Briefe schreiben gegen die Verdrängung

GENTRIFIZIERUNG In Kreuzberg wollen die Mieter eines exbesetzten Hauses den Neueigentümern trotzen
Wer durch den Kreuzberger Chamisso-Kiez geht, findet kaum noch Spuren der Instandbesetzungen aus den frühen 80ern. Die Willibald-Alexis-Straße 34 („WAX 34“) ist eine Ausnahme. Die Tür ist unverschlossen, im Treppenhaus des Seitenflügels hängen politische Plakate, auf einer Tafel sind mit Kreide aktuelle Termine angeschrieben. Unterm Dach haben MieterInnen einen Wintergarten eingerichtet. „Schon im Frühjahr, wenn die Sonne scheint, ist das hier ein angenehmes Plätzchen“, schwärmt Bewohner Jörg Seifert* (Name geändert).

Wie lange sich Seifert daran noch erfreuen kann, ist offen. Seit dem Eigentümerwechsel im September ändert sich viel. Auf dem Schwarzen Brett wurde der Beginn von Baumaßnahmen für November 2011 angekündigt, im Hof ein Gerüst aufgestellt. „Eine von den Eigentümern beauftragte Moderatorin bietet Auszugswilligen Abfindungen an“, erzählt Mieter Wolfgang Steinke* (Name geändert).

Einige gingen darauf ein, die Mehrheit entschied sich anders: Sie schickten offene Briefe an die Medien, BezirkspolitikerInnen und den Regierenden Bürgermeister. „Wir in der Willibald-Alexis-Straße 34 wollen hier wohnen bleiben und nicht nur das. Wir wollen das Haus dem Spekulationsmarkt entziehen und gemeinsames Wohnen organisieren und darüber hinaus ökologisch und sozial sanieren und somit auch im Sinne der oben zitierten Milieuschutzsatzung ,kieznah‘ erhalten“, heißt es.

Der Sprecher der grünen BVV-Fraktion in Kreuzberg, Daniel Wesener, begrüßt das: Die Grünen setzten sich für die Verbesserung des MieterInnenschutzes ein. So soll die 2011 auslaufende Regelung, die MieterInnen bei Umwandlung ihrer Wohnungen in Eigentumswohnungen 7 Jahre vor Eigenbedarfskündigungen schützt, verlängert und die Frist auf 10 Jahre ausgeweitet werden.

Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne) kritisiert, dass der Senat eine vom Baugesetzbuch vorgesehene Verordnung, die die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten genehmigungspflichtig machen würde, noch immer nicht erlassen hat. Das wäre „ein wirkungsvolles Instrument zur Durchsetzung von MieterInneninteressen“. Die Willibald-Alexis-Straße 34 GmbH und Co.KG, eine Investorengruppe, die sich auf den Kauf von Altbauten spezialisiert hat, erklärt in einer Stellungnahme, MieterInnen würden von ihnen niemals ohne Grund gekündigt. Den BewohnerInnen der WAX 34 werfen sie „Profit durch Untervermietungen“ vor. Ihnen gehe es darum, „für wenig Miete in einem gefragten Kiez zu leben“.

Über die Zukunft des Hauses wird am heutigen Dienstag um 19.30 Uhr auf einer Stadtteilveranstaltung im Wasserturm geredet.

http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2011%2F02%2F08%2Fa0159&cHash=3743baeed0

PETER NOWAK

Erwerbslosenarbeit nicht gemeinnützig?

Finanzamt Frankfurt am Main entzieht Verein die Förderungswürdigkeit
Das Frankfurter Finanzamt hält die Unterstützung von Arbeitslosen nicht für gemeinnützig und schneidet den Verein Zusammen e. V. so von Spendengeldern ab.
Ist Stadtteilarbeit, Beratung von Erwerbslosen und Unterstützung von migrantischen Jugendlichen für das Finanzamt Frankfurt am Main nicht förderungswürdig? Diese Frage stellen sich viele Nutzer des Vereins Zusammen e. V., der im August 2006 in dem Stadtteil Rödelheim mit dem Ziel gegründet wurde, die sozial benachteiligten Bewohner über ihre Rechte zu informieren und sich gegenseitig zu unterstützen. Die vom Verein initiierte Kampagne gegen Kinderarmut im Stadtteil wurde auch von vielen Lehrern aufgegriffen, die Materialen anforderten.

