Der scheidende Botschafter hat die Möglichkeiten auch für deutsche Nationalisten sondiert. Die Rolle der antisemitischen Rechten wurde hierzulande zu lange ausgeblendet.

Was Andrij Melnyk für den deutschen Geschichtsrevisionismus getan hat

Tatsächlich hatte ein Melnyk für deutsche Nationalisten eine wichtige Rolle gespielt. Er führte jeden Tag vor, wie weit man wieder gehen kann in Rehabilitierung von Antisemiten und der Relativierung von NS-Verbrechen. Er fungierte als Trüffelschwein auf neuen, alten Wegen. Bemerkenswert ist, dass in diesem Kontext auch Linke – und unter ihnen die lange Zeit besonders deutschlandkritische Fraktion – endgültig ihren Frieden mit Staat und Nation gemacht haben. Dass zeigt die auch in diesen Kreisen mit Ausnahmen weitgehende Ausblendung der Tatsache, dass sich in der Ukraine nach den Maidan-Unruhen von 2014 die Nationalisten durchsetzen, die NS-Kollaborateure und Antisemiten wie Stepan Bandera zu Helden erklärten.

Am Ende der Affäre um den scheidenden ukrainischen Botschafter Andrij Melnyk gab es noch einen Zensurvorwurf: Weil das soziale Netzwerk Tiktok zeitweise ein Interview mit dem meinungsstarken Diplomaten wegen eines nicht weiter begründeten Verstoßes gegen die Community-Regeln kurzzeitig sperrte, stand gleich der Vorwurf der Meinungsunterdrückung im Raum. Aber vielleicht könnte die Maßnahme auch mit antifaschistischen Grundsätzen begründet werden. Schließlich wurde Melnyk für das Interview mit dem Youtuber Thilo Jung in Polen und Israel heftig kritisiert. Sogar unerschütterliche Unterstützer der Ukraine wie der Pianist Igor Levit waren empört.Schließlich hatte sich Melnyk in dem Interview eine Geschichtsklitterung par excellence geleistet, indem er den ukrainischen Nationalisten Stepan Bandera von jeder Beteiligung an Massakern an Juden und Polen freisprach und entsprechende historische Erkenntnisse als russische Verleumdungen abtat. Nachdem Melnyk Beweise für Banderas Beteiligung an den Mordaktionen verlangte und Thilo Jung aus einem Aufruf des Faschistenführers an die ukrainische Bevölkerung zitierte, in dem es hieß: …

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