Umkämpfte Energiezukunft

Mehr als 150 Menschen trafen sich am Freitagabend im Berliner Mehringhof zur Auftaktveranstaltung der Konferenz »Energiekämpfe in Bewegung«. Ein Vertreter der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien Eurosolar war ebenso zugegen wie der Pastor einer Brandenburger Kirchengemeinde, die sich gegen unterirdische CO2-Speicherung engagiert, und Aktivisten der Anti-AKW-Bewegung. Sie wollten ausloten, ob es gemeinsame Ziele und Handlungsperspektiven für eine Klimabewegung gibt. Diese zunehmend auch in Deutschland populäre Bewegung versucht, in Zeiten von Ressourcenknappheit und Klimawandel linke Lösungsansätze stark zu machen.

Schon bei der Auftaktveranstaltung wurde klar, dass es nicht ausreicht, für eine Wende zur erneuerbaren Energie einzutreten. Diskussionen um die Dezentralisierung des Energiesektors, den verstärkten Widerstand gegen die Kohleverstromung und für Klimagerechtigkeit prägten die Debatte. Dieser Begriff betrifft keineswegs nur den globalen Süden. Redner erinnerten daran, dass in Deutschland jährlich 800 000 Haushalten der Strom abgestellt wird, weil die Menschen ihre Stromrechnung nicht bezahlen können.

Konsens bestand in der Forderung, den Energiesektor aus der Kapitalverwertung herauszunehmen. So will etwa das Bündnis »Berliner Energietisch« ab März Unterschriften für ein Volksbegehren zur Rekommunalisierung der Stromnetze sammeln. Ein Teil der Unterstützer des Energietischs plant parallel auch eine Kampagne zur Vergesellschaftung von Vattenfall. Ein Gewerkschafter aus Nordrhein-Westfalen stellte die Initiative für die Gründung einer Umweltgewerkschaft vor. Zu den Aufrufern gehören auch Betriebsratsvorsitzende, die sich für eine Kooperation von Arbeiter- und Umweltbewegung aussprechen. An Ansätzen für eine linke Klimabewegung, die die soziale und die ökologische Frage zusammenbringt, scheint es nicht zu mangeln. Wenn es auch gelingt, sich auf gemeinsame Aktionen zu verständigen, könnte der Konferenztitel eingelöst werden.
http://www.neues-deutschland.de/artikel/217587.umkaempfte-energiezukunft.html
Peter Nowak

Klimakonferenz in Berlin


Nach der Atomkraft ist vorm Kohletod

150 AktivistInnen loten die Chancen einer neuen Klimabewegung aus und diskutieren über Strategien nach dem Atomausstieg. Im Sommer soll es Klimacamps geben.

BERLIN taz | Im Vorfeld der mit großen Hoffnungen befrachteten Weltklimakonferenz im Dezember 2009 war durchaus auch von einer Klimabewegung in Deutschland die Rede. Doch weil die Konferenz scheiterte und die Proteste als zu unbestimmt kritisiert wurden, wandten sich viele AktivistInnen verstärkt wieder lokalen Themen zu.

Für die Klimabewegung blieb das dennoch nicht folgenlos. Im Gegenteil: Eine Konferenz an diesem Wochenende in Berlin zeigte, wie viele unterschiedliche Leute sich inzwischen mit dem Thema Klimawandel auseinandersetzen: Ein Vertreter der Europäischen Vereinigung für Erneuerbare Energien Eurosolar war ebenso vertreten wie der Pastor einer Brandenburger Kirchengemeinde, die sich gegen CO2-Speicherung engagiert.

Dass eine Gesetzesinitiative, die diese umstrittene Energiegewinnung regeln sollte, im letzten Jahr im Bundesrat keine Mehrheit fand, ist für die KlimaaktivistInnen ein Beispiel für die neuen Synergieeffekte. „Der erfolgreiche Widerstand gegen AKW-Projekte lässt bei vielen Politikern die Alarmglocken schrillen, wenn in Ostbrandenburg, wo es bisher kaum Proteste gab, innerhalb weniger Monate gegen die CO2-Speicherung Tausende auf die Straße gehen“, sagte eine Vertreterin aus Ostbrandenburg auf der Konferenz. Auch die AktivistInnen der Initiative „ausgecO2hlt“ gegen die Kohleverstromung erhoffen sich eine bessere Kooperation mit anderen Teilen aus der Klimabewegung.

Für das laufende Jahr sind im Sommer wieder Klimacamps geplant. Neben dem Kampf gegen den Ausbau von Kohlekraftwerken wollen sich die AktivistInnen zudem für die Vergesellschaftung der großen Energiekonzerne einsetzen. So soll in Berlin ein Volksbegehren zur Rekommunalisierung der örtlichen Energienetze unterstützt werden.