Trotzdem hat das Finanzamt am 19. Januar 2011 dem Verein nach einem fast einjährigen Papierkrieg die Gemeinnützigkeit entzogen. Seitdem kann er keine Spendenquittungen mehr ausstellen und muss auf die Unterstützung von Stiftungen verzichten, die auf Grund ihrer Satzung nur an gemeinnützige Vereine spenden können. Das Mitglied des Vereinsvorstands Philipp Kissel sieht in der Maßnahme einen Angriff auf die politische Arbeit von Zusammen e. V. »Da wir unabhängig von staatlichen Geldern sind und bleiben wollen, sind die Spenden neben den Mitgliedsbeiträgen die Grundlage der Finanzierung und der Unabhängigkeit«, betont er.

Das Finanzamt begründet den Entzug der Förderungswürdigkeit mit den sozialpolitischen Aktivitäten. Dort heißt es: »Schwerpunkt des Vereins ist nach eigener Darstellung die Förderung von Arbeitslosen und die moralische Unterstützung bei Ämtern. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine gemeinnützige Tätigkeit im Sinne des Gemeinnützigkeitsrechts (…)«. Zudem moniert das Finanzamt, die Nutzung der Vereinsangebote käme nur den Mitgliedern zugute. Dieser Vorhalt ist für Kissel unverständlich, weil das auf die überwiegende Mehrheit der gemeinnützigen Vereine zutrifft.

Zusammen e. V. will sich gegen den Entzug der Gemeinnützigkeit mit juristischen und politischen Mitteln wehren. Ein Anwalt hat beim Finanzgericht Widerspruch eingelegt. Das Verfahren kann mehrere Jahre dauern und hat keine aufschiebende Wirkung. Zudem will der Verein durch eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit die Rücknahme der Aberkennung der Gemeinnützigkeit erreichen. Schließlich ist er kein Einzelfall, so Kissel. So wurde Anfang 2010 dem Frankfurter Dritte-Welt-Haus die Gemeinnützigkeit aberkannt.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/190376.erwerbslosenarbeit-nicht-gemeinnuetzig.html

Peter Nowak

Freiheit für „Meinungsdissidenten“

Online-Petition für Horst Mahler stößt auf wenig Solidarität in rechtsextremen Kreisen.

Unter dem Motto „Freilassung für den Meinungsdissidenten Horst Mahler“ haben extrem rechte Kreise eine Online-Petition an den Bundestag initiiert. In der Begründung wird der Holocaust-Leugner Mahler mit dem chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo verglichen. Nach der Nobelpreisverleihung an Liu Xiaobo hatten die Rechtsextremisten Ursula Haverbeck und Rigold Henning einen Brief an verschiedene Justizbehörden verfasst, in dem eine Revision des Mahler-Urteils gefordert wurde.

Mahler war im Februar 2009 vom Landgericht München II zu einer sechsjährigen Haftstrafe wegen Volksverhetzung verurteilt worden, die er in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg verbüßt. Während Mahler seine Prozesse mediengerecht inszenierte, war es in der jüngsten Zeit ruhig um ihn geworden, was auch auf der rechten Internetplattform Altermedia mehrmals beklagt wurde.

Die Online-Petition dürfte ein Versuch sein, Mahler und sein Gedankengut wieder stärker in die Öffentlichkeit zu bringen und vor allem in den eigenen Kreisen Solidarität einzufordern. Bisher mit wenig Erfolg. Die Petition wurde bis zum 7. Februar von 59 Personen unterzeichnet. Dazu gehören das ehemalige Vorstandsmitglied des Bundes der Vertriebenen Paul Latussek sowie der Kölner Arzt Benedikt Frings, der mehrmals für die NPD kandierte und im Dezember 2006 an einer Konferenz von Holocaust-Leugnern in Teheran teilgenommen hat.

http://www.bnr.de/content/freiheit-fuer-ae-meinungsdissidenten-ae

Peter Nowak

Muss Ex-US-Präsident Bush in Europa Strafverfahren fürchten?

