wegen seines Engagements in einer Oppositionspartei verfolgt. Kaboré beantragte in Spanien Asyl und reiste weiter nach Deutschland. Dort gehörte er zu einer Gruppe von 11 Geflüchteten, die im Mai 2014 vor der Gedächtniskirche gegen das europäische Abschiebesystem protestierten. Nach dem die Gruppe festgenommen wurde, kam Kaboré ins Abschiebegefängnis – seitdem versucht ihn die Ausländerbehörde nach Spanien abzuschieben, weil er dort das erste Mal EU-Boden betrat. Im Mai 2014 verhinderten 70 AntirassistInnen seine Abschiebung. Am 6. Juli 2015 musste erneut ein Abschiebeversuch abgebrochen werden – aus gesundheitlichen Gründen. „Mein Verlobter saß bereits im Flugzeug, als er ohnmächtig wurde“, sagte Dorothea Lipper der taz. Danach sei dieser unter ständiger Anwesenheit von Polizisten im Krankenhaus
untersucht worden. Ein Arzt habe erklärt, dass es für den Gesundheitszustand von Kaboré das Beste wäre, wenn er in Berlin bleiben könnte. Die Ausländerbehörde hat angeordnet, dass Kaboré bei einer erneuten Abschiebung von einem Arzt begleitet wird.
Update: Die Proteste hatten Erfolg. Kaboré wurde am Montagabend freigelassen. Die Abschiebung findet nicht statt.
aus Taz-Berlin 14.7.2015
Peter Nowak

Krank und erwünscht

Abdoul Drammé Kaboré soll abgeschoben werden

Die Abschiebung eines Asylsuchenden und Flüchtlingsaktivisten wurde bisher durch Protest verhindert. Nun soll der gesundheitlich angeschlagene Kaboré nach Spanien ausgeflogen werden.

An diesem Dienstag, dem 14. Juli, soll der Flüchtlingsaktivist Abdoul Drammé Kaboré trotz kritischen Gesundheitszustands und einer geplanten Heirat nach Spanien abgeschoben werden. Der Oppositionelle aus Burkina Faso hatte in Spanien Asyl beantragt und war dann weiter nach Deutschland weitergereist, wo er sich bei den Flüchtlingsprotesten engagierte.
Als Aktivist der Gruppe »Asylum Rights Evolution« beteiligte er sich im Mai 2014 an einem Besetzungsversuch der Berliner Gedächtniskirche. Die elf Geflüchteten aus verschiedenen afrikanischen Ländern forderten ein Bleiberecht und protestierten gegen das europäische Abschiebesystem. Die Kirche verweigerte ihnen den Schutz und die Gruppe wurde festgenommen. Kaboré wurde sofort ins Abschiebegefängnis Grünau gebracht. Die Ausländerbehörde will ihn seitdem nach Spanien abschieben. Nach dem Dublin III-Abkommen ist das Land für ihn zuständig, weil er dort seinen ersten Asylantrag stellte.

Ein erster Abschiebeversuch am 28. Mai 2014 scheitere an den Protesten von über 70 Aktivisten im Flughafen Tegel. In einem Aufruf der Unterstützer wurden damals auch Passagiere und der Flugkapitän aufgefordert, die Abschiebung zu verweigern. Daraufhin wurde sie abgesagt.

Kaboré hatte im vergangenen Jahr erklärt, er werde sich gegen die Abschiebung wehren, und durch lautes Schreien auf seine Situation aufmerksam machen. »Bei einer erneuten Abschiebung wird sich Kaboré nicht wehren. Der Grund liegt allerdings an seiner Traumatisierung und ist kein Einverständnis mit der Maßnahme«, sagte seine Verlobte Dorothea Lipper dem »neuen deutschland«. Am 7. Juli 2015 musste ein erneuter Abschiebeversuch von Kaboré aus gesundheitlichen Gründen ausgesetzt werden. »Er saß bereits im Flugzeug, wurde ohnmächtig und wurde von der Polizei in ein Krankenhaus gebracht«, so Lipper. Er sei dort unter ständiger Anwesenheit der Polizei untersucht worden. Der Arzt habe erklärt, es sei für Kaboré aus gesundheitlichen Gründen am besten, wenn er in Berlin bleiben könnte, erklärte ihn aber nicht für transportunfähig. Die Ausländerbehörde ordnete nun an, dass Kaboré bei der Abschiebung von einem Arzt begleitet wird.

Lipper beklagt die massive Grundrechteeinschätzung durch das Asylsystem. So haben Abschiebegefangene keine Möglichkeit, einen Arzt ihres Vertrauens zur Untersuchung zu konsultieren. Auch der Verlobungswunsch von Kaboré sei von den Behörden torpediert worden. Zudem macht sich Lipper große Sorgen um ihren Verlobten nach einer Abschiebung. »Er leidet unter massiven Angstzuständen, hat immer wieder Suizidgedanken und Alpträume. Doch in Spanien ist der Zugang zu medizinischer Hilfe schlecht und die Asylanträge werden erst nach mehreren Jahren bearbeitet.«

Uptdate: Die Kampagne gegen Abdoul Drammé Kaboré hatte Erfolg. Am Montagabend wurde er aus der Abschiebehaft entlassen.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/977724.krank-und-erwuenscht.html

Peter Nowak