Wer braucht schon Fakten?

»11.9. Insidejob der USA« verkünden große Plakate vor dem Brandenburger Tor. Es ist Montag, seit dem 7. März ist dieser Tag für Verschwörungstheoretiker und rechte Esoteriker ein Pflichttermin. Um 18 Uhr versammeln sie sich vor dem Brandenburger Tor in Berlin und mittlerweile auch in 23 weiteren Städten. »Stoppt NWO und Fed« ist auf einem Transparent zu lesen. Die Abkürzungen stehen für »Neue Weltordnung« und die US-Notenbank, letztgenannte ist für die Montagsdemonstranten Feindbild Nummer eins. Auf selbstgebastelten Transparenten finden sich Parolen gegen die Fed und die USA. Ein Plakat zeigt einen Arm in den Farben der US-Flagge, der eine Lunte entzündet, um die Welt in die Luft zu jagen. Das gleiche Motiv war schon am 30. März vor dem Reichstagsgebäude zu sehen, als die Rechtspopulisten von Pro Deutschland mit Reichsbürgern und anderen Splittergruppen der rechten Szene für Putin demonstrierten. Auf der Montagsdemonstration mit etwa 1 200 Teilnehmern sagt ein Redner: »Wir sind nicht rechts oder links. Wir wollen nur, dass es mit Deutschland aufwärts geht.« Das will sicher auch der Mann, der Postkarten mit der Aufschrift »Einigkeit und Recht und Freiheit für des Menschen Tellerrand« verteilt. Beim Klick auf die angegebene Homepage gelangte man noch vor einigen Tagen zum Link des Youtube-Films »Der 2.Weltkrieg. Was man uns vergessen hat, zu erzählen«. Ernst Zündel und andere Altnazis verkünden dort ihre braune »Wahrheit« über Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Wahrheitssucher scheint es auf der Demonstration einige zu geben, immer wieder wird die Forderung nach »ehrlichen Medien« laut. Der Organisator der Berliner Montagsdemonstration vertritt ebenfalls eine ganz eigene historische Wahrheit, wenn er behauptet, für fast alle Kriege in den vergangenen 100 Jahren sei die Fed verantwortlich. Einige Antifaschisten, die die Szene am Brandenburger Tor beobachten, hoffen noch, dass sich die Bewegung verläuft.

http://jungle-world.com/artikel/2014/16/49699.html

Peter Nowak