Bush hat seinen  Besuch in der Schweiz lieber einmal abgesagt
Warum hat der ehemalige US-Präsident Bush seinen für die kommende Woche geplanten Besuch in der Schweiz abgesagt? Wegen befürchteter Krawalle, wie Mitarbeiter des ehemaligen US-Politikers behaupten, oder aus Angst vor Protesten und einer drohenden Strafverfolgung, wie die juristische Menschenrechtsorganisation ECCHR schreibt?

Sie hatte gemeinsam mit ihrer US-US-amerikanischen Partnerorganisation im Namen von zwei Opfern des US-Folterprogramms nach dem 11.September 2011 in Genf Strafanzeigen gegen Bush vorbereitet, die von Menschenrechtsorganisationen in aller Welt unterstützt worden waren. Da sie seit Jahren dafür kämpfen, dass Menschenrechtsverletzungen bis auf der höchsten politischen Ebene juristisch verfolgt werden, hätte ein Strafverfahren gegen Bush für sie daher einen hohen symbolischen Wert.

Sie sehen sich im Einklang mit der UN-Antifolterkonvention, die alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, mutmaßliche Täter zu verfolgen, unabhängig davon, ob es sich um den ehemaligen Präsidenten, Regierungs- oder Geheimdienstmitarbeiter, Soldaten oder Polizisten handelt.

„Solange die US-Justiz keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Verantwortlichen der europäischen Länder gefordert“, begründete der ECCHR-Generalsekretär und Berliner Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck die Vorbereitungen zur Anklageerhebung in der Schweiz. Die juristischen Menschenrechtsorganisationen haben nicht nur den Ex-Präsidenten im Visier. Schon Ende Januar haben sie die spanische Justiz aufgefordert, gegen führende, das Guantanamo-System stützende Militärs und Juristen vorzugehen, darunter den ehemaligen befehlshabenden Offizier in Guantanamo, Generalmajor Geoffrey Miller. „Jede Europa-Reise solle für die US-Entscheidungsträger zu einem unkalkulierbaren Risiko werden“, so Kaleck.

Auch Amnesty International hatte die Schweizer Staatsanwaltschaft aufgefordert, gegen Bush ein Verfahren wegen Folter einzuleiten und ihn festzunehmen. Erst danach cancelte er die Reise. Die Beweisführung gegen Bush dürfte nicht schwer sein. In seinen vor einigen Monaten veröffentlichen Memoiren hat er sich selbst belastet, indem er zugab, als Präsident gewisse Foltermethoden, wie das sogenannte Waterboarding, autorisiert zu haben.

http://www.heise.de/tp/blogs/8/149212

Peter Nowak

Widerstand Ost

Protest gegen Castoren für Lubmin
»Castor stoppen in Rostock« lautete das Motto, mit dem das Anti-Atombündnis Nordost am 5. Februar in der norddeutschen Hansestadt an die Öffentlichkeit getreten ist. Es war der Auftakt für den Widerstand gegen einen Castortransport, der dieses Mal nicht ins Wendland, sondern ins Zwischenlager Nord bei Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern rollen soll. Er wird hochradioaktiven Abfall aus der stillgelegten Wiederaufarbeitungsanlage Karlsruhe (WAK) enthalten, der quer durch den Nordosten der Republik rollen soll. Nach Angaben der Energiewerke Nord GmbH (EWN) handelt es sich dabei um 140 sogenannte Glaskokillen, etwa 60 Kubikmeter in Glas eingeschmolzenen stark strahlenden Atommüll.

 Obwohl der Termin noch geheim gehalten wird, ist mittlerweile durchgesickert, dass der Transport wohl für den 16. und 17. Februar geplant ist. Darauf wollte das Anti-AKW-Bündnis am Samstag in Rostock hinweisen und um regionale Unterstützung für die Proteste werben. Am 12. Februar soll mit einem Streckenaktionstag in Greifswald die heiße Phase der Protesttage beginnen. Höhepunkte wird es dann am 15. und 16. Februar geben, wenn der Transport mit vielfältigen Aktionen möglichst auf der gesamten Stecke behindert werden soll.

Diese Protestagenda ist umso ambitionierter, wenn man weiß, dass die Anti-AKW-Gegner erst im Dezember 2010 mit ihren Aktionen gegen einen Castortransport bundesweit für Aufsehen sorgten. Dieser Erfolg verschaffte den regionalen Initiativen so viel Rückenwind, dass sie knapp zwei Monate später den zweiten Streich wagen. Dadurch könnten sich auch AKW-Gegner an Standorten wie Ahaus ermutigt fühlen, die Atommülltransporte in ihrer Region stärker in das Blickfeld zu rücken. Damit würde das Bekenntnis »Gorleben ist überall« in die Realität umgesetzt.