Im nächsten Jahr wollen sich die AktivistInnen erneut treffen. Dann wollen sie auswerten, wie die Umsetzung ihrer selbst gesteckten Ziele geklappt hat. Und es wird sich zeigen, ob die einzelnen Kämpfe wirklich zu einer neuen Energiebewegung geführt haben.
http://www.taz.de/Klimakonferenz-in-Berlin/!87067/
Peter Nowak

Von der Umweltbewegung zu den „Energiekämpfen“?

Eine Konferenz in Berlin stellt Weichen für eine neue Protestbewegung

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz warnten am Wochenende mehrere Redner vor verstärkten Kämpfen um Rohstoffe und Energie in verschiedenen Regionen der Welt. Es war schon eine seltsame Koinzidenz, dass sich an diesem Wochenende ca. 150 Aktivisten verschiedener umweltpolitischer Initiativen zu einem Kongress unter dem Motto Energiekämpfe in Bewegung in Berlin trafen. Der Begriff ist in Deutschland anders als in Großbritannien noch wenig gebräuchlich. Im Vorfeld der mit großen Hoffnungen befrachteten Weltklimakonferenz entstand erstmals in Deutschland eine Klimabewegung. Doch nach Kopenhagen konnten die Aktivsten nicht vom Scheitern der Konferenz profitieren.
Vom Gipfel in die Provinz

“Der Protest in Kopenhagen war viel zu unspezifisch, die Ziele sind nicht deutlich geworden”, sagt Chris Methmann von Attac. Weil oft unklar sei, wer von den Beteiligten Gegner und wer Verbündeter ist, seien Klimagipfel “für eine Zuspitzung schlecht geeignet”. Darum sollte “Bewegungsenergie nun stärker in lokale Konflikte fließen” – etwa mit verstärkten Kampagnen gegen Kohlekraftwerke oder für kostenlosen öffentlichen Nahverkehr.

Wie sich am Wochenende zeigte, ist diese Kritik an der Klimabewegung nicht spurlos vorbei gegangen. Denn die Aktivisten mobilisierten nicht zu immer neuen Klimagipfel und Events. Dafür verankerten sie sich in Regionen, in denen umstrittene Energieprojekte für Unruhe unter der Bevölkerung sorgten. Ein Beispiel ist die CO2-Speicherung, die im Oderbruch und anderen Regionen Ostbrandenburgs im letzten Jahr zu einer unerwarteten Protestbewegung führte, die in dem Film Energieland dargestellt wurde.

Eine Gesetzesinitiative, die diese umstrittene Energiegewinnung regeln sollte, fand im Bundesrat keine Mehrheit Selbst unionsregierte Bundesländer waren nicht bereit, sich nach dem langjährigen Streit um die AKW-Nutzung einen neuen Streitpunkt aufzubürden. Hier sehen Aktivisten ein gutes Beispiel, wie sich eine Klimabewegung gegenseitig unterstützen könnte.

„Der erfolgreiche Widerstand gegen AKW-Projekte lässt bei vielen Politikern die Alarmglocken schrillen, wenn in einer Region, wo es bisher kaum Proteste gab, innerhalb weniger Monate gegen die CO2-Speicherung Demonstranten auf die Straße gehen“, meinte die Vertreterin einer dieser Initiativen auf der Konferenz. Solche Synergieeffekte, wie diese Zusammenhänge heute gerne genannt werden, erhoffen sich auch die Aktivisten von „ausgecO2hlt“ einem Bündnis, das schon im Label den Kampf gegen die Kohleverstromung mit dem Widerstand gegen die CO2-Spreicherung verbindet.

In der nächsten Zeit könnte auch in Deutschland eine neue sehr umstrittene Energiegewinnungsmethode, das Fracking, verstärkt im Mittelpunkt von Protesten stehen. Die von Klimaaktivisten aus Großbritannien angebotenen Arbeitsgruppen waren auf der Konferenz gut besucht. In den USA und in Großbritannien, wo diese Gasfördermethode weit vorangeschritten ist, gibt es einen wachsenden Widerstand.

Vergesellschaftung der Energiekonzerne

Für Aktivitäten auf dem Feld der Klimagerechtigkeit machten sich Redner stark, die aus gewerkschaftlichen Zusammenhängen kommen und einen Brückschlag zwischen umweltpolitischen und sozialen Forderungen anmahnten. Im März startet ein vom Bündnis Berliner Energietisch initiiertes Volksbegehren zur Rekommunalisierung der Berliner Energieversorgung.

