Alle sind böse, alle sind gegen uns

 
Burschenschaften beklagen angeblich steigende Gewalt gegen korporierte Studentenverbindungen

 Studentische Burschenschaften gelten gemeinhin als politisch rechts orientiert, vielen wird ein offen rassistisches und antisemitisches Weltbild vorgehalten. Jetzt schlagen die Korporierten zurück. In einer Studie beklagen sie eine zunehmende Gewalt und steigende Feindseligkeit gegen ihre Studentenverbindungen.

»Alle sind böse – Studentenverbindungen beklagen sich über Polizei, Justiz, Politik, die Medien und natürlich die Antifa«, so kommentierte die Frankfurter Rundschau (FR) eine vom Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) in Auftrag gegebene und vom Burschenschaftler Frank Grobe verfasste Studie mit dem Titel »Gewalt gegen Korporationen«. Zu den Gewalttaten gegen Burschenschafter rechnet er auch kritische Berichterstattung über Korporierte. Ins Visier geraten ist dabei auch die FR. Sie hatte im letzten Jahr mehrmals über extrem rechte Tendenzen bei den Burschenschaften geschrieben und auch vermeldet, dass bei der Burschenschaft Germania in Kassel der mittlerweile verstorbene Altnazi Jürgen Rieger aufgetreten ist. In der Studie wurde die Berichterstattung der FR als Straftat aufgeführt. Die Rede ist von Verleumdung und übler Nachrede. Allerdings habe es keinerlei juristische Ermittlungen gegen die Artikel gegeben, betonte die Redaktion der Frankfurter Rundschau. Auch der Wahrheitsgehalt der Berichte sei nicht bestritten worden.

 
Über die vielmals belegten rechten Tendenzen bei einzelnen Burschenschaften wurde in der Studie insgesamt geschwiegen. Eine Distanzierung von den Deutschen Burschenschaften (DB), die nach Rechts als besonders weit offen gelten, wurde auch von Korporierten abgelehnt, die sonst immer die mangelnde Differenzierung bei der Berichterstattung über die Korporierten bemängeln. So erklärte der Vorsitzende des CDA, der Berliner Rechtsanwalt Joachim Schön, bei der Vorstellung der Studie, er sehe »keine Veranlassung, die DB auszuschließen«. Auch der innenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, schweigt über diese rechten Tendenzen: Er unterstützt pauschal den CDA und erklärt: »Der Rechtsstaat hat auch die Unversehrtheit der Korporationen zu schützen.« Zudem bringt er Gewalt gegen Einrichtungen der Korporierten mit Protesten gegen deren Treffen in Verbindung. »Sollte sich herausstellen, dass es sich dabei um eine gezielte Kampagne der linken ›Antifa‹ handelt, dann muss dagegen vorgegangen werden.« Der CDA forderte mehr Schutz von der Polizei. Der Verfasser der Studie Frank Grobe ist Historiker und selbst Burschenschafter.

Ein Bündnis antifaschistischer und studentischer Gruppen zeigt sich von dieser Kritik und den Vorwürfen unbeeindruckt. Es hat auch für die nächsten Wochen Proteste gegen verschiedene Auftritte der studentischen Verbindungen angekündigt. Ein Hauptschwerpunkt des linken Bündnisses ist in diesem Jahr der Deutsche Burschenschaftstag am 18. Juni in Eisenach. An diesem Tag wollen die Burschenschaften auf der Wartburg an alte Traditionen anknüpfen. Die Kritiker werfen ihnen ein nationalistisches und strukturell antisemitisches Weltbild vor und erinnern daran, dass auch schon auf dem Wartburgfest der Burschenschaften 1817 gegen Juden gehetzt und Bücher von als unpatriotisch geltenden Autoren verbrannt worden seien. Aus dem gleichen Gründen mobilisieren studentische Linke gegen den Coburger Convent, der vom 10. bis 13. Juni in der nordbayerischen Stadt tagt.

Die Burschenschaftskritiker haben in den letzten Jahren durchaus Erfolge in ihrem Protest gegen die rechten Verbindungen verbucht. So konnte der Hamburger Verbändeconvent nach Protesten im Jahr 2009 nicht stattfinden und der abgewählte Regierende Bürgermeister von Hamburg, Christoph Ahlhaus (CDU), hat auch durch seine Verbindungen zum Coburger Convent einen massiven politischen Imageschaden erlitten.

http://www.neues-deutschland.de/artikel/197464.alle-sind-boese-alle-sind-gegen-uns.html

Peter Nowak