Infos im Internet unter: lubmin-nixda.de

http://www.neues-deutschland.de/artikel/190266.widerstand-ost.html

Peter Nowak

»Es war mir in Deutschland zu stille«

 

Dora Dick – eine wahrhaftige Jahrhunderzeugin

Die weißhaarige Frau hat die Augen geschlossen. Man hat den Eindruck, sie würde schlafen und die Musik gar nicht hören. Doch plötzlich ist sie hellwach, bewegt ihren Kopf im Rhythmus und summt den Text mit. »Roter Wedding« und das »Solidaritätslied« – das sind die Lieder die Dora Dick mit ihren Freunden und Genossen Ende der 20er Jahre gesungen hat.

In jungen Jahren hat sie oft ihren Bruder begleitet, wenn dieser zu dem von ihrem Wohnhaus im Berliner Scheunenviertel nicht weit entfernten Bülowplatz ging. Hier trafen revolutionäre Politik und avantgardistische Kunst zusammen: Auf der einen Seite des Platzes befand sich die Parteizentrale der KPD, auf der anderen die Volksbühne. Die junge Dora lauschte den Reden der Kommunisten mit ebenso großer Begeisterung, wie sie die Auftritte der Schauspieler verfolgte. Mit einer Schaupielerin freundete sie sich an. Sie weckte das Interesse der jungen Dora für die Marxistische Abendschule (MASCH).

Auch als Dora eine Lehre als Modellschneiderin am Berliner Nollendorfplatz aufnahm, blieb sie der Muse treu, besuchte das dortige Theater. Es hatte sich unter der Leitung des Regisseurs Erwin Piscator zu einer der avantgardistischsten Bühnen Deutschlands entwickelt. An die Aufführung von »Hoppla wir leben« von Ernst Toller kann sie sich noch gut erinnern. Die Eltern allerdings waren gar nicht so begeistert, dass die Tochter lieber ins Theater ging, als sich an den jüdisch-religiösen Zeremonien zu beteiligen.

Wenn Dora Dick heute, am 5. Februar, ihren 100. Geburtstag feiert, wird keiner von ihren Jugendfreunden mehr dabei sein. Fast alle sind schon verstorben, viele sind von den Nazis ermordet worden. Als Jüdin und als Linke war Dora Dick selbst in Nazideutschland doppelt gefährdet. Ihr Bruder wurde von den Nazis 1938 wie viele Tausend längst eingebürgerte ehemalige jüdische Einwanderer aus Polen an die Grenze zurück deportiert und abgeschoben. Danach verlor sich seine Spur. Die Schwester merkte immer mehr, wie allein die NS-Gegner waren. »Es war mir in Deutschland zu still.« Dora Dick ging nach Prag und publizierte in der Exilpresse. Ins Gedächtnis eingebrannt hat sich ihr der Einmarsch der deutschen Wehrmacht. Als tschechische Bäuerin verkleidet, beobachtete sie, wie Panzer auf Panzer über die großen Straßen in die Innenstadt der tschechischen Hauptstadt einfuhren. Sie wusste, dass es für sie jetzt um Leben und Tod ging, Sie hatte keine Illusionen über den Umgang der Nazis mit emigrierten Deutschen.

Auf abenteuerliche Weise gelang ihr die Flucht nach Großbritannien. Dort war sie Mitbegründerin des »Freien Deutschen Kulturbundes (FDKB). Oscar Kokoschka, John Heartfield und Jürgen Kuczynski gehörten zu ihren Mitstreitern. In England kam auch ihr einziger Sohn zur Welt, mit dem sie nach dem Zweiten Weltkrieg zurück nach Deutschland zog. Sie setzte sich für einen demokratischen Neubeginn ein, engagierte sich in der Gewerkschaft und wurde Vorsitzende des Frauenausschusses der Westberliner IG Textil- Bekleidung.

