Das Ei des Kommunismus

Linke DDR-Oppositionelle greifen Systemdebebatte auf
In der außerparlamentarischen Linken wird verstärkt wieder über den Kommunismus diskutiert. Am kommenden Montag beginnt in Berlin eine dreiteilige Veranstaltungsreihe mit der Fragestellung »Was tun mit Kommunismus?« Zu den Unterstützern gehört der Arbeitskreis Geschichte sozialer Bewegungen Ost/West, die North-East-Antifa, die Rosa-Luxemburg-Stiftung sowie verschiedene linke Zeitschriften. Die Linkspartei lieferte den Anlass für die Vorbereitung. »Die von Gesine Lötzsch und Inge Viett angerührte Diskussion über Wege zum Kommunismus, die sofort von der Linkspartei wieder kassiert worden war, hat uns zu der Veranstaltungsreihe motiviert«, meint der Historiker Harry Waibel gegenüber ND. Die Veranstalter grenzen sich aber auch von Linken ab, die den repressiven Charakter der sozialistischen Staaten leugnen bzw. jede linke Kritik daran abschmettern.

Für Waibel sollen drei grundlegende Fragen bei den Veranstaltungen behandelt werden. Ist es heute möglich, den Begriff und den Inhalt von »Kommunismus« mit sozial-emanzipatorischen Positionen zu verbinden? Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Scheitern von Lenins autoritärem Konzept des »Demokratischen Zentralismus«? Ist eine horizontale Organisierung radikaler und revolutionärer Interessen eine Möglichkeit? So wird sich die erste Podiumsveranstaltung mit dem Verhältnis verschiedener emanzipatorischer Strömungen der antikapitalistischen Linken zum »real existierenden Sozialismus« befassen. Daran werden der Basisgewerkschafter Willi Hajek, der linke DDR-Oppositionelle Thomas Klein, die sächsische Landtagsabgeordnete der LINKEN, Monika Runge, die Autorin Bini Adamczak und der Verleger Jörn Schüttrumpf teilnehmen. Tags darauf diskutieren unter anderem die Zeithistorikerin Renate Hürtgen und der Publizist Christoph Jünke über die Frage, wie sozialistisch der »real existierende Sozialismus« war.

Die Organisatoren der Veranstaltungen, zu denen die heutige Erwerbslosenaktivistin Anne Seek gehört, nennen sich satirisch »Selbsthilfegruppe Ei des Kommunismus«, kurz SEK. Seek ist nicht die einzige DDR-Oppositionelle, die an der Vorbereitung beteiligt ist.

Auch Bernd Gehrke von der AG Geschichte der sozialen Bewegungen Ost-West, der in der DDR die Oppositionsgruppe Vereinigte Linke mitgegründet hat, gehört dazu. Er wird bei der Abschlussveranstaltung über Utopien jenseits des Kapitalismus diskutieren und zwar mit der Trotzkistin Lucie Redler, den Kölner Aktivisten Detlef Hartmann und Christoph Frings sowie dem anarchistischen Arzt Michael Wilk.

Bei aller Unterschiedlichkeit der Referenten und Veranstalter gibt es einen Konsens: Alle suchen nach einen Kommunismus ohne Staat und Stasi.

Berlin, 31. Oktober, 18 Uhr, Mehringhof, Gneisenaustr. 2a; 1. November, 18 Uhr, Haus der Demokratie, Greifswalder Str.; 6. November, 17 Uhr, Festsaal Kreuzberg, Skalitzer Str. 130.

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http://www.neues-deutschland.de/artikel/209728.das-ei-des-kommunismus.html

Peter Nowak