Die Klima-AG der Gruppe fels will die Kampagne nutzten, um die Forderung nach Vergesellschaftung von Vattenfall in die Diskussion zu bringen. Diese Forderung könnte in den nächsten Monaten ein zentrales Praxisfeld der jungen Klimabewegung in Deutschland werden. Im nächsten Jahr will man sich erneut treffen und auswerten, ob und wie die Umsetzung geklappt hat.
http://www.heise.de/tp/blogs/2/151363
Peter Nowak

Mit Energie gegen alte Energien

KONFERENZ Am Wochenende diskutieren Aktivisten der Umweltbewegung, wie sie mit Energiethemen Menschen mobilisieren können. Unterstützung für neues Volksbegehren

Mit Energiethemen kann man gut mobilisieren – das glauben zumindest Teile der Umweltbewegung. Wie das am besten geschehen kann, darüber wird am Wochenende im Mehringhof in Kreuzberg diskutiert. Die Strategie- und Aktionskonferenz unter dem Motto „Energiekämpfe in Bewegung“ wird von den energiepolitischen Initiativen Gegenstrom Berlin, Klimagerechtigkeit Leipzig und Ausgekohlt NRW organisiert. Diese drei Bündnisse haben sich zuletzt für umweltpolitische Themen engagiert, die nichts mit dem Kampf gegen Atomkraftwerke und Atommüll zu tun haben.

Auf der Konferenz wird die AKW-Thematik vom Berliner Anti-Atomplenum (AAP) behandelt. „Es ist der bundesweit erfolgreichste Energiekampf“, sagte Simon Straub, Aktivist von Gegenstrom, der taz. Anders als bei Konferenzen in der Vergangenheit stehe im Mehringhof aber die Vernetzung der unterschiedlichen Teilbereiche im Mittelpunkt, so Straub. Er wird am Freitagabend die Auftaktdiskussion moderieren. Sie soll ab 19 Uhr der Frage nachgehen, welche Unterschiede und Konflikte es zwischen den verschiedenen Ausrichtungen der Initiativen gibt. Teilnehmen werden AktivistInnen, die sich gegen AKW-Betrieb engagiert haben, KämpferInnen gegen die Kohleverstromung und die CO2-Spreicherung.

Am Samstag Vormittag sollen in Arbeitsgruppen auch für EinsteigerInnen in die aktuelle umweltpolitische Thematik Begriffe wie Wachstumskritik, Klimagerechtigkeit und Rekommunalisierung erklärt werden. Eine Arbeitsgruppe will sich mit der Frage befassen, ob und wo es im kommenden Sommer in Brandenburg ein Klimacamp geben soll. Im vergangenen Jahr gab es ein Anti-Kohle-Camp in der Nähe von Jänschwalde und einige Wochen später ein Camp in einem Kohle-Abbaugebiet in Nordrhein-Westfalen.

Die Kooperation von unterschiedlichen Spektren der umweltpolitischen Bewegung soll die Konferenz prägen, wünscht sich Simon Straub. Daher seien VertreterInnen von Umweltverbänden und Nichtregierungsorganisationen ebenso eingeladen worden wie AktivistInnen von außerparlamentarischen Gruppen, darunter das Berliner Anti-Atomplenum.

Am Sonntag soll von 11 bis 14 Uhr die energiepolitische Agenda für die nächsten Monate festgelegt werden. Dabei will die Gruppe „Für eine linke Strömung“ (fels) die Idee einer Kampagne zur Vergesellschaftung des Vattenfall-Konzerns vorstellen. Sie soll das vom Berliner Energietisch initiierte Volksbegehren „Neue Energie für Berlin“ begleiten. Vor dem Hintergrund des Ende 2014 auslaufenden Strom-Konzessionsvertrags will das Bündnis dafür sorgen, dass sich „die nur alle 20 Jahre ergebende Chance zur Rekommunalisierung der Stromnetze“ genutzt wird. Gleichzeitig wird die Gründung berlineigener Stadtwerke gefordert. Die erste Phase des Volksbegehrens soll mit der Unterschriftensammlung im Frühjahr beginnen.

„Wir unterstützten diese Initiative“, erklärt Philip Stein von fels. Seine Gruppe will mit der Forderung nach der Vergesellschaftung des Vattenfall-Konzerns noch darüber hinausgehen. Denn auch nach einer erfolgreichen Rekommunalisierung der Stromnetze könne der Konzern seine Politik in anderen Bereichen fortsetzen.
http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=bl&dig=2012%
2F02%2F03%2Fa0163&cHash=fc49ec6eab
Peter Nowak