Auch im hohen Alter verfolgt sie noch das politische Geschehen. 2007 stritt sie für die Umbenennung der nach den antisemitischen Historiker Treitschke benannten Straße in Berlin-Steglitz. Mit Sorge beobachtet sie Anzeichen von neuem Antisemitismus. »Eine Welt ohne Juden kann man sich nicht vorstellen«, sagt sie immer wieder. Sohn Antonin Dick arbeitet zur Zeit an einem Erinnerungsband, in dem er die Flucht und das Exil seiner Mutter als ihr Vermächtnis an die Nachwelt dokumentiert will.

Peter Nowak

http://www.neues-deutschland.de/artikel/190178.es-war-mir-in-deutschland-zu-stille.html?sstr=Dora|Dick

Unterstützer von Berliner Hausprojekt „besetzen“ Onlineshops

 

Mit der „Aktion 101 Websites defaced“ wollten sich Hacker mit dem am Mittwoch geräumten Hausprojekt Liebig 14 solidarisch erklären

Wer sich am Donnerstag beim Juweliershop Elze online über die Preise für Schmuck informieren wollte, dürfte sich gewundert haben. Auf der Website fand sich eine Erklärung zur Räumung des Berliner Hausprojekts Liebigstraße 14 am Mittwoch.

Der gleiche Text fand sich auch auf Online-Shops, die Hochzeitsdeko anbieten, auf den Seiten von Online-Sexshops oder bei Online-Autovermittlern. Sie gehören zu den 101 Webseiten, die Hacker in der Nacht zum 3. Februar virtuell besetzt und mit einer Solidaritätserklärung für das Hausprojekt versehen haben. In einer auf Indymedia veröffentlichten kurzen Erklärung der heißt es:

„Im Rahmen der Soli-Aktionen haben wir in dieser Nacht auf 101 Internetseiten einen Text platziert um auf die Räumung der Liebig 14 hinzuweisen und um klarzumachen das wir auf allen Ebenen kämpfen werden!“

 Schon im Vorfeld der Räumung hatten die Bewohner des Projekts und die Unterstützer angekündigt, dass 101 weitere Projekte entstehen werden, wenn das Haus geräumt wird. In der letzten Woche gab es aus dem Kreis der Unterstützer zahlreiche kurzfristige Besetzungen von leerstehenden Gebäuden in Berlin. Nach der Räumung kam es zu Protestaktionen in deutschen und europäischen Städten, selbst im peruanischen Iquitos.

Dass die Unterstützer des Hausprojekts auch zum Internetprotest griffen, war denn doch überraschend. Schließlich gehört das „Defacement“ von Webseiten, also das unautorisierte Veröffentlichen von Inhalten, bisher nicht zu den vorherrschenden Protestformen in Deutschland. Zuletzt wurde die Aktionsform bekannt, als Ende 2010 auf dem Jahreskongress des Chaos Computer Clubs in Berlin eine Reihe von Internetseiten gehackt wurden, unter anderem der Online-Shop der FDP. Dort wurde das Angebot so umgebaut, dass unter den zu kaufenden Produkten auch ein Heißluft-Handtrockner erschien, der angeblich eine Rede von Guido Westerwelle wiedergeben sollte.
http://www.heise.de/tp/blogs/6/149199 
Peter Nowak

Ziviler Ungehorsam vor Gericht

AKW-Gegner müssen in Frankreich 21 000 Euro an die Bahn bezahlen
Die Meldung hatte Anfang November bei den Castorgegnern im niedersächsischen Gorleben großen Jubel ausgelöst: Blockade der atomaren Fracht schon in Frankreich, der Transport verzögert sich! Mitglieder einer gewaltfreien französischen Anti-AKW-Initiative hatten sich am 5. November in der Normandie an den Gleisen gekettet. Es dauerte einige Zeit, bis sie von der Polizei entfernt wurden, die dabei laut Augenzeugen nicht besonders zimperlich vorging. Einige AKW-Gegner trugen Verletzungen davon. Eine Klage wegen »Gewalt von Vertretern der Staatsmacht« wurde von den französischen Gerichten nicht angenommen. Dagegen kommen nun auf die Aktivisten gravierende juristische Folgen zu.

 Vergangene Woche verurteilte das Landgericht Caen einen deutschen und sechs französische AKW-Gegner zu – im Vergleich zu Deutschland – ungewöhnlich hohen Strafen. Sämtliche Angeklagte wurden zu Geldstrafen von 1000 bis 1500 Euro pro Person sowie zu einer Haftstrafe von einem Monat auf Bewährung verurteilt. Zudem müssen sie gemeinsam der Staatsbahn SNCF eine Entschädigung von 21 000 Euro zahlen. Die Staatanwaltschaft hatte nur geringfügig höhere Geldstrafen gefordert. Die Argumente der Umweltschützer, die ihre Aktion als Teil des zivilen Ungehorsams und als legitime Notwehr gegen umweltgefährdende Castor-Transporte bezeichneten, fanden bei dem Gericht kein Gehör.

Ein Sprecher der Umweltgruppe erklärte, dass für ihn nicht nur die Tatsache schockierend sei, dass mit dem Urteil eine gewaltfreie Aktion kriminalisiert werde, sondern auch die Unverhältnismäßigkeit durch die Höhe der Strafe. Er betonte, dass sich die Atomkraftgegner nicht von weiteren Protesten abhalten lassen werden. Allerdings müsse künftig über die Aktionsformen diskutiert werden. Schon nach dem Tod eines Aktivisten, der 2004 von dem vorbeifahrenden Castor-Zug erfasst und getötet wurde, gab es in Frankreichs Umweltbewegung Diskussionen über die Grenzen des AKW-Widerstands.

Ob die juristischen Folgen des zivilen Ungehorsams für die Einzelnen tragbar sind, hängt auch davon ab, wie groß die Solidarität ist. Die deutsche Anti-Castor-Bewegung, die die französischen Aktionen im letzten Herbst laut beklatscht hat, hat bisher noch nicht auf das Urteil reagiert. Ein Berliner meinte allerdings, dass in der nächsten Zeit mit dem Spendensammeln begonnen werde.

Für die in Deutschland erwarteten Verfahren und Strafbefehle ist die Unterstützung bereits angelaufen. So ruft die Rote Hilfe Greifswald zu Solidarität mit den Atomkraftgegnern auf, die im Dezember gegen den Castor-Transport nach Lubmin protestiert haben, und hat bereits ein Spendenkonto eingerichtet. Peter Nowak

GSL-Bank, Kto-Nr.: 400 723 83 07, BLZ 430 609 67, Stichwort: »Soli-Castor Lubmin«

http://www.neues-deutschland.de/artikel/189922.ziviler-ungehorsam-vor-gericht.html

Peter Nowak

Mieterkampf oder Revival der Instandbesetzer?

Eine Häuserräumung in Berlin-Friedrichshain sorgt für Diskussionen

Am 2. Februar hatte man in dem Stadtteil Berlin-Friedrichshain den Eindruck, die Instandbesetzerbewegung der frühen 90er Jahre würde ein Revival erfahren. Mehrere Polizeihundertschaften räumten die Liebigstraße 14, in dem Haus hatten sich 9 Bewohner verbarrikadiert. Erst fünf Stunden, nachdem die Polizei sich auf dem Dach des Hauses präsentiert hatte, gelang es ihr die Menschen herauszutragen. Sie wurden unter dem Verdacht des Widerstands und schwerer Körperverletzung vorläufig festgenommen.

Die bevorstehende Räumung des Hauses hatte wochenlang für Schlagzeilen, zunächst in der Berliner, in den letzten Tagen auch in den überregionalen Medien wie der Faz gesorgt. Dabei fehlt selten der Hinweis auf die Instandbesetzerbewegung, die in Westberlin in den frühen 80er und in Ostberlin in den frühen 90er Jahren die Berliner Stadtpolitik wesentlich mitbestimmte. Doch diese Reminiszenzen stimmen für das am Mittwoch geräumte Haus nur bedingt. Es war in den 90er Jahren besetzt wurden, doch die Bewohner hatten schon wenige Jahre danach Mietverträge bekommen.

Erst einige Jahre später wurde es von dem Duo Suitbert Beulker und Edwin Thöne gekauft. Seitdem gab es Konflikte zwischen den Eigentümern und den Mietern. Ihr Ziel, diese loszuwerden, erreichten sie mit einer gerichtlich bestätigten Kündigung, weil ohne die Einwilligung der Eigentümer eine Zwischentür und ein Boiler eingebaut worden war. Der Stadtforscher Andrej machte darauf aufmerksam, dass solche Kündigungen gegen Mieter in Berlin heute längst nicht mehr selten sind. Der Wohnraum wird knapp, der soziale Wohnungsbau ist in der Stadt ganz zum Erliegen gekommen und die Mieten steigen, was Menschen mit geringen Einkommen unter Druck setzt.

„Doch nur selten leisten Menschen, die unter gekündigt wurden, Widerstand. Sie ziehen meist aus, bevor es zu einer Räumung kommt“, meinte das Mitglied einer Berliner Mieterorganisation gegenüber Telepolis. Kritisiert wird, dass nicht nur in den Medien, sondern auch in der Mobilisierung der Hausbewohner oft von Besetzern gesprochen und geschrieben wird. Dadurch bleibt oft unbeachtet, dass erst durch die gerichtlich bestätigten Kündigungen zwangsweise Mieter wieder zu Besetzern geworden sind. Die durch das Label Hausbesetzer erwünschte Solidarität dürfte trotzdem begrenzt sein. Auf eine Anfrage der Taz erklärten mehrere Westberliner Ex-Hausbesetzer, bei ihnen spiele die Liebigstraße keine Rolle. Manche hatten sogar noch nie von dem Haus gehört. 
 
http://www.heise.de/tp/blogs/8/149192

Peter Nowak

Waffen made in Germany für das ägyptische Regime

Friedensorganisationen kritisieren, dass die Waffenlieferungen zwischen 2008 und 2009 für Ägypten verdoppelt worden sind
Werden die Proteste in Ägypten auch mit Waffen aus Deutschland unterdrückt? Diese Frage stellt sich, nachdem Friedensorganisationen in einer gemeinsamen Presseerklärung darauf hingewiesen haben, dass das Land am Nil zu den bedeutenden Importeuren von Waffen aus Deutschland gehört.

Die Waffenexporte hätten sich im Zeitraum zwischen 2008 und 2009 verdoppelt, kritisieren die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, die Kampagne gegen Rüstungsexport bei Ohne Rüstung Leben und das RüstungsInformationsBüro. „Ägypten ist als Entwicklungsland bedeutendster Empfänger deutscher Waffen“, heißt es in der Mitteilung.

Der Wert der von Deutschland gelieferten Waffen habe sich von 33,6 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 77,5 Millionen Euro 2009 „dramatisch gesteigert“, präzisierte der Rüstungsexperte Jürgen Grässlin die Vorwürfe. Er monierte explizit die Einzelgenehmigungen für Kleinwaffen, die „aufgrund der hohen Opferzahlen besonders folgenschwer“ seien. Die ägyptische Polizei verfüge über von Heckler & Koch entwickelte Maschinenpistolen des Typs MP5. Wegen Waffenlieferungen in Krisengebiete in Mexiko war das Unternehmen vor einigen Monaten ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten, die Bundesregierung hat die Verkäufe gestoppt.

Zudem seien dem ägyptischen Regime Panzerteile gepanzerte Fahrzeuge, militärische Landfahrzeuge und Kommunikationsausrüstung geliefert worden. Die Friedensorganisationen werfen Bundesaußenminister Westerwelle Heuchelei vor, wenn er als Mahnung an die ägyptische Regierung in einem Interview erklärte, dass „der Weg zur Stabilität über die Wahrung der Menschen- und Bürgerrechte“, führe, die Waffenlieferungen an das Land aber nicht erwähnt und schon gar nicht infrage stellt. Die Friedensorganisationen hingegen fordern in ihrer Erklärung einen sofortigen Stopp von Waffenlieferungen und Rüstungsgütern an Ägypten und andere diktatorische Regime.

Bisher wird Ägypten auf den Webseiten von Großunternehmen wie Siemens als attraktiver Partner dargestellt und die Zusammenarbeit als ausbaufähiges Erfolgsobjekt bezeichnet. Ob sich die Kontakte auch bei einem Regimewechsel so positiv weiter entwickeln, ist völlig unsicher. Die Zukunft der deutschen Exporte vor allem auf dem Rüstungssektor dürfte auch davon abhängigen, ob eine künftige ägyptische Regierung die relativ prowestliche Außenpolitik fortsetzt. 
 http://www.heise.de/tp/blogs/8/149180
Peter